• Keine Ergebnisse gefunden

Archiv "Karen" (28.08.2006)

N/A
N/A
Protected

Academic year: 2022

Aktie "Archiv "Karen" (28.08.2006)"

Copied!
1
0
0

Wird geladen.... (Jetzt Volltext ansehen)

Volltext

(1)

Der 1 000-Bomber-Angriff in der Nacht zum 31. Mai 1942 verwandelte „das uns so ver- traute Antlitz der Stadt von Grund auf“, vermerkte ein Kölner Chronist. Seit 1940 war Köln Ziel regelmäßiger Luftangriffe. Es lag günstig zu den Flugplätzen des briti- schen Bomberkommandos.

Die Angriffe steigerten sich und wurden präziser, die Bomben durchschlagskräfti- ger. Höhepunkt des Luftkrie- ges gegen Köln waren zehn Tage im Oktober 1944: Man kam nicht mehr nach, in dem verwüsteten und brennenden Steinchaos die Toten und Ver- letzten zu zählen, auf Müll- wagen wurden die Leichen abtransportiert. Der letzte Großangriff am 2. März 1944 richtete sich auf das Zentrum um Dom und Hauptbahnhof.

Die Absicht könnte es gewe- sen sein, so eine Überlegung in dem Buch, mit Minenbom- ben in dichtester Konzentrati- on den Dom „umzublasen“, um mit einem ungeheuren Trümmerberg die Rampen zur nahe gelegenen Hohen- zollernbrücke zu blockieren.

Doch das gotische Bauwerk hielt dem Druck und Sog der modernen Luftminen stand.

Die amerikanischen Invasi- ons-Truppen marschierten in eine Trümmerwüste ein. Die Stadt war von ihren Bürgern weitgehend verlassen, die öf- fentliche Ordnung zusammen- gebrochen.

Der Historiker Martin Rüther, der am NS-Dokumen- tationszentrum der Stadt Köln tätig ist, hat eine in dieser Form einmalige Schilderung und Dokumentation des Bomben- krieges am Beispiel Kölns vor- gelegt. Das buchstäblich ge- wichtige Werk ist unterteilt in die Schilderung der Ereignisse aus Sicht des Historikers und die Dokumentation zeitgenös-

sischer Aufzeichnungen: Brief- wechsel und private Tage- bücher, darunter die „Gedan- ken zur Zeit“ des Arztes Wolf- gang Michel, der die Hoffnun- gen und Enttäuschungen des

politisch aufmerksamen Bür- gers zwischen März und Mai 1945 treffend wiedergibt.

Rüther vermittelt also Ge- schichte aus der Sicht des nor- malen Bürgers, in der sich die großen Ereignisse widerspie- geln. Das Bild des so entste- henden Alltags wirkt authen- tisch. Berichtet wird von Ver- sorgungslage und Schwarz- markt, Evakuierungen und Ju- gendkriminalität, Deportatio- nen, Zwangsarbeit und Juden- häusern, von Kinderlandver- schickung, von der immer prekärer werdenden Kranken- versorgung und immer wieder von der wachsenden Resigna- tion der Bürger, die im Gegen- satz zur Siegespropaganda der Machthaber stand.

Der Autor hat sich für eine interessante Darstellungsart entschieden: Berichtet wird nach Jahren – vom Kriegsbe- ginn bis 1945. Einzelthemen wie Versorgungslage oder Kri- minalität wiederholen sich so-

mit Jahr für Jahr. Es entsteht ein feines Mosaik der „Ge- samtstimmung“ im Kriegsver- lauf. Nachteilig ist, dass Sach- themen, wie etwa die Gesund- heitsversorgung, nicht in sich geschlossen dargestellt wer- den, sondern über das Register erschlossen werden müssen.

Hervorzuheben sind die über das Buch verstreuten kleinen Artikel von Gebhard Aders, ehemals Archivar in Köln und zuvor Offizier der (Bundes-)Luftwaffe, über den Luftkrieg. Der Leser gewinnt ein klares, fachlich fundiertes Bild von Strategie (der US Air Force, vor allem aber des britischen Bomberkomman- dos unter Harris) und techni- schen Voraussetzungen (des Fluggerätes wie der Waffen).

Das Werk ist treffend und reich bebildert, nicht nur mit Profiaufnahmen, sondern auch mit privaten Fotos, die nahe zum alltäglichen Leben sind. Norbert Jachertz

A

A2236 Deutsches Ärzteblatt⏐⏐Jg. 103⏐⏐Heft 34–35⏐⏐28. August 2006

B Ü C H E R

Bürger im Bombenkrieg

Nur der Kölner Dom blieb stehen

Martin Rüther: Köln im Zweiten Weltkrieg. Alltag und Erfahrungen zwischen 1939 und 1945. Darstellungen – Bilder – Quellen. Schriften des NS-Dokumentationszentrums der Stadt Köln, Band 12. Emons Verlag, Köln, 2005, 960 Seiten, mit circa 300 zum größten Teil unveröffentlichten Abbildungen, gebunden, 29,80 A

Arztroman

Das Schicksal schlägt zu

Horst Joachim Rheindorf: Ka- ren. Roman. Karin Fischer Verlag, Aachen, 2006, 516 Seiten, Hard- cover mit Schutzumschlag,26,40 A

Der Präsident des Bundes- verbandes deutscher Schrift- steller-Ärzte, Prof. Dr. med.

Horst Joachim Rheindorf (84), hat es sich nicht nehmen lassen, sein schriftstelleri- sches Werk, das bisher be- rufspolitisch geprägt war, bel- letristisch zu krönen. Mit lan- gem Atem erzählt er die Lie- bes-, Leidens- und Lebensge- schichte des Arztes Hellmuth und seiner großen Liebe Ka- ren, einer ostpreußischen Baronesse, Medizinstudentin und nachmaligen Bildhaue- rin. Die beiden lernen sich in den 40er-Jahren kennen und unversehens lieben, verlieren sich aber in den Kriegs- wirren. Hellmuth heiratet schließlich Kollegin Monika, macht im Westen Karriere als Frauenarzt und Professor,

wird aber privat, man ahnt’s, nicht glücklich. Als dann die verschollene Karen aus russi- scher Kriegsgefangenschaft wieder auftaucht, nimmt das Schicksal erneut seinen Lauf.

Wie, das sei nicht verraten, nur so viel: Das Schicksal meint es gut mit Hellmuth, Karen und sogar der entsa- genden Monika.

Rheindorfs väterlicher Freund und Vorgänger im Amt des Schriftstellerpräsi- denten, Prof. Dr. med. Wil- helm Theopold (90), ehedem unter anderem hessischer Kammerpräsident, schreibt zu dem kollegialen Werk wehmütig-hoffnungsvoll: „Es ist die Geschichte von der verlorenen und wieder gefun- den Zeit, von hohen morali- schen Ansprüchen, die unse- rer Zeit fremd geworden sind, aber vielleicht eine Wiederge- burt erleben. Es ist das hohe Lied einer fast tödlich verletz- ten Liebe, die dennoch gleich- sam unzerstörbar ein Eigen- leben führt, die Zeiten über- dauert und wieder aufersteht, aber auch von Verzeihen,Ver- stehen und Vergessen – an

Dramatik berühmten Passa- gen verwandt.“ Wie in einem Film male der Autor „die Stärken des Glücks, sehr sub- til und poetisch die Liebe des jungen Paares“. Psycholo- gisch hinterfrage er die Tragö- die, mit „flügelleichter Hei- terkeit“, und mit Humor lasse er die Idylle wiederkehren.

Kolleginnen und Kollegen, die gerne einmal zu einem traditionell erzählten, sprach- lichen Experimenten abhol- den Roman aus der Feder – oder war’s das Diktiergerät? – eines Kollegen greifen möch- ten, sei „Karen“ ans Herz gelegt. Sie werden ihre helle Freude haben. Peter Hilmend

Referenzen

ÄHNLICHE DOKUMENTE

Wessely ordnet noch zwei weitere Porträtstiche (W 43 und W 110) mit der Signatur F. Schmidt dem Werke von Georg Friedrich Schmidt zu, die im Verzeichnis von Jacobi nicht

Als dds Deutsche Museum in M ü n c h e n am 70. Sie erinnert „den Vorfahren zur Ehr, der Jugend zur Lehr", mit Bildern, Büsten und Reliefplaketten an die

Tage wie diese / Best.-Nr. Orientiert am Leistungsvermögen der Schülerinnen und Schüler und an den individuellen Unterrichtszielen, werden die einzelnen Stimmen in Kleingruppen

Es ist einfach wunderbar, wenn ich es immer wieder er- lebe, wie mit wenigen Mitteln für verzwei- felte Patient:innen und deren Familien plötzlich alles so viel besser wird.. Doch

Endlich wieder erholsam schla- fen Patienten mit Ein- und Durch- schlafstörungen wünschen sich, endlich einmal wieder eine Nacht richtig schlafen zu können.. Eventuell

„deutsch“ werden. Hitler schreit in die Runde, dass die Männer doch nicht Offiziere geworden seien, um „ehrlos zu sterben“. 22 Vollkommen in Rage verlässt er den

So ist es auch in Ihrem Leben: Wenn Sie all ihre Energie für die kleinen Dinge in ihrem Leben aufwenden, haben Sie für die großen keine mehr. Achten Sie daher auf die wichtigen

Die vorliegende Unterrichtseinheit fußt auf der Lektüre einer vollständigen Textfassung des Dramas, um die Schülerinnen und Schüler sich einen bleibenden Eindruck des Denk-