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Archiv "Praxisführung: In hitzigen Momenten die Ruhe bewahren" (09.05.2008)

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Deutsches ÄrzteblattJg. 105Heft 199. Mai 2008 A1031

S T A T U S

E

ine Mitarbeiterin nörgelt her- um, das Betriebsklima ist ge- wittrig, das Handy klingelt, zu Hau- se ist das Kind krank, und ein Patient droht mit einer Klage wegen eines angeblichen Behandlungsfehlers – ganz so schlimm wird es für den Arzt hoffentlich nie kommen.

Trotzdem stellt sich die Frage: Wie bleibt der Arzt in dieser Stresssitua- tion so gelassen, dass er in der Lage ist, alle Probleme zu bewältigen?

Dr. med. Erwin Göckeler-Leopold, Gynäkologe mit einer Praxis im nordrhein-westfälischen Geseke, ist überzeugt: „Wichtig ist es in sol- chen Situationen, zunächst einmal den Ursachen für den Stress auf die Spur zu kommen. Denn jeder Mensch hat ja seine individuellen Stressoren: Ein Stressfaktor, der von dem einen als belastend emp- funden wird, wirkt bei dem anderen als positiver Adrenalinschub.“

Deshalb sollte der Arzt sich die Zeit nehmen und einmal in Ruhe über- legen, in welchen konkreten Kom-

munikationssituationen er Stress- symptome bei sich beobachtet hat.

Eine solche Analyse zeigt häufig, wie er in der Vergangenheit – oft un- bewusst – mit diesen Stressfaktoren umgegangen ist und ganz automa- tisch Stressbewältigungstechniken angewendet hat, die ihm weiterge- holfen haben. Wer sich seine indivi- duellen Strategien, dem Stress zu begegnen, bewusst macht, kann sie gezielt einsetzen.

Den meisten Ärzten geht es wohl so, dass sie im Umgang mit dem Pa- tienten und in medizinischen Be- langen souverän sind und bleiben.

Sie befinden sich auf einem Terrain, auf dem sie sich auskennen. Anders sieht es im Bereich der Mitarbeiter- führung aus. Ärzte sind es gewohnt, in ihrem Fachbereich in der Regel

eine Lösung parat zu haben – umso hilfloser fühlen sie sich dann, wenn sie sich auf ein Feld begeben müs- sen, auf dem sie sich nicht so hei- misch fühlen. Wenn ein Arzt zudem in seinem Selbstbild einen hohen Grad an Perfektionismus verankert hat, kann ihn beispielsweise ein schwieriges Kritikgespräch mit ei- ner Mitarbeiterin sehr belasten und geradezu aus der Bahn werfen.

„Bleiben Sie gelassen und ruhig“ –

solche Ratschläge sind dann wohl- feil.

Der Arzt kann seine Handlungs- und Kommunikationsfähigkeit auf- rechterhalten oder zurückgewin- nen, indem er sich auf das Wesentli- che besinnt: Im emotional-hitzigen Streitgespräch sollte er seine Ge- danken und Argumente so deutlich PRAXISFÜHRUNG

In hitzigen Momenten die Ruhe bewahren

Im Umgang mit ihren Patienten und medizinischen Herausforderungen bleiben

die meisten Ärzte souverän, das ist ihre Kernkompetenz. Ganz anders sieht es jedoch oft im Bereich der Mitarbeiterführung aus.

Wichtig ist es, den Ursachen für den Stress auf die Spur zu kommen. Denn jeder hat seine individuellen Stressoren.

Erwin Göckeler-Leopold, Gynäkologe in Geseke

Foto:Caro/Vario Images [M]

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A1032 Deutsches ÄrzteblattJg. 105Heft 199. Mai 2008

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und unmissverständlich wie mög- lich zum Ausdruck bringen. Er bil- det kurze Sätze, vermeidet kompli- zierte Schachtelsätze und versucht, seine Argumente zu einer möglichst logischen Argumentationskette zu verknüpfen.

Weitere Optionen bestehen im so- genannten Verhandlungs-Judo und in der Metakommunikation: Beim Verhandlungs-Judo versucht der Arzt, die Mitarbeiterin zur Kritik und zu Ratschlägen gegenüber sei-

nen Vorstellungen einzuladen, in- dem er zum Beispiel sagt:

>„Korrigieren Sie mich, wenn ich Ihrer Meinung nach falschliege.

Also . . .“

>„Kann ich Ihnen einige Fragen über die mir zugänglichen Fakten stellen?“

>„Kann ich Ihnen einige Fragen über die mir zugänglichen Fakten zu unserem Problem stellen?“

>„Was geschieht, wenn wir uns einigen? Und was, wenn wir dies nicht schaffen?“

Mit diesen Formulierungen nimmt der Arzt die Schärfe aus dem Ge- spräch und gibt der Mitarbeiterin Gelegenheit, sich ausführlicher zu äußern. Und er selbst gewinnt Zeit, die negative Stressreaktion in den Griff zu bekommen und die Argu- mentation wieder aufs sachliche Gleis zu setzen. Die letzte Formulie- rung leitet über zur Metakommuni-

kation – der Arzt spricht die gestörte Kommunikation offen an: „Ich möch- te mit Ihnen jetzt erst einmal darüber reden, wie wir miteinander reden.“

„Diese kommunikative Technik“, empfiehlt Gynäkologe Göckeler- Leopold, „lässt sich auch sehr gut in der Patientenkommunikation ein- setzen.“

Ein Arzt, der etwa angesichts ei- nes unzufriedenen Patienten, der

sich vehement beschwert, unter Stress gerät, sollte überdies die Welt des Fragens betreten. So signalisiert er dem Gesprächspartner, dass er bereit ist, ihm genau zuzuhören und seine Sicht der strittigen Angelegen- heit zu erfahren. Noch wichtiger:

Er hat nun Zeit, sich zu sammeln und seine Handlungsfähigkeit wie- derzuerlangen.

Besonders geeignet sind Infor- mationsfragen, mit denen der Arzt nähere Informationen zum Ge- sprächsgegenstand einholt, und Be- stätigungsfragen wie „Wenn ich Sie richtig verstanden habe, meinen Sie also . . .“ Der Arzt wiederholt dabei die Gedanken des Gesprächspart- ners. Oder er nutzt die „Paraphrasie- rung“ – der Arzt stellt Fragen, in de- nen er die Gedankengänge des Pati- enten verarbeitet: „Sie scheinen mit der ärztlichen Behandlung nicht zu- frieden zu sein?“

Schließlich kann er „geistiges Theater“ spielen: Er ruft sich Situa- tionen vor das geistige Auge, in de- nen es ihm gelungen ist, eine stres- sige Gesprächssituation gut zu be- wältigen. In der Realität geschieht nämlich in der Regel das Gegenteil.

Menschen in Stresssituationen er- innern sich an Gespräche, in denen die Kommunikation gescheitert ist – und setzen so unfreiwillig eine verhängnisvolle Negativspirale in Gang. Besser ist es, das Gegenpro- gramm zu starten und die hemmen- den und blockierenden Vorstellun- gen durch motivierende Erinnerun- gen zu ersetzen: „Ich bin jetzt in ei- ner ganz ähnlichen Situation wie im letzten Monat, als es mir gelun- gen ist, das schwierige Patienten- gespräch doch noch zu einem guten Ende zu führen. Das schaffe ich heute wieder.“

Die Herausforderung besteht natürlich darin, die genannten Tech- niken und jene Gedanken mit er- folgsfördernden Vorstellungen ge- nau dann zur Verfügung zu haben, wenn der Arzt sie in der aktuellen kritischen Situation braucht. Darum sollte er vorab seinen persönlichen mentalen „Erfolgsfilm“ drehen, um ihn zum notwendigen Zeitpunkt ab-

rufen zu können. I

Patric P. Kutscher E-Mail: p.kutscher@rhetorikundstimme.de

RECHTSREPORT

Bedarfsplanung: Übergangsregelung war rechtmäßig

Die Bedarfsplanung ist nach der Beurteilung des Gesetzgebers nach wie vor notwendig, um die fi- nanzielle Stabilität der gesetzlichen Krankenver- sicherung zu sichern. Sie kann ihren Zweck nur erfüllen, wenn abrupte Veränderungen vermie- den werden, vor allem eine kurzzeitige völlige Freigabe für Neuzulassungen in attraktiven Be- reichen. Mit dieser Begründung hat das Bundes- sozialgericht (BSG) die Klage auf Zulassung eines Psychologischen Psychotherapeuten in Berlin zurückgewiesen.

Sozialgericht und Landessozialgericht hatten in ihren vorausgegangenen Entscheidungen pro- blematisiert, dass der Bundesausschuss in der Bedarfsplanungs-Richtlinie eine Entscheidungs- sperre für Zulassungen festgelegt hatte, die so lange galt, bis der zuständige Landesausschuss in Berlin eine Überversorgung festgestellt und auf dieser Basis Zulassungsbeschränkungen an- geordnet hatte. Zulassungsanträge, die während eines solchen Zeitraums eingereicht wurden, sollten nach dem Richtlinientext abgelehnt wer-

den, falls nach Antragstellung eine Zulassungs- beschränkung angeordnet wird.

Diese Regelung ist nach Auffassung des BSG rechtmäßig. Der Bundesausschuss hatte in sei- nem Beschluss für Berlin die bis dahin durch Be- zirksgrenzen definierten Regionalplanungsberei- che durch einen einheitlichen Planungsbereich Gesamtberlin ersetzt. Dazu ist er befugt. Weiter- hin hatte er für Übergangsfälle eine Regelung getroffen, die der vom Gesetzgeber in Artikel 33

§ 3 Absatz 2 Gesundheitsstrukturgesetz bezie- hungsweise in § 95 Absatz 12 SGB V für ver- gleichbare Problemlagen vorgenommenen Aus- gestaltung entspricht.

Andernfalls hätte sich der Versorgungsgrad in einem Planungsbereich sprunghaft erhöhen kön- nen. Dies rechtfertigt es nach Auffassung des BSG, in Übergangsregelungen für solche Kon- stellationen eine sofort wirksame Entscheidungs- sperre vorzusehen. Zulassungsbewerber müss- ten angesichts der Bedarfsplanung stets damit rechnen, dass bestehende Zulassungsmöglich- keiten aufgrund neuer Entwicklungen entfallen könnten. (Urteil vom 17. Oktober 2007, Az.: B 6

KA 31/07 R) RA Barbara Berner

Ich möchte mit Ihnen jetzt erst einmal darüber reden, wie wir miteinander reden.

Erwin Göckeler-Leopold, Gynäkologe in Geseke

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