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Archiv "Gesundheitskarte und Telematikinfrastruktur: Freiwilligkeit ist ein Muss" (19.03.2010)

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A 468 Deutsches Ärzteblatt

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Jg. 107

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Heft 11

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19. März 2010

GESUNDHEITSKARTE UND TELEMATIKINFRASTRUKTUR

Freiwilligkeit ist ein Muss

Die Bundesärztekammer hat ein Verfahren entwickelt, das die Online-Aktualisierung der Versichertenstammdaten ermöglicht, ohne dass der Arzt mit seiner Praxis-IT dazu online gehen muss.

D

ie Entscheidung, ob alle Arztpraxen sich verpflich- tend an die Telematikinfrastruktur anbinden müssen, steht an. Seit No- vember 2009 arbeiten die Gesell- schafter der Gematik – die Organi- sationen der Leistungserbringer so- wie die Spitzenverbände der gesetz- lichen und privaten Krankenkassen – an der seitens der Bundesregie- rung gewünschten Bestandsaufnah- me des Projekts der elektronischen Gesundheitskarte (eGK) und der Tele ma tik infra struk tur. Die Forde- rung nach einer Neuausrichtung hatten die Leistungserbringer be- reits am 1. Oktober 2009 in der Gesellschafterversammlung der Ge- matik beschlossen. Sie fand an- schließend Eingang in den Koaliti- onsvertrag der Regierung.

Zu den im Projekt zwischen Kostenträgern und Leistungserbrin- gern kontrovers diskutierten Posi- tionen zählt insbesondere die Frage der Online-Anbindung der Arzt - praxen: Während die Kostenträger grundsätzlich eine verpflichtende Anbindung der Arztpraxen fordern und diese als Voraussetzung des eGK-Projekts sehen, halten die Or- ganisationen der Leistungserbrin- ger das Prinzip der Freiwilligkeit bei der Online-Anbindung der Pra- xis-IT für unabdingbar.

Systeme mit Patientendaten besonders schützenswert

Dahinter steht die Befürchtung, dass die ärztliche Schweigepflicht durch eine irgendwie geartete Netz- werkverbindung zwischen Patien- tendaten führenden Systemen und einem externen Netzwerk gefährdet wird, auch wenn die Sicherheit der Telematik infrastruktur als sehr hoch bewertet wird. Nach den Dis- kussionen und Beschlüssen der letzten drei Deutschen Ärztetage

kann aus Sicht der Ärzteschaft nur das Prinzip der Freiwilligkeit dafür sorgen, dass sich Anwendungen entwickeln, die einen Nutzen für Ärztinnen und Ärzte darstellen: Ak- zeptanz durch Nutzen ist hier die Richtschnur.

Diese gegensätzlichen Positio- nen haben in den letzten Jahren we- sentlich die Diskussionen der Ge- sellschafter geprägt und auch dazu geführt, dass die Bundesärztekam- mer (BÄK) in der Gesellschafter- versammlung der Gematik im De- zember 2008 gegen den Online- Rollout der eGK gestimmt hat. Vor diesem Hintergrund ist es nicht ver- wunderlich, dass der grundsätzliche

Konflikt – Pflicht versus Freiwillig- keit der Online-Anbindung der Arztpraxen – bei der Bestandsauf- nahme erneut aufbricht.

Die Kostenträger verlangen eine verpflichtende Online-Anbindung der Arztpraxen, um regelmäßig die Online-Prüfung der Kartengültig- keit und die -Aktualisierung der Versichertenstammdaten (VSD) auf der Karte durchführen zu können.

Die Versichertenstammdaten um- fassen zusätzlich zu Verwaltungsin- formationen – Art des Versicherungs- verhältnisses, Name und Anschrift des Versicherten – auch schützens- werte medizinische Daten, nämlich die Angabe über die Teilnahme an einem Disease-Management-Pro- gramm (DMP) und Informationen über eine Zuzahlungsbefreiung.

Die Versichertenstammdaten, die heute schon auf der Kranken- versichertenkarte (KVK) stehen, unterliegen einem Wandel. Nach Auskunft der Techniker-Kranken- kasse müssen derzeit jährlich etwa zehn Prozent aller KVK, beispiels- weise bei einem Wohnortwechsel,

GRAFIK

Zwischenausbau: Keine Online-Verbindung medizinischer Daten

Praxen, die keine medizinischen Anwendungen der Telematikinfrastruktur (TI) nutzen wollen, können sich auf die Gültigkeitsprüfung der eGK und die Online-Aktualisierung der Versichertenstammdaten beschränken. Weil das Praxisnetz (grün) und die TI (rot) physikalisch getrennt sind, muss die eGK allerdings zweimal eingelesen werden.

Aktualisierung der Versichertenstammdaten

Behandlungszimmer

Einlesen der

Versichertenstammdaten

Praxisverwaltungssystem mit medizinischen Daten

Empfang Krankenkasse

Konnektor

Telematik- infrastruktur

Versichertenstamm

erwaltungssystem izinischen Daten

Fotos: Mauritius Images, picture alliance/BSIP

nnektor Aktualisierung der Versichertenstammdat

mdaten mdaten

Praxisnetz

P O L I T I K

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Deutsches Ärzteblatt

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Heft 11

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19. März 2010 A 469 in einem kostenträchtigen Verfah-

ren durch neue Karten ausge- tauscht werden. Hinzu kommen Änderungen der Versicherungs- verhältnisse während eines Quar- tals, die es erfordern, dass Aus- gleichszahlungen zwischen Kran- kenkassen oder auch Sozialämtern durchgeführt werden.

Der Beauftragte für den Bundes- datenschutz hat mehrfach betont, dass die Versichertenstammdaten schützenswert seien und daher technische Vorkehrungen getroffen werden müssten, damit diese Da- ten nicht von jedem Dritten ausles- bar sein könnten. Die Versicher- tenstammdaten auf der heutigen KVK sind mit einem handelsübli- chen Kartenlesegerät einzusehen.

Er fordert daher, dass diese Daten perspektivisch nur noch von einem Berechtigten (Arzt mit einem elek- tronischen Arztausweis beziehungs- weise Praxis oder Krankenhaus mit einer „Institutionenkarte“) ge- lesen werden dürfen.

Die Ärzteschaft wiederum hat ein Interesse daran, dass die KVK und künftig die eGK nicht miss- bräuchlich durch Nichtversicherte genutzt werden und dass bei der Behandlung selbst aktualisierte In- formationen vorliegen, beispiels- weise über die Teilnahme des Versi- cherten an einem DMP.

Technischer Hintergrund der Online-Prüfung

Der Online-Abgleich der eGK sieht vor, dass der Patient beim Be- such der Arztpraxis seine Gesund- heitskarte in das Kartenlesegerät steckt. Daraufhin erfolgt eine Ab- frage bei der zuständigen Kranken- kasse, ob diese Karte gültig und nicht etwa als verloren oder ge- stohlen registriert ist. Zusätzlich wird abgefragt, ob eine Aktualisie- rung der Versicherstammdaten not- wendig ist. Ist das der Fall, werden die neuen Daten auf die Karte auf- gebracht.

An diesen Vorgang stellen die Ärzte drei Anforderungen:

Der Bezug zur Arztpraxis muss unwiderruflich unkenntlich gemacht werden, damit keine Pa- tient-Arzt-Profilbildung möglich ist.

Diese Forderung ist bereits erfüllt.

Der Vorgang muss in einer Zeitspanne ablaufen, die für die Ärzte akzeptabel ist. Den Nachweis müssen die Tests erbringen.

Die Aktualisierung der Versi- chertenstammdaten wird den Arzt- praxen vergütet. Das ist Gegen- stand von Verhandlungen zwischen der gesetzlichen Krankenversiche- rung und der Kassenärztlichen Bun- desvereinigung.

Nachdem das Bundesministeri- um für Gesundheit erkennbar eine verpflichtende Online-Prüfung und -Aktualisierung der elektronischen Gesundheitskarten bei den Leis- tungserbringern anstrebt, haben die Organisationen der Leistungser- bringer einen Vorschlag diskutiert,

bei dem dieser Online-Abgleich physikalisch getrennt vom Praxis- verwaltungssystem möglich ist. Da- mit bleibt die Freiwilligkeit der On- line-Anbindung von IT-Systemen in Arztpraxen erhalten.

Lösungsansatz der Bundesärztekammer

Die Ärzte lehnen eine zwangsweise Online-Anbindung der Praxisverwal- tungssysteme entschieden ab. Auf der Grundlage der Entschließungen des 112. Deutschen Ärz te tages 2009 in Mainz (Kasten) hat die Bundesärz- tekammer folgenden Kompromiss erarbeitet: Danach nutzen Arztpra- xen, die (vorerst) keine medizini- schen Anwendungen der Telematik- infrastruktur (wie zum Beispiel den elektronischen Arztbrief) in An- spruch nehmen wollen, nur die Funk- tionalität der Gültigkeitsprüfung der Gesundheitskarte und die Online- Aktualisierung der Versicherten- stammdaten (Grafik: roter Bereich).

Sie erhalten die gleiche technische Ausstattung – Kartenterminals und Konnektor – wie die Arztpraxen, die medizinische Anwendungen nutzen.

Aus sicherheitstechnischer Sicht besteht durch die physikalische Trennung beider Netzwerke (loka- les Praxisnetz versus Telematikin- frastruktur) keine Gefährdung einer befürchteten unkontrollierten Wei- tergabe medizinischer Daten aus dem Praxisverwaltungssystem.

Nachteilig an diesem Szenario ist für die Arztpraxis und ihre Pa- tienten lediglich, dass die Gesund- heitskarte zweimal gesteckt werden muss: einmal, um die VSD zu prü- fen (roter Bereich im Zwischenaus- bau), und ein weiteres Mal, um die VSD in das Praxisverwaltungssys- tem einzulesen (grüner Bereich).

Sobald diese Praxen von dem Mehrwert und der Sicherheit einer medizinischen Telematikinfrastruk- tur (TI) überzeugt sind, können die bestehenden Praxisverwaltungssys- teme mit der TI über den bereits installierten Konnektor und die vorhandene Online-Anbindung ver- bunden werden. Die Entscheidung hierüber ist und bleibt freiwillig und obliegt dem Praxisinhaber. ■

Norbert Butz Dezernatsleiter Telematik bei der BÄK

112. Deutscher Ärztetag, Entschließung VIII-36, 36 a (Auszug)

5. Online-Anbindung und Schutz der Vertraulichkeit der Patientendaten

. . . Bei der Aktualisierung der Versichertenstammdaten auf der eGK handelt es sich ausschließlich um Verwal- tungsdaten des Versicherten. Diese Daten stehen auch seit Jahren auf der herkömmlichen Krankenversiche- rungskarte. Verändern sich diese Daten, . . . mussten bis- lang die Karten in einem kostenaufwendigen Verfahren neu produziert und dem Versicherten zugestellt werden.

Die elektronische Gesundheitskarte und die Telematikin- frastruktur sind in der Lage, eine Änderung dieser Daten online durchzuführen . . .

Der 112. Deutsche Ärztetag stimmt der Einschätzung zu, dass sich durch dieses Vorgehen Mittel einsparen las- sen, die dringend in der unmittelbaren Patientenversor- gung benötigt werden. Die Aktualisierung der Versicher- tenstammdaten muss jedoch nicht zwangsläufig in jeder Arztpraxis erfolgen können . . .

Unter folgender Voraussetzung ist die Ärzteschaft be- reit, die Online-Aktualisierung der Versichertenstamm- daten auf der eGK durchzuführen:

1. Auch Arztpraxen, die nicht mit medizinischen Daten online gehen wollen, müssen die notwendigen techni- schen Komponenten seitens der gesetzlichen Krankenkas- sen finanziert bekommen, damit die Aktualisierung der Versichertenstammdaten auf der eGK – also einer Online- Anwendung – stattfinden kann, wobei dieser Online-Zu- griff physisch getrennt von den medizinischen Daten im Praxisverwaltungssystem der Arztpraxis stattfinden muss.

Auf diesem Wege wird eine strikte Trennung von Verwal- tungs- und medizinischen Daten gewährleistet.

2. Überführung der freigewordenen Mittel in die direkte Patientenversorgung.

BESCHLUSS DER ÄRZTE

P O L I T I K

Referenzen

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