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Untersuchungen zur paraneoplastischen Polyneuropathie des Hundes

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Academic year: 2022

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(1)

AUS DER KLINIK FÜR KLEINE HAUSTIERE DER TIERÄRZTLICHEN HOCHSCHULE HANNOVER

UNTERSUCHUNGEN ZUR PARANEOPLASTISCHEN POLYNEUROPATHIE DES HUNDES

I N A U G U R A L – D I S S E R T A T I O N

zur Erlangung des Grades einer Doktorin der Veterinärmedizin (Dr. med. vet.)

durch die Tierärztliche Hochschule Hannover

Vorgelegt von Heike Wagner

aus Stuttgart

Hannover 2002

(2)

Wissenschaftliche Betreuung: Univ. Prof. Dr. Andrea Tipold

1. Gutachter: Univ.-Prof. Dr. Andrea Tipold 2. Gutachter: Prof. Dr. Wolfgang Baumgärtner

Tag der mündlichen Prüfung: 05. 06. 2002

(3)

FÜR MEINE ELTERN

(4)
(5)

Inhaltsverzeichnis

I. Einleitung

13

II. Literaturübersicht

15

1. Anatomie und Physiologie peripherer Nerven 15

2. Pathophysiologie peripherer Nerven 17

3. Erkrankungen peripherer Nerven 18

3.1. Läsionen einzelner Nerven der Gliedmaße 18

3.2. Läsionen von Kopfnerven 18

3.3. Polyneuropathie 19

4. Tumor 22

5. Paraneoplastisches Syndrom 22

6. Paraneoplastische Polyneuropathie 24

6.1. Paraneoplastische Polyneuropathie - Veterinärmedizinische Literatur 24 6.2. Paraneoplastische Polyneuropathie – Humanmedizinische Literatur 26 7. Feststellung klinischer Befunde bei Polyneuropathie 29

7.1. Die neurologische Untersuchung 29

7.2. Elektrodiagnostik 29

7.3. Nerven- und Muskelbiopsie 36

7.4. Antinukleäre Antikörper (ANA) 36

III. Eigene Untersuchungen

38

(6)

Inhaltsverzeichnis

1. Zielsetzung 38

2. Material 38

2.1. Untersuchungsgut 38

2.2. Untersuchungsmaterial für die Neurologische Untersuchung 39

2.3. Gerätschaften für die Elektrodiagnostik 39

2.4. Instrumentarium zur Muskel- und Nervenbiopsie 40

2.5. Materialien und Hilfsmittel zur Bestimmung antinukleärer bzw. antineuraler

Antikörper 40

2.5.1. Geräte, Klinik und Laborbedarf 40

2.6. Antikörper und Reagenzien 41

2.6.1. Antikörper und Reagenzien für immunohistochemische Untersuchungen41 2.6.2. Antikörper und Reagenzien zur Messung antinukleärer Antikörper 41

2.7. Puffer und Lösungen 42

2.7.1. Puffer und Lösungen der Immunhistochemie 42

2.7.2. Puffer und Lösungen zum Nachweis von antinukleären Antikörpern 43

2.7.3. Weitere Reagenzien 43

3. Methoden 44

3.1. Datenerhebung, Anamnese und Allgemeinuntersuchung 44

3.1.1. Klinische Untersuchung 44

3.2. Spezielle Neurologische Untersuchung 45

3.2.1. Prüfung der spinalen Reflexe 48

(7)

Inhaltsverzeichnis

3.2.2. Prüfung der Kopfnervenfunktion 50

3.2.3. Prüfung der Schmerzempfindung 52

3.3. Narkose 53

3.4. Elektrodiagnostische Untersuchung 53

3.5. Blutprobenentnahme 57

3.6. Blutprobenaufbereitung 58

3.7. Nachweis antineuraler nukleärer Antikörper 58

3.8. Nachweis antinukleärer Antikörper (ANA) 59

3.9. Muskel- und Nervenbiopsie 61

4. Statistische Auswertung 61

IV. Ergebnisse

62

1. Patientenstruktur 62

2. Ergebnisse der klinischen und elektrodiagnostischen Untersuchungen 65

2.1. Ergebnisse der Tumorpatienten 65

2.2. Ergebnisse der Kontrollgruppen 75

2.2.1. Gesunde Hunde 75

2.2.2. Hunde mit Neuropathien des peripheren Nervensystems 75

3. Ergebnis der statistischen Auswertung 78

4. Ergebnisse der Untersuchung von Serumproben auf antineurale nukleäre

Antikörper (Kleinhirnkryoschnitte vom Affen) 80

4.1. Ergebnisse der Tumorpatienten 84

(8)

Inhaltsverzeichnis

4.2. Ergebnisse der Kontrollgruppen 85

4.2.1. Gesunde Hunde 85

4.2.2. Hunde mit verschiedenen Neuropathien 85

4.2.3. Hunde mit positivem Titer antinukleärer Antikörper (ANA) 86

4.3. Ergebnisse der Untersuchung von Serumproben auf antineurale Antikörper

(Kryoschnitte peripherer Nerven vom Hund) 87

5. Ergebnis der Untersuchung von Serumproben auf antinukleäre Antikörper

(ANA) 88

6. Ergebnis der Muskel- und Nervenbiopsie 89

V. Diskussion

90

VI. Zusammenfassung

95

VII. Summary

97

VIII. Literaturverzeichnis

99

IX. Anhang

126

1. Nervenleitgeschwindigkeiten der untersuchten Hunde 126

2. Protokolle 138

2.1. Nachweis antineuraler Antikörper 138

2.2. Nachweis antinukleärer Antikörper 139

(9)

Verzeichnis der verwendeten Abkürzungen

°C Grad Celsius

µl Mikroliter

µV Mikrovolt

Abb. Abbildung

ANA antinukleäre Antikörper

ANNA antineurale nukleäre Antikörper BSA Bovines Serum Albumin bzw. beziehungsweise

C Cervikalmark

ca. circa

cm Zentimeter

CO2 Kohlendioxid

comm. communis

cran. cranialis

DAB 3,3’Diamino-benzidin-tetrahydrochlorid Dihydrat EMG Elektromyographie

ENG Elektroneurographie et al. und andere

Fa. Firma

FITC Fluorescein - Isothiocyanate

(10)

g Gramm ggf. gegebenenfalls

H2NaPO4 Natriumdihydrogenphosphat

H2O Wasser

H2O2 Wasserstoffperoxid HE Hinterextremität

HEPES N-(2-Hydroxyethyl)Piperazin-N’-2-Ethansulfonsäure HEP-Zellen Humane Epithelialzellen

Hz Herz

IgG Immunglobulin G

J Jahr

kg Kilogramm

KG Körpergewicht

kHz Kiloherz

L Lumbalmark

l. Links

M Monat

M. Musculus

m/s Meter pro Sekunde Max. Inn. Maximale Willküraktivität

mg Milligramm

(11)

Min. Minuten ml Milliliter

mm Millimeter

mmol/l Millimolarität pro Liter

ms Millisekunde

mV Millivolt

N normal, Normalität

n Anzahl

N. Nervus

NaCl Natriumchlorid

NaHCO3 Natriumhydrogencarbonat NaOH Natronlauge

NLG Nervenleitgeschwindigkeit

Nr. Nummer

OMN Oberes Motorisches Neuron p Wahrscheinlichkeit

PBS Phosphate-Buffered Saline, phophatgepufferte Salzlösung PMA Phorbol-12-Myristat-13-Acetat

PNS Peripheres Nervensystem

r. rechts

s Standardabweichung

(12)

S Sakralmark

S. Seite

SPA Spontanaktivität Stim. Stimulation

Tab. Tabelle

Th Thorakalmark

UMN Unteres Motorisches Neuron

V Volt

VE Vorderextremität z.B. zum Beispiel

ZNS Zentrales Nervensystem

(13)

- 13 - Einleitung

I. Einleitung

Paraneoplastische Syndrome treten in Begleitung, aber unabhängig von lokalem Wachstum und Fernmetastasierung einer Neoplasie auf und können prinzipiell jedes Organ bzw. Organsystem betreffen. Zu diesen Syndromen wird die paraneoplastische Polyneuropathie gezählt, eine neurologische Erkrankung, bei der periphere Nerven sekundär zu einem extraneuralen Tumorgeschehen geschädigt werden. Paraneoplastische Phänomene können sich bereits Monate, in vereinzelten Fällen sogar Jahre vor Entdeckung der Neoplasie bemerkbar machen. Es ist dem Kliniker hierdurch die Möglichkeit zur frühzeitigen Erfassung maligner Prozesse gegeben.

Beim Hund sind neurologische paraneoplastische Syndrome selten. Die Beschreibung paraneoplastischer Polyneuropathien beschränkt sich meist auf Falldarstellungen. In einer retrospektiven Studie (Braund, 1987) konnte jedoch die paraneoplastische Polyneuropathie beim Hund eindeutig nachgewiesen werden.

Hunde, die wegen verschiedener Tumore zur Sektion gelangten, zeigten bis zu einem gewissen Prozentsatz histopathologische Veränderungen der Nervenfasern. Studien, die die klinische Bedeutung dieser Erkrankung beim Hund erfassen, fehlen jedoch.

Humanmedizinische Studien haben gezeigt, dass paraneoplastische neurologische Syndrome mit der Bildung spezifischer antinukleärer Antikörper einhergehen, die an Zellkerne von verschiedenen Nervenzellen binden können. Diese antineuralen antinukleären Antikörper wurden in Pathogenesestudien gemessen und lassen den Schluß zu, dass neurologische Ausfallserscheinungen nach einer Antikörper- vermittelten Nervenzellschädigung auftreten.

Ziel der vorliegenden Arbeit war es, die klinische Bedeutung der paraneoplastischen Polyneuropathie beim Hund näher zu definieren. Hunde, bei denen eine Neoplasie klinisch und histopathologisch durch Untersuchung einer Biopsie diagnostiziert wurde, sollten klinisch und elektrodiagnostisch auf das Vorliegen einer Polyneuropathie untersucht werden. Andere Ursachen einer Polyneuropathie mussten ausgeschlossen werden. Zusätzlich sollten antinukleäre Antikörper, die für das

(14)

- 14 - Einleitung

Entstehen einer Polyneuropathie verantwortlich sein könnten, gemessen werden.

Nach der Bestimmung antinukleärer Antikörper (ANA) sollten diese näher definiert werden und das Auftreten antineuraler nukleärer Antikörper (ANNA) untersucht werden. Mit Hilfe dieser Studie kann die klinische bzw. subklinische Manifestation der paraneoplastischen Polyneuropathie erfasst werden und sie zeigt in welchem Maße diese bei der Abklärung von Polyneuropathien berücksichtigt werden muß.

(15)

- 15 - Literaturübersicht

II. Literaturübersicht

1. Anatomie und Physiologie peripherer Nerven

Periphere Nerven bestehen aus Nervenfasern und ihren Hüllen (siehe Abb.1). Unter einer Nervenfaser ist das Axon mit seiner Umscheidung, die von Schwannschen Zellen gebildet wird, der zugehörigen Basalmembran und den umgebenden Retikulinfasern, zu verstehen (Leonhardt, 1985). Die marklosen Nervenfasern des autonom – vegetativen Systems, die keine Myelinscheide besitzen, leiten Erregungen am langsamsten, markhaltige Nervenfasern leiten sie in Abhängigkeit von der Dicke der Myelinscheiden (Seiferle, 1992) und des Axons schneller. Myelinscheiden sind in Abständen von 0,1 bis 1 mm an den Kontaktstellen zwischen den dort ineinander- greifenden Schwannschen Zellen unterbrochen. Diese Stellen werden als Ranviersche Schnürringe bezeichnet, das Axon selbst zeigt an diesen Stellen eine Verdickung. Durch die Schnürringe wird die schnellere saltatorische Erregungsleitung ermöglicht. Die Hüllen der Nervenfasern sind das Endoneurium, das Perineurium, das eine Diffusionsbarriere und damit die Blut-Nerven-Schranke darstellt, sowie das Epineurium. Als Endoneurium wird gefäßhaltiges Bindegewebe bezeichnet, das mehrere Nervenfasern zu einem Bündel zusammenfasst (Seiferle, 1992). Mehrere solcher Bündel werden vom Perineurium, das heißt einer Hülle aus desmosomal fixierten, drei- bis fünffach geschichteten Zellamellen nebst Basalmembran und dazwischenliegenden Kollagen- und Elastinfasern umschlossen. Das Epineurium stellt als Bindegewebe mit Fett- und Gefäßeinlagerungen die äußerste Hülle des peripheren Nervs dar und bettet diesen in das umliegende Gewebe ein (Seiferle, 1992). Neurophysiologisch gesehen, gehört das periphere Nervensystem zum unteren motorischen Neuron (UMN). Das UMN besteht anatomisch aus: der grauen Substanz des Rückenmarkes, den Nervenwurzeln, den peripheren Nerven, der neuromuskulären Endplatte und den Muskeln als Erfolgsorgan. Die quergestreifte Muskulatur wird durch alpha- und gamma- Motorneurone innerviert. Diese Neurone liegen im Ventralhorn des Rückenmarkes und in den motorischen Kernen des Hirnstammes. Neurone werden segmental, intersegmental und suprasegmental gereizt oder gehemmt. Durch die Summation dieser Reize wird das UMN aktiviert. Es

(16)

- 16 - Literaturübersicht

erfolgt eine Muskelkontraktion. Das UMN - System wird indirekt oder direkt über Interneurone durch das obere motorische Neuronsystem (OMN) beeinflusst. Die Neurone des OMN befinden sich im Kortex, Basalganglien, Hirnstamm und Kleinhirn.

Das OMN-System wirkt durch Inhibition auf das UMN. Eine Läsion im Bereich des UMN führt zu einer schlaffen Lähmung oder Paralyse mit herabgesetzten Reflexen und einer neurogenen Muskelatrophie (Jaggy und Tipold, 1999). Die ventralen motorischen Wurzeln der Spinalnerven entspringen aus motorischen Nervenzellen, die in den Ventralhörnern der grauen Substanz des Rückenmarks enthalten sind. Die Dorsalhörner enthalten sensible Nervenzellen, die sensible Reize via dorsale Wurzeln und Spinalganglien empfangen. Die schmetterlingsförmige graue Substanz des Rückenmarks, zusammen mit sensiblen und motorischen Wurzeln und Nerven, Rezeptorganen und Muskeln, bildet den Reflexbogen. Die graue ist umgeben von der weißen Substanz, bestehend aus absteigenden motorischen Bahnen, die die unteren motorischen Nervenzellen im Rückenmarkgrau beeinflussen, und aufsteigenden Bahnen, die Informationen aus der Peripherie über die Dorsalhörner zum Gehirn führen (Vandevelde, Lang, Jaggy, 2001).

(17)

- 17 - Literaturübersicht

Abbildung 1 gibt den Aufbau eines peripheren Nerven schematisch wieder.

Abbildung 1: Schematischer Aufbau eines peripheren Nerven (Nach Mummenthaler und Schliack, 1993) 2. Pathophysiologie peripherer Nerven

Die häufigsten Ursachen für umschriebene Schädigungen einzelner Nerven sind akute Traumata (z.B. durch Kompression, Kontusion, Durchtrennung) und chronischer Druck auf den Nerven, wie er beispielsweise bei Kompressionssyndromen durch eine anatomische Enge oder bei pathologisch veränderter Umgebung (z.B. nach schlechter Frakturheilung oder bei raumfordernden Prozessen) herrscht. Auch Tumore des Nerven und lokale Ischämie können zu Läsionen führen, wobei je nach Noxe unterschiedliche Bestandteile des Nerven geschädigt werden (Mummenthaler, 1988). Erkrankung und/oder Verletzung des Axons kann unabhängig von der Ursache zu dessen Degeneration und zu Erregungsleitungsausfall führen. Die komplette Zerstörung von Axonen hat die Proliferation von Schwann-Zellen und Einwanderung von Makrophagen zur Folge.

Eine Wallersche Degeneration entsteht. Das heißt, distal der Schädigung degeneriert das Axon (Chaudhry und Cornbath,1992). Eine unvollständige Schädigung von Axonen kann die Erregungsleitung verlangsamen oder aber auch pathologisch steigern. Ist nur die Markscheide verändert, wird die Erregungsleitung verlangsamt oder auch blockiert (Welch, 1996). Es besteht die Möglichkeit, dass im peripheren

(18)

- 18 - Literaturübersicht

Nervensystem geschädigte oder degenerierte Axone entlang der Leitschienen des Neurilemms regenerieren, bzw. eine „Wiederbemarkung“ eintritt, falls die anliegende Schwann-Zelle nicht irreversibel geschädigt ist. Voraussetzung für die Regeneration ist, dass die anatomische Kontinuität des Nerven an der Läsionsstelle mehr oder weniger erhalten und der Defekt nicht größer als 2 cm ist. Da die motorischen und sensiblen Fasern in den peripheren Nerven häufig gemischt sind, kommt es bei einer Läsion meist zu einer Kombination von Bewegungsstörungen und Sensibilitätsausfällen (Vandevelde, Jaggy, Lang, 2001). Bei Ausfall von Axonen im peripheren Nervensystem kommt es zu Muskelschwäche und vermindertem Muskel- tonus, was proportional zur Anzahl der geschädigten Axone erfolgt. Eine Muskelatrophie entsteht relativ rasch (1-2 Wochen), gleichgültig, ob das Neuron voll- ständig zerstört oder nur die Leitung blockiert ist (Vandevelde, Jaggy, Lang, 2001).

3. Erkrankungen peripherer Nerven

Erkrankungen peripherer Nerven werden unterteilt: in Läsionen einzelner Nerven (Monoparese, Monoplegie, Parese einzelner Kopfnerven) und in Polyneuro- pathien, die entweder die Kopfnerven oder die Spinalnerven betreffen können bzw.

beide Systeme. Einzelne Nerven werden meist durch ein Trauma geschädigt (Quetschung, Kompression, Überdehnung), wobei bei Polyneuropathien die Liste der Differentialdiagnosen vielfältig ist.

3.1. Läsionen einzelner Nerven der Gliedmaße

Läsionen peripherer Nerven einer Gliedmaße führen zu Bewegungsstörungen bzw.

Lähmungen, die unvollständig (Parese) oder vollständig (Plegie) ausgebildet sein können. Die Muskulatur ist dabei schlaff, Hypo- oder Areflexie wird bei Untersuchung der Reflextätigkeit bemerkt. Ist die Läsion älter als eine Woche, tritt Muskelatrophie auf.

3.2. Läsionen von Kopfnerven

Die Kopfnerven III – XII werden zu den peripheren Nerven gezählt. Die Zentren dieser Nerven sind in Mittelhirn, Pons und Medulla oblongata lokalisiert. Ausfälle

(19)

- 19 - Literaturübersicht

dieser können in der Regel durch Krankheitsprozesse im Hirnstamm bzw. in der Peripherie verursacht sein. Alle Kopfnerven können entweder direkt traumatisiert werden oder indirekt durch Schädigung des umliegenden Gewebes durch Trauma, Infektion oder Tumorgeschehen (Vandevelde, Jaggy, Lang, 2001) oder im Rahmen einer Polyneuropathie miterkranken.

3.3. Polyneuropathie

Unter einer Polyneuropathie versteht man eine polytope Erkrankung, die meist mehr oder weniger symmetrisch eine Reihe peripherer Nerven betrifft. Motorische und sensorische Nervenfasern können unterschiedlich stark betroffen sein. Die Patho- genese ist unterschiedlich, wobei Schädigungen durch toxische oder autoimmune Faktoren ebenso eine Rolle spielen, wie eine Reihe erblicher Krankheiten, die sich bei Jungtieren bestimmter Rassen bemerkbar machen. Diese führen zu axonalen Läsionen, Myelinscheidenläsionen und Mischbildern (Vandevelde, Jaggy, Lang, 2001). Die Symptomatik kann mit Ausfällen in der Nachhand beginnen. Häufig sind alle Extremitäten betroffen (Gerritsen et al., 1996). Die Kopfnerven können mitgeschädigt werden. Es sind sowohl motorische, als auch sensorische Störungen zu beobachten. Bei Auftreten von motorischen Ausfällen kommt es zu Paresen, Paralysen mit abgeschwächtem Muskeltonus, deutlicher Muskelatrophie und schwachen bis abwesenden, spinalen Reflexen (Mahony et al., 1998). Körperliche Anstrengung verdeutlicht häufig die Symptomatik. Sensorische Ausfälle können zum Verlust der Schmerzempfindung, Ataxie durch Ausfälle der Tiefensensibilität und Parästhesien mit Automutilation führen (Vandevelde, Jaggy, Lang, 2001).

Bei Hunden wurden unter klinischen und experimentellen Fragestellungen folgende Ursachen für Polyneuropathien festgestellt :

• Idiopathische Polyradikuloneuritis (Duncan, 1980 ; Duncan, 1991 ; Northington et al., 1981)

• Neospora-caninum-Infektion (Duncan, 1991)

• Niereninsuffizienz (Akmal und Massry, 1990)

(20)

- 20 - Literaturübersicht

• Hypothyreose (Sims et al., 1977 ; Parker, 1983 ; Eigenmann, 1984 ; Dyer et al., 1986 ; Duncan, 1991 ; Jaggy und Oliver, 1994)

• Diabetis mellitus (Steiss et al., 1981 ; Braund und Steiss, 1982 ; Johnson et al., 1983 ; Katherman und Braund, 1983 ; Eigenmann, 1984 ; Dahme, 1989)

• Insulinom (Braund et al., 1987 ; Duncan, 1991 ; Schrauwen, 1991)

• Hypoglykämie anderer Ätiologie (Eigenmann, 1984)

• Hyperkalzämie (Eigenmann, 1984)

• Hypokalzämie (Eigenmann, 1984)

• Ischämie aufgrund von Aortenthrombosen (Duncan, 1980)

• Distale symmetrische Polyneuropathie (Duncan, 1980)

• Riesenzellaxonopathie beim Deutschen Schäferhund (Duncan und Griffith, 1977 ; Duncan, 1980 ; Duncan et al., 1981 ; Duncan, 1991)

• Sensible Neuropathie der Dackel (Duncan, 1980 ; Duncan und Griffith, 1982 ; Duncan, 1991)

• Sensible Neuropathie beim Border Collie (Wheeler, 1987)

• Sensible Neuropathie beim Pointer (Duncan, 1991)

• Progressive Axonopathie der Boxer (Duncan, 1980 ; Griffith et al., 1980 ; Duncan, 1980)

• Hypertrophe Neuropathie beim Tibetanischen Mastiff (Cummings et al., 1981;

Cooper et al., 1984 ; Duncan, 1991)

• Neuroaxonale Dystrophie der Rottweiler (Cork et al., 1983)

• Neuropathie der Nervi tibialis und fibularis beim Walker Hound (Jans et al., 1990)

(21)

- 21 - Literaturübersicht

• Periphere Hypomyelinisierung beim Golden Retriever (Matz et al., 1990 ; Duncan, 1991)

• Nebenwirkung von Metronidazol (Fitch et al., 1991)

• Nebenwirkungen von Vincristin (Hamilton et al., 1991)

• Komplikation nach disseminierter intravasaler Koagulopathie infolge Behandlung einer Dirofilariose (Dillon und Braund, 1982)

• Distale Denervationskrankheit (Griffith und Duncan, 1979 ; Duncan, 1980 ; Duncan, 1991)

• Neuritis des Plexus brachialis (Duncan, 1980 ; Duncan, 1991)

• Sensible Neuropathie (Steiss et al., 1987 ; Duncan, 1991)

• Tumoren als Systemerkrankung/ Paraneoplastische Polyneuropathie (Dyer et al., 1986 ; Braund, 1990 ; Duncan, 1991)

Die häufigste Polyneuropathie beim Hund ist die akute idiopathische Polyradikuloneuritis (Braund et al., 1994). Es handelt sich um eine entzündliche Erkrankung des peripheren Nervensystems, wobei vor allem die proximalen Anteile (Wurzeln) befallen sind. Die Ursachen sind im Einzelfall unbekannt, vermutet wird, dass autoimmune Mechanismen oder eine Infektionserkrankung vorliegen. Seltener sind erbliche, metabolische oder toxisch bedingte Polyneuropathien (Mahony et al, 1998). Neben der klinisch-neurologischen und labordiagnostischen Untersuchung werden als spezielle Untersuchungsmethoden die Elektrodiagnostik und eine Nerven- / Muskelbiopsie angewandt. Die Elektrodiagnostik umfasst die Elektromyographie (EMG) und die Elektroneurographie (ENG), die der Bestimmung der Nervenleitge- schwindigkeit (NLG) dient (Vandevelde, Jaggy, Lang 2001) (siehe 7.2.).

(22)

- 22 - Literaturübersicht

4. Tumor

Unter Tumor im engeren Sinn versteht man eine abnorme, meist umschriebene Gewebsmasse, die durch autonome, zeitweise progressive und überschießende Proliferation teilungsfähiger Zellen entsteht (Dahme und Weiß, 1988). Synonym mit Tumor wird auch von Neoplasma oder Neoplasie gesprochen. Die Prozesse, die an der Entstehung, Proliferation und Dissemination neoplastischer Prozesse beteiligt sind, sind mannigfaltig (Misdrop,1988). Das Tumorwachstum hält auch dann an, wenn der auslösende Reiz anscheinend nicht mehr wirksam ist (Dorn und Priester, 1987). Das neoplastische Gewebe verliert teilweise oder gänzlich die Fähigkeit, auf die physiologischen, hemmenden Regulationsmechanismen zu reagieren (Iozzo, 1995). Das Wachstum der Tumorzellen ist nicht mehr mit dem des Muttergewebes koordiniert; es ist autonom und anarchisch. R. Virchow legte 1858 die Grundlagen für die moderne Beschreibung und Einteilung von Tumoren. Die Abschätzung der Dignität als benigne (gutartig) bzw. maligne (bösartig) erfolgt anhand der Differenzierung des Tumorgewebes und seines Verhaltens zum umgebenden Gewebe (Infiltration, Expansion, Metastasierung). Neoplasien gelten dann als gutartig, wenn sie langsam und expansiv, d.h. örtlich verdrängend wachsen, während die bösartigen Tumoren die Tendenz zeigen, örtlich in das benachbarte Gewebe vorzudringen (infiltrativ-destruktives Wachstum) und sich nach Einbruch in Blut- und Lymphgefäße im Körper auszubreiten (Metastase) (Misdorp, 1988).

5. Paraneoplastisches Syndrom

Paraneoplastische Syndrome heißen Symptome und Symptomkomplexe, die in Begleitung, aber unabhängig von lokalem Wachstum und Fernmetastasierung eines - zumeist malignen – Neoplasmas auftreten. Diese Syndrome können in jedem Organ und Organsystem auftreten und sich bereits Monate vor Entdeckung des Neoplasmas bemerkbar machen (Demling, 1982). Die biologische Grundlage für viele paraneo- plastischen Syndrome ist noch ungeklärt. In manchen Fällen konnte gezeigt werden, dass die Tumorzellen biologisch aktive Substanzen wie Peptidhormone und deren Vorläufer, Wachstumsfaktoren, Interleukine und Zytokine produzieren und freisetzen (Daly und Torosian, 1993). Daneben können sie das Immunsystem durch die Bildung

(23)

- 23 - Literaturübersicht

von Immunkomplexen, durch die Entwicklung autoimmuner Reaktionen oder einer Immunschwäche beeinflussen (Fox, 1995). Die Paraneoplasien werden je nach be- troffenem Endorgan in verschiedene Klassen eingeteilt. Hierbei werden neben der Krebskachexie (Crowe und Oliver, 1981) paraneoplastische Endokrinopathien (Feldmann, 1996), Störungen der hämatopoietischen und hämostatischen Systeme (Couto, 1989; Weller, 1985), neuromuskuläre Syndrome (Van Ham et al., 1997;

Rusbridge, 1996) und kutane Syndrome (Bond et al., 1995) unterschieden. Die Prä- valenz von Paraneoplasien bei Tumorpatienten in der Humanmedizin ist schwer zu schätzen, zumal bis heute kontrollierte Studien fehlen. Bei den Kleintieren wird vermutet, dass sie vor allem beim Hund relativ häufig sind, während bei der Katze nur wenige Berichte vorliegen (Oglivie, 1994). Kachexie, Anämie und Hyperkalzämie (Elliott, 1991) scheinen beim Hund am häufigsten vorzukommen. Die frühzeitige Erkennung von Paraneoplasien kann aus folgenden Gründen von Bedeutung sein (Harvey und Moldawer, 1981):

a) Das paraneoplastische Syndrom kann die erste klinische Erscheinung einer Neoplasie darstellen. Ein frühzeitiger Nachweis könnte die Diagnose, Therapie und somit die Prognose für den zugrundeliegenden neoplastischen Prozeß verbessern.

b) Der Schweregrad des Syndroms kann parallel zur Aktivität der Tumorzellen verlaufen. Somit könnte es einen Hinweis für ein progressives oder regressives Verhalten der Neoplasie geben.

c) Die Symptome einer Paraneoplasie könnten mit den direkten Auswirkungen der Neoplasie oder den Nebenwirkungen einer zytostatischen Therapie verwechselt werden und zu falschen prognostischen Aussagen führen.

d) Paraneoplastische Erscheinungen können direkt krankheitsauslösend wirken und die Prognose des eigentlichen Primärleidens negativ beeinflussen.

Differentialdiagnostisch sind bei den paraneoplastischen Syndromen neben den direkten Wirkungen des Tumors auch Flüssigkeits- und Elektrolytverschiebungen, Nebenwirkungen antineoplastischer Therapien (z.B. Unterdrückung der Neubildung

(24)

- 24 - Literaturübersicht

von Blutzellen im Knochenmark) und sekundäre Infektionserkrankung auszuschließen (Gaschen, 1999).

6. Paraneoplastische Polyneuropathie

6.1. Paraneoplastische Polyneuropathie - Veterinärmedizinische Literatur Bei Kleintieren sind neurologische paraneoplastische Syndrome selten. Die veterinärmedizinische Literatur bezieht sich dabei überwiegend auf einzelne Falldarstellungen. Eine eindeutige Klassifikation von neurologischen paraneo- plastischen Syndromen gibt es bislang noch nicht. Es scheint jedoch gesichert, dass im Gegensatz zur Humanmedizin das periphere Nervensystem stärker betroffen ist, als das zentrale Nervensystem. Auch sind bestimmte Tumorarten vermehrt für eine solche paraneoplastische Polyneuropathie verantwortlich. Kyle G. Braund führte 1987 erstmalig eine retrospektive Studie zum Thema der paraneoplastischen Polyneuro- pathie beim Hund durch. Diese nach neuropathologischen Gesichtspunkten durchge- führte Studie ergab, dass 76% der untersuchten, tumorerkrankten Hunde histo- pathologische Veränderungen der Nervenfasern aufwiesen. Eine Blutuntersuchung diente zum Ausschluß metabolischer Polyneuropathien. Die Ergebnisse dieser Unter- suchung wurden nach einem System von PJ Dyck (1984) klassifiziert. Als häufigste histopathologische Veränderungen zeigten sich die paranodale/segmentale De- myelinisierung, Remyelinisierung mit kurzen internodalen Unterbrechungen, axonale Degeneration mit kugelförmiger Veränderung der Myelinscheiden. Die Tumorart ist zudem ein entscheidendes Kriterium. Bei der Betrachtung der Prozentzahlen an histopathologischen Abweichungen der untersuchten Nervenfasern zeigte sich, dass Hunde mit Bronchialkarzinom bis zu 59% veränderte Nervenfasern aufwiesen, Hunde mit Mammatumor/Adenokarzinom ebenfalls bis zu 59%, mit malignem Melanom bis zu 48%, mit Insulinom bis zu 47%, mit Osteosarkom bis zu 39%, mit Adenokarzinom der Schilddrüse bis zu 35,5% und mit Mastzelltumor bis zu 33% (siehe Tab. 1) (Braund, 1987). Das klinische Bild von erkrankten Hunden zeigt sich in unterschiedlich ausgeprägten Tetraparesen bis Tetraplegien mit abgeschwächten Reflexen und neurogener Muskelatrophie. Elektrodiagnostisch können Veränderungen im EMG beobachtet werden. Fibrillationspotentiale und positiv

(25)

- 25 - Literaturübersicht

scharfe Wellen sind Anzeichen einer Denervation und die Nervenleitgeschwindigkeit ist verlangsamt. Zur endgültigen Diagnosesicherung dient die Muskel-/ Nervenbiopsie (Mariani, 1999). Die Therapie der paraneoplastischen Polyneuropathie erfolgt durch die chirurgische Entfernung des Tumors, somit ist die Prognose dieser Polyneuropathie davon abhängig, ob der Tumor gut zu entfernen ist und keine Metstasen entstehen (Mariani, 1999). Auch die Behandlung mit Glukokortikosteroiden bei einem Hund mit Insulinom ist beschrieben worden, wobei eine kurzfristige Verbesserung der neurologischen Symptome beobachtet wurde (Van Ham und Braund, 1997). Es wird vermutet, dass die paraneoplastische Polyneuropathie durch Antikörper-vermittelte-Zellschädigung ausgelöst wird. Die Tumoren exprimieren Antigene, deren Strukturen auch im peripheren Nervensystem vorkommen. Eine Immunantwort, die gegen den Tumor gerichtet ist, schädigt dann auch periphere Nerven. In serologischen Studien der Humanmedizin konnten zirkulierende Antikörper gegen Myelin, Neurone, Ganglioside und Phospholipide festgestellt werden (Iwahashi, 1997). Die Krankheit bzw. Zellschädigung zeigte sich als übertragbar auf gesunde Tiere (Meerschweinchen) oder Zellkultursysteme (Braund et al., 1987). Am bekanntesten und am besten dokumentiert ist die paraneoplastische Polyneuropathie beim Hund in Zusammenhang mit Insulinomen (Shahar et al., 1985;

Braund, 1987; Schrauwen, 1991; Van Ham et al., 1997). Bei diesen meist älteren Hunden wird angenommen, dass neben dem paraneoplastischen Phänomen die Nerven durch die Hypoglykämie und die Hyperinsulinämie zusätzlich geschädigt und in ihrem Stoffwechsel beeinträchtigt werden (Braund, 1987). In der Humanmedizin ist bekannt, dass die paraneoplastische Polyneuropathie sehr häufig im subklinischen Bereich liegt, deutlich machen dies elektrodiagnostische Studien (Scaravilli et al., 1999). Da bislang prospektive klinische Studien beim Hund fehlen, soll die vorliegende Untersuchung die klinische Bedeutung der paraneoplastischen Polyneuropathie näher untersuchen.

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Tabelle 1: Prozentuale histopathologische Veränderungen bei verschiedenen Tumorarten

Art des Tumors Maximaler Prozentsatz veränderter

Nervenfasern

Bronchialkarzinom 59%

Mammatumor/ Adenokarzinom 59%

Melanom (maligne) 48%

Insulinom 47%

Osteosarkom 39%

Adenokarzinom der Schilddrüse 35,5%

Mastzelltumor 33%

6.2. Paraneoplastische Polyneuropathie – Humanmedizinische Literatur

Erstmalig berichteten im Jahre 1954 Henson, Russel und Wilkinson zusammen- fassend über 19 Fälle von Neuro- und Myopathien bei Karzinomträgern. Von vielen Autoren, die sich seither von neurologischer Seite mit dem Phänomen des paraneoplastischen Syndroms befasst haben, wird deren häufige Koinzidenz mit malignen Neoplasien des Lungen- und Bronchialsystems, namentlich dem klein- zelligen Bronchialkarzinom, hervorgehoben (Sharief et al., 1999). Außer dem Nerven- system können auch andere Organe und Organsysteme, wie z.B. beim Bronchial- karzinom paraneoplastische Veränderungen zeigen (Henson, 1979). Neurologische Krankheitsbilder, die häufig in Begleitung eines Neoplasmas auftreten, sind die Polyneuropathie, das Lambert-Eaton-Syndrom und die Polymyositis. Aber auch zentralnervale Strukturen können durch paraneoplastische Phänomene verändert werden, gleichfalls gehäuft auftretend bei zugrundeliegendem kleinzelligen Bronchial-

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- 27 - Literaturübersicht

karzinom. Typische neurologische Symptomenbilder im Zusammenhang mit dem paraneoplastischen Syndrom sind :

A. Paraneoplastische Enzephalitis und Myelitis a) „limbische Enzephalitis“

b) Myelitis (oft cervical) c) Ganglioradikulitis

B. Progressive multifokale Leukoenzephalopathie C. Paraneoplastische zerebelläre Degeneration

D. Paraneoplastische amyotrophe Lateralsklerose (umstritten) E. Paraneoplastische Polyneuropathie

F. Lambert-Eaton-Syndrom G. Paraneoplastische Myopathien:

a) (Dermato-) Myositis

b) nicht-entzündliche Myopathie

Die Pathogenese eines solchen paraneoplastischen Phänomens wird folgendermaßen erklärt. An der Oberfläche von Tumorzellen können sich im Zuge der malignen Umwandlung Antigene bilden oder freigelegt werden, die Proteinstrukturen des gesunden Nervengewebes gleichen („molecular mimicry“). Die Folge ist eine

„Kreuzreaktion“ des zellulären Abwehrsystems gegen Tumorgewebe einerseits und gesundes Nervengewebe andererseits (Demeling, 1982). Im Zusammenhang mit der paraneoplastischen Neuropathie sind verschiedene neurale Antikörper identifiziert worden, die diese Hypothese unterstreichen. Es werden drei verschiedene Antikörper genannt, Anti-Hu, Anti-Ri und Anti-Yo (siehe Tabelle 2) (Giometto et al., 1996).

Diese neuralen Antikörper gehören zur Gruppe der antinukleären Antikörper (ANA) und sind gegen Zellkerne des Nervensystems gerichtet. Anti-Hu-Antikörper treten

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- 28 - Literaturübersicht

zumeist beim kleinzelligen Bronchialkarzinom mit sensorischer Neuropathie auf. Bei einer Enzephalopathie gemeinsam mit einer sensorischen Neuropathie findet man Anti-Hu und Anti-Ri-Antikörper vergesellschaftet mit dem kleinzelligen Bronchialkarzinom. Anti-Purkinje-Antikörper, die Anti-Yo genannt werden, gelten als Marker für Karzinome des weiblichen Genitaltraktes und werden in Zusammenhang mit subakuter zerebellärer Degeneration gebracht (Iwahashi, 1997).

Neuropathologisch dominiert bei der paraneoplastischen Polyneuropathie des Menschen die axonale Degeneration, die segmentale Demyelinisierung und eine Kombination dieser beiden (Scaravilli, 1999). Die klinische Relevanz macht eine Untersuchung von McLeod 1993 sichtbar. Diese Studie zeigte, dass von 52 unter- suchten Patienten 5% klinisch an einer paraneoplastischen Neuropathie erkrankten, 12% wurden bei einer gründlichen neurologischen Untersuchung und 30-40% nach einer elektrodiagnostischen Untersuchung auffällig. Somit kann man davon ausgehen, dass die Erkrankung der paraneoplastischen Neuropathie beim Menschen eher subklinisch verläuft.

Tabelle 2: Neurale Antikörper bei paraneoplastischen Erkrankungen des Menschen Antikörper Nähere Bezeichnung Vorkommen Literatur Anti-Hu Typ1 anti-neuraler-

nukleärer Antikörper (ANNA-1)

Kleinzelliges Bronchialkarzinom

Giometto et al.,1996

Anti-Ri Typ2 anti-neuraler- nukleärer Antikörper (ANNA-2)

Kleinzelliges Bronchialkarzinom

Giometto et al.,1996

Anti-Yo Typ1 anti-Purkinje- Zellen-Antikörper (PCA-1)

Karzinome des weib- lichen Genitaltraktes

Iwahashi,1997

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- 29 - Literaturübersicht

7. Feststellung klinischer Befunde bei Polyneuropathie 7.1. Die neurologische Untersuchung

Die neurologische Untersuchung dient zur Feststellung von Ausfallserscheinungen, die einer Läsion im Nervensystem zugeordnet werden können (Jaggy und Tipold, 1999). Die Ziele der Untersuchung sind wie folgt zu definieren :

a) Unterscheiden von neurologischen und nicht neurologischen Störungen

b) Lokalisation und Festlegen des Ausmaßes der Läsion im zentralen (ZNS) oder peripheren Nervensystem (PNS)

c) Festlegen der Differentialdiagnosen und der Prognose

Die neurologische Untersuchung ist somit ein integraler Abschnitt der allgemeinen klinischen Untersuchung. Nach Festlegen der Lokalisation und möglichen Verdachts- diagnosen können gezielt weitere spezielle Untersuchungsmethoden eingesetzt werden (Jaggy und Tipold, 1999). Die Untersuchung sollte systematisch erfolgen, dabei werden das ZNS und PNS von den „höher“ zu den „tiefer“ geschalteten Zentren untersucht. Den einzelnen Schritten gemeinsam ist das Beobachten (Aufschluss über Bewusstsein, Verhalten, Haltung und Gang), das Palpieren (Muskeltonus, Muskel- masse und Schmerzen) und Durchführen von Reaktionen (Kopfnerven, Haltungs- und Stellreaktionen und Oberflächen- und Tiefensensibilität) und die Prüfung von Reflexen (Kopfnerven und spinale Nerven) (Vandevelde, Jaggy, Lang, 2001). Zur Abklärung einer Polyneuropathie sollte mit der neurologischen Untersuchung und Lokalisation eine gründliche allgemeine und labordiagnostische Untersuchung einhergehen, um weitere Symptome, Tumore, Infektionen oder metabolische Erkrankungen (z.B. Hypothyreose, Hypoglykämie) abzuklären.

7.2. Elektrodiagnostik

Die elektrodiagnostischen Untersuchungsmethoden sind für die Erkennung neuro- gener und myogener Erkrankungen, die Unterscheidung verschiedener Neuropathien, Myopathien und Störungen der neuromuskulären Überleitung und

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- 30 - Literaturübersicht

schließlich für Prognosestellung und Regenerationskontrolle entscheidend (Chrismann, 1981). In der Veterinärmedizin haben diese Untersuchungsmethoden erst in den 60er Jahren Einzug gehalten.

Um Angst und Schmerzen zu vermeiden, wird das Tier anästhesiert. Der Patient darf während der Untersuchung nicht allzu stark abkühlen, da eine zu tiefe Körper- temperatur die Resultate verfälscht (Niederhauser und Holliday, 1989). Außerdem müssen das Alter, die Größe und eventuell die Rasse des Tieres bei der Interpretation der Befunde berücksichtigt werden (Braund, Mc Guire, Lincoln, 1982).

Bei der Elektromyographie (EMG) wird das elektrische Potential des Muskels extra- zellulär, mit standardisierten konzentrischen Nadelelektroden, abgeleitet. Die Muskel- aktivität wird visuell, graphisch und audiometrisch durch ein Oszilloskop und einen akustischen Verstärker dargestellt. In der Veterinärmedizin wird Einstichaktivität, Spontanaktivität des ruhenden Muskels und Muskelaktivität bei Reflexstimulation, Willkürbewegung und elektrischer Reizung beurteilt (Jaggy und Kathmann, 2001).

Im gesunden Muskel wird ein durch das Einstechen der Nadel ausgelöstes, kurzes und mit jeder neuen Nadelbewegung wieder erscheinendes Potential (Insertions- potential) (Amplitude: ca. 200 µV, Dauer: ca. 100 ms) registriert. Dieses ist wahrscheinlich eine Antwort auf die mechanische Irritation des Muskels durch die Nadel (Christova et al., 1999). Bei Fibrose ist die Einstichaktivität vermindert. Ein

„stummes“ EMG mit fehlender Einstichaktivität wird bei ischämischen Muskelläsionen gesehen. Bei Denervation oder entzündlichen Prozessen ist der Muskel übererregbar und es kann eine verlängerte Einstichaktivität in Form von Potentialserien auftreten (Jaggy und Kathmann, 2001).

Unter akustischer Kontrolle wird systematisch nach Spontanaktivitäten gesucht. Die Spontanaktivität liefert Indizien, ob eine myogene oder eine neurogene Schädigung vorliegt. Außerdem ist sie diagnostisch bedeutsam, da sich häufig Ort und Ausmaß der Läsion bestimmen lassen (Heckmann und Ludin, 1982). Daneben gibt sie Auskunft über eine eventuell stattfindende Regeneration. Es ist diagnostisch wichtig,

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- 31 - Literaturübersicht

zwischen physiologischer und pathologischer Spontanaktivität zu unterscheiden (Jaggy und Kathmann, 2001).

A. Physiologische Spontanaktivität

Endplattenrauschen: Diese Aktivität des normalen Muskels wird im Bereich des neuromuskulären Übergangs abgeleitet und ist durch eine Unruhe der Grundlinie gekennzeichnet. Die Amplitude beträgt ca. 100 µV und die Dauer 2 ms. Das Endplattenrauschen entspricht der Summation von Miniaturend- plattenpotentialen und sollte nicht mit den pathologischen Fibrillations- potentialen verwechselt werden.

Endplattenpotentiale: Dies sind intermittierende Entladungen einer durch Aktivität in der Nervenendigung erregten Muskelfaser.

B. Pathologische Spontanaktivität

Fibrillationspotentiale: Bei Läsionen peripherer Nerven treten nach ca. 5-7 Tagen in Muskeln, die vom geschädigten Nerv versorgt werden, Fibrillations- potentiale auf. Diese sind initial positiv, meist bi- oder triphasisch und haben eine regelmäßige Frequenz. Ihre Amplitude beträgt 100 µV und die Dauer liegt bei 1-5 ms. Diese Form von Spontanaktivität ist typisch für neurogene Läsionen (z.B. Motoneuronerkrankungen, Wurzelläsionen und Polyneuropathien) (Willison, 1982). Sie wird aber auch, zwar seltener, bei Myopathien (z.B. Muskeldystrophien, Stoffwechselstörungen des Muskels und Myositiden) gefunden (Kornegay, Tuler, Miller, 1988). Vermutlich werden Fibrillationspotentiale durch ein erniedrigtes und instabiles Membranpotential der betroffenen Muskelzellen verursacht. Fibrillationspotentiale müssen an mindestens zwei verschiedenen Orten des gleichen Muskels, außerhalb der Endplattenregion abgeleitet werden, um als pathologisch zu gelten. In den Musculi interossei sind sie regelmäßig auch beim gesunden Tier anzutreffen.

Eine signifikante Reduktion der Fibrillationspotentiale ist ein Hinweis auf den Beginn einer erfolgreichen Reinnervation durch motorische Nerven (Jaggy und Kathmann, 2001).

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- 32 - Literaturübersicht

Positiv scharfe Wellen: Diese werden wahrscheinlich an Punkten abgeleitet an denen die Erregungsüberleitung blockiert ist. Positiv scharfe Wellen haben eine regelmäßige Frequenz, eine Amplitude von 50 µV - 5 µV und eine Dauer von weniger als 5 ms. Sie sind meist monophasisch und gelten wie die Fibrillationspotentiale als Denervationspotentiale. Sie sind aber allein auftretend nicht diagnostisch und kommen auch bei bestimmten Myopathien (z.B. Polymyositis) vor. Eine verminderte Anzahl von positiv scharfen Wellen ist in der Regel kein Hinweis auf eine erfolgreiche Regeneration.

Pseudomyotone Entladungen: Sie kommen bei Muskeldystrophien, Myositiden, metabolischen Myopathien (z.B. Cushing-Syndrom) und seltener bei neurogenen Schädigungen vor. Kennzeichnend ist die konstante Frequenz (5-100 Hz) und Amplitude (100 µV - 1 µV) und vor allem das plötzliche Auftreten und Verschwinden von Entladungsserien.

Myotone Entladungen: Sie treten in Form von Entladungssalven auf, bestehend aus kurzen Potentialen. Charakteristisch ist der Wechsel in Entladungsfrequenzen (20 Hz - 80 Hz) und Amplitude (10 µV - 1 µV) und das dadurch zu hörende Sturzkampfbomber-artige Geräusch. Myotone Entladungen treten vor allem bei Myotonien auf (z.B. Myotonia congenita). Ihr Ursprung liegt in der unabhängigen, repetitiven Entladung einzelner geschädigter Muskelfasern durch gesenkte Chlorid-Durchlässigkeit mit darauffolgender Depolarisation und Streuung der Aktionspotentiale (Jaggy und Kathmann, 2001).

In der Humanmedizin beinhaltet die Elektromyographie eine Ableitung von Potentialen motorischer Einheiten bei verschiedenen Kontraktionsgraden (Christova und Kossev, 1998), was auch in der Tiermedizin wünschenswert wäre, technisch beim Tier aber nicht durchführbar ist. Eine Methode, um Muskelkontraktionen beim anästhesierten Tier zu provozieren, besteht in der Auslösung von Reflexen. Eine andere Möglichkeit ist die Ableitung von Potentialen motorischer Einheiten während der Aufwachphase oder nach elektrischer Stimulation (Bowen, 1974).

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- 33 - Literaturübersicht

Die Elektroneurographie umfasst die Bestimmung der motorischen und sensorischen Nervenleitgeschwindigkeit (NLG). Damit wird der Funktionszustand peripherer Nerven gemessen. Neurographische Untersuchungen sind wertvoll bei der Abklärung traumatischer Nervenläsionen und bei fraglichen Polyneuropathien unterschiedlicher Ätiologie. Bei demyelinisierenden Prozessen ist die NLG stark vermindert, bei neuro- axonaler Degeneration normal bis leicht vermindert und bei myogenen Läsionen normal (Chaudhry und Cornbath, 1992). Die Nervenleitgeschwindigkeit ist temperaturabhängig. Daher sollte möglichst immer bei der gleichen Temperatur abgeleitet werden, damit man vergleichbare Werte mit geringer Streuung erhält (Jaggy und Kathmann, 2001).

Für den motorischen Nerv werden die Leitungsgeschwindigkeit bestimmt und die evozierten Muskelaktionspotentiale beurteilt. Ein peripherer Nerv wird an 2 Stellen (proximal und distal) mit Rechteckimpulsen supramaximal gereizt, und das evozierte Potential wird von einem zugehörigen Muskel elektromyographisch abgeleitet und aufgezeichnet (siehe Abb.2). Die Zeit (Latenzzeit) zwischen Reizapplikation und Muskelpotentialableitung entspricht der Erregungsleitungszeit des Nerven inklusive der neuromuskulären Transmissionszeit. Aus der Differenz zwischen proximaler und distaler Latenzzeit und der Distanz zwischen den Reizpunkten kann man die effektive Leitgeschwindigkeit für die schnellsten Nervenfasern berechnen (Vandevelde, Jaggy, Lang, 2001).

Die Leitungsgeschwindigkeit ist

Distanz zwischen proximaler und distaler Stimulationsstelle = --- Latenz proximal – Latenz distal

Diese sollte nicht unter 60 Meter/Sekunde liegen. Hunde erreichen im Alter zwischen 6 Monaten und einem Jahr die „normale“ NLG. Bei Tieren, die älter als 7 Jahre sind, sinkt die motorische Nervenleitgeschwindigkeit um ca. 5%. Je länger die Gliedmaße, desto niedriger ist die NLG (Waxenberger et al., 1992).

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- 34 - Literaturübersicht

Die Amplitude des evozierten Muskelaktionspotentials ist das Maß für die Anzahl aktivierter Nervenfasern. Bei axonaler Degeneration ist die Amplitude zu klein und die Nervenleitgeschwindigkeit normal bis leicht herabgesetzt. Bei demyelinisierenden Prozessen ist die Amplitude meist normal, aber die Nervenleitgeschwindigkeit stark erniedrigt. Ist die Demyelinisierung schon weit fortgeschritten, wird die Nervenleitung in bestimmten Fasern blockiert, was zu einer erniedrigten Amplitude führt (Binzegger und Heckmann, 1976).

Bei demyelinisierenden Polyneuropathien sind meistens zuerst Veränderungen der Leitgeschwindigkeit in den sensiblen Anteilen des Nerven zu finden. Zur Bestimmung der sensorischen Leitgeschwindigkeit werden die orthodrome und die antidrome Technik verwendet. Am besten geeignet sind hierfür monopolare Elektroden. Bei der orthodromen Methode wird der periphere Nerv distal gereizt, und weiter proximal werden die Nervenaktionspotentiale abgeleitet. Es wird die Amplitude, die Form und die Dauer für das Potential, sowie die maximale Nervenleitgeschwindigkeit bestimmt.

Die sensorische Nervenleitgeschwindigkeit ist bei Tieren, die älter sind als 10 Jahre, um 10 m/s vermindert. Allgemein ist bei Neuropathien häufig die Amplitude der evozierten Summenpotentiale erniedrigt. Wie bei der motorischen Leitgeschwindigkeit wird bei der antidromen Methode der Nervenstamm gereizt, und distal wird die evozierte Aktivität abgeleitet. Gereizt wird submaximal, das heißt, man bleibt mit der Reizstärke unter der motorischen Reizschwelle. Die Messung der orthodromen, sensorischen Nervenleitgeschwindigkeit gilt als empfindlichste Methode zur Erfassung auch diskreter Nervenläsionen (Wheeler, Jones, Wright, 1986).

Bei Störungen der neuromuskulären Überleitung stellt die repetitive, supramaximale Reizung eines Nerven mit Rechteckimpulsen und die Ableitung der Muskel- aktionspotentiale des zugehörigen Muskels eine häufig angewandte Unter- suchungsmethode dar. Gereizt wird in Impulsserien, wobei die Impulse immer frequenter (1, 2, 5, 10 und 20 Hz) gefeuert werden und die Reizdauer immer kürzer wird. Typisch für ein Endplattenproblem ist die fortschreitende Abnahme (> 10%) der Muskelpotentialamplitude nach repetitiver Stimulation.

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- 35 - Literaturübersicht

Die Elektrodiagnostik spielt besonders bei der Prognosestellung und der Verlaufskontrolle eine wichtige Rolle (Jaggy und Kathmann, 2001).

Abbildung 2: Prinzip der Elektroneurographie am Beispiel des Nervus tibialis, Hund (nach Vandevelde, Jaggy und Lang; Veterinärmedizinische Neurologie, 2001)

S1 = Proximale Stimulationsstelle

L1 = Zeit zwischen Stimulation an S1 und der Muskelantwort S2 = Distale Stimulationsstelle

L2 = Zeit zwischen Stimulation an S2 und der Muskelantwort

2 Stimulationsstellen: S1 proximal, S2 distal. Die Zeit zwischen Stimulation des Nervs und Muskelantwort ist die Latenz: L1 und L2 entsprechen den Stimulatinsstellen S1

und S2.

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- 36 - Literaturübersicht

7.3. Nerven- und Muskelbiopsie

Eine Nerven - und Muskelbiopsie sollte in der Regel nach Abschluss aller anam- nestischen und klinischen Untersuchungen einschließlich Labor und gegebenenfalls elektrophysiologischer Untersuchungen durchgeführt werden. Hauptindikationen sind der Verdacht auf eine primäre neuromuskuläre Störung, eine Dystrophie oder eine Speicherkrankheit oder ein ansonsten nicht weiter aufzuklärender Prozess, etwa eine ätiologisch unklare Entzündung.

Bei der Auswahl des Muskels sollte weder ein zu stark noch ein zu wenig betroffener Abschnitt entnommen werden. Bei chronischen Prozessen ist immer ein mäßig betroffener Abschnitt zu wählen, bei akuten Entzündungen eher ein stärker betroffenes Areal. Je nach Lokalisation der Veränderungen ist grundsätzlich jeder gut zugängliche Muskel zur Biopsie geeignet. Die großen Muskeln der Gliedmaßen (Musculus quadriceps femoris, Musculus gastrocnemius) oder der Rückenmuskel sind gut geeignet, da hier Erfahrungswerte über Faserdurchmesser und Verhältnis zwischen Typ-1- und Typ-2- Fasern vorliegen. Der zur Untersuchung vorgesehene Abschnitt sollte nicht durch Injektionen oder elektromyographische Untersuchungen vorgeschädigt sein (Bilzer, 2001). Zur Entnahme einer Muskelbiopsie wird ein Einschnitt parallel zu den Muskelfasern vorgenommen. Die isolierte Muskelfaser wird an beiden Enden abgeklemmt und mit einem scharfen Skalpell losgetrennt. Die Technik zur Entnahme einer Nervenbiopsie ist die sogenannte faszikuläre Biopsie.

Aus dem chirurgisch freigelegten Nerv werden parallel zum Faserverlauf mit einer scharfen Schere etwa 30% des Astes über einer Distanz von etwa 2 cm losgetrennt.

Dieser Faszikel wird dann an beiden Enden mit einem Skalpell durchschnitten (Vandevelde, Jaggy, Lang, 2001).

7.4. Antinukleäre Antikörper (ANA)

Die Rolle der zellulären Immunabwehr bei der Tumordiagnostik, Prognose und Behandlung ist bekannt und wird in der Klinik routinemäßig eingesetzt. Der humoralen Immunabwehr ist erst in den letzten Jahren Bedeutung zugemessen worden. Antinukleäre Antikörper werden sowohl bei autoimmunen Krankheiten als

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- 37 - Literaturübersicht

auch bei Tumorpatienten gefunden (Torchilin, 2001). Das Vorkommen und die pathogenetische Bedeutung von ANAs bei autoimmunen Krankheiten ist gut untersucht. So kann z.B. eine Erkrankung wie Lupus erythematodes anhand der Bestimmung des ANA - Titers und durch Indentifizierung spezifischer ANAs diagnostiziert werden (Monier et al., 1992). Die Bedeutung der ANAs in der Tumordiagnostik spielt eine immer größere Rolle. Humanmedizinische Untersuchungen haben ergeben, dass Tumorpatienten mit antinukleären Antikörpern eine bessere Prognose haben (Blaes et al., 2000). Antinukleäre Antikörper sind somit eine effektive Immunantwort gegen den Tumor. Ob diese auch zu therapeutischen Zwecken genutzt werden können, müssen weitere klinische Studien zeigen (Hansson, 1999). Für die paraneoplastische Neuropathie werden antineurale nukleäre Antikörper (ANNA) verantwortlich gemacht, die zur Gruppe der antinukleären Antikörper (ANA) gehören und gegen Zellkerne des Nervensystems gerichtet sind (Chan et al.. 2001; Abu-Shakra et al., 2001). Zur Bestimmung der antinukleären Antikörper wird die indirekte Immunfluoreszensmethode an mit humanen Epithelialzellen beschichteten Slides angewandt (Ginel und Lucena, 2001).

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- 38 - Eigene Untersuchungen

III. Eigene Untersuchungen

1. Zielsetzung

In der vorliegenden Studie sollte die klinische bzw. subklinische Bedeutung der paraneoplastischen Polyneuropathie beim Hund untersucht werden. Dazu wurden Tumorpatienten einer neurologischen und elektrodiagnostischen Untersuchung unterzogen, sowie eine Blutprobe zur weiteren Untersuchung auf antineurale und antinukleäre Antikörper entnommen. Bei Euthanasie dieser Hunde wurde eine histo- pathologische Untersuchung von Muskel- und Nervengewebe eingeleitet. Als Kontrollgruppe dienten Hunde mit Neuropathien des peripheren Nervensystems anderer Genese und gesunde Hunde.

2. Material

2.1. Untersuchungsgut

In der Zeit von November 2000 bis einschließlich Mai 2001 wurden 160 Hunde, die an die Klinik für Kleine Haustiere der Tierärztlichen Hochschule Hannover überwiesen worden waren, in dieser Studie untersucht (siehe Tab. 3). 120 dieser Hunde hatten verschiedene extraneurale Tumore und kamen zur Diagnostik und Therapie (siehe Tab. 5). Als Kontrollgruppe dienten 40 Hunde, von denen 20 Hunde mit Neuropathien des peripheren Nervensystems (PNS) anderer Genese (siehe Tab. 6) und 20 gesunde Hunde zur Untersuchung eingestellt waren. Als gesunde Hunde wurden in dieser Studie Tiere bezeichnet, die nicht auf Grund einer systemischen Erkrankung oder einer orthopädischen Bewegungsstörung in die Klinik für Kleine Haustiere überwiesen worden sind. Diese Hunde zeigten sich bei der allgemeinen, labordiagnostischen und neurologischen Untersuchung ohne besonderen Befund (siehe Tab. 7).

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- 39 - Eigene Untersuchungen

Tabelle 3: Anzahl der Hunde mit extraneuralen Tumoren und Kontrollgruppen

Diagnose Anzahl der Hunde

Extraneuraler Tumor 120

Kontrollgruppe 1: Neuropathien des peripheren Nervensystems

20

Kontrollgruppe 2: gesunde Hunde 20

2.2. Untersuchungsmaterial für die Neurologische Untersuchung

Zur klinisch-neurologischen Untersuchung wurde ein Reflexhammer, eine Arterienklemme und eine punktförmige Lichtquelle benötigt.

2.3. Gerätschaften für die Elektrodiagnostik

Zur Durchführung einer Elektromyographie sowie der Bestimmung der Nerven- leitgeschwindigkeit wurde das elektrodiagnostische System Nicolet Viking IV D von der Firma Nicolet Biomedical (Kleinostheim) in der Klinik für Kleine Haustiere genutzt.

Der Neurograph war mit patientenisolierter Elektrodenanschlussbox, Verstärker, Oszillograph, Lautsprecher sowie einer Registriereinrichtung ausgestattet, so dass eine visuelle, graphische und auditorische Darstellung gewährleistet war. Der Frequenzbereich war zwischen 2 Hz und 5 kHz eingeschränkt. Die Empfindlichkeit des Verstärkers wurde auf 2 mV eingestellt und die Kippgeschwindigkeit auf 100 m/s.

Alle elektromyographischen Untersuchungen wurden mit konzentrischen, 40 mm langen, 0,5 mm dicken Stahlnadeln durchgeführt, in deren Inneren sich eine isoliert eingebettete, dünne Platinelektrode befand. Für die Messung der Nervenleit- geschwindigkeit wurden teflonisierte, monopolare Stahlnadeln genutzt, deren Spitzen über 1 mm nicht isoliert waren und eine Länge von 60 mm und einen Durchmesser von 0,4 mm bzw. eine Länge von 40 mm und einem Durchmesser von 0,35 mm hatten.

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- 40 - Eigene Untersuchungen

2.4. Instrumentarium zur Muskel- und Nervenbiopsie

Zur Entnahme einer Muskel- und Nervenbiopsie wurde ein chirurgisches Grund- besteck (Fa. Lehnecke, Schortens) eingesetzt, bestehend aus Skalpell, chirurgischer und anatomischer Pinzette, Metzenbaum-Schere, Fadenschere, Nadelhalter, resorbierbarem Faden sowie einem Hautfaden und einem Augenmesser für die Nervenbiopsie.

2.5. Materialien und Hilfsmittel zur Bestimmung antinukleärer bzw. antineuraler Antikörper

2.5.1. Geräte, Klinik und Laborbedarf

15 ml Röhrchen, Polypropylen Fa. Greiner (188261), Frickenhausen Air HLB 2472 Fluoreszensmikroskop Fa. Zeiss, Oberkochen

CO2 - Brutschrank Fa. Heraeus-Christ GmbH, Hanau Eppendorf- Reaktionsgefäß, 1,5 ml Fa. Greiner (616201), Frickenhausen Feuchte Kammer (Plastikbox mit Gitter-

einsatz)

Kühlzentrifuge Varifuge K mit Hochge- schwindigkeitsaufsatz

Fa. Heraeus-Christ GmbH, Osterode

Objektträger, 76 x 26 mm Fa. Jürgens (916145), Hannover Pasteurpipetten, 23 mm aus Glas Fa. Brand (7477-15),Wertheim

Pipettenspitzen, gelb und blau Fa. Greiner (685290 und 686290), Frickenhausen

Schüttel-Mischgerät Heidolph Promax 1020; Heidolph

Instrumentes GmbH & CoKG, Kehlheim Sterile Werkbank, Heraeus Lamin Fa. Heraeus-Christ GmbH,Hanau

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- 41 - Eigene Untersuchungen

Transferpipetten 10 µl -1000 µl Fa. Brand, Wertheim

Zellkulturflaschen, 260 ml Fa. Nunc (147589), Wiesbaden

2.6. Antikörper und Reagenzien

2.6.1. Antikörper und Reagenzien für immunohistochemische Untersuchungen Kleinhirngefrierschnitte vom Affen fixiert auf

Objektträgern

Fa. Binding Site, Birmingham,England

Peroxidase - markierter polyklonaler Anti- körper gegen Hunde-IgG (Kaninchen-anti- Hund-IgG (heavy and light chain) –HRPO)

Immuno Research Laboratories, Fa.

Dianova, Hamburg

2.6.2. Antikörper und Reagenzien zur Messung antinukleärer Antikörper Fluorescein – Isothiocyanat - markierter

polyklonaler Antikörper gegen Hunde-IgG (Kaninchen-anti-Hund-IgG (heavy and light chain) –FITC)

Immuno Research Laboratories, Fa.

Dianova, Hamburg

Objektträger mit 8 Vertiefungen (ANA-Slide) Dunn – Labortechnik GmbH, Asbach

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- 42 - Eigene Untersuchungen

2.7. Puffer und Lösungen

2.7.1. Puffer und Lösungen der Immunhistochemie a) Lösungen

BSA, bovines Serumalbumin Fa. Roth (8076.2), Karlsruhe DAB, Diaminobenzidin Fa.Sigma, Deisenhofen

DAB - H2O2 - Lösung 1 Tablette DAB für 20 ml PBS und 0,01%

H2O2 (DAKO, DAB Chromogen tablets, Code No. S 3000, 10 tablets) 30% H2O2 auf 5% H2O2 verdünnen (100 µl + 500 µl H2O), davon 10 µl zu 5 ml DAB-Lösung.

Hämalaunlösung MAYERS Hämalaunlösung, Merck,

Best.Nr.:1.092.49, 500 ml 1:2 mit PBS- Dulbecco verdünnen

b) Puffer

PBS phosphatgepufferte Salzlösung (= 40 g

NaCl (Fa. Fluka, Buchs, Schweiz) +7,8 g H2NaO4P wasserfrei (Fa. Fluka, Buchs, Schweiz) + 40 ml 1N NaOH (Fa. Fluka, Darmstadt), pH 7,1)

PBS-Dulbecco Instant (9,55 g/l, phosphatgepufferte

Salzlösung, pH 7,1) Fa. Biochrom (L- 182-10), Berlin

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- 43 - Eigene Untersuchungen

2.7.2. Puffer und Lösungen zum Nachweis von antinukleären Antikörpern a) Puffer

PBS phosphatgepufferte Salzlösung (= 40 g

NaCl (Fa. Fluka, Buchs, Schweiz) + 7,8 g H2NaO4P wasserfrei (Fa. Fluka, Buchs, Schweiz) + 40 ml 1 N NaOH (Fa. Fluka, Darmstadt) pH 7,1)

b) Medium

Zellkulturmedium R0- RPMI 1640-Medium (Fa. Biochrom KG 10, Berlin) mit HEPES-Puffer 15 mmol/l, L-Glutamin 2 mmol/l, NaHCO3 18 mmol/l, ohne Zusatz von Antibiotika

Zellkulturmedium R0+ R0- mit Zusatz von Penicillin- Streptomycin (100 IU Penicillin/ml R0-, 100 µg Streptomycin / ml R0-)

2.7.3. Weitere Reagenzien

Aquamount improved Gurr,Prod. 362262H, 50ml

Evans-Blau 0,1% -ig mit PBS verdünnt E 2129 Evans Blue, Sigma-Aldrich, Deisenhofen

Fluorescein Isothiocyanate (FITC) Fa. Sigma (F7250), St. Louis/USA

Glycerin Fa. Cytogen, Ober-Mörlen

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- 44 - Eigene Untersuchungen

HEP-2-Zellen (humane Epithelialzellen) Fa. Biochrom, Berlin HEPES, N-(2-Hydroxylethyl)piperazin-N’

(-ethan-sulfonsäure)

Fa. Biochrom (L 1603), Berlin

Methanol Fa. Riedel-de Haen, Seelze

PMA, Phorbol-12-Myristat-13-Acetat Fa. Sigma (P-8139), Deisenhofen RPMI 1640-Medium (Trockensubstanz) Fa. Biochrom (T121-10), Berlin

Trypanblau Fa. Sigma, Deisenhofen

Trypsin 0,1 %-ig mit PBS verdünnt Fa. PAN Biotech GmbH (P 10-024100), Aidenbach

3. Methoden

3.1. Datenerhebung, Anamnese und Allgemeinuntersuchung 3.1.1. Klinische Untersuchung

Die klinische Untersuchung erfolgte nach der Propädeutik von Baumgartner, 1999.

Folgende Punkte wurden berücksichtigt:

• Signalement

• Vorbericht

• Allgemeine Untersuchung

• Tumordiagnostik (klinisch, histopathologisch)

• Neurologische Untersuchung

(45)

- 45 - Eigene Untersuchungen

Die Daten der Patienten sowie die Ergebnisse der klinischen und labordiagnostischen Untersuchung wurden in einem Erhebungsbogen erfasst. Als anamnestische Daten wurden etwaige neurologische Ausfallerscheinungen, wie z.B. Paresen, Paralysen oder Ataxie notiert. Weiterhin wurde die Tumorerkrankung, deren eventuelle Vorbe- handlung medikamenteller oder chirurgischer Art und ihre Metastasierung dokumentiert. Anschließend wurde eine Allgemeinuntersuchung vorgenommen, um einerseits extraneurale Ursachen für eine Lahmheit oder Lähmung auszuschließen und andererseits um die Narkosefähigkeit des Patienten abzuklären. Im Anschluss an die elektrodiagnostische Untersuchung erfolgte bei den Tumorpatienten die Exzision des Tumors und die histopathologische Untersuchung des entfernten Gewebes.

3.2. Spezielle Neurologische Untersuchung

Der neurologische Untersuchungsgang wurde systematisch durchgeführt (Jaggy und Tipold, 1999) und bei jedem Tier im folgenden Untersuchungsformular notiert:

Abbildungslegende zum Untersuchungsformular:

II - XII Nummerierung der Kopfnerven

C Cervikalmark

Ext. carpi rad. Extensor carpi radialis Ext. Flexorreflex Extensor Flexorreflex

HE Hinterextremität

L Lumbalmark

li links

re rechts

S Sakralmark

(46)

- 46 - Eigene Untersuchungen

Stim. L. Auge Stimulation linkes Auge Stim. R. Auge Stimulation rechtes Auge

Th Thorakalmark

Tibialis cran. Tibialis cranialis

VE Vorderextremität

(47)

- 47 - Eigene Untersuchungen

NEUROLOGISCHE UNTERSUCHUNG Klinik Nummer: ...

Besitzer: ... Datum: ...

Rasse: ...Alter: ...Geschlecht: ...

1. Bewusstsein: normal / Apathie – Stupor – Koma ____________________________

2. Verhalten: normal / abnormal ___________________________________________

3. Krampfanfälle: fokal / generalisiert / Status epilepticus _______________________

4. Haltung: normal / abnormal: Kopfschiefhaltung re – li; gestreckte Kopf-Halshaltung;

Paraplegie, Tetraplegie ________________________________________________

5. Gang: normal / abnormal: Tetraparese; Paraparese; Ataxie HE+VE; Ataxie HE;

vestibuläre Ataxie; Drangwandern; Dysmetrie; Hypermetrie; Kreisbewegungen re / li; _______________

6. Kopfnerven 7. Haltungs-und Stellreaktionen links rechts links rechts _____ II Sehen __________ Hüpfen

_____ Drohreflex ________ _____________ vorne ____________

_____ Wattebausch ______ _____________ hinten ____________

_____ II + III Pupillen ______ Korrekturreaktion

_____ Stim. L. Auge _______ _____________ vorne ____________

_____ Stim. R. Auge ______ _____________ hinten ____________

_____ II Fundus __________ Schubkarren

_____ III, IV, VI Strabismus __ _____________ mit Visus __________

_____ Nystagmus _________ _____________ Halsextension ______

_____ V Sensibilität _______ Tischkantenprobe

_____ V Kaumuskeln _______ _____________ optisch ___________

_____ V Kiefertonus ________ _____________ taktil _____________

_____ VII Facialis __________ Hemiwalking

_____ V, VII Lidreflex ________ _____________ vorne ____________

_____ V, VII Kornealreflex ____ _____________ hinten ____________

_____ IX, X Schlucken_______ Aufrichtung _____________________

_____ X Sensibilität (Ohr) ____ Unterstützung ____________________

_____ XI Halsmuskeln _______ Nackenreaktion___________________

_____ XII Zunge ____________

_____ Otoskopie ___________

_____ Augenhintergrund _____

8. Spinale Reflexe

Vordergliedmassen Hintergliedmassen links rechts links rechts Ext.carpi rad. Patellarreflex

_______ C7-Th1 _______ _______L2-L4 ________

Flexor Tibialis cran.

_______ C6-Th2 _______ _______ L4-L7 ________

_______ Pannikulus _____ Flexor

_______ L2-S3 ________

Perineal (S1-S3) ________

Bulbourethral ___________

Vulvourethral ___________

(48)

- 48 - Eigene Untersuchungen

gekreuzter Ext. Flexorreflex _____

Massenreflex ________________

Shiff-Sherrington ______________

-2 abwesend 9. Sensibilität -1 herabgesetzt Hyperästhesie ________________ 0 normal Analgesiezone ________________ +1 gesteigert Hypalgesie ___________________ +2 Klonus Oberflächensensibilität __________

Tiefenschmerz vorne rechts ____links____

Da es sich bei der paraneoplastischen Polyneuropathie um eine Erkrankung des peripheren Nervensystems handelt, wurde bei der Untersuchung ein besonderes Augenmerk auf die spinalen Reflexe, die Tiefensensibilität und die Untersuchung der Kopfnerven gelegt.

3.2.1. Prüfung der spinalen Reflexe

Zur Überprüfung der spinalen Reflexe sollte der Hund möglichst gut entspannt sowie kooperativ sein und wurde dazu in Seitenlage verbracht. Dies förderte die Entspannung, die auch durch leichte Lockerungsübungen wie passives Beugen und Strecken der Gliedmaße verbessert werden konnte. Die Reflexantwort wurde folgendermaßen bezeichnet: normale Reflexantwort (0), Hyporeflexie (-1) = Reflexabschwächung, Areflexie (-2) = völliger Verlust der Reaktion, Hyperreflexie (+1)

= übermäßige Reflexantwort, sowie Klonus (+2) = eine repetitive Reflexantwort nach einmaliger Stimulation.

Spinale Reflexe der Vorderextremität:

Extensor carpi radialis-Reflex: Reflexzentrum C6 –Th1, der N.radialis ist der verant- wortliche sensible und motorische Nerv. Die Vordergliedmaße wurde von medial am Ellenbogen unterstützt und Ellenbogen und Karpus leicht gebeugt gehalten. Der M.

extensor carpi radialis wurde knapp distal des Ellenbogens ihres Ursprungs mit dem Reflexhammer leicht beklopft. Als normale Reflexantwort erfolgte die Streckung des Karpalgelenkes.

(49)

- 49 - Eigene Untersuchungen

Flexorreflex: Reflexzentrum C6 –Th2, sensible Afferenzen: N. ulnaris, N. medianus, N.

radialis, N. musculocutaneus; motorische Efferenzen: N. musculocutaneus, N. axillaris, N. radialis, N. medianus, N. ulnaris. Bei leicht gestrecktem Vorderbein wurde in die Zwischenzehenhaut, Zehen oder Ballen gekniffen. Als normale Reflexantwort erfolgte ein sofortiges Anziehen der gesamten Gliedmaße.

Spinale Reflexe der Hinterextremität:

Patellarreflex oder Quadrizepsreflex: Reflexzentrum L4 – L6, der N. femoralis ist der verantwortliche sensible und motorische Nerv. Das Knie wurde in leichter Flexion von medial mit einer Hand unterstützt und die Patellarsehne mit dem Reflexhammer kurz beklopft. Als normale Reflexantwort erfolgte eine schnelle, kräftige Extension des Kniegelenkes.

Tibialis cranialis - Reflex: Reflexzentrum L6 – L7, der N. peronaeus ist der verantwortliche sensible und motorische Nerv. Das Knie wurde von medial unterstützt wie bei der Testung des Patellarsehnenreflexes. Der Reflexhammer beklopfte den M.

tibialis cranialis unmittelbar unterhalb des Fibulaköpfchens. Als normale Reflexantwort erfolgte eine Beugung des Sprunggelenkes.

Flexorreflex: Reflexzentrum L6 – S1, der N. ischiadicus ist hauptverantwortlich für die Motorik und Sensibilität dieses Reflexes. Der N. femoralis ist motorisch teilweise mitbeteiligt. Durchführung siehe Flexorreflex Vordergliedmaße. Als normale Reflexantwort erfolgte ein rasches vollständiges Anziehen der Gliedmaße mit maximaler Beugung aller Gelenke.

Weitere Reflexe:

Perianal/Analreflex und Bulbo- oder Vulvourethralreflex: Reflexzentrum S1 – S3, der N.

pudendus ist der verantwortliche sensible und motorische Nerv. Am stehenden Tier wurde die Rute angehoben und mit einer Arterienklemme vorsichtig die Peri- und Analgegend, dann die Vulva bei der Hündin oder mit der Hand der Bulbus urethralis

(50)

- 50 - Eigene Untersuchungen

beim Rüden berührt. Als normale Reflexantwort erfolgte eine Kontraktion des analen Sphinktermuskels und ein Niederdrücken der Rute.

Pannikulusreflex: Reflexzentrum C8 – Th1. Dieser Reflex wurde am sitzenden oder stehenden Tier durchgeführt. Kaudal etwa bei L6 beginnend wurde die Rückenhaut beidseitig im Wechsel mit einer Arterienklemme bis auf die Höhe der Schulterblätter stimuliert. Sensible Nerven in der Rückenhaut wurden dabei gereizt. Diese leiteten die Information über die weiße Rückenmarkssubstanz zum Reflexzentrum im Bereich C8 – Th1, wo die motorischen Efferenzen entspringen und eine Kontraktion der Hautmuskulatur im Thoraxbereich bewirkte.

3.2.2. Prüfung der Kopfnervenfunktion N. olfactorius : I. Gehinnerv

Die Funktion des N. olfactorius wird z.B. mit dem Anbieten von Futter überprüft. Einer normalen Reaktion entspricht das Lecken der Nase oder schnüffelnde Bewegungen. In dieser Studie wurde der Test nicht durchgeführt.

N. opticus: II. Gehirnnerv

Drohreflex: Nach einer drohenden Bewegung mit der flachen Hand Richtung Auge des Patienten, werden die Lider geschlossen.

Wattebauschtest: Im lateralen Gesichtsfeld des Patienten wurde ein Wattebausch fallen gelassen. Bei erhaltenem Visus dreht der Patient den Kopf und schaut dem Wattebausch nach.

Visuelle Tischkantenprobe: Der Patient wurde angehoben und auf eine Tischkante zu bewegt. Normalerweise zieht das Tier bei Sicht der Tischkante die Beine an und setzt sie auf der Tischplatte ab.

N. opticus: II. Gehirnnerv; N. oculomotorius : III. Gehirnnerv ; N. trochlearis: IV.

Gehirnnerv; N. abducens: VI. Gehirnnerv

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