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Des einen zu viel, vom anderen zu wenig

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Academic year: 2022

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EDITORIAL

Was Popeye längst wusste, ist jetzt auch wissen­

schaftlich bewiesen: Spinat gibt Kraft. Sogar so viel, dass dieses Gemüse eigentlich auf die Dopingliste

­gehört.­ Der­ darin­ enthaltene­ Stoff­ Ecdysteron,­ ein­

pflanzliches­Phytosteroid,­wirkt­in­der­Pflanze­als­Teil­

der Abwehr gegen Frassfeinde. Unter Sportlern, in Russland laut Berichten beliebt, wird die Substanz

­wegen­ ihr­ nachgesagter­ anaboler­ Effekte­ zur­

Leistungssteigerung eingesetzt, die aber nie ganz schlüssig bewiesen wurden. Das hat nun eine Berliner Studie nachgeholt. Darin erhielten 46 Sportler dop­

pelblind randomisiert während zehn Wochen Spinat­

extrakt­ in­ unterschiedlichen­ Dosierungen­ oder­

­Plazebo.­ Endpunkte­ waren­ die­ Veränderung­ von­

­Muskelmasse­und­Kraft,­Letztere­gemessen­im­Arm­

drücken.­Die­Muskelmasse­nahm­gegenüber­Plazebo­

mit­allen­Ecdysterondosierungen­zu,­relevant­für­die­

Sportler­war­die­zum­Erstaunen­der­Autoren­deutliche­

Zunahme der Leistungssteigerung. Die Substanz solle nun in die Dopingliste aufgenommen werden, so die Empfehlung­der­Studienautoren.­Spinatliebhaber­sind­

davon­vorerst­nicht­betroffen,­denn­für­den­beobach­

teten­ Effekt­ bräuchte­ es­ je­ nach­ Sorte­ mindestens 0,25 bis 4 Kilo täglich (1).

Anwendung wieder Privatsache?

Nicht­wegen­zu­starker,­sondern­eher­zu­schwacher­

Wirkung­ sind­ andere­ «natürliche»­ Substanzen­ ins­

­Visier­ der­ französischen­ obersten­ Gesundheitsbe­

hörde­ geraten.­ Phytopharmaka­ haben­ wie­ Homöo­

pathika­in­der­Arzneimitteltherapie­eine­lange­Tradi­

tion,­die­Diskussion­um­die­Wirkung­Letzterer­ist­aber­

fast­ebenso­lang.­Die­französische­Haute­Autorité­de­

Santé­(HAS)­hat­nun­beschlossen,­dass­die­Allgemein­

heit­eine­Therapie­mit­nicht­wissenschaftlich­bewiese­

ner­Wirkung­ nicht­ bezahlen­ soll,­ und­ hat­ daher­ die­

Empfehlung­ an­ das­ zuständige­ Ministerium­ abge­

geben,­die­populäre­Homöopathie­aus­der­Kranken­

kassenleistungspflicht­ zu­ streichen.­ Jeder­ zehnte­

Franzose verwendete 2018 homöopathische Mittel, was­die­französischen­Kassen­über­126­Millionen­Euro­

kostete.

Zu­dieser­Empfehlung­kam­die­Behörde­aufgrund­einer­

umfangreichen Überprüfung von über 1000 wissen­

schaftlichen­Publikationen­über­etwa­1200­Homöo­

pathika­im­Zeitraum­der­letzten­20­Jahre.­Für­24­defi­

nierte­ Symptome­ oder­ Erkrankungen­ konnte­ die­

Kommission­ keinen­ Wirkungsnachweis­ finden.­ Das­

betraf beispielsweise traumatisch bedingte Schmerzen, Warzen­an­Fusssohlen,­Vaginalpilze,­Kopf­schmerzen,­

Angst,­Depression,­Schlafstörungen,­ADHS,­­Arthrose,­

Fatigue,­ akute­ Atemwegsinfektionen,­ Mittelohr­

entzündungen­etc.­Eine­robuste­Studie,­die­Homöo­

pathika­eine­bessere­Wirkung­auf­die­Lebensqualität­

im­Vergleich­ zu­ herkömmlichen­ Medikamenten­ be­

scheinigt,­ fand­ die­ Kommission­ auch­ nicht.­ Ebenso­

wenig­einen­Beweis,­dass­die­Einnahme­von­Homöo­

pathika­zu­einer­Dosisreduktion­von­herkömmlichen­

Arzneimitteln­oder­von­Hospitalisationen­beiträgt­(2).­

Weil­weder­die­direkte­noch­die­indirekte­Wirkung­die­

ser­Therapieform­belegbar­ist,­ist­die­Schlussfolgerung­

der Behörde aus wissenschaftlicher Sicht nachvoll­

ziehbar.­Hat­sie­Signalwirkung?

Valérie Herzog

Quellen:

1.­ Isenmann­E­et­al.:­Ecdysteroids­as­non­conventional­anabolic­agent:­per­

formance enhancement by ecdysterone supplementation in humans.

Arch­Toxicol­2019;­93:­1807–1816.

2.­ Haute­Autorité­de­Santé:­Première­évaluation­scientifique­des­médica­

ments­homéopathiques­en­France.­Medienmitteilung­28.7.2019.

ARS MEDICI 18 | 2019 585

Des einen zu viel,

vom anderen zu wenig

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