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Archiv "Effizienz und Ökonomie in der Chirurgie werden immer wichtiger" (03.10.1997)

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er 114. Kongreß der Deut- schen Gesellschaft für Chir- urgie fand in München vom 1.

bis 5. April 1997 unter Lei- tung von Hartwig Bauer, Altötting, statt. Die Tagung stand unter dem Motto Effizienz und Ökonomie. So stellte der Kongreßpräsident in seiner Eröffnungsansprache heraus, daß Chirurgen in Zeiten knapper werden- der wirtschaftlicher Ressourcen ihr chirurgisches Handeln immer mehr unter dem Kriterium der Wirtschaft- lichkeit zu hinterfragen haben. Selbst- verständlich muß die Entscheidungs- findung der Ärzte im Einzelfall im- mer auf den Patienten abgestimmt bleiben. Dennoch verlangt die Ver- antwortung für die Gesellschaft eine aktive und intensive Auseinanderset- zung mit den ökonomischen Rahmen- bedingungen. Damit wollen sich die Chirurgen als Partner in der öffentli- chen gesundheitspolitischen Diskus- sion darstellen.

Die heute von allen medizinisch- wissenschaftlichen Fachgesellschaf- ten entwickelten Leitlinien erhalten gerade in diesem Zusammenhang be- sondere Bedeutung. Auch hat sich die Deutsche Gesellschaft für Chirurgie in der Vergangenheit bemüht, für be- stimmte Krankheitsbilder Orientie- rungshilfen für eine qualitätsorien- tierte operative Versorgung zu ent- wickeln. Damit wird ein Handlungs- korridor beschrieben, von dem im In- dividualfall, dann allerdings mit not- wendiger Begründung, abgewichen werden kann. Volkswirtschaftlich ge- sehen, können Leitlinien eine größere Gleichmäßigkeit und Ökonomisie- rung der Versorgung gewährleisten.

Andererseits bestehen aber erhebli- che Bedenken, daß durch die Ent- wicklung derartiger Leitlinien die Therapiefreiheit bedroht, der Fort- schritt gelähmt und die Versorgungs- qualität des Patienten unzumutbar eingeschränkt werden. Die Gefahr der Verrechtlichung der Medizin, der Außensteuerung durch Politik, Kran- kenkassen oder Gerichte und einer

Schematisierung des ärztlichen Han- delns muß gesehen und zurückge- drängt werden.

Der Diskussion der Leitlinien- problematik in der Chirurgie wurde auf dem Kongreß breiter Raum ge- widmet. Vosteen, Düsseldorf, unter- strich aus Sicht der Arbeitsgemein- schaft Medizinisch Wissenschaftlicher Fachgesellschaften (AWMF) die Be- deutung von Leitlinien als wichtigem Instrument, eine größere Transpa- renz bei typischen Krankheitsbildern und Standardsituationen zu gewähr- leisten. Dabei müssen die Fachgesell- schaften den Stand der Wissenschaft nach den Regeln der internationalen Konsentierung festlegen. Bei der Be- wertung eines Behandlungsergebnis- ses kommt dem Aspekt der Qualität eine elementare Rolle zu, wie Lorenz, Marburg, ausführte. Während das Er- gebnis früher relativ einfach durch Mortalitäts- und Wiedereingliede- rungsrate definiert war, gehen zusätz- liche Faktoren, zum Beispiel der funktionelle Status oder die emotio- nale Gesundheit, mit in die Ergebnis- bewertung ein. Die Elemente der Evi- dence Based Medicine wie die kon- trollierte klinische Studie, die Meta- analyse oder der nominale Gruppen- Prozeß sind zu wichtigen Vorausset- zungen für die Entwicklung von Leit- linien geworden.

Leitlinien für Qualitätssicherung

Scriba, München, begründete als Vertreter des Sachverständigenrates für die Konzertierte Aktion im Ge- sundheitswesen die Notwendigkeit von Leitlinien als Mittel zur dauer- haften Qualitätssicherung und zur Kostenreduzierung. Neben Aspekten wie der Verbesserung der Konsensus- politik und der weiteren Abstimmung zwischen den Fachgesellschaften wird derzeit ein besonderer Handlungsbe- darf darin gesehen, Anreizsysteme für die Durchsetzung von Leitlinien

zu entwickeln. Nach den Worten Scri- bas wird die Leitlinie damit zur intelli- genten Alternative zur undifferen- zierten Sparpolitik.

Aus dem Blickwinkel der Ge- sundheitsökonomie, so Neubauer, Neubiberg, gehören Leitlinien zu un- verzichtbaren Steuerungsinstrumen- ten für Chirurgen, weil damit Kosten-/

Nutzen-Relationen hergestellt und die an der Patientenversorgung betei- ligten Gruppen effizienter werden. Es sollte Wert darauf gelegt werden, daß Versicherer und Beitragszahler in die Leitlinien mit eingebunden werden.

Ulsenheimer, München, erweiterte die Diskussion um die Leitlinien aus rechtlicher Sicht. Er hob heraus, daß nach wie vor die Methodenwahl im Rahmen der Regeln der ärztlichen Kunst eine höchstpersönliche Ent- scheidung des Arztes ist. Leitlinien bedeuten lediglich inhaltliche und funktionelle Orientierungsmarken beziehungsweise Handlungsempfeh- lungen. Im juristischen Sinne bilden Leitlinien derzeit keinen absoluten, sondern einen relativen Maßstab zur näheren Bestimmung der General- klausel ,ärztliche Sorgfalt‘. Für Car- stensen, Mülheim, stellen daher die Leitlinien aus Sachverständigensicht eine wertvolle Hilfe, jedoch keine bindende Vorschrift dar. Für die Be- urteilung ist die jeweils individuelle Situation zugrunde zu legen. Für Ek- kernkamp, Bochum, sind Leitlinien in der chirurgischen Qualitätssicherung unverzichtbar geworden. Bisher sind sogenannte Tracerdiagnosen zur ex- ternen Qualitätssicherung herangezo- gen worden. Mit Hilfe von Leitlinien kann das Qualitätsmanagement um ein krankenhausinternes Element er- weitert werden. Ekkernkamp wies al- lerdings auch auf die besonderen Ge- fahren hin, wenn Krankenkassenver- treter an Hand von Leitlinien ärztli- ches Handeln messen und bewerten.

Wie schwierig die Erstellung von Leitlinien in der Praxis ist, zeigte die Vorstellung von Leitlinienentwürfen bei gutartigen Erkrankungen. Nach A-2575

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Effizienz und Ökonomie in der

Chirurgie werden immer wichtiger

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Dralle, Halle, dienen Leitlinien für euthyreote und hyperthyreote Stru- men dazu, die postoperative Morbi- dität und die Rezidivrate zu senken.

Während die präoperative Sonogra- phie der Schilddrüse noch Zustim- mung findet, gibt es Kontroversen bei der intraoperativen Schnellschnitt- diagnostik eines kalten Knotens. Bei der regelhaften Recurrensdarstellung spaltet sich das Lager der Chirurgen immer noch in zwei Teile. Große Dis- krepanzen ergeben sich auch bei der Leistenhernienchirurgie. Die endo- skopischen Reparationsverfahren ha- ben bei weitem nicht die gleiche Ak- zeptanz erreicht wie beispielsweise die laparoskopische Cholezystekto- mie, wie Horeyseck, Siegburg, beton- te. Auch hier steht der Konsens über die Anwendung neuerer Operations- verfahren noch aus. Es wurde aber ein Konzept vorgestellt, nach dem bei schwacher Leistenkanalhinterwand bevorzugt Kunststoffnetze implan- tiert werden sollen. Möglicherweise können Patienten bei sinkender post- operativer Morbidität auf diese Weise früher als bisher körperlich belastet werden.

Behandlung des Ulkus

Nach den Worten von Becker, Tü- bingen, ist die Behandlung des bluten- den Ulcus duodeni oder ventriculi weitgehend zu einer Domäne der En- doskopie geworden. Die Methoden zur Blutstillung haben sich so weit per- fektionieren lassen, daß die Ulkusblu- tung nur bei Schocksymptomen ope- riert werden muß. Möglicherweise kann danach bei einem programmier- ten endoskopischen Vorgehen und ei- ner entsprechenden medikamentösen Begleittherapie vollständig auf chir- urgische Maßnahmen verzichtet wer- den. Die Ulkusperforation muß nach wie vor operativ behandelt werden, entweder konventionell offen oder la- paroskopisch. Bei der Sigmadiverti- kulose beziehungsweise der -diverti- kulitis gibt es aufgrund der vielfälti- gen Manifestationsformen keine kon- trollierten Studien, so Feifel aus Hom- burg. Das vordringliche diagnostische Ziel ist daher die Differenzierung in eine unkomplizierte oder komplizier- te Divertikelkrankheit. Die Operati-

onsindikation zur primären Resektion des Krankheitsherdes ist abhängig vom Vorliegen einer Darmstenose oder einer gedeckten beziehungswei- se freien Perforation mit Abszeßbil- dung im Abdomen. Eine eventuelle Blutungsquelle muß präoperativ loka- lisiert werden. Bei schwerer Blutung ohne Kenntnis des Ursprungsortes ist eine subtotale Kolektomie vorzuneh- men.

Das Management der Cholezy- sto- beziehungsweise Choledocholi- thiasis erfordert auf jeden Fall ein in- terdisziplinäres Behandlungskonzept, wie Classen, München, und Schönle- ben, Ludwigshafen, gemeinsam be- tonten. Die Unterscheidung zwischen Basis- und Zusatzdiagnostik bezieht sich auf Lokalisation und Komplika- tionen des Gallensteinleidens. Nach wie vor wird die Gallenblase nur beim Vorliegen von Beschwerden entfernt.

Die Chemolyse und die extrakorpora- le Stoßwellenlithotripsie spielen der- zeit eine untergeordnete Rolle. Im- merhin muß in zehn Prozent der Fälle mit dem Vorliegen einer Choledocho- lithiasis gerechnet werden. In diesem Fall besteht Einigkeit über das soge- nannte therapeutische Splitting, das heißt eine primäre endoskopische Steinextraktion aus dem Gallengang mit nachfolgender, vorzugsweise la- paroskopischer Cholezystektomie.

Die intraoperative Cholangiographie kann auch bei endoskopischer Entfer- nung der Gallenblase hilfreich zur Entdeckung unbekannter Steine im Ductus choledochus sein. Diese Maß- nahme, weil technisch nicht immer einfach, wird jedoch derzeit kontro- vers diskutiert.

Morbus Crohn und Colitis ulcerosa

Die Diagnostik und Behandlung entzündlicher Darmerkrankungen wie Morbus Crohn und Colitis ulcero- sa sind nach Caspari, Frankfurt, primär eine Domäne der Gastroente- rologie. Neue Aspekte der medika- mentösen Therapie, wie zum Beispiel Budenosid als ein neues Kortikoid müssen erst evaluiert werden. Nach wie vor, so Betzler, Essen, kommt der Chirurgie die elementare Rolle bei der Therapie der Komplikationen zu.

Abszesse im Abdomen sollen primär möglichst über eine interventionell eingebrachte Drainage entlastet wer- den. Alle freien Perforationen, die schweren Blutungen oder die maligne Entartung stellen eine absolute Indi- kation zur Laparotomie dar. Darmste- nosen sollen nur bei Beschwerden be- handelt werden, wobei eine Ballondi- latation versucht werden kann.

Leitlinien zu malignen Erkrankungen

Leitlinien, die bereits veröffent- licht sind oder im Entwurf vorliegen, wurden im Rahmen des Themas maligne Erkrankungen präsentiert.

Auch hier ergab sich zwangsläufig Grund zur kontroversen Diskussion.

Dies liegt aber im Wesen der Leitlinie begründet, die nur den Handlungs- spielraum zur Entscheidung vorgeben will. Röher, Düsseldorf, forderte für das Schilddrüsenkarzinom eine klare histologische Klassifikation als Grund- lage der Entscheidungsfindung. Die Regeloperation ist die beidseitige Thy- reoidektomie mit zentraler Lymph- knotendissektion. Die Ausnahme stellt das unter ein Zentimeter messen- de papilläre Karzinom oder das Mi- kro-Karzinom als Zufallsbefund dar.

Das anaplastische Schilddrüsenkarzi- nom muß unter Umständen nur bei lokalen Druckkomplikationen chirur- gisch behandelt werden, da mit der Chemotherapie gleiche Überlebensra- ten erzielt werden. Junginger, Mainz, zeigte, daß die Patienten mit Ösopha- guskarzinom von einer auf das Media- stinum erweiterten Lymphknotenent- fernung in bezug auf das Überleben profitieren. Eine prä- oder posto- operative Chemotherapie ist generell nicht indiziert, und wenn, dann nur in klinischen Studien.

Beim Vorliegen eines Magenkar- zinoms wird die Gastrektomie als Re- geloperation gefordert, so Eigler aus Essen. Ausnahmen sind unter stren- gen Kriterien bei bestimmtem Tu- mortyp gerechtfertigt. Unklar ist noch das Ausmaß der vorzunehmenden Lymphknotendissektion. Es können jedoch die Tumorstadien II und IIIa möglicherweise von einer erweiterten Lymphknotenentfernung entlang der Äste des Truncus coeliacus profitie- A-2576

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ren. Grund hierfür ist die Entfernung von Mikrometastasen. Die extensive Lymphknotendissektion geht mög- licherweise mit einer erhöhten post- operativen Morbidität einher.

Nach wie vor ist es beim Pan- kreas-Karzinom die wichtigste Auf- gabe des Chirurgen, die operablen von den inoperablen Fällen zu tren- nen, wie Trede aus Mannheim aus- führte. Deshalb kommt zukünftig dem ultraschnellen Kernspintomo- gramm größere Bedeutung zu, so daß bisherige Diagnostikschemata geän- dert werden müssen. Aber auch bei überragender Bildgebung klärt in manchen Fällen erst die offene explo- rative Laparotomie die Diagnose und die Operabilität. Meyer, Solingen, un- terstrich beim Kolonkarzinom die Be- deutung der RO-Resektion des tu- mortragenden Darmschnittes en bloc mit den Lymphknoten des Mesenteri- ums und der stammnahen Ligatur zentraler Gefäßabgänge. Eine Emp- fehlung zu einer postoperativen adju- vanten Chemotherapie wird im UICC-Stadium III gesehen. Die Pro- gnoseverbesserung von Nachsorge- programmen des Kolonkarzinoms sind zur Zeit im Hinblick auf Kosten und Effizienz in der Diskussion. Den größten Einfluß auf das Überleben des Patienten hat der Chirurg mit sei- ner operativen Technik. Gerade die- sen Aspekt griff Hohenberger, Erlan- gen, auch für das Rektumkarzinom auf. Die Resektion des tumortragen- den Rektums hat je nach Lokalisation unter Einschluß des Meso-Rektums zu erfolgen, wenn nicht Satellitenme- tastasen zurückbleiben sollen.

Grundlagenforschung fördern

Aber nicht nur die klinische Chir- urgie erfährt Beschränkungen auf- grund knapper werdender wirtschaft- licher Ressourcen, sondern auch die Grundlagenforschung muß sich zu- nehmend dem Diktat ökonomischer Gesichtspunkte unterwerfen. Diesem Aspekt war ebenfalls ein Hauptthema gewidmet. Neugebauer aus Köln ver- wies auf die elementare Rolle inter- disziplinärer Koordination und Ko- operation in der Grundlagenfor- schung. Um Überschneidungen zu

vermeiden, müssen spezielle wissen- schaftliche Fragestellungen zusam- men bearbeitet werden. Beger, Ulm, beklagte die mangelnde Beteiligung operativer Institutionen im Bereich der Grundlagenforschung und konnte anhand von Zahlen belegen, daß be- sonders die Chirurgie im Vergleich zu anderen Fachdisziplinen in puncto Forschungsaufträgen und Laborein- richtungen zurückbleibt. Gründe für diese Entwicklung seien struktureller Art. Die in der Chirurgie häufig geüb- te Teilzeitforschung hat nur wenig Effizienz. Daher forderte er Vollzeit- forschungsstellen zu Schwerpunkt- themen.

Messmer, München, beantworte- te die Frage, ob Tierversuche weiter- hin in der Chirurgie notwendig sind, dahingehend, daß sie auch in Zukunft unverzichtbar sind. Er konnte aber zeigen, daß in den letzten Jahren in der Forschung aufgrund der Mikro- technik zunehmend Kleintiermodelle eingesetzt worden sind. Dadurch sei- en bei gleichbleibender Effizienz Ko- sten gesenkt worden. Validierte und professionelle Tierversuchsmodelle bieten Vorteile in der wissenschaftli- chen Akzeptanz und verbesserte Möglichkeiten zur Publikation.

Paradigmenwechsel in der Onkologie

Herfarth, Heidelberg, der näch- ste Präsident der Deutschen Gesell- schaft für Chirurgie, bezeichnete die molekulare Diagnostik und Therapie als jüngsten Sproß der chirurgischen Forschung, der möglicherweise einen Paradigmenwechsel in der Onkologie einleiten könne. Aufgabengebiete dafür sieht er bei erblichen onkologi- schen Erkrankungen. Insgesamt kann das Tumor-Staging und -Screening durch Nachweis dysplastischer Zellen in Körperflüssigkeiten verbessert werden. Auch dadurch ist ein effizien- terer Einsatz finanzieller Mittel mög- lich. Auf keinen Fall dürfen For- schungsaktivitäten durch die ökono- mische Repression in Resignation en- den. Lange, Bundesministerium für Bildung und Forschung, empfahl zur Steigerung von Ökonomie mehr Transparenz in der Verwendung der Mittel, gesteigerten Wettbewerb und

die Verbesserung der internen und ex- ternen Kooperation. Es mußte einge- räumt werden, daß Forschung in Deutschland, gemessen an verwen- deten Geldmitteln im Verhältnis zur Zahl der internationalen Publikatio- nen, schlecht abschneidet. Zur Lö- sung von Problemen wird eine stärke- re Professionalisierung der Forschung gefordert.

Rothmund, Marburg, gab zu, daß auch die Forschung im klini- schen Bereich nicht von Einsparun- gen verschont ist. Eine verminderte Zahl von internationalen Publikatio- nen führt er vor allem auf strukturel- le Defizite in Deutschland zurück.

Darunter faßte er Mehrarbeit in der Patientenversorgung, die Größe der Kliniken, die geringe Zahl von La- borplätzen und eine eingeschränkte Förderung von Forschungsaktivitä- ten zusammen. Die fehlende Tren- nung von Forschung und klinischen Aufgaben ist möglicherweise auch eine Ursache für ungenügende Effi- zienz bei ausreichenden finanziellen Mitteln. Die chirurgische Epidemio- logie kann möglicherweise zur Er- mittlung von Störfaktoren klini- scher Studien beitragen, wie Oh- mann, Düsseldorf, zeigen konnte.

Auf diese Weise können erheblicher Erkenntnisgewinn und die Steige- rung der Aussagekraft chirurgischer Publikationen erzielt werden. Troidl, Köln, zog sozioökonomische Aspek- te zum Nachweis der Effizienz der minimal invasiven Chirurgie heran.

Am Anfang stand die Idee, mit gerin- gerem Operationstrauma den post- operativen Patientenkomfort und die Ergebnisse zu verbessern. Das konnte aber nicht in allen Fällen be- wiesen werden. Besonders die wirt- schaftliche Effizienz konnte nicht bei allen Indikationen dargelegt werden.

Nach Meinung Troidls können aber nicht alle Werte der minimal invasi- ven Chirurgie wie zum Beispiel der postoperative Schmerz sozioökono- misch exakt bewertet werden.

Kievit, Leiden, wies auf die Ver- änderungen der Priorität in der mo- dernen Medizin hin. Es geht heute vor allem um höchstmögliche Qua- lität bei geringen Kosten. In diesem Bereich helfen Kosten-/Nutzen-Ana- lysen, in die unbedingt auch die Pati- enten und Versicherer einzubeziehen A-2577

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sind. Jauch, Regensburg, sieht in der onkologischen Chirurgie eine große Chance zur Qualitätssteigerung in so- genannten Feldstudien. Dabei wer- den im Krebsregister Informationen zu Tumorinzidenz, Versorgungs- struktur, Lebensqualität und Lang- zeitergebnissen gespeichert. Dadurch könne die Prozeßqualität und die Ef- fizienz der Behandlung von Krebslei- den besser beurteilt werden. Nast- Kolb, München, zeigte an eigenen Patienten der Universität München- Innenstadt, wie besonders bauliche und strukturelle Maßnahmen die Ökonomie und Effizienz der Versor- gung von Schwerverletzten verbes- sern können. Durch Umorganisation

von Versorgungsabläufen und Perso- nal konnten Letalität und Morbidität dieser Patienten erheblich gesenkt werden.

Weitere Themen des Kongresses, die unter dem Aspekt Effizienz und Ökonomie abgehandelt wurden, wa- ren die apparative Diagnostik und Therapie sowie die ambulante Chir- urgie. Als besonderer Komplex wur- de über den Chirurgen und sein Um- feld gesprochen. Diese spezielle Sit- zung sollte das Wechselspiel zwischen den Chirurgen und besonders auch den Chirurginnen und ihrem sich wandelnden Umfeld erkennen lassen.

Fragen wie: Wie ist das Verhältnis zu den Patienten? Wie gestaltet sich die

Zusammenarbeit mit der Pflege? Wie belastbar ist ein Chirurg? Wie macht er seine Erfahrung? forderten zur Antwort auf. Zweifellos war dieser Kongreß ein Bekenntnis zur Einheit der Chirurgie.

Professor Dr. med. Wilhelm Hartel Generalsekretär der Deutschen Gesellschaft für Chirurgie Elektrastraße 5

81925 München Priv.-Dozent Dr. med.

Horst-Peter Becker

Oberarzt der Chirurgischen

Abteilung, Bundeswehrkrankenhaus 89070 Ulm

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KONGRESSBERICHT/FÜR SIE REFERIERT

(58) Deutsches Ärzteblatt 94,Heft 40, 3. Oktober 1997 Die Prognose für Erwachsene

mit Herz-Kreislauf- oder Atemstill- stand außerhalb des Krankenhauses ist bekanntermaßen schlecht. Inwie- fern dies auch für Kinder zutrifft, war Thema einer kanadischen Untersu- chung am Kinderkrankenhaus in Toronto.

101 Kinder (Durchschnittsalter zwei Jahre) wurden im Zeitraum von 1986 bis 1993 mit Atemstillstand oder Pulslosigkeit aus verschiedenen Ur- sachen in die Notaufnahme einge- wiesen. 64 von ihnen konnten initial

erfolgreich kardiopulmonal reani- miert werden und auf die Intensivsta- tion verlegt werden. Nur 15 Patien- ten überlebten jedoch den weiteren Krankenhausaufenthalt, und von diesen waren nach einem Jahr noch 13 am Leben. Faktoren, die mit dem Überleben korrelierten, waren ein kurzes Zeitintervall zwischen Ereig- nis und Klinikaufnahme, ein palpa- bler Puls bei Aufnahme, eine nur kurz dauernde Reanimation und der Bedarf von nur geringen Mengen Adrenalin. Keiner der untersuchten

Patienten, die länger als 20 Minuten reanimiert wurden oder die mehr als zweimal Adrenalin erhielten, über- lebte. Von den Überlebenden blie- ben nur die Patienten mit Atemstill- stand ohne neurologisches Defizit, von den Patienten mit Herz-Kreis- laufstillstand (n = 80) überlebten nur sechs, und alle wiesen mehr oder minder schwere neurologische Defi-

zite auf. acc

Schindler MB et al.: Outcome of out-of- hospital-cardiac or respiratory arrest in children. N Engl J Med 1996: 335:

1473–1479.

Dr. Schindler, Pediatric Intensive Care Unit, Great Ormond Street Hospital for Children, Great Ormond St., London WC1N 3JH, Großbritannien.

Herz- und Atemstillstand bei Kindern:

Prognose nicht besser als bei Erwachsenen

Bekannte Einflußgrößen auf den Blutdruck sind Übergewicht, Salzzufuhr und Alkoholkonsum. In- wiefern andere diätetische Faktoren den Blutdruck beeinflussen können, wurde in einer amerikanischen Mul- tizenterstudie untersucht. Bei 459 Erwachsenen mit systolischen Blut- druckwerten unter 160 mm Hg sowie diastolischen Werten zwischen 80 und 95 mm Hg wurden über elf Wo- chen der Blutdruck in Abhängigkeit von speziellen Diäten untersucht.

Zunächst erhielten alle Teilnehmer über drei Wochen eine typische

„amerikanische“ Diät, die wenig Obst, wenig Gemüse, aber Milch- und Fleischprodukte mit einem

hohen Fettanteil enthielt. An- schließend wurden die Teilnehmer über acht Wochen entweder mit ei- ner Diät reich an Obst und Gemüse (Kontrolldiät) oder einer Diät reich an Obst und Gemüse und zusätzlich fettarmen Milchprodukten (Kombi- nationsdiät) ernährt. Die Salzzufuhr sowie das Körpergewicht wurden während dieser Zeit konstant gehal- ten.

Durch die Kombinationsdiät ließ sich der systolische Blutdruck im Mittel um 5,5 mm Hg und der diasto- lische Blutdruck um 3 mm Hg sen- ken, bei der Kontrolldiät war der Ef- fekt nicht so ausgeprägt. Hier zeigte sich eine Reduktion des systolischen

Blutdrucks um 2,8 mm Hg und des diastolischen um 1,1 mm Hg). Der blutdrucksenkende Effekt war bei Hypertonikern (systolisch > 140 mm Hg, diastolisch > 90 mm Hg) ausge- prägter als bei Normotonikern.

Eine Diät reich an Obst und Gemüse sowie fettarmen Milchpro- dukten hat nach Ansicht der Autoren einen vorteilhaften Einfluß auf den Blutdruck. Ihrer Meinung nach sollte dieser Erkenntnis in der Therapie des Bluthochdrucks Rechnung getragen

werden. acc

Appel LJ et al.: A clinical trial of the ef- fects of dietary patterns on blood press- ure. N Engl J Med 1997; 336: 1117–1124.

Dr. Vollmer, Kaiser Permanente Center for Health Research, 3800 N. Kaiser Center Dr., Portland, OR 97227-1098, USA.

Diät kann Blutdruck beeinflussen

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