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Archiv "Reformvorbild Niederlande: Nur bedingt geeignet" (24.03.2006)

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eeindruckt dürften Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU), Gesund- heitsministerin Ulla Schmidt (SPD) und die Fraktionsspitzen der Regie- rungsparteien sein, wenn sie – derzeit noch heimlich – in Richtung Niederlande schielen. Denn dort hat man mit der An- fang des Jahres in Kraft getretenen Re- form den großen Wurf in der Gesund- heitspolitik unternommen (siehe Beitrag in diesem Heft). Ein wenig neidisch dürf- ten Merkel, Schmidt & Co. sogar sein, wenn sie die Umstände beim Zustande- kommen des niederländischen Reform- gesetzes betrachten. Denn „große Auf- merksamkeit hat es weder in den Medien noch bei Ärzten oder Patienten im Vorfeld gegeben“, weiß Dr. Pieter Hase- kamp vom niederländischen „Ministerie van Volksgezondheid“ bei einer Veran- staltung des Bundesverbands Managed Care (BMC) zu berichten. Das habe es leichter gemacht, unpopuläre, aber wirk- same Entscheidungen zu treffen.

Ein Zustand, von dem die Verant- wortlichen hierzulande nur träumen können, wo doch Medien, Ärzte- und Patientenverbände den Politikern ge- nau auf die Finger schauen. Dabei wächst der Druck, die Konzepte der Re- gierungsparteien von Gesundheitsprä- mie und Bürgerversicherung zu verei- nen. Mit einem Mix aus beiden Konzep- ten scheint die niederländische Variante das bisher Unmögliche möglich zu ma- chen. So wird das „Modell Niederlan- de“ bereits von vielen auch zum „Mo- dell Deutschland“ erklärt. Im Nachbar- land wurden alle gesetzlichen Kassen privatisiert. Jeder Versicherte zahlt nun eine Prämie für einen Basisschutz. Hin- zu kommen noch einmal 6,25 Prozent des Gehalts, die vom Arbeitgeber abge- führt werden. Über Zusatzversicherun- gen kann das persönliche Leistungspa- ket aufgestockt werden.

Staat soll nur die Spielregeln bestimmen

Für Deutschland gehen Beobachter da- von aus, dass sich Ministerin Schmidt bei den anstehenden Eckpunkten an der holländischen Variante orientieren wird – auch wenn dies von offizieller Seite noch dementiert wird. Nach Mei- nung von Prof. Dr. Klaus-Dirk Henke

von der Technischen Universität Berlin lässt sich das niederländische System je- doch nicht eins zu eins übernehmen.

Dafür seien die Ausgangspositionen in beiden Ländern zu verschieden.

Tatsächlich gab es in Holland vor der Reform keine freiwillig gesetzlich Krankenversicherten, die zwischen privaten und gesetzlichen Anbietern hätten wählen können. Wer die Ein- kommensgrenze von rund 30 000 Euro überschritt, schied automatisch aus seiner gesetzlichen Kasse aus und konnte sich entweder privat versi- chern oder auf einen Versicherungs- schutz verzichten. Zudem ist die PKV in den Niederlanden anders organi- siert als in Deutschland. Die privaten Anbieter arbeiten dort nicht nach dem Kapitaldeckungsprinzip, sondern prak- tizieren (wie die GKV in Deutschland) das Umlageverfahren. Die Versicher- ten sparen also mit ihren Beiträgen keine Altersrückstellungen an. Damit waren die Unterschiede zwischen den gesetzlichen Kassen und privaten An- bietern geringer als in Deutschland, was die Umsetzung der Reform ver- einfachte.

Trotz der zu erwartenden Schwierig- keiten bei einer möglichen Zusammen- führung von GKV und PKV hält Henke einen einheitlichen Krankenversiche- rungsmarkt für dringend notwendig.

Ähnlich wie in den Niederlanden sei auch in Deutschland eine „Entstaatli- chung der herkömmlichen Gesetzli- chen Krankenversicherung nötig“, so der Gesundheitsökonom bei der Ta- gung des BMC in Berlin. Ein Basis- schutz für alle mit Sozialausgleich wäre die geeignete Lösung. „Denn der Staat sollte im Krankenversicherungsschutz nur die Spielregeln setzen und nicht selbst in die Spielzüge eingreifen“, meint Henke.

In den Niederlanden selbst stößt das deutsche Reformvorbild derzeit jedoch auf wenig Gegenliebe. Rund 85 Pro- zent der Bevölkerung seien mit dem neuen System unzufrieden, sagt Hase- kamp. Die Zustimmung, ist er über- zeugt, werde aber zunehmen, wenn alle Geringverdiener und Großfamilien die staatliche Prämienunterstützung bean-

tragt und ausbezahlt bekommen. Wohl auch deswegen hält sich Hasekamp mit Ratschlägen für Deutschland zurück.

Nur eines gibt er bei der BMC-Veran- staltung den zahlreich versammelten Gesundheitspolitikern mit auf den Weg: Wenn der Moment gekommen ist, „einfach laufen lassen und nicht versuchen, einen Beliebtheitswettbe- werb zu gewinnen“. Dass man in Deutschland mit Gesundheitspolitik einen solchen Preis gewinnen könne, daran glaubt hierzulande ohnehin nie- mand. Samir Rabbata, Timo Blöß P O L I T I K

Deutsches Ärzteblatt⏐⏐Jg. 103⏐⏐Heft 12⏐⏐24. März 2006 AA749

Reformvorbild Niederlande

Nur bedingt geeignet

Wie sich Gesundheitsprämie und Bürgerversicherung in

Deutschland vereinen ließen, kann man in Holland beobachten.

Doch die Ausgangslage in beiden Ländern ist verschieden.

Dr. Pieter Hasekamp vom niederländischen Gesundheitsministerium hält sich mit Rat- schlägen für Deutschland zurück.

Foto:BMC/BILDSCHÖN

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