Spektrum der Woche Aufsätze • Notizen
Therapiestudien
erarbeitete Überla eine Reihe von Thesen, die die Wichtigkeit der Bio-
metrie bei der Behandlung ethischer Fragen bei Versuchen am Menschen hervorheben. Demnach
> ist der Biometriker der unabhän- gige Partner des Leiters der klini- schen Prüfung;
• ist die Entscheidung ethischer Probleme heute ohne die Biometrie nicht sinnvoll;
• vertritt die Biometrie die Ethik der Sicherheit und des Risikos;
I> dürfe die Biometrie keine Selbst- verteidigungsethik anführen;
• ist es Aufgabe der Biometrie, den Biometriker zur Verantwortung mit Augenmaß zu erziehen;
I> ist der Biometriker kein Techno- krat, sondern ein Wissenschaftler mit Berufsethik.
Aufgrund der öffentlichen Diskus- sion fand die Darstellung von Prof.
Greiser, Bremen, zur Bewertung des therapeutischen Nutzens von Arz- neimitteln (unter dem Namen Grei- ser-Studie bekannt geworden) be- sonderes Zuhörerinteresse. Der Arz- neimittelindex, ein seit Ende 1976 vom Bundesministerium für For- schung und Technologie geförder- tes Forschungsprojekt, das vom Bremer Institut für Präventionsfor- schung und Sozialmedizin bearbei- tet wird, stellt eine Bewertung von Fertigarzneimitteln dar. Das Vorge- hen folgt, auch bezüglich der Krite- rien, der „drug-efficacy-study" der amerikanischen Arzneimittel-Kon- trollbehörde. Insgesamt wurden 567 Arzneimittel beurteilt, und zwar be- zogen auf das Indikationsgebiet der Erkrankung des Herzens (Herzinsuf- fizienz, Koronarinsuffizienz, Rhyth- musstörungen). Damit liegt erstmals für alle relevanten Arzneimittel des bearbeiteten (engen) Indikationsge- bietes eine Beurteilung des thera- peutischen Nutzens vor. Unklar bleibt dabei, an wen sich die Bewer- tungsangaben des Arzneimittelin- dex richten, etwa an die betroffenen Arzneimittelhersteller oder an die Bundesoberbehörden oder schließ- lich an die verordnenden Ärzte
selbst. Die recht kurz geführte Dis- kussion im Anschluß an die Greiser- schen Erläuterungen zeigte gewisse Unsicherheiten auf, insbesondere im Hinblick auf die Teilnahme von bekannten Kardiologen an der Stu- die. Ferner habe insgesamt eine zu wenig differenzierte Betrachtung Platz gegriffen. Am Beispiel „Herzin- suffizienz" wurde deutlich, daß hier eine stärkere Absetzung in verschie- dene Schweregrade der Erkrankung die Aussagekraft der Studie sicher- lich gefördert hätte.
Dr. Kienle, Herdecke, versuchte an- hand eines Beispieles aus der Hepa- thologie zu belegen, daß aufgrund der großen Variabilität der individu- ellen Verläufe auch die randomisier- ten Versuche außerordentlich pro- blematisch sind. Am Einzelbeispiel orientiert und aufgrund welt-
anschaulich/naturphilosophischer Überlegungen kam er zu der allge- meinen Behauptung, die geplanten klinischen Studien hätten keinen Er- kenntniswert, weil durch sie „die Versuchsergebnisse, die mit der Vorerfahrung übereinstimmen", le- diglich bestätigt würden. Leider konnte Kienle keine Alternative zu kontrollierten, randomisierten Ver- suchen bei gleicher Aussagekraft nennen.
Wie die hohen Teilnehmerzahlen be- zeugten, hatten die Gießener Orga- nisatoren, die Professoren Dudeck und Victor, mit ihren Stäben nicht nur eine glückliche Hand bei der Themen- und Referentenauswahl bewiesen, sondern auch durch prä- zis geplante organisatorische Vor- gaben dafür Sorge getragen, daß Or- ganisationsprobleme während der Tagung gar nicht erst entstanden.
Die 27. Jahrestagung der GMDS ist für September 1982 in Hamburg ge- plant. Sie wird sich mit dem Thema befassen: „Methoden der Statistik und Informatik in Epidemiologie und Diagnostik."
Dipl.-Vw. Franz F. Stobrawa Geschäftsführer der GMDS Haedenkampstraße 1 5000 Köln 41
KURZBERICHT
VW-Stiftung fördert
„Datenschutz-Forschung"
Rechtliche und praktische Probleme des Datenschutzes stehen im Mittel- punkt von Projekten, die die Stiftung Volkswagenwerk, Hannover, im Rahmen eines Sonderprogramms
„Datenschutz und Informationsbe- darf — Forschungen zur Anwendung und Weiterentwicklung rechtlicher Regelungen" fördert. Dabei sollen — teilweise international vergleichend
— verschiedene Bereiche, darunter das Gesundheitswesen und der Si- cherheitssektor, analysiert werden, um Grundlagen für die Gesetzge- bung und Praxis zu erarbeiten. Im Rahmen dieses Sonderprogramms bewilligte die Stiftung bis Ende 1981 insgesamt 2,5 Millionen DM.
Bereits vergeben wurde ein Projekt über „Sicherheitsstatistische Daten- banken", das unter Leitung von Pro- fessor Dr. med. Wilhelm Gaus, Uni- versität Ulm, bearbeitet wird. Diese Studie soll vorrangig das Problem der Anonymisierung von statisti- schen, personenbezogenen Daten ventilieren. Mit insgesamt 248 000 DM ist ein weiteres Projekt über
„Datenschutzregelungen für die Forschung im Gesundheitsbereich"
bewilligt worden (Projektnehmer:
Gesellschaft für Systemforschung und Dienstleistungen im Gesund- heitswesen, Berlin). Laut Projekt- ausschreibung sollen die Berliner Wissenschaftler „vor allem den Da- tenbedarf der Forschung im Ge- sundheitsbereich und die individuel- len Datenschutzerfordernisse präzi- sieren und Regelungsvorschläge so- wie organisatorische und techni- sche Verfahrenslösungen erarbei- ten". Die übrigen bereits vergebe- nen Projekte betreffen Probleme der Rechtsinformatik im Zusammen- hang mit der Datenspeicherung und -verwaltung (Projektnehmer: Institut für Rechtsphilosophie und Rechts- informatik der Universität Mün- chen); eine Vergleichsstudie über die Datenschutzgesetze in Nachbar- staaten; Forschungen und Daten- schutz im Sicherheitsbereich sowie forschungspolitische Aspekte des Datenschutzes und der Datenerfas- sung. EB
86 Heft 2 vom 15. Januar 1982 79. Jahrgang DEUTSCHES ÄRZTEBLATT Ausgabe A/B