Zur Fortbildung Aktuelle Medizin KONGRESSBERICHT
Der Kohlendioxyd-Laser läßt sich heute auch bei Brandverletzungen einsetzen. Mit seiner Hilfe kann ver- branntes Gewebe berührungslos ab- getragen werden. Es ist möglich schonender und weitflächiger vor- zugehen und großen Blutverlust zu vermeiden. Diesen offensichtlichen Vorteilen stehen Nachteile gegen- über: die Operationszeit ist länger, der apparativ-technische Aufwand beträchtlich und last but not least der Umgang mit dem Laser will ge- lernt sein.
Von klinischem Routineeinsatz bisher nicht die Rede
Dem Laser geht es wie vielen neuen Technologien in der Medizin — er setzt sich nur schwer durch. Das gilt in besonderem Maße für den Be- reich der operativen Medizin. Hier soll der Kohlendioxyd-Laser, das so- genannte Laserskalpell, einmal das normale und sogar das elektrische Messer ablösen, meinte Isaac Ka- plan, einer der Väter dieser Laserge- neration. Obwohl komplette CO 2-La- ser-Chirurgiegeräte seit Jahren auf dem Markt sind, kann von einem kli- nischem Routineeinsatz bisher nicht die Rede sein. Kein Wunder, wenn man bedenkt, daß der Prozeß der Grundlagenforschung noch keines- wegs abgeschlossen ist. Die Vorteile des Lasers beginnen sich erst lang- sam abzuzeichnen: etwa in der Be- handlung Brandverletzter. Unfallchi- rurgen wie der Chefarzt der Abtei- lung für Verbrennungen, plastische und Handchirurgie der Berufsge- nossenschaftlichen Unfallklinik Ludwigshafen-Oggersheim, Dozent Peter Rudolf Zellner, leisten hier bahnbrechende Arbeit. Tierexperi- mentelle Versuchsreihen amerikani- scher Forscher (Fiddler, Levin, Le- venson) hatten bewiesen, daß bei Brandverletzungen Schnitte mit dem Laserskalpell mit weniger Blut- verlust verbunden sind als mit dem
„kalten Skalpell". Im Vergleich zum elektrischen Messer ließ sich freilich kein signifikanter Unterschied fest- stellen.
Auch Zellner arbeitete zunächst tier- experimentell mit kaltem, elektri- schem und Laserskalpell. Konnte er im Vergleich zwischen kaltem und Laserskalpell die Beobachtungen der amerikanischen Untersucher be- stätigen, so kam er bei Nekrekto- mien mit dem elektrischen Messer und Laser zu anderen Resultaten.
Auch hier zeigte sich der Laser dem Elektrokauter als überlegen. Das sollte sich später klinisch an einigen Patienten mit Verbrennungen drit- ten Grades bestätigen: Pro Prozent Hautoberfläche der ausgeschnitte- nen Nekrosen, so der Unfallchirurg, schwankt der Blutverlust beim La- serskalpell zwischen 100 und 111 cm 3 . Beim elektrischen Messer hingegend bewegt er sich zwischen 175 und 200 cm 3 .
Diese den in der Literatur beschrie- benen Erfahrungen widersprechen- den Meßergebnisse hatte Zellner nicht durch schlichtes „Tupferwie- gen" ermittelt, sondern durch Analy- sieren der Tupfer und Tücher sowie des auf dem Boden ausgelaufenen Blutes im sogenannten „Blood Loss Perometer". Dieses Gerät funktio- niert wie eine Waschmaschine und errechnet in Abhängigkeit des Aus- gangs-Hb des Patienten den tat- sächlichen Blutverlust.
Operationszeit kaum länger Eine Frage, die in Zukunft den mit dem CO 2-Laser operierenden Chir- urgen interessieren wird, ist die der Operationsdauer. Zellner benötigte für die Laser-Nekrektomie dreimal soviel Zeit wie mit anderen Metho- den. Allerdings dürfe man hieraus keine falschen Schlüsse auf die Ge- samtdauer der Operation ziehen,
meinte er dazu. Weitere Zeitmessun- gen ergaben, daß die Blutstillung nach elektrischem Schnitt den glei- chen Zeitaufwand erfordert wie die elektrische Nekrektomie selbst. Fa- zit: Laser-Nekrotomie braucht nur ein Drittel mehr Zeit.
Heilung nicht verzögert
Weder die längere Operationsdauer noch die thermische Schädigung des Empfängerbettes durch Laser- strahlen beeinflussen das Anheilen der Spalthaut. Auch der Heilprozeß selbst wird im Vergleich zu den nicht mit Laser abgetragenen Hautnekro- sen nicht verlängert. Um diese Be- funde zu objektivieren, bat Zellner einen Histologen vom Frankfurter Batelle-Institut, entsprechende Un- tersuchungen vorzunehmen. Biop- tische Kontrollen erfolgten am vier- ten und achten postoperativen Tag, um die Qualität des Empfängerbet- tes sowie das Anwachsen des Eigen- haut-Transplantates zu überprüfen.
Laser dem elektrischen Messer überlegen?
Der Histologe bestätigte Zeliners Beobachtungen. Beim Laser treten Kohlepartikel selten bis nie auf, zu Blutungen kam es praktisch nicht, nekrotisches Gewebe war kaum vor- handen. Nach der Therapie mit dem elektrischen Messer waren dagegen zum Teil starke Blutungen, zahlrei- che entzündete Formationen und mäßig starkes nekrotisches Gewebe zu beobachten.
Zusammenfassend kann man sagen:
Neben der Blutersparnis bietet der CO 2-Laser weitere Vorteile: Die Ex- zision der verbrannten Hautareale kann nicht nur früher erfolgen, son- dern es ist auch möglich, statt 20 Prozent nun 30 Prozent der Körper- oberfläche in einer Sitzung zu ent- fernen. Hinzu kommen das geringe- re Infektionsrisiko und geringere postoperative Schmerzen. KPa
(Symposium „Laser in Medizin und Biologie", Juni 1977, Neuherberg)
Laserchirurgie bei Brandverletzungen
Zerstörtes Gewebe wird berührungslos abgetragen
812 Heft 14 vom 6. April 1978 DEUTSCHES ARZTEBLATT