Deutsches Ärzteblatt
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Jg. 109|
Heft 5|
3. Februar 2012 A 177RANDNOTIZ
Jens Flintrop
„Da draußen brauchen sie mich jetzt, die Situation wird unter- schätzt“, erklärt Sänger Tim Bendzko seiner Liebe, warum es abends wie- der einmal später wird als verein- bart. Er müsse jetzt unbedingt noch 148 Mails checken und, ach ja, auch noch kurz die Welt retten.
Das Gefühl, unersetzlich zu sein, ist vielen Ärztinnen und Ärzten nicht fremd. Die eine oder andere Tätig-
keit, die, wenn schon nicht die Welt, so doch immerhin ein Menschenle- ben retten könnte, wartet immer.
Aber muss diese Aufgabe unbedingt noch heute und unbedingt von mir erledigt werden?
Es macht durchaus Sinn, sich diese Fragen täglich zu stellen – und sie ab und an auch einmal mit
„Nein“ zu beantworten.
Zu diesem Ergebnis kommt zu- mindest, wer sich die fünf häufigs- ten unerfüllbaren Wünsche an die Vergangenheit anschaut, die Men- schen auf dem Sterbebett äußern.
Zusammengetragen hat sie die Australierin Bronnie Ware, die viele Jahre als Krankenschwester in der Palliativpflege tätig war. „Ich wünschte, ich hätte nicht so viel ge- arbeitet“, steht an zweiter Stelle die- ser nicht repräsentativen Liste. Viel- leicht ist man ja manchmal doch nicht ganz so unersetzlich, wie man glauben mag . . .
„Ich wünschte, ich hätte den Mut aufgebracht, meine Gefühle zu zei- gen“, ist an dritter Stelle der unerfüll- baren Wünsche platziert, gefolgt von
„Ich wünschte, ich wäre mit meinen Freunden in Kontakt geblieben“ und
„Ich wünschte, ich hätte mich glück- licher sein lassen.“ Angeführt wird die Top Fünf der Regrets of Dying von „Ich wünschte, ich hätte den Mut aufgebracht, ein Leben getreu mir selbst zu führen – anstatt eines, das andere von mir erwarteten“.
Noch kurz die Welt retten
Der Verband der Ersatzkassen (vdek) sieht Mängel beim kürzlich in Kraft getretenen Versorgungsstrukturge- setz. Es sei zwar geeignet, die ärzt- liche Versorgung an die demografi- schen Herausforderungen anzupas- sen, besonders in strukturschwa- chen Regionen. Aber es fehle an Maßnahmen, um der „zum Teil er- heblichen Überversorgung“ gegen- steuern zu können, erklärte Thomas Ballast, Vorstandsvorsitzender des vdek, bei einer Pressekonferenz En- de Januar in Berlin.
„Die Möglichkeiten zum Praxis- aufkauf oder zur Befristung von Zulassungen reichen nicht aus, um das ärztliche Überangebot in den ERSATZKASSEN
Verband warnt vor Überversorgung
Städten abzubauen“, prognostizier- te der Verbandschef. Es drohe die Gefahr, dass es zu einer weiteren Ausdehnung der ärztlichen Über- versorgung in den Ballungsgebie- ten komme, wenn über neue Be- darfsplanungszahlen und Abweichen von der Bedarfsplanungsrichtlinie zusätzliche Arztsitze geschaffen würden, erklärte Ballast mit Blick auf das Konzept der Kassenärztli- chen Bundesvereinigung zur Be- darfsplanung. Mit ihm will sich der Gemeinsame Bundesausschuss bis zum Sommer auseinandersetzen.
Zum Januar 2013 soll die Richtli- nie zur Bedarfsplanung in Kraft
treten. ER
Die Fraktionen der Regierungsko- alition möchten bei der geplanten Novellierung des Transplantations- gesetzes Lebendorganspender ver- sicherungsrechtlich besserstellen.
Das Bundesgesundheitsministe- rium bestätigte, es habe entspre-
chende Formulierungen für den Ge- setzgebungsprozess im Bundestag ausgearbeitet und mit den betroffe- nen Ressorts abgestimmt.
Hintergrund ist, dass es in der Vergangenheit Streit über die Über- nahme von Kosten der Versorgung gegeben hat, wenn nach der Le- bendspende einer Niere das ver - bliebene Organ funktionsuntüchtig wurde oder es zu anderen gesund- ORGANSPENDE
Lebendspender sollen besser abgesichert werden
Wer Angehöri- gen eine Niere
spendet, soll versicherungs- rechtlich künftig besser gestellt sein.
Foto: dpa
heitlichen Problemen des Spenders kam. Der Vorschlag: Es soll einen Rechtsanspruch auf Entgeltfortzah- lung für die ersten sechs Wochen nach der Operation geben. Hinzu kommt die Anhebung des nach sechs Wochen zu zahlenden Kran- kengeldes durch die Krankenkasse:
Es soll für Organspender von 90 auf 100 Prozent des Net toeinkommens angehoben werden. Unfallversiche- rer sollen verpflichtet werden, für die Spätfolgen einer Lebendspende wie Behandlungskosten und Reha aufzukommen – es sei denn, die Ver- sicherer belegen, dass die Gesund- heitsschäden nicht im Zusammen- hang mit der Transplantation stehen.
Dies wäre eine Beweislast umkehr im Vergleich zur aktuellen Situation.
So sollen Spendern Rechtsstreitig- keiten erspart und die medizinische Versorgung sichergestellt werden.
Auch Bundesärztekammerpräsi- dent Dr. med. Frank Ulrich Mont go - me ry fordert, für Lebendorganspen- der Nachsorge, Reha-Maßnahmen und eine psychosoziale Nachbetreu- ung versicherungsrechtlich abzusi- chern. Außerdem dürften Lebend- spender keine Nachteile beim Ab- schluss einer Lebensversicherung
haben. nsi