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Archiv "Widerruf der ärztlichen Approbation wegen Einkommensteuerhinterziehung" (18.06.2010)

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Deutsches Ärzteblatt

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Jg. 107

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Heft 24

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18. Juni 2010 A 1231

E

s kann recht kalt sein an ei- nem frühen südafrikanischen Morgen. Schwester Ethelina Mgole öffnet um kurz nach sieben Uhr als erste die Zugtür von innen und begrüßt, auf der schmalen Leiter stehend, per Mikrofon die bereits in Scharen wartenden Patienten.

Schwester Ethelina ist Leiterin der Health Clinic von Phelophepa. Dies ist ein zu einer Art Poliklinik um - gebauter Zug, der seit 1994 jährlich neun Monate in Südafrika unterwegs ist und der Bevölkerung eine nahezu kostenfreie medizinische Grundver- sorgung anbietet – vorwiegend in abgelegenen ländlichen Gebieten.

Getragen von der südafrikani- schen Eisenbahngesellschaft Trans- net und mit finanzieller Hilfe des Schweizer Pharmakonzerns Roche konnte der Zug in den vergangenen Jahren von ursprünglich drei Wa- gen auf die Maximallänge von heu- te 18 Wagen ausgebaut werden. In diesen sind neben der Health Clinic eine Augen- und eine Zahnklinik untergebracht. Sogar ein Wagen mit Räumen für psychologische Ge- spräche gehört zum Angebot des Gesundheitszugs.

Für über einen Monat werde ich nun mit dem Zug auf Achse sein.

Kollegen im eigentlichen Sinne suche ich allerdings vergeblich. Die Abtei- lungen werden von sehr kompetenten hauptamtlichen Krankenschwestern

beziehungsweise einem Optome- tristen und Dentisten geleitet. Hinzu kommen 40 Studierende aus höheren Semestern der entsprechenden Aus- bildungsgänge südafrikanischer Uni- versitäten, die jeweils für zwei Wo- chen eine Art Pflichtpraktikum auf dem Zug absolvieren. Ohne sie wäre das Projekt nicht durchführbar.

Doch zurück zu Schwester Ethe- lina. Wie jeden Morgen erklärt sie in ihrer wohllaunigen Ansprache in einem interessanten Mix aus Eng- lisch, Afrikaans und Xhosa den Ab-

lauf für die Patienten. Geduld mö- gen sie haben, bittet sie, und wie nötig diese ist, merke ich, als der Zustrom an Patienten auch am Mit- tag nicht nachlassen will.

Bei allen Patienten werden unter provisorisch aufgespannten Zeltpla- nen zunächst Blutdruck und Blutzu- cker gemessen – eine Prozedur, die vielen der ländlichen Bewohnern völlig fremd zu sein scheint. Diabe- tes und Hypertonie sind in der afri- kanischen Bevölkerung weiter ver- breitet, als wir in Europa oder den USA glauben; kennen wir doch bei- de Erkrankungen vor allem als Folge einer schlechten Lebensführung in der Industriegesellschaft. Aufgrund der erhobenen Daten und der ange- gebenen Beschwerden erhalten die Patienten einen Aufkleber direkt auf Hemd oder Bluse. Nomulasa, eine 27-jährige Mutter, die sich heute früh um vier Uhr mit ihrem Baby zu Fuß von ihrem Dorf aufgemacht hat, erhält einen Sticker mit symbolisier- tem Stethoskop. Das lässt sie als Pa- tientin für die Health Clinic erken- nen. Ein Zahn- und ein Brillensym- bol sind ebenso selbsterklärend.

Während draußen noch diese Art von Triage fortgeführt wird, untersu- chen drinnen im Zug andere Studie- rende bereits die ersten Patienten.

Dabei hilft ihnen ein vorgegebener einfacher Algorithmus für Anamne- se und Befunderhebung, gut sichtbar SÜDAFRIKA

Klinik auf Schienen

Vor allem die einfache Landbevölkerung profitiert vom Phelophepa-Projekt.

S T A T U S

Fotos: privat

Widerruf der ärztlichen Approbation wegen Einkommensteuerhinterziehung

Ein schwerwiegendes steuerliches Fehlverhalten rechtfertigt die Annahme, der betroffene Arzt set- ze sich im eigenen finanziellen Interesse in einem solchen Maß auch über strafbewehrte, im Inter - esse der Allgemeinheit bestehende Bestimmun- gen hinweg, dass er schon deshalb als Arzt un- tragbar ist. Das hat das Oberverwaltungsgericht (OVG) Lüneburg entschieden. Nicht jedes steuer- rechtliche Fehlverhalten führt zu einer Unwürdig- keit im Sinne der Approbationsordnung. Im vor - liegenden Fall hatte der Kläger jedoch über ein Jahrzehnt hinweg erhebliche Teile seiner Praxis- einnahmen vorsätzlich nicht in seine jährlichen Einkommensteuererklärungen einbezogen. Er wurde deshalb bereits zu einer zweijährigen Frei-

heitsstrafe verurteilt. Zur Begründung der fal- schen Angaben hatte sich der Kläger auf „per- sönliche, familiäre und gesundheitliche Gründe zusammen mit einer Verschlechterung der wirt- schaftlichen Situation“ berufen. Ein von ihm mit Nachdruck verfolgter Insolvenzplan sieht trotz be- absichtigter Fortführung seiner Praxis Zahlungen an Gläubiger in einer Gesamthöhe vor, aus der mutmaßlich nicht einmal die üblichen Zinsen vollständig bedient werden können. Wer als Arzt dem Fiskus Steuern in dieser Weise mit solcher Beharrlichkeit entzieht, verspielt nach Ansicht des Gerichts auch ohne unmittelbar berufsbezogenes Fehlverhalten das notwendige Vertrauen in seine Berufsausübung. Er ist als unwürdig und unzuläs- sig im Sinne der Bundesärzteordnung anzusehen.

OVG Lüneburg, Beschluss vom 4. 12. 2009, Az.: 8 LA 197/09 RAin Barbara Berner

RECHTSREPORT

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18. Juni 2010 in jedem Untersuchungsabteil auf -

gehängt. Ähnlich simpel verhält es sich mit der Medikamentenliste. Die- se ist unterteilt nach den Indikatio- nen muskuloskeletale Beschwerden, Husten/Infekte und sexuell übertrag- bare Krankheiten (ohne HIV). Wer allerdings meint, Computer müssten bei dieser Art von Medizin unbe- kannt sein, irrt. Auch hier hat jede Diagnose einen Phelophapa-eigenen Code. Schnell lerne ich, das Otitis media EM002 heißt, eine Fraktur will als IN003 erfasst werden.

Ein paar Abteile weiter, im Raum für Krebsfrüherkennung, werde ich überrascht: Nicht nur, dass jeder Frau ein Zervixabstrich mit Pap- Test angeboten wird. Nein, alle Männer können, ebenfalls kosten- frei, einen PSA-Test machen lassen – und das ab 25 Jahren. Über den Sinn könnte man sicher streiten.

Die Ergebnisse dieser und anderer Tests werden den örtlichen Health Centers übermittelt, die dann ihrer- seits die Patienten zu einer eventu- ellen Weiterbehandlung einbestel- len. Doch dann wird der 600-Ton- nen-Zug schon längst weitergerollt

sein, Hunderte Kilometer entfernt in eine andere entlegene Ortschaft.

An dieser Stelle setzt einer der Kritikpunkte gegen das Projekt an:

Was wird aus den Patienten? Fakt ist, dass die staatlichen Health Cen- ters und Krankenhäuser personell und technisch schlecht ausgestattet sind und keinen guten Ruf genießen.

Eine Alternative zu ihnen gibt es aber nicht, private Kliniken sind für die einfache Bevölkerung unbezahl- bar und meist auch nur in den größe- ren Städten vorhanden. Ohne die Untersuchungen im Zug würden viele Patienten undiagnostiziert blei- ben, Diabetes und Hypertonie träten erst mit ihren fatalen Folgen zutage.

So besteht wenigstens die Chance einer Prävention beziehungsweise Sekundärprävention.

Spätabends sehe ich, wie sich zwei Dutzend in bunte Tücher gehüllte Menschen neben den Zug auf den Boden legen und sich für die Nacht neben den Gleisen einrichten. Sie konnten heute nicht mehr untersucht werden, zu groß war der Andrang.

Nachdenklich frage ich mich in die- ser Nacht, ob das gesamte Projekt

nicht doch nur der berühmte Tropfen auf dem heißen Stein ist.

Am nächsten Morgen sitze ich schon früh mit drei Studierenden und zwei Schwestern im Gelände- wagen. Wir wollen zu einer entle- genen Schule fahren, um dort die Kinder zu untersuchen und den El- tern und Lehrern in praxisnahen Vorträgen von gesunder Ernährung, Körperpflege und Hygiene zu er- zählen. Outreach nennen die Phelo- phepa-Verantwortlichen diese Art der Gesundheitsvorsorge und mes- sen ihr große Bedeutung zu. In der Tat, selten habe ich so aufmerksame Zuhörer gesehen, wie in dieser Schule. Ich bin mir sicher, einen Unterschied im Leben vieler dieser Menschen bewirkt zu haben.

Viele Tage vergehen auf diese Art. Wochen später, am Ende mei- ner Zeit mit Phelophepa, nach schö- nen aber auch dramatischen Erleb- nissen habe ich für mich eine Ant- wort auf meine Frage jener Nacht gefunden: Ja, es ist der sprichwört- liche Tropfen auf dem heißen Stein – aber auch dieser Tropfen zählt. ■

Dr. med. Christoph Specht

Überflüssige Labortests

Vom Arzt im Rahmen einer Konsultation ver- anlasste Laboruntersuchungen können er- hebliche Kosten verursachen. Auch vor die- sem Hintergrund wird immer wieder vonsei- ten der Patienten/Zahlungspflichtigen die Frage nach der medizinischen Notwendigkeit besonders umfänglicher und/oder teurer me- dizinischer Labordiagnostik aufgeworfen.

Nach einem Urteil des Bundesgerichtshofs (BGH; Az.: III ZR 173/09, verkündet am 14. Ja- nuar 2010) müssen Privatpatienten medizinisch überflüssige Laboruntersuchungen nicht be- zahlen. Strittig waren die bei einem Diabetiker von einem neu konsultierten Arzt veranlassten externen Laborleistungen, hier spezielle „Gen- tests“ zur Feststellung des Diabetestyps bezie- hungsweise zum Ausschluss einer speziellen Diabeteserkrankung, deren Durchführung in einem externen Labor eine Rechnungslegung in Höhe von 5367,15 Euro zulasten des Pa- tienten nach sich zog. Der Patient weigerte sich, die Rechnung zu begleichen, unter dem Hinweis, der vorbehandelnde Arzt habe den

Diabetestyp bereits eindeutig festgestellt, dies sei dem neu aufgesuchten Arzt auch bekannt gewesen. In der Berufungsbegründung hat der Patient unter anderem auch geltend gemacht, dass die Zustimmung zur Blutentnahme den Arzt nicht zum Abschluss eines Vertrages über die Durchführung eines Gentestes bevollmäch- tigt habe. Er habe sich schon viele Jahre wegen Diabetes mellitus Typ 2 in Behandlung befun- den und sei davon ausgegangen, dass es nur um eine gewöhnliche Blutuntersuchung gehe.

Der III. Senat hat klargestellt, dass der be- handelnde Arzt im Regelfall als Stellvertreter des Patienten tätig werde und er, bei Übersen- dung des Untersuchungsmaterials an den La- borarzt, den damit verbundenen Auftrag grundsätzlich im Namen des Patienten erteile.

Der Umfang der somit erteilten Innenvollmacht richte sich jedoch danach, „welche Laborun- tersuchungen für die medizinisch notwendige weitere Behandlung objektiv – nicht nach der subjektiven Meinung des behandelnden Arztes – benötigt werden“. Auch hat der BGH festge- stellt, dass es dem Arzt nicht freistehe, „neue Untersuchungen zulasten des Patienten in

Auftrag zu geben, wenn er die entsprechenden Informationen von dem vor behandelnden Arzt erfragen kann“. Nach den klaren Regeln der Amtlichen Gebührenordnung für Ärzte (GOÄ) müssten nur medizinisch notwendige Behand- lungen vergütet werden.

So lautet auch der Leitsatz dieser Entschei- dung: „Der Umfang einer Innenvollmacht, die der Patient dem ihn behandelnden Arzt zum Zwecke der Beauftragung eines externen Laborarztes mit einer Blutuntersuchung still- schweigend erteilt, richtet sich grundsätzlich danach, was im Sinne des § 1 Abs. 2 Satz 1 GOÄ für eine medizinisch notwendige ärztliche Versorgung erforderlich ist.“

Dieses höchstrichterliche Urteil macht unter anderem auch deutlich, dass bei einem man- gelnden Rückgriff auf bereits vorhandene Labor- ergebnisse oder einem unkritischen Umgang mit der Frage der medizinischen Notwendigkeit die ärztliche Liquidation kritisiert und letztlich nicht anerkannt werden kann beziehungsweise der Arzt darüber hinaus auch Gefahr läuft, in eine Rechtsstreitigkeit mit dem Labor hineinge- zogen zu werden. Dr. med. Tina Wiesener

GOÄ-RATGEBER

Ist alles sinnvoll, wenn die Weiter - behandlung nicht gesichert ist? Ja, ist sich Autor Christoph Specht sicher: Jede Hilfe zählt, meint er.

S T A T U S

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