Die meisten fehlbelegten Tage entfallen mit 20,1 Prozent auf Pa- tienten mit Verletzungen und V er- giftungen. Die höchste pflegetagebe- zogene Fehlbelegungsrate weisen Patienten mit orthopädischen Er- krankungen auf (31,9 Prozent). Re- lativ gering ist die Zahl der Fehlbele- gungen dagegen bei Patienten mit Krankheiten der Atmungsorgane und bei Patienten, die der Gruppe
"Komplikationen in der Schwanger- schaft, bei Entbindung und im Wo- chenbett" zugeordnet werden kön- nen .
...,. Die Infratest-Studie ergab ferner: Bei lediglich 1,6 Prozent aller Patienten war der Krankenhausauf- enthalt überhaupt nicht erforderlich (sechs ärztliche Sachverständige aus Krankenhäusern, aus dem Medizini- schen Dienst, dem Vertrauensärzt- lichen Dienst und einer LVA hatten die Krankenblätter als "ärztliche Sachverständige" geprüft). 39,5 Pro- zent der Patienten weisen einen un- ter medizinischen Gesichtspunkten zu langen Aufenthalt auf. Von der durchschnittlichen Verweildauer (13 Tage) wurden 2,4 Tage als fehlbelegt eingeschätzt. Entsprechend ergibt sich eine Fehlbelegungsquote von 18,4 Prozent.
Genaue Prüfung erforderlich Der Hauptgeschäftsführer der Deutschen Krankenhausgesellschaft, Dr. jur. Klaus Prößdorf, Düsseldorf, hat davor gewarnt, aus den oftmals unkritisch zitierten Zahlen und Hochrechnungen voreilige Schlüsse für einzelne Krankenhäuser und bei den laufenden Pflegesatz-/Budget- verhandlungen zu ziehen. In vielen Fällen seien auch Personaldefizite
"Umfang von Fehlbelegungen in Akutkran- kenhäusern bei Patienten aller Altersklassen"
lautet der Titel eines Forschungsberichts im Auftrag des Bundesarbeitsministeriums, der von der Konzertierten Aktion im Gesundheitswesen angeregt wurde. Das Gutachten, dem zwei Teil- gutachten vorausgingen, wurde durchgeführt von Infratest Gesundheitsforschung GmbH, München, und Prof. Dr. rer. nat. Rüdiger Klar, Abteilung Medizinische Informatik der Univer- sität Freiburg!Brsg. Hinzugezogen wurden von den Gutachtern sechs ärztliche Sachverständige.
Das Gutachten soll in der Reihe Forschungsbe- richte des Bundesministeriums für Arbeit und Sozialordnung in Kürze veröffentlicht werden.
für Fehlbelegungen und zu lange Liegezeiten ursächlich.
Die deutschen Krankenhäuser rangierten im internationalen Ver- gleich in der Personalausstattung an letzter Stelle vergleichbarer Länder.
Während in der Bundesrepublik Deutschland nur 1,15 Beschäftigte je Bett vorhanden seien, lägen die Per- sonalschlüssel zum Beispiel in der Schweiz bei 1,59, in den USA bei 2,71 und in Schweden bei 2,78 (wie- wohl dort andere strukturelle und organisatorische Bedingungen als in
Neuro-Immunologie
der Bundesrepublik gelten). Über- haupt müsse das Fehlbelegungspro- blem im Zusammenhang mit der Ab- sicherung des Pflegefallrisikos gese- hen werden. Solange dies nicht hin- reichend für den ambulanten und stationären Sektor abgesichert sei und krankenhausentlastende Ein- richtungen weithin fehlten, sei es müßig, über volkswirtschaftliche Entlastungseffekte von Bettenabbau und Verweildauerverkürzung zu de- battieren.
Dr. rer. pol. Harald Clade
Neuer Schwerpunkt der VW-Stiftung
Mit der Einrichtung des Schwer- punktes "Neuro-Immunologie, Ver- halten und Befinden" hat die in Hannover ansässige Volkswagen- Stiftung jetzt auch für den Bereich der Biowissenschaften ein neues Förderangebot unterbreitet. Die Stiftung will damit Vorhaben för- dern, die - unter Berücksichtigung von Erkenntnissen der Psychiatrie und Psychologie - Forschungen auf dem Gebiet der Immunologie mit denen der Neurobiologie, der Endo- krinologie, der Zellbiologie und/oder der Pharmakologie verknüpfen. Sinn dieses Angebots, für das bereits zwanzig Anträge mit einem Volu- men von über zehn Millionen DM vorliegen, ist es, zu interdisziplinärer Forschungstätigkeit anzuregen. An- hand einschlägiger Projekte sollen Beiträge zum besseren Verständnis des funktionellen Wechselspiels von Immunsystem, Nervensystem und Endokrinium einschließlich seiner Bedeutung für das individuelle Ver- halten und Befinden des Menschen erarbeitet werden.
Ebenfalls neu in das Förderpro- gramm wurden folgende For- schungsbereiche aufgenommen:
e
"Neue Informations- und Kommunikationstechniken in Wirt- schaft und Gesellschaft: Wirkungen und Perspektiven"e
"Umwelt als knappes Gut:Steuerungsverfahren und Anreize zur Schadstoff- und Abfallverringe- rung" sowie der Schwerpunkt
e
"Neue Professuren", der vorallem die fachliche Neuorientierung an den Hochschulen erleichtern will.
Die ersten Mittel für medizi- nisch relevante Einrichtungen hat die VW-Stiftung bereits bewilligt: So erhalten die Universität Marburg für die Einrichtung einer neuartigen Professur im Bereich der Physiologie 500 000 DM und die Universität Tü- bingen zur Ausstattung einer Profes- sur für Radiopharmazie einen Be- trag von drei Millionen DM.
Die mit einem Vermögen von 1,88 Milliarden DM ausgestattete Stiftung hat im vergangenen Jahr mit 198 Millionen DM den höchsten Bruttoertrag ihrer nunmehr 27jähri- gen Tätigkeit erzielt. Von den im Jahr 1988 ausgesprochenen Bewilli- gungen in Höhe von knapp 150 Mil- lionen DM standen 7,9 Millionen DM für medizinische Forschungs- vorhaben zur Verfügung. Nach An- gaben des neuen Kuratoriumsvorsit- zenden, dem Staatssekretär im nie- dersächsischen Ministerium für Wis- senschaft und Kunst, Professor Dr.
Hans-Ludwig Schreiber, kann die Stiftung mittelfristig auf einen be- trächtlichen Vermögenszuwachs hof- fen. Der Bund ist jetzt bereit, seinen Privatisierungserlös aus dem Ver- kauf seiner VW-Anteile in Höhe von insgesamt 808 Millionen DM an die Stiftung abzuführen. Mit dieser "stif- tungsfreundlichen Regelung" dürfte die Wissenschaftsförderung auch zum Beginn des nächsten Jahrtau- sends auf einer soliden finanziellen
Grundlage stehen. DÄ-N
A-3772 (24) Dt. Ärztebl. 86, Heft 49, 7. Dezember 1989