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Archiv "Laserchirurgie des Rachen- und Kehlkopfkarzinoms: Ein Weg zur Vermeidung der Laryngektomie" (10.01.2005)

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W

ar früher die Laryngektomie ein häufiges Verfahren bei der Behandlung von Tumoren der oberen Luft- und Speisewege (Kehl- kopf- und Hypopharynxkarzinome), so hat sich im letzten Jahrzehnt ein deutlicher Wandel vollzogen. Dies wird damit begründet, dass die Ergeb- nisse der den ganzen Kehlkopf opfern- den Radikalchirurgie die Erwartun- gen der Patienten und der Kopf- und Halschirurgen nicht erfüllt haben.

Bei aller Fortschritte auf dem Gebiet der Stimmrehabilitation nach Laryngektomie, zum Beispiel durch den Einsatz von Stimmprothesen (17) wird der Verlust des Kehlkopfes und das permanente Tracheostoma als Folge der Trennung von Luft- und Speiseweg für den Patienten zu einem lebenslanges Stigma mit einem erheb- lichen Verlust an Lebensqualität (6, 8).

Bei vielen anderen Körperorganen ist eine radikale Entfernung des Organs nicht von gleicher Bedeutung wie bei Rachen und Kehlkopf, wo es darum geht, dass der Patient frei atmen, unge- stört schlucken und verständlich spre- chen kann.

Verständlich ist der Wunsch und die Suche nach therapeutischen Alternati- ven, um den Patienten mit Rachen- oder Kehlkopfkrebs die Kehlkopfent- fernung ersparen zu können – und dies bei vergleichbaren Überlebenschan- cen. Für den Kopf- und Halschirurgen stellt Leben gleichzeitig mit der Or- ganfunktion zu erhalten, daher eine wichtige Herausforderung dar.

Zu den Optionen einer organerhal- tenden Therapie zählen Teilresektionen entweder konventionell transzervikal oder transoral lasermikrochirurgisch (3) sowie Protokolle einer Radiothe- rapie in Kombination mit einer Chemo- therapie (7, 20).

Anfang der 70er-Jahre haben Strong und Jako (16) in Boston den CO2-Laser an das Mikroskop adaptiert und erst- mals umschriebene Stimmbandtumo- ren exzidiert. In den letzten 25 Jahren wurden in der Klinik des Autors (1979 bis 8/1986 Erlangen; 8/1996 bis 2004;

Göttingen) mehr als 3 400 Primär- und

Rezidivtumoren (T1 bis T4) der oberen Luft- und Speisewege transoral laser- mikrochirurgisch in kurativer oder palliativer Absicht behandelt.

Die bisher erzielten und publizier- ten Ergebnisse rechtfertigen den be- vorzugten Einsatz dieses operativen Verfahrens (1, 3, 9, 12, 13,15).

Therapiekonzept

Jedes Kehlkopf- oder Hypopharynx- karzinom, das operationstechnisch mit- tels Mikrochirurgie unter Erhaltung des Organs und der Funktionsfähigkeit resektabel ist, kann grundsätzlich pri- mär transoral lasermikrochirurgisch behandelt werden.

Die Laryngektomie, als klassische makroskopische Methode hingegen, wurde bei zum Beispiel T3-Tumoren des Kehlkopfes aus onkologischen Gesichtspunkten selbst dann durchge- führt, wenn operationstechnisch ein schonenderes Vorgehen unter Kehl- kopferhalt möglich war. Als makro- skopische Operationsmethode konnte nur so die Sicherheit gewährleistet

Zusammenfassung

Jeder Tumor, der unter Organerhalt resektabel erscheint, wird primär transoral mit Mikroskop und CO2-Laser operiert. Bei Verdacht oder Vorlie- gen von Halsmetastasen erfolgt eine Mitbe- handlung des Halses als funktionserhaltender, auf bestimmte Regionen des Halses begrenzter Eingriff. Bei weit fortgeschrittenen Tumoren, ins- besondere bei fortgeschrittener Halsmetasta- sierung, wird adjuvant bestrahlt. Die transorale Laserresektion folgt der intraoperativ erkennba- ren tatsächlichen Tumorausdehnung im Sinne ei- ner „Chirurgie nach Maß“. Das Grundprinzip ist Rücknahme der chirurgischen Radikalität ohne Verlust an onkologischer Radikalität. Dank der spezifischen Schneideeigenschaften des Lasers und der mikroskopischen Vergrößerung sowie

dem transoralen Zugangsweg und der unkon- ventionellen Resektion in Einzelexzisaten kann der Tumor sicher unter Erhalt funktionell wichti- ger Organstrukturen entfernt werden.

Schlüsselwörter: Rachen-, Kehlkopfkarzinom, Krebstherapie, Laserchirurgie, Chirurgie

Summary

Laser Surgery for Cancer of the Pharynx and Larynx – A new Approach to Avoid Total Laryngectomy

Any tumour in which a curative procedure with preservation of function seems feasible is treat- ed primarily with transoral laser surgical tech- nique under the operating microscope. If neck

surgery is indicated a selective neck dissection is routinely performed. Adjuvant radiotherapy is primarily indicated for advanced neck dis- ease. The transoral resection follows the indi- vidual spread of the tumour. The main principle is to minimize the surgical morbidity without compromising approved oncological principles.

With the benefits of the specific cutting pro- perties of the CO2laser and the use of micro- scopic magnification to guide the surgeon, combined with a transoral approach and un- conventional blockwise resection technique of larger lesions, tumours can be excised in an indi- vidually tailored surgery safely, and with preser- vation of functionally important structures.

Key words: pharynx cancer, larynx cancer, thera- py of cancer, laser microsurgery, surgery

Klinik und Poliklinik für Hals-, Nasen-, und Ohrenkrank- heiten (Direktor: Prof. Dr. med. Wolfgang Steiner), Georg- August-Universität Göttingen

Laserchirurgie des Rachen- und

Kehlkopfkarzinoms

Ein Weg zur Vermeidung der Laryngektomie

Wolfgang Steiner

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werden, ausreichend weit in gesundes Areal zu operieren. Bei Verdacht oder bei klinischem Nachweis von Hals- metastasen erfolgt zusätzlich eine Mit- behandlung des Halses in Form einer so genannten selektiven „neckdissecti- on“, das heißt eine funktionserhalten- de auf bestimmte Halsregionen (zum Beispiel beim Kehlkopfkarzinom Re- gio 2 und 3) begrenzte Operation. Da- bei werden, sofern möglich, die nicht lymphatischen Strukturen wie die Ve- na jugularis interna, der M. sternoclei- domastoideus und der N. accessorius erhalten (2). Wie bei der klassischen makroskopischen Therapie ist eine post- operative Radiotherapie (eventuell kombiniert mit einem Chemothera- peutikum) insbesondere bei fortge- schrittener Halsmetastasierung (N2, N3, Kapselruptur, Lymphangiosis car- cinomatosa) indiziert. Sie kann trotz noch nicht abgeheilter Wunde in der Primärtumorregion schon nach weni- gen Wochen (zum Beispiel zwei oder drei Wochen) durchgeführt werden.

Onkologische und

chirurgische Prinzipien der Lasermikrochirurgie

Für die minimalinvasive Laserchirur- gie gelten die gleichen onkologischen Prinzipien wie für die transzervikale konventionelle makroskopische Chir- urgie. Unabhängig von der Intention, so viel wie möglich Organintegrität und Funktion zu erhalten, gilt als ober- ste Maxime, den Tumor vollständig, das heißt onkologisch radikal zu entfer- nen. Der fundamentale Unterschied besteht in der Art und Weise der Tu- morresektion und Entfernung. Dabei gilt der Grundsatz „Rücknahme der chirurgischen Radikalität ohne Verlust an onkologischer Radikalität.“

Im Unterschied zur konventionellen Operationstechnik wird dieses Ziel er- reicht durch den Einsatz von Mikro- skop und CO2-Laser sowie den trans- oralen (endoskopischen) Zugang.

Erst intraoperativ fällt die Entschei- dung über das präzise Ausmaß der Resektion. Der Operateur folgt dem Tumor unter mikroskopischer Sicht entsprechend seiner tatsächlichen Tu- morausdehnung.

Im Gegensatz zur klassischen Mono- blockresektion der offenen, makrosko- pischen Chirurgie, die darauf zielt, den Tumor in einem Stück mit einem wei- tem Abstand zu umschneiden, wird bei der Lasermikrochirurgie der Tumor durchaus mehrfach durchschnitten, um seine Tiefenausdehnung und topogra- phische Beziehung zu Nachbarstruktu- ren wie Knorpel oder Halsweichteile mikroskopisch beurteilen zu können.

Dieses spezifische chirurgische Vorge-

hen ist Voraussetzung für eine individu- elle dem Tumor angepasste „Mikro- chirurgie nach Maß“, die eine sichere Resektion im Gesunden bei gleichzeiti- gem Erhalt funktionell wichtiger Or- ganstrukturen anstrebt. Mit diesem Ver- zicht auf die Monoblockresektion und auf die Defektdeckung mit Lappen- plastiken wurde ein über viele Jahr- zehnte anerkanntes onkochirurgisches Dogma – nicht ohne heftigen Wider- spruch – infrage gestellt (14).

Neben der adäquaten Exposition des Tumors während der gesamten mi- kroendoskopischen Operation stellt

der Schnitt durch den Tumor den Schlüssel für die organerhaltende trans- orale Chirurgie größerer Tumoren dar (11). Er eröffnet intraoperativ die Dar- stellung der dritten Dimension, die mi- kroskopische Erfassung der exakten Ausdehnung submukös in die Tiefe.

Dies ist Voraussetzung für eine onko- logisch radikale Resektion.

Diese spezifische, transläsionale Re- sektionstechnik löste bei ihrer Einfüh- rung unter den Kopf- und Halschirurgen einen Sturm des Protests aus, da sie die tradierten onko- chirurgischen Grundprinzipien verletzt sahen. Auch heute, mehr als zwei Jahrzehnte nach Einführung dieser Schnitt- technik wird sie von einer Rei- he von Chirurgen noch kon- trovers diskutiert (14). Dabei muss allerdings berücksichtigt werden, dass der Laser eine berührungslose Mikrochirur- gie erlaubt: Eine Tumorzell- verschleppung durch kontami- nierte Instrumente kann aus- geschlossen werden. Hinzu kommt, dass der Laser eine höchstvergrößernde Mikro- chirurgie erlaubt. Mit der daraus resultierenden intra- operativen Gewebsbetrachtung kann eine präzise Diagnostik erfolgen, die zu verbesserten Ergebnissen bei den erzielten lokalen Kontrollraten in fünf Jahren führt. Diese hochauf- lösende, präzise intraoperati- ve Gewebsdarstellung ist bei der konventionellen Chirurgie nicht üblich. Der Übergang von der Monoblocktechnik zur transläsionalen Mikrochirurgie ge- schah schrittweise. Anfangs wurde ver- sucht, große Tumoren in einem Stück transoral durch das Endoskoprohr zu entfernen.

Bei der palliativ-symptomatischen Laserbehandlung weit fortgeschritte- ner Primär- und Rezidivtumoren zeig- te sich jedoch rasch, dass die Resekti- on in zahlreichen Stücken technisch leichter, vor allem aber wegen der bes- seren mikrochirurgischen (Über)sicht onkologisch sicherer war. Die funktio- nellen und onkologischen Resultate waren überraschend gut. Diese Beob- Abbildung 1: Supraglottisches Larynxkarzinom, T3. a)

prä- und b) postoperativer Befund (aus Steiner, Am- brosch: Endoscopic laser surgery of the upper aerodige- stive tract, Stuttgart, New York: Thieme 2004; mit freundlicher Genehmigung des Thieme Verlags).

a

b

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achtungen waren Anlass und Recht- fertigung zugleich, das transläsionale, mikrochirurgische operative Vorge- hen mit dem Laser auf die kurativen organerhaltenden Eingriffe zu über- tragen.

Langzeitbeobachtungen an den Pati- enten des Autors haben keinen Anstieg von Regional- und Fernmetastasen als Folge des Schnittes durch den Tumor mit dem Laser ergeben. Werner (19) konnte experimentell nachweisen, dass die vom Pionier Geza Jako (16) ver- mutete Lymphgefäßversiegelung beim Laserschnitt tatsächlich sofort eintritt und für etwa fünf Tage anhält (19). Zu- sammenfassend lässt sich feststellen, dass der Schnitt durch den Tumor es- senziell und erlaubt ist, da eine Absie- delung von Tumorzellen offenbar nicht stattfindet.

Vorteile des

lasermikrochirurgischen Therapiekonzeptes

Die präoperative Endoskopie infor- miert über die Oberflächenausdeh- nung. Von den bildgebenden Verfah- ren erwartet man Aufschluss über die Tiefeninfiltration. Allerdings muss man mit einer relativ hohen Rate an falschpositiven und falschnegativen Befunden rechnen (18, 21). Dem trägt die transorale Laserresektion Rech- nung, weil sie schrittweise, entspre- chend der tatsächlichen intraoperativ verifizierten Tumorausdehnung er- folgt. Daher ist das Risiko einer Über- behandlung deutlich geringer als bei der konventionellen Chirurgie, deren Indikation in deutlich größerem Um- fang auf den prätherapeutischen en- doskopischen und radiologischen Be- funden basiert (11, 18, 21).

Ein weiterer Vorteil der Lasermi- krochirurgie ist, im Rahmen des ersten Narkoseingriffs Diagnostik und The- rapie miteinander verbinden zu kön- nen. Zunächst wird durch eine Pan- endoskopie ein Zweitumor im Bereich der Atem- und der oberen Speise- wege ausgeschlossen. Erscheint der Primärtumor in Rachen oder Kehl- kopf aufgrund der Tumorausdehnung unter Organerhalt resektabel, dann erfolgt sofort der kurative Laserein-

griff. Dank des transoralen Zugangs kann das Kehlkopfgerüst, aus Knor- pel- und Muskelstrukturen bestehend, in seiner Integrität erhalten werden.

Auch die lokale Gefäß- und Nerven- versorgung bleibt weitgehend unge- stört. Dadurch wird die Sensibilität der verbleibenden Rachen- und Kehl- kopfschleimhäute kaum beeinträch- tigt (11). Dies trägt entscheidend zu einer rascheren und effektiveren post- operativen Schluckfunktion bei.

Durch die optimale Ausleuchtung und optische Vergrößerung mittels ei- nes hochauflösenden Mikroskops las- sen sich der Tumor in seiner Ausdeh- nung und pathologische Details in der Umgebung in einer bei der konventio- nellen Chirurgie nicht erreichbaren Genauigkeit identifizieren. Die Diffe- renzierung zwischen gesundem und tumorösem Gewebe wird darüber hin- aus auch wegen der spezifischen Schneideeigenschaften des CO2-La- sers erleichtert: Er bietet einen zum Teil blutungsfreien, zum Teil blutar- men Schnitt ohne oder nur mit gerin- ger Karbonisation als Bedingung für eine präzise mikrochirurgische Sicht und eine sichere, gewebeschonende Exzision.

Die nur geringe Denaturierung des Randgewebes durch den Laser er- schwert die intraoperative und die hi- stopathologische Beurteilung nicht (11). Entscheidend ist, dass die Tech- nik einen adäquaten Abstand zwi- schen Tumor- und Schnittrand erlaubt, der abhängig vom Organbereich zwi- schen zwei und 10 mm variiert.

Sehr große Wundhöhlen in Rachen und Kehlkopf werden der Spontanhei- lung überlassen. Die funktionellen Hei- lungsresultate sind überzeugend (1, 3, 5, 9, 11, 12, 13,15) (Kasten 1).

Schwierigkeiten bei der

organerhaltenden transoralen Laserchirurgie

Bei nicht adäquater endoskopischer Exposition des Tumors muss ein kom- binierter endo-extralaryngealer laser- mikrochirurgischer Eingriff erfolgen, allerdings stets mit dem Ziel, den Restlarynx partiell funktionstüchtig zu erhalten. Nur selten ist ein trans-

Vorteile des lasermikrochirurgischen Therapiekonzeptes

– Residualtumoren werden nicht unter Muskel- lappen „vergraben“.

– Die Operationen sind weniger aufwendig.

– Bluttransfusionen sind in der Regel nicht erfor- derlich.

– Pharyngokutane Fisteln sind außerordentlich selten aufgetreten.

Weitere Vorteile der transoralen Laserchirurgie sind:

– integrierbar in fast jedes Therapiekonzept – Frühzeitige Nachbestrahlung möglich (nach zwei

bis drei Wochen), offene Wunde im Primärtumor- bereich bietet dank optimaler Durchblutung radiobiologisch beste Bedingungen.

– Alle anderen therapeutischen Optionen bleiben bestehen.

– Bei ungünstiger Exposition ist ein kombinier- tes endo-extralaryngeales lasermikrochirurgi- sches Vorgehen möglich.

– Die Laserchirurgie ist jederzeit wiederholbar (zum Beispiel bei Residual-, Rezidiv- oder Zweit- tumor).

– keine therapiebezogene Toxizität

– geringe peri- und postoperative Morbidität (selten ist eine Tracheotomie erforderlich) – niedrige Komplikationsraten

– relativ kurze Liegedauer – niedrigere Kosten

– günstige funktionelle Rehabilitation – Reintegration in den Alltag und Rückkehr an

den Arbeitsplatz sehr häufig möglich – psychologische Situation bei Organerhalt wird

günstig beeinflusst Kasten 1

Voraussetzungen für eine erfolgreiche organerhaltende Laseroperation

Patientenselektion:

– Multimorbidität – Alter

– Erhalt funktionell wichtiger Organstrukturen mit hoher Wahrscheinlichkeit

Erfahrung des Chirurgen

adäquate Exposition der vom Tumor befallenen Region

Patientencompliance:

– Verständnis für eventuell erforderliche Nach- resektionen,

– regelmäßige Nachsorgeuntersuchungen – Verzicht auf ungesunde, krebsfördernde

Lebensgewohnheiten Kasten 2

(4)

oraler Eingriff überhaupt nicht mög- lich (zum Beispiel bei Vorliegen eines Trismus).

Wie bei allen konventionell-chirur- gischen Teilentfernungen eines Organs sind zur vollständigen und definitiven lokalen Tumorbeherrschung mögli- cherweise mehrere Eingriffe erforder- lich (zum Beispiel Residual-, Rezidiv- tumor). Weiterhin kann es, wie nach je- der ausgedehnten konventionellen Teilresektion, zu persistierenden funk- tionellen Störungen wie Aspiration, Schluckunfähigkeit, Atemnot (bei- spielsweise Stenose) kommen, die eine längere Verweildauer der Magensonde oder das Anlegen einer PEG-Sonde oder auch eine Tracheotomie notwen- dig machen können. Sehr selten ist al- lerdings eine Laryngektomie aus funk- tionellen Gründen indiziert.

Schließlich müssen sich Patienten nach Teilresektionen häufiger Nachsor- geuntersuchungen unterziehen als nach einer Laryngektomie (Kasten 2).

Grenzen für organerhaltende Laseroperation

Bei adäquater Exposition und entspre- chender chirurgischer Erfahrung lassen sich auch ausgedehnte Tumoren sicher entfernen. Der eigentliche limitierende Faktor ist eine nach sehr ausgedehnten Resektionen zu erwartende schwere funktionelle Störung, insbesondere die Aspiration und die Schluckunfähigkeit infolge eines eingeschränkten Bolus- transportes.

Eine massive Infiltration der Hals- weichteile durch den Primärtumor stellt eine Kontraindikation für eine kurative transorale Tumorresektion dar.

Aufklärung des Patienten

Der Patient muss eingehend über die verschiedenen therapeutischen Op- tionen aufgeklärt werden: Vor- und Nachteile, Risiken und Komplikatio- nen, Rezidiv- und Überlebenswahr- scheinlichkeiten (10).

In den interdisziplinären onkologi- schen Leitlinien der Deutschen Gesell- schaft für Hals-, Nasen- und Ohrenheil- kunde(4) hat die transorale Laserchir-

urgie als therapeutische Option auch bei fortgeschrittenen Tumoren der obe- ren Luft- und Speisewege Eingang ge- funden. Die bisherigen Publikationen haben dazu beigetragen, dass die Me- thode weltweit mehr Verbreitung fin- det. Man kann davon ausgehen, dass bei vielen Patienten mit fortgeschritte- nen Larynx- beziehungsweise Hypo- pharynxkarzinomen der Kehlkopf er- halten werden kann, wenn die transora- le Laserchirurgie in erfahrener Hand eingesetzt wird.

Nach Auffassung des Autors sollte man dem Patienten eine Chance für einen organerhaltenden Eingriff ge- ben, wenn er den ausdrücklichen Wunsch äußert und bereit ist, die ge- nannten Nachteile und Risiken auf sich zu nehmen. Nur ein gut informier- ter und kooperativer Patient ist ein ge- eigneter Kandidat für eine ausgedehn- te Tumorteilresektion mit dem Ziele des Organerhalts (10).

Falls am Ende der therapeutischen Bemühungen doch die vom Patienten primär strikt abgelehnte Kehlkopfent- fernung erfolgen muss, ist die Akzep- tanz seitens des Patienten höher in dem Bewusstsein, gemeinsam alles versucht zu haben.

Ergebnisse

Die von den Autoren publizierten Langzeitergebnisse (1, 3, 12, 13, 15) für Larynx-, Zungengrund- und Sinus- piriformis-Karzinome der Kategorien T2 bis T4 lauten zusammengefasst: Die lokoregionären Rezidiv- und Überle- bensraten nach transoraler Laserre- sektion, häufig kombiniert mit einer ein- oder beidseitigen (meist selekti- ven für N0 bis N2) „neckdissection“

und/oder Radiotherapie sind ähnlich denen nach konventionellen Teil- oder Totalresektionen wie Laryngektomie oder Laryngopharyngektomie.

Selbst bei Larynx-, Oro- und Hypo- pharynxkarzinomen der Stadien 3 und 4 konnten Überlebensraten ähnlich denen nach Radikalchirurgie erzielt werden. Die transorale laserchirurgi- sche Organteilentfernung ist eindeu- tig effektiver als jede Art der bisher oder aktuell in internationalen und nationalen Studien eingesetzten Ra-

dio-Chemotherapie-Regime (7, 20).

Ein Bewertungsproblem besteht aller- dings darin, dass die zahlreichen ver- öffentlichten Resultate – aus einer Vielzahl von (statistischen) Gründen (Patientenselektion, differente Thera- pieregime, retrospektive Daten und andere) nicht oder nur mit Vorbehalt miteinander verglichen werden kön- nen.

Ohne Zweifel ist die perioperative und postoperative Morbidität niedri- ger. Die wichtigsten natürlichen laryn- gealen Funktionen können, je nach Ausdehnung der Resektion, überwie- gend erhalten beziehungsweise wieder hergestellt werden. Ein wichtiges Teilziel ist es, die Laryngektomie und das damit verbundene permanente Tracheostoma unter psychologischen, sozialen und beruflichen Aspekten zu vermeiden. Ein Kehlkopferhalt war bei den aufgeführten Patientenkollek- tiven zwischen 85 und 99 Prozent mög- lich.

Mein besonderer Dank gilt meiner langjährigen Mitarbei- terin, Prof. Dr. med. Petra Ambrosch, Direktorin der Klinik und Poliklinik für Hals-Nasen-Ohrenkrankheiten der Chri- stian-Albrechts-Universität Kiel für hervorragende Unter- stützung bei der Realisierung und Weiterentwicklung des Therapiekonzeptes.

Der Autor erklärt, dass kein Interessenkonflikt im Sinne der Richtlinien des International Committee of Medical Journal Editors besteht.

Manuskript eingereicht: 13. 4. 2004, revidierte Fassung angenommen: 4. 6. 2004

Zitierweise dieses Beitrags:

Dtsch Arztebl 2005; 102: A 41–44 [Heft 1–2]

Die Zahlen in Klammern beziehen sich auf das Literatur- verzeichnis, das beim Verfasser erhältlich oder im Internet unter www.aerzteblatt.de/lit0105 abrufbar ist.

Anschrift des Verfassers:

Prof. Dr. med. Wolfgang Steiner

Klinik und Poliklinik für Hals-Nasen-Ohrenkrankheiten Georg-August-Universität Göttingen

Robert-Koch-Straße 40 37075 Göttingen

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Literatur

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Literaturverzeichnis Heft 1–2/2005:

Laserchirurgie des Rachen- und

Kehlkopfkarzinoms

Ein Weg zur Vermeidung der Laryngektomie

Wolfgang Steiner

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