Kanton Bern Canton de Berne
Parlamentarische Vorstösse Interventions parlementaires
Geschäfts-Nr.: 2013.0074 Seite 1/2
Vorstoss-Nr: 029-2013
Vorstossart: Motion
Eingereicht am: 21.01.2013
Eingereicht von: Zäch (Burgdorf, SP) (Sprecher/ -in)
Hofmann (Bern, SP) Kummer (Burgdorf, SVP) Aebi (Hellsau, SVP)
Leuenberger (Trubschachen, BDP) Aeschlimann (Burgdorf, EVP) Grimm (Burgdorf, Grüne) Sommer (Wynigen, FDP) Kast (Bern, CVP)
Brönnimann (Mittelhäusern, glp) Weitere Unterschriften: 0
Dringlichkeit:
Datum Beantwortung: 03.07.2013
RRB-Nr: 924/2013
Direktion: BVE
Fussgängerstreifen in Tempo-30-Zonen
Der Regierungsrat wird beauftragt, die Anordnung von Fussgängerstreifen in Tempo-30- Zonen in die Verantwortung der Gemeinden zu delegieren.
Begründung:
In der Verordnung über Tempo-30-Zonen und die Begegnungszonen steht in Artikel 4 Ab- satz 2: «Die Anordnung von Fussgängerstreifen ist unzulässig. In Tempo-30-Zonen dürfen jedoch Fussgängerstreifen angebracht werden, wenn besondere Vortrittsbedürfnisse für Fussgänger dies erfordern, namentlich bei Schulen und Heimen.»
Diese Bestimmung, in Tempo-30-Zonen grundsätzlich keine Fussgängerstreifen zuzulas- sen, führt in den Gemeinden immer wieder zu heftigen Kontroversen. Es gibt Gemeinden, die aus diesem Grund auf die Einführung von Tempo 30 verzichten, weil dies mit der De- markierung von bewährten Fussgängerstreifen verbunden wäre. Dies ist bedauerlich, sind tiefe Geschwindigkeitslimiten doch die Grundvoraussetzung für mehr Sicherheit und Le- bensqualität in den Wohnquartieren.
Ausserdem führt diese Bestimmung vielerorts zur absurden Situation, dass bisher bewähr- te Fussgängerstreifen zwar entfernt werden, dafür aber eine andere Bodenbemalung an- gebracht wird. Diese soll die Autofahrenden verunsichern und sie damit zum langsameren Fahren anhalten. Verunsichert dadurch werden aber vor allem die Kinder. Sie lernen den Umgang mit dem «gelben Streifen». Was aber bedeuten für sie himmelblaue Vierecke oder bunte Blumen als Strassenbemalung? Die Sicherheit der schwächsten Verkehrsteil- nehmerinnen und Verkehrsteilnehmer leidet unter dieser Situation.
Zu beachten ist auch das entsprechende Positionspapier zum selben Thema der Schwei- zerischen Fachkommission für blinden- und sehbehindertes Bauen. Darin steht: «Fuss-
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gängerstreifen sind auch in Tempo-30-Zonen notwendig für die Sicherheit und Orientie- rung blinder und sehbehinderter Fussgänger.»
Immerhin zeigt das Wort «namentlich» im Verordnungstext, dass es nebst Schulen und Heimen noch andere Gründe gibt oder geben kann, die Fussgängerstreifen notwendig machen. Gemäss Aussagen des zuständigen Bundesamts für Strassen ist diese offene Formulierung bewusst gewählt worden, damit den Signalisationsbehörden, also auch dem Kanton Bern, ein gewisser Spielraum offensteht.
Dieser Interpretationsspielraum sollte im Sinne der Verkehrssicherheit genutzt werden.
Wer kennt die Sicherheitsbedürfnisse in den Quartieren besser als die Gemeinden? Sie erarbeiten die Tempo-30-Zonen in enger Zusammenarbeit mit der Quartierbevölkerung und sind deshalb am besten befugt, auch die Frage der Zebrastreifen auf sinnvolle Art zu lösen. Sie wissen, wo besondere Vortrittsbedürfnisse ausgewiesen und damit auch in Tempo-30-Zonen Fussgängerstreifen notwendig sind. Aus diesem Grund müssen die Ge- meinden eine möglichst starke Stellung in dieser Frage innehaben.
Antwort des Regierungsrates
Wie in der Motionsbegründung ausgeführt, verbietet Artikel 4 Absatz 2 der Verordnung des UVEK vom 28. September 2001 (SR 741.213.3) grundsätzlich die Anordnung von Fuss- gängerstreifen in Tempo-30-Zonen. Fussgängerstreifen sind ausnahmsweise nur dann gestattet, wenn "besondere Vortrittsbedürfnisse für Fussgänger dies erfordern, namentlich bei Schulen und Heimen". Diese Bundesvorschrift ist für die Kantone verbindlich und sie verpflichtet sie, Fussgängerstreifen in Tempo-30-Zonen nur restriktiv und nur an solchen Standorten anzubringen, an denen besonders viele schutzbedürftige Fussgängerinnen und Fussgänger betroffen sind.
Der Regierungsrat geht mit den Motionärinnen und Motionären einig, dass Kinder und be- hinderte Menschen im Strassenverkehr speziell zu schützen sind. Deshalb zielt die heutige Praxis darauf hin, dass bei Schulanlagen oder Heimen auch in Tempo-30-Zonen Fuss- gängerstreifen angebracht werden, wenn die konkreten Gegebenheiten dies erfordern. Die zuständigen Fachleute des kantonalen Tiefbauamts prüfen solche Standorte sorgfältig und sorgen für eine einheitliche Handhabung im ganzen Kanton. Zudem wird den Besonder- heiten von Tempo-30-Zonen im Verkehrsunterricht in den Kindergärten und Schulen Rechnung getragen. Der Verkehrsunterricht wird im ganzen Kanton flächendeckend und einheitlich durch Verkehrsinstruktorinnen und -instruktoren der Kantonspolizei Bern erteilt.
Das Queren der Fahrbahn mit und ohne Fussgängerstreifen wird dabei gezielt geschult.
Wird in einer Gemeinde neu eine Tempo-30-Zone eingerichtet, sorgen die zuständigen Verkehrs-instruktorinnen und -instruktoren vor Ort für eine spezifische Schulung, welche die neuen Gegebenheiten berücksichtigt. Die Erfahrungen zeigen, dass Kinder dank die- ser Angebote gut mit den unterschiedlichen Verkehrssituationen umgehen können.
Der Regierungsrat teilt die Meinung der Motionärinnen und Motionäre, dass eine enge Zusammenarbeit mit den betreffenden Gemeinden im Interesse der Verkehrssicherheit wichtig ist. Er ist daher bereit, prüfen zu lassen, wie die Zusammenarbeit mit den Gemein- den allenfalls verbessert werden kann und befürwortet in diesem Sinn eine Annahme des Vorstosses als Postulat. Mit einer umfassenden Delegation der Entscheidkompetenz an die Gemeinden wäre jedoch die Einheitlichkeit der Praxis im Kanton nicht mehr gewähr- leistet. Der Regierungsrat erachtet die Motionsforderung daher nicht als geeignet, um die Sicherheit der Fussgängerinnen und Fussgänger in den Tempo-30-Zonen zu verbessern.
Antrag: Annahme als Postulat
An den Grossen Rat