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Verantwortungsvolle Datenschutzregeln für leistungsfähige Forschung in Europa (2015)

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Allianz der

Wissenschaftsorganisationen Stellungnahme

Alexander von Humboldt-Stiftung

Deutsche Forschungsgemeinschaft Fraunhofer-Gesellschaft Hochschulrektorenkonferenz Leibniz-Gemeinschaft

Deutsche Akademie der Naturforscher Leopoldina – Nationale Akademie der Wissenschaften

Deutscher Akademischer Austauschdienst Helmholtz-Gemeinschaft

Max-Planck-Gesellschaft Wissenschaftsrat

8. Juni 2015

Verantwortungsvolle Datenschutzregeln für leistungsfähige Forschung in Europa

Gemeinsame Stellungnahme der Allianz der Wissenschaftsorganisationen zur Daten- schutz-Grundverordnung der Europäischen Union

Ein hohes und effektives Niveau des Datenschutzes in Europa ist für die Forschung von essen- tieller Bedeutung, um neues Wissen zu schaffen und an der Bewältigung gesellschaftlicher Herausforderungen mitzuwirken. Denn die Bereitschaft von Menschen, personenbezogene Da- ten für innovative Forschungsvorhaben zur Verfügung zu stellen, beruht auf der verbindlichen Zusicherung und Realisierung eines vertraulichen Umgangs mit diesen Daten. Über die gesetz- lichen Datenschutzbestimmungen hinaus gelten in der Wissenschaft bereits jetzt anerkannte und erprobte ethische Standards und Verfahren zum Schutz persönlicher Daten von Stu- dienteilnehmern, Probanden und Patienten. Auf dieser Grundlage muss die europäische Wis- senschaft die Möglichkeit haben, erkenntnisgeleitet mittels sozioökonomischer oder medizini- scher Daten neue Forschungsfelder zu erschließen und wissenschaftliche Durchbrüche zu erzie- len.

Auf europäischer Ebene beginnen Ende Juni die Verhandlungen der EU-Institutionen (sog. Tri- log) über eine EU-Datenschutz-Grundverordnung, die erhebliche Auswirkung auf die Forschung haben wird. Die Allianz der Wissenschaftsorganisationen ist besorgt darüber, dass bestimmte Legislativvorschläge für diese Verordnung zu einer Erschwerung oder sogar Verhinderung wich- tiger Forschungsvorhaben (beispielsweise in der Gesundheitsforschung oder den Sozialwissen- schaften) führen könnten. Daher ruft die Allianz der Wissenschaftsorganisationen die Mitglieder des Europäischen Parlaments, die Vertreter der Mitgliedstaaten sowie die Europäische Kom- mission auf, die nachfolgenden Eckpunkte in den Trilog-Verhandlungen zu berücksichtigen.

Einwilligung in die Datenerhebung zu Forschungszwecken

Wissenschaftlicher Fortschritt beruht oftmals darauf, Daten für neue Forschungszwecke zu verwenden, die zum Zeitpunkt der Erhebung noch nicht in Gänze vorhersehbar waren. Dies betrifft zahlreiche großformatige wissenschaftliche Untersuchungen in ganz Europa wie bei- spielsweise Kohorten-Studien. Daher sollte die Verordnung es ermöglichen, Einwilligungserklä- rungen bei der Datenerhebung so zu gestalten, dass die betroffenen Personen in eine weiter- gehende Datenverarbeitung zu Forschungszwecken oder Forschungsbereichen einwilligen kön- nen. Mit dieser Art der Einwilligungserklärung wurden im Bereich der Biobanken bereits um- fangreiche und positive Erfahrungen gesammelt.

Pseudonymisierung von Daten

Anonymisierte und pseudonymisierte Daten sind für die Forschung je nach Verwendungszweck von großer Bedeutung. Dabei ist die Pseudonymisierung nach aktuell geltender Rechtslage ein Instrumentarium, das die Forschung mit nichtanonymen Daten vereinfacht und gleichzeitig den größtmöglichen Schutz für die Persönlichkeitsrechte der Betroffenen sichert. Die Forschung hat mit der Nutzung pseudonymisierter Daten gute Erfahrungen gemacht, etwa in den Sozialwis- senschaften (scientific use files) und in der biomedizinischen Forschung (z.B. in klinischen Stu-

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dien). Die Verordnung sollte eine hinreichende Definition anonymer und pseudonymer Daten unter Berücksichtigung der Verhältnismäßigkeit enthalten. Umstritten ist in diesem Zusam- menhang die Definitionserweiterung des Personenbezugs. Sinnvollerweise sollte die bisherige Definition des relativen Personenbezugs in der Verordnung beibehalten werden.

Weiterverarbeitung bereits erhobener Daten zu Forschungszwecken

Die Wissenschaft ist bei neuen Forschungsvorhaben darauf angewiesen, bereits vorhandene Daten unter veränderten Fragestellungen erneut verarbeiten zu dürfen. Durch die Verknüpfung von bereits erhobenen Datensätzen können bisher unbekannte Zusammenhänge und Wech- selwirkungen beispielsweise zwischen unterschiedlichen Erkrankungen identifiziert werden. Mit dieser Perspektive werden bereits seit vielen Jahren zeitgemäße Infrastrukturen für For- schungsdaten in Europa aufgebaut. Die Verordnung sollte daher erlauben, bereits erhobene Daten unter erleichterten Bedingungen zu Zwecken der Forschung weiterverarbeiten zu dürfen.

Forschung mit Gesundheits- und genetischen Daten

Gesundheitsdaten und genetische Daten sind besonders sensibel und entsprechend schutzbe- dürftig. Dem trägt die Wissenschaft mit strengen ethischen Schutzmechanismen (wie z.B. der Heidelberger Praxis der Ganzgenomsequenzierung) Rechnung. Gleichwohl ist die Forschung mit diesen Daten essentiell für eine hochwertige, innovative Gesundheitsversorgung der Ge- sellschaft und darf daher nicht beeinträchtigt werden. Die Verordnung sollte daher – auf der Grundlage der bestehenden Schutzmechanismen – die Forschung mit Gesundheitsdaten und genetischen Daten auch ohne gesonderte Einwilligung für jede erneute Verarbeitung ermögli- chen. Die Einholung einer solchen Einwilligung wäre in der Praxis, insbesondere bei der Arbeit mit umfangreichen Datensätzen vieler Betroffener, nicht umsetzbar. Darüber hinaus wäre das Einholen von gesonderten Einwilligungen auch methodisch fragwürdig, da auf diese Weise eine unkontrollierbare Vorselektion der zu Grunde liegenden Datensätze erfolgen würde.

Information der Betroffenen

Informationen über Inhalt und Ziel der wissenschaftlichen Verarbeitung von Daten sind eine wichtige Grundlage für das Vertrauen der Individuen, die ihre persönlichen Daten der For- schung zur Verfügung stellen. Ein entsprechendes Auskunftsrecht besteht nach geltendem Recht auch für Forschungsdaten. In der Praxis (z.B. bei umfangreichen Datensätzen vieler Be- troffener) kann dies allerdings zu einem unverhältnismäßig hohen Aufwand für die Wissen- schaft führen. Daher sollte die Verordnung bei den Informations- und Auskunftspflichten ent- sprechende Erleichterungen für die Forschung vorsehen, um insbesondere die Verwendung bereits erhobener Daten nicht unverhältnismäßig zu erschweren.

Allgemeine Öffnungsklausel für die Forschung

Insbesondere grenzüberschreitende Forschungsvorhaben profitieren von europaweit einheitli- chen Datenschutzregeln. Gleichwohl bestehen in den Mitgliedstaaten teilweise spezifische, etablierte Verfahren zum Umgang mit datenschutzrechtlichen Fragen in der Forschungspraxis (z.B. Ethikkommission, Datenschutzbeauftragte und -behörden). Daher sollte die Verordnung eine allgemeine Öffnungsklausel für die Forschung beinhalten, um im mitgliedstaatlichen Recht forschungsspezifische Anpassungen, die im allgemeinen Datenschutzstandard der Verordnung nicht enthalten sind, vornehmen zu können.

Medienkontakt:

Dr. Christina Beck

Leiterin Wissenschafts- und Unternehmenskommunikation

der Max-Planck-Gesellschaft zur Förderung der Wissenschaften e.V.

Tel: +49 89 2108-1275

E-Mail: christina.beck@gv.mpg.de

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