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Archiv "Abtreibungsurteil: Bayerns Alleingang vorerst gestoppt" (14.07.1997)

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ayerns Sonderregelung zum Abtreibungsrecht ist vorerst in weiten Teilen außer Kraft gesetzt worden. Das hat das Bundesverfassungsgericht Ende Ju- ni in Karlsruhe in einer einstweiligen Anordnung entschieden. Damit dür- fen ein Münchner Arzt und sein Nürnberger Kollege, die das Verfah- ren angestrengt hatten und die nach eigenen Angaben jährlich mehr als die Hälfte der rund 10 000 Schwan- gerschaftsabbrüche in Bayern vor- nehmen, vorerst weiterpraktizieren.

Nach den bayerischen Sonder- regelungen zum Abtreibungsrecht, wonach Ärzte höchstens ein Viertel ihrer Einnahmen aus Schwanger- schaftsabbrüchen beziehen dürfen, hätten beide Ärzte bis zum 1. Juli ih- re Praxen schließen müssen. Dage- gen hatten die beiden Ärzte Verfas- sungsbeschwerde eingelegt.

Das Bundesverfassungsgericht bewertete die Anträge der beiden Ärzte als „zulässig und nicht offen- sichtlich unbegründet“. Die Richter bezogen sich in ihrer einstweiligen Anordnung auf den im BVG-Urteil von 1993 enthaltenen „Sicherstel- lungsauftrag“, also die Pflicht zu ei- ner wohnortnahen Beratung und Be- treuung. Auf einen anderen Satz in diesem Urteil hatten sich dagegen in erster Linie die bayerischen Gesetze bezogen, die mit CSU-Mehrheit vor einem Jahr im Landtag verabschie- det worden waren. Der Landesregie- rung war im Bundesrecht die Fest- stellung von der Rechtswidrigkeit der Abtreibungen nicht genügend umgesetzt. Mit ihrer Weltanschau-

ung ist es daher auch nicht vereinbar, daß Arztpraxen zugelassen werden, die einen Großteil ihrer Einkünfte aus Schwangerschaftsabbrüchen be- ziehen. Für dieses Lebensschutzkon- zept hatte das Gericht offensichtlich auch Verständnis. Denn es räumte in seiner Begründung ein, daß der Ge- setzgeber vorübergehend an der Verwirklichung seines Konzeptes zum Schutz des ungeborenen Lebens gehindert werde. Allerdings könne dies bei Geltung des Gesetzes auch in naher Zukunft nicht erreicht wer- den. Denn zum Schutzkonzept für das ungeborene Leben gehöre auch, daß jede Schwangere in der Nähe des Wohnsitzes eine intensive ärztliche Beratung und gegebenenfalls eine kompetente ärztliche Versorgung er- langen könne.

Wohnortnahe Versorgung

Zum Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung am 27. Mai hatten nach Angaben des Gerichts erst sechs Krankenhäuser und nur 14 der rund 1 000 bayerischen Gynäkologen den Antrag auf Erlaubnis zur Durch- führung von Schwangerschaftsab- brüchen gestellt. Damit könne der ursprünglich zum 1. Juli vorgesehe- ne Wegfall der Praxen der beiden Ärzte, die weit mehr als die Hälfte aller Schwangerschaftsabbrüche in Bayern vorgenommen hätten, nicht ausgeglichen werden. Viele Frauen würden dann veranlaßt, Abtreibun- gen außerhalb Bayerns vornehmen

zu lassen. „Dort gelten aber keine den angegriffenen Regelungen ver- gleichbare Bindungen, so daß der vom bayerischen Gesetzgeber be- zweckte zusätzliche Schutz nicht eintritt“, betonte das Gericht. Über- dies würden die gesundheitlichen Risiken für die Frauen durch das längere Reisen erhöht.

Bayerns Ministerpräsident Ed- mund Stoiber (CSU) wies darauf hin, daß inzwischen bereits zwölf Krankenhäuser und 56 Arztpraxen zu Schwangerschaftsabbrüchen be- reit seien. Das hatte eine im Auftrag des Sozialministeriums von der Kas- senärztlichen Vereinigung Bayerns organisierte Fragebogenaktion er- geben. Stoiber äußerte sich zuver- sichtlich, daß bis zum Zeitpunkt der erneuten Entscheidung die flächen- deckende wohnortnahe Versorgung mit Abtreibungsmöglichkeiten in Bayern gewährleistet werden kön- ne. Eine Änderung des Schwange- renhilfeergänzungsgesetzes sei da- mit nicht erforderlich.

Ganz anderer Ansicht ist dage- gen Bundestagspräsidentin Rita Süssmuth (CDU). Für sie steht fest, daß die bayerischen Bestimmungen mit Bundesrecht nicht zu vereinba- ren sind. Das BVG jedenfalls kündig- te für das in einigen Monaten zu er- wartende Verfahren in der Hauptsa- che eine gründliche Prüfung der Fra- ge an, inwieweit der Gesetzgeber überhaupt in „Ergänzung“ zum Bun- desrecht habe tätig werden dürfen.

Auch das Grundrecht der Ärzte auf Berufsfreiheit bedürfe einer genaue- ren Prüfung. Gisela Klinkhammer A-1911

P O L I T I K LEITARTIKEL

Deutsches Ärzteblatt 94,Heft 28–29, 14. Juli 1997 (15)

Abtreibungsurteil

Bayerns Alleingang vorerst gestoppt

Die Abtreibungspraxen in Bayern dürfen entgegen dem Willen des bayerischen Gesetzgebers vorerst weiterarbei- ten. Der Erste Senat des Bundesverfassungsgerichts (BVG) erließ Ende Juni eine einstweilige Anordnung gegen das

bayerische „Schwangerenhilfeergänzungsgesetz“. Nach

dem umstrittenen Gesetz wären Abtreibungspraxen im

Freistaat vom 1. Juli an verboten gewesen. Die endgültige

Entscheidung des BVG wird frühestens im Herbst erwartet.

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