DEUTSCHES ÄRZTEBLATT
BRIEFE AN DIE REDAKTION
STERBEHILFE
Zur Diskussion um Prof. Hackethal:
Sache zwischen Arzt und Patient
Sterbehilfe heißt, dem Pa- tienten, dem Menschen das Sterben leicht zu ma- chen. Daß Sterben hart ist, beweisen die alten Kir- chenlieder: „Wenn ich ein- mal soll scheiden, so scheide nicht von mir, wenn ich den Tod soll lei- den, so tritt Du dann her- für, wenn mir am aller- bängsten wird um das Her- ze sein, so reiß mich aus den Ängsten kraft Deiner Angst und Pein".
Das sind echte Bitten um Sterbehilfe, dem Men- schen das Sterben leicht zu machen als ein natür- liches Hinübergehen in ei- ne andere Welt. Für Ärzte und Seelsorger, was sie in einer Person auch sein könnten (Paracelsus: der Arzt ist von Gott!), wäre es eine Erfüllung ihre Beru- fes. Ein heroisches Ster- ben ohne Arzthilfe, mit ho- hen zum Teil pathetischen Worten oder auch sehr ge- fühlvollen Worten habe ich bisher nur in der Literatur, Theater oder Film erlebt, die Wirklichkeit des Ster- bens sieht anders aus! ...
Der Arzt weiß, daß das Sterben so schwer ist.
Stumme Sterbehilfe, stum- mes Handeln wäre von Hackethal hilfreicher ge- wesen ... Das „Wie" von Hackethal, diese unerhörte Provokation zum Thema Sterbehilfe, erschütterte in der Bevölkerung das Ver- trauen zum Arzt, zum ärzt- lichen Handeln erheblich.
Wer ist noch sicher vor Mord auf Verlangen? Mit seiner öffentlichen Ster- behilfe auf Verlangen bela- stet Hackethal doch das Gewissen der Angehöri- gen unerhört. So redlich sein Sterbehilfeweg ist oder gemeint ist, so
schandbar ist es, andere Menschen mit der Tötung liebster oder unbeliebte- ster Angehörigen zu bela- sten. Sterbehilfe haben nur der Patient und der Arzt miteinander abzuma- chen, die Angehörigen darf man es nie wissen las- sen. Sie ertragen diese
„Hilfe" nicht und werden Schuldkomplexe nie los.
Ursel Thielepape, Ärztin Gärtnerweg 9
3000 Hannover 72
MULTIPLE CHOICE
Zu dem Leserbrief „Halbwis- sen reicht" von cand. med.
Petra Birkner in Heft 28/29 1984, Seite 2148:
Unsolidarisch
Wer eine Benotung in ärzt- lichen Prüfungen befür- wortet und das Selbstbe- wußtsein hat, MC-Examina ohne spezielle Vorberei- tung bestehen zu wollen, mag dafür seine persön- lichen Gründe haben. — Wer jedoch einen solchen Leserbrief schreibt, läßt Arroganz und mangelnde Solidarität mit Tausenden von Kommilitonen und an- gehenden Ärzten erken- nen. Auf so eine junge
„Kollegin" möchte ich ger- ne verzichten!
Übrigens, ... die Argu- mentation in Ihrem Leser- brief ist widersprüchlich:
Einerseits stellen Sie dar, wie durch MC-Fragen Ärz- te mit Halbwissen produ- ziert werden können, an- dererseits rechtfertigen Sie im übernächsten Ab- schnitt die Existenz der
Multiple-choice-Examina.
— Sollten Sie vielleicht gar nicht begriffen haben, war- um MC-Prüfungen von der Mehrheit der Mediziner ab- gelehnt werden?
Christoph Luyken, Arzt Milskotterstraße 32 5820 Gevelsberg
HEILPRAKTIKER
Zu dem Leserbrief von Dr.
Walther Camerer („Makabrer Unsinn") in Heft 31/32 1984, Seite 2278:
Schamane und Zauberer
Herzlichen Dank und hohe Anerkennung dem oben genannten Kollegen. Es ist grotesk und auch interna- tional tragikomisch, daß die Nation, die sich in der Vergangenheit um die Ge- sundung der Menschheit aus Seuchen und anderen Krankheiten auf das Höch- ste verdient gemacht hat, sich den fossilen Luxus so- genannten Heilpraktiker- tums leistet. Die Deut- schen sind bekanntlich ein sehr leicht beeinflußbares Volk. Das geschieht mit Pa- rolen, Ideologien, Pro- grammen und aber auch mit Worten. Schon das Wort „Heilpraktiker" mutet dem Laien Gutes an. Das Wort „Heil" hatte bekannt- lich in früheren Jahren ei- nen besonderen Klang, und im Bewußtsein und im Unterbewußtsein hat es ihn noch. Die zweite Hälfte
„Praktiker" wird im Gehör des Laien als ein allgemein bewandter, auf vielen Ge- bieten tätiger und erfahre- ner Medizinmann gese- hen. Auch inspiriert es im Bewußtsein oder im Unter- bewußtsein den Gedan- ken, daß die offizielle Me- dizin, also Ärzte nicht so ganz das „Heil" und die Fachärzte nicht die prakti- sche Bewandtnis auf mög- lichst vielen Fachgebieten beherrschen ... Die Ärzte- schaft hat sich diesen Zu- stand zum großen Teil selbst verursacht, zumal auch der Zusatz Arzt für Naturheilverfahren als gül- tige Bezeichnung zum an- deren Fach gilt. Wieso soll denn das Heilpraktikertum schlecht sein, wenn sogar Ärzte, die zehn Jahre stu- diert hatten, auch diese Methode benutzen. Ja wahrscheinlich deswegen,
weil sie zu der Erkenntnis gekommen sind, daß am Ende die Natur doch bes- ser ist als die gehaßte Che- mie.
Die entsprechenden Arzt- Gremien, -Verbände usw.
sollten gegen diese Ten- denzen und ungeschminkt gegen die Existenz des Heilpraktikertums eine Langzeitoffensive star- ten ... Durch gut gezielte und richtig gemanagte An- zeigen, Offensiven in der Presse, der Bevölkerung wiederholt zum Bewußt- sein bringen, daß die Heil- praktiker in die Sparte der Schamane und Zauberer der sogenannten Naturvöl- ker in Afrika, Asien und wo- anders hingehören, nicht aber in die Welt der moder- nen Medizin. Wir schulden es unserer Bevölkerung, unseren Patienten, diese Art von Aufklärung, um sie vor verkrachten Schau- spielern, Vertretern, aber auch vor verwitweten Arzt- frauen, die ein bißchen Medizin von ihren Ehe- männern abgeguckt haben und ihre sporadischen Kenntnisse für viel Geld an Patienten anwenden kön- nen, zu schützen ...
Dr. Pavel Konvalina Lingener Straße 6 4440 Rheine
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BLÜTENLESE
Aus
Männerkreisen
Kaiser Wilhelm II.
liebte es — natürlich nur in vertrauten Män- nerkreisen — über die Amouren seiner Um- gebung zu scherzen.
Abschließend zitierte er einmal ein bekann- tes Bonmot:,,fautede mieux an couche avec sa femme". Das heißt, Wilhelm II. woll- te so zitieren, aber er verhaspelte sich und sagte ...avec une femme".