Deutsches Ärzteblatt
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Jg. 108|
Heft 27|
8. Juli 2011 A 1545D
as Klagelied des Renditejä- gers klingt immer gleich. Es gibt zu wenig Zinsen für Tagesgeld und Festverzinsliches, vor allem in den Anlageklassen für vorsichtig orientierte Investoren. Die Be- schwer klingt plausibel, denn für Termingelder sind hierzulande Grö- ßenordnungen von mehr als zwei- einhalb Prozent schon fürstlich, und bei länger laufenden Anleihen freut sich der Suchende schon über Zins- hausnummern, die über die Vier- prozentmarkte hinausragen, immer vorausgesetzt, er bewegt sich im Bereich seriöser Angebote. Nun hat sich in jüngster Zeit ein Marktseg- ment bemerkenswert erfolgreich in Szene gesetzt, zu dem ich auch immer häufiger angesprochen wer- de. Ich rede von börsennotierten Firmenanleihen, vor allem des deut - schen Mittelstands, die im „BondM“an der Stuttgarter Börse ihre Hei- mat gefunden haben.
Börsennotiert, Börse Stuttgart, respektable Zinsen von sechs bis neun Prozent, deutscher Mittel- stand, das klingt wohl alles so ver- trauenserweckend, dass dieser von den Schwaben im Mai letzten Jah- res gestartete Handel bisher recht
erfolgreich gelaufen ist. Mit einem platzierten Volumen von mehr als einer Milliarde Euro ist das (bis- lang) durchaus eine Erfolgsge- schichte. Die Emittenten der ersten Stunde waren das Müsliunternehmen Schneekoppe und der Schnaps - fabrikant Underberg.
Nun sagt die Markenbekanntheit eines Unternehmens noch lange nichts über seine finanzielle Solidi- tät aus, und der BondM lebt eben vor allem dadurch so vorzüglich, weil der Zinsunterschied zu soliden Vergleichsanlagen sich einfach un- schlagbar anfühlt, will heißen, die Gier nach Rendite oft zur einer Ver- nebelung des Vernunftreflexes füh- ren kann. Aber die generelle Frage muss schon erlaubt sein, warum Gesellschaften solche Zinsen bereit sind zu zahlen. Müssen sie etwa bei ihrer Hausbank für Kredite noch höhere Sätze berappen?
Solche Fragen scheinen aber der- zeit keinen zu interessieren. Der
BondM boomt. Selbst Valensina, das mit steigenden Bankschulden kämpft und wenig Sicherheiten bie- tet, hat dort seine Anleihe locker unter die Leute gebracht. Die Gret- chenfrage ist nur, wie lange noch.
Was ist, wenn mal eines dieser Un- ternehmen über die Wupper geht?
Im Falle einer Pleite schauen die Anleger dann allesamt in die Röhre, vor allem deswegen, weil es in der Regel noch bevorrechtigte Gläubi- ger (meist Banken) gibt. Eine Ein- lagensicherung wie bei Termingel- dern gibt es für Firmenanleihen in gar keiner Weise.
Nächstes Problem: Viele Anleger vertrauen auf BondM und die Emit- tenten, weil auch entsprechende Ratings für die Anleihen vorhanden seien. Zunächst einmal, es gibt die- se Ratings nicht immer und ja, wenn es sie wirklich gibt, dann auch nur von kleineren Agenturen (Creditreform oder Euler Hermes) und sie beziehen sich aber vor al- lem nie auf die Qualität der Anlei- hen selbst, sondern immer nur auf das ausgebende (emittierende) Un- ternehmen. Das ist ein Riesenunter- schied, und damit gilt, genau hinse- hen und intensiv prüfen. ■ BÖRSEBIUS