DEUTSCHES ÄRZTEBLATT
Die Arzneimittelkom mission der deutschen Ärzteschaft informiert:
Dem Stand der Wissenschaft angepaßt:
Nutzen/Risiko-Bewertung von Abführmitteln
Das Bundesgesundheitsamt hat insgesamt 33 pharmazeuti- schen Unternehmern mitgeteilt, es beabsichtige, die Zulassung für 45 Abführmittel, die Diphe- satin oder Trisatin enthalten, zu widerrufen. Nach Ansicht des Bundesgesundheitsamtes besteht der begründete Verdacht, daß die genannten Stoffe die Leber schädigen können. Das Amt hält diese — verschreibungspflichtigen
— Arzneimittel daher für bedenk- lich im Sinne von § 5 Arzneimit- telgesetz. Außerdem kann es bei der Einnahme von Trisatin zu photoallergischen Hautreaktio- nen kommen.
Das Amt geht davon aus, daß der überwiegende Teil die- ser Arzneimittel gegenwärtig nicht mehr auf dem Markt ist (sogenannte Schubladenpräpara- te). Das Bundesgesundheitsamt
empfiehlt in diesem Zusammen- hang erneut, Abführmittel jeg- licher Art nur dann zu verschrei- ben und einzunehmen, wenn dies unbedingt erforderlich ist.
Sie sollten nur kurze Zeit ange- wendet werden. Durch ballast- stoffreiche Ernährung und ver- mehrte körperliche Bewegung kann in vielen Fällen die Einnah- me von Abführmitteln vermie- den werden.
Das Bundesgesundheitsamt macht bei dieser Gelegenheit die pharmazeutischen Unternehmer erneut darauf aufmerksam, daß sie nach den Vorschriften des Arzneimittelgesetzes ihr Arznei- mittelangebot jeweils dem wis- senschaftlichen Erkenntnisstand
anzugleichen haben, und zwar auch ohne entsprechende Veran- lassung
des Bundesgesundheits-amtes. ❑
Infektionsgefahr bei der Streß- ulkusprophylaxe
Patienten unter einer Langzeit- beatmung, bei denen eine Streßul- kusprophylaxe mit Antazida oder H2-Blockern betrieben wird, weisen ein hohes Risiko auf, eine Aspira- tionspneumonie zu entwickeln, ins- besondere wenn eine Magensonde zur pH-Überwachung gelegt wird.
Die Autoren analysierten bei 153 Patienten unter einer Streßul- kusprophylaxe insgesamt 324 Ma- gensaftaspirate auf pathogene Kei- me. In 47 Prozent konnten gramne- gative Stäbchen nachgewiesen wer- den, bei 29 Prozent waren die Pro- ben steril und bei 29 Prozent lag eine oropharyngeale Mischflora vor.
Wurden gezielt Magensaftproben mit einem pH von mehr als 4 und höher analysiert, dann konnten bei 39 Prozent gramnegative Stäbchen nachgewiesen werden. Im Gegen- satz dazu waren nur 14 Prozent der Proben, die bei einem pH unter 4 entnommen worden waren, positiv.
Die Frage ist sicher neu zu überden- ken, ob es im Rahmen der Streßul- kusprophylaxe sinnvoll ist, den Ma- gen-pH möglichst hoch anzuheben, wenn man sich damit die Gefahr ei- ner Aspirationspneumonie einhan- delt, die mit einer nicht unerheb- lichen Letalität belastet ist.
Donowitz, L. G., M. C. Page, B. L. Mi- leur, S. H. Guenthner: Alteration of nor- mal gastric flora in critical care patients receiving antacid and cimetidine therapy.
Infection Control 7:23-26, 1986
University of Virginia School of Medicine, Department of Pediatrics, Box 386, Char- lottesville, VA 22908
Septikämie- Erreger
1983 bis 1985
In einem Zweijahres-Zeitraum wurden von elf Instituten aus der Bundesrepublik Deutschland, zwei Instituten aus Westberlin und zwei Instituten aus Österreich bei 8500
Patienten 8999 Erreger von Septik- ämien angezüchtet. Die männlichen Patienten waren mit 54 Prozent stärker vertreten als die weiblichen.
Septikämien waren in der Neugebo- renenperiode besonders häufig, am seltensten im zweiten Dezennium und stiegen dann stetig bis zu einem Maximum im siebten Dezennium an. Die gram-negativen Stäbchen- bakterien waren mit 49 Prozent, die gram-postiven Kokken mit 45 Pro- zent, die Anaerobier mit 2,5 Prozent und die Sproßpilze mit 1,9 Prozent vertreten.
Das Erregerspektrum bei Kin- dern unterschied sich deutlich von dem der Erwachsenen; leichtere Un- terschiede waren dabei abhängig vom Krankenhaustyp, von der ein- sendenden Fachrichtung oder der Stationsart. Der Vergleich mit Er- gebnissen einer Arbeitsgruppe der Paul-Ehrlich-Gesellschaft vom No- vember 1982 zeigt fast identische Er-
gebnisse der Antibiotika-Empfind- lichkeit, obwohl die Bakterien- stämme aus Material unterschied- licher Herkunft angezüchtet wur- den. Die Antibiotika-Empfindlich- keit der Bakterien wurde durch die Bestimmung der minimalen Hemm- konzentration ermittelt.
Die über 2 Jahre durchgeführte Septikämie-Studie hat eine unerwar- tete Konstanz gezeigt, was Patien- ten, Erregerspektrum und Resi- stenzsituation anbelangt, wie der Vergleich der Ergebnisse nach fünf- monatiger und einjähriger Laufzeit bestätigt. Lng
Rosenthal, E. J. K.: Septikämie-Erreger 1983-1985, Dtsch. med. Wschr. 111 (1986), 1874-1880
Dr. Erika J. K. Rosenthal, Institut für Medizinische Mikrobiologie, Klinikum der Universität, 4300 Essen 1, Hufeland- straße 55
Dt. Ärztebl. 84, Heft 12, 19. März 1987 (71) A-749