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Bürokratische Bevormundung des emeritierten Arztes

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Academic year: 2022

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Im Kanton Zürich wird seit 2018 den emeritier- ten Ärztinnen und Ärzten die Bewilligung zur eingeschränkten Berufstätigkeit, die sogenannte Seniorenbewilligung, nicht mehr erneuert. Das heisst, erfahrene Ärzte verloren ihre Zulassung, im schweizerischen Gesundheitswesen tätig zu sein, sie verloren ihre ZSR-Nummer, es sei denn, sie erfüllten neu wieder die Auflagen, die für eine Tätigkeit im öffentlichen Gesundheits- wesen zur privatwirtschaftlich eigenständigen Berufsausübung notwendig sind.

Gegen diesen Entscheid wurde rekurriert. Dem Rekurs wurde eine aufschiebende Wirkung gewährt. Damit ist die Abschaffung der alten Seniorenbewilligung im Kanton Zürich noch nicht rechtskräftig!

Als Widerstand gegen den willkürlichen Entzug alter Berufs- rechte durch Behörden hat sich die IG Seniorenärzte for- miert, deren Gründungsversammlung am 4. April 2019 statt- finden wird (s. Kasten 1).

Auf der Problemliste des schweizerischen Gesundheitswesens dürfte die Befindlichkeit der gealterten Ärzteschaft sehr weit unten angesiedelt sein. Und doch, der Zürcher Entscheid auf Verordnungsstufe zeigt bedenkenswerte, wenn nicht gar be- denkliche Entwicklungen. Die Problematik strahlt weit über die Kantonsgrenzen. Behördenwillkür, Reglementierungswut, Entmündigung und Interpretation von Paragrafen in Unkennt- nis der Vorgeschichten sind Themenkreise, die einer sorgfälti- gen Analyse und selbstredend einer Korrektur bedürfen.

Was ist geschehen?

Ohne die geringste Änderung der gesetzlichen Vorgaben wur- den auf dem Verordnungsweg Ärzte im Ruhestand zu medi- zinischen Laien degradiert. Als Alternative wurde ihnen der Wiedereintritt in die Gruppe von Ärzten im Dienste des öf- fentlichen Gesundheitswesens mit privatwirtschaftlich eigen- ständiger Berufsausübung angeboten. Ärztinnen und Ärzte, die nie mehr eine Rechnung für ärztliche Leistungen gestellt haben, wurden mit einem Federstrich wieder zu Erwerbstäti- gen aufgrund der obrigkeitlichen Schlussfolgerung: Ärzte im Ruhestand unterstehen wie alle andern dem eidgenössischen Medizinalberufegesetz (MedBG). Sie sollen somit auch die gleichen Bedingungen erfüllen wie berufstätige Ärzte. Dies, obschon das MedBG in Art. 37 den Kantonen ausdrücklich Spielraum für die Bewilligung einer eingeschränkten Berufs- tätigkeit gewährt, was einst auch in einem Gerichtsurteil fest- gehalten wurde (VB.2007.00408): «Das MedBG darf einer laufenden Senioren-Praxisbewilligung grundsätzlich nicht entgegenstehen.» Durch die neue Verordnung verlieren ältere Ärzte nach dem Rückzug aus der Praxis ihre Berufsidentität;

sie verlieren ihre ZSR-Nummer, es sei denn, sie mutieren im Ruhestand wieder zu «berufstätig» mit allen Pflichten der ge- setzlichen Fortbildung, Haftpflichtabsicherung und Notfall- dienstleistungen*.

Die Folgen

Der Verlust der ärztlichen Identität bedeutet, dass eine Ver- ordnung oder ein Rezept eines Arztes nach Streichung seiner ZSR-Nummer nicht mehr überprüfbar ist. Der Mitglieder- ausweis der FMH erlaubt keine öffentlich-rechtliche Legiti- mation zur Rezeptur. In der Apotheke wird der Arzt ohne Identifikationsnummer zum Bittsteller, die obligatorische Krankenversicherung kann ein ärztliches Rezept nicht zuord- nen und noch viel weniger bezahlen. Der emeritierte Arzt wird somit gezwungen, für ein Rezept zuerst einen Kollegen aufzusuchen. Das verteuert das System und ist für alle Betei- ligten entwürdigend.

Unerwünschte Nebenwirkungen

Im Kanton Zürich entstehen neu zwei Kategorien von berufs- tätigen Ärzten: Ärzte mit und ohne Praxisbewilligung, die aktiv im privatwirtschaftlich eigenverantwortlichen Berufs- alltag stehen. Sie haben die gleichen Rechte und Pflichten.

Die neue Regelung erlaubt ehemaligen Praxisinhabern wie- derum die Rechnungstellung für ärztliche Leistungen! Sie verleitet damit zum «Weitertöckterle». Es wäre wichtig, dass Kollegen und Kolleginnen am Ende ihrer Berufstätigkeit einen klaren Schlussstrich ziehen. Dies fällt schwer, wenn

Bürokratische Bevormundung des emeritierten Arztes

Ein Zwischenbericht zur hängigen Abschaffung der «Seniorenbewilligung»

im Kanton Zürich

Walter Grete

FORUM

176

ARS MEDICI 6 | 2019 Kasten 1:

Einladung zur Gründungsversammlung der IG Seniorenärzte am 4. April 2019

Am 14. Februar 2019 wurde die IG Seniorenärzte gegründet, dies mit dem Ziel, die Anliegen von Kolleginnen und Kollegen nach dem Rück- zug aus der Berufstätigkeit zu vertreten, zu koordinieren und allenfalls auch mit juristischen Mitteln durchzusetzen:

www.seniorenbewilligung.jimdofree.com

Die konstituierende Mitgliederversammlung findet statt am Donnerstag, 4. April 2019

18.00 Uhr im Rehbuck-Saal der reformierten Kirche Rehbuckstrasse 1, 8307 Effretikon

Anmeldung über: IG.seniorenaerzte.@gmail.com Herzlich willkommen!

Dr. med. Walter Grete

(2)

FORUM

178

ARS MEDICI 6 | 2019

man als Arzt im Ruhestand weiterhin Rechnungen stellen darf, ohne den Ballast einer Praxisführung, ja es ist geradezu ein neues Geschäftsmodell.

Fazit

Wir benötigen eine Lösung für Ärztinnen und Ärzte, die keine ärztlichen Leistungen mehr verrechnen wollen, aber für sich und ihr Umfeld eigenverantwortlich – aber eben nicht privatwirtschaftlich – ihr Wissen und ihre Befähigung in der Familie und in ihrem Umfeld einbringen. Unsere Bundesver- fassung garantiert grundsätzlich die freie Berufsausübung,

die Auflagen jedoch ordnen die privatwirtschaftliche Tätig- keit im öffentlichen Gesundheitswesen. Seniorenärzte sind weder im öffentlichen Gesundheitswesen tätig, noch privat- wirtschaftlich aktiv. Zumindest für den eigenen Körper sollte die freie Berufsausübung nicht behindert oder gar in fremde ärztliche Hände gezwungen werden.

Ein Arzt bleibt ein Arzt, auch wenn er die Berufstätigkeit auf- gegeben hat. Mindestens der Zugang zur Rezeptur für sich selbst, sein Umfeld sowie die Führung seiner kleinen ärztli- chen Notfall- und Reiseapotheke mit rezeptpflichtigen Medi- kamenten müssen erhalten bleiben. Die alte Seniorenbewilli- gung (s. Kasten 2) war sinnvoll, zweckmässig, wirtschaftlich und verhinderte, dass Ärzte zu medizinischen Laien degra- diert wurden. Dies wäre doch wohl auch im Sinne unserer Standesorganisation. s

Walter Grete, Hausarzt im Ruhestand, Bachenbülach Dr. med. Walter Grete

Hausarzt im Ruhestand Halden 5, 8184 Bachenbülach E-Mail: walter@grete.ch

*Die Pflicht zu Notfalldienstleistungen kann durch die kantonalen Ärztege- sellschaften allenfalls alters- oder einkommensbedingt erleichtert werden.

Kasten 2

Grundsätze für eine Seniorenbewilligung

1. Die ärztliche Leistung erfolgt kostenlos.

2. Es sind nur Tätigkeiten erlaubt, die ohne Praxisinfrastruktur erbracht werden können.

3. Die Betreuung beschränkt sich ausschliesslich auf Familien - angehörige, das persönliche Umfeld und sich selbst.

4. Ausgelöste Kosten sind durch die Krankenkasse gedeckt, sofern diese kassenpflichtig sind.

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