Spektrum der Woche Aufsätze • Notizen
Ärztemangel im Bundesgrenzschutz
nen keine fachliche Leistungsan- forderung an den Truppenarzt dar- stellen. Die Rotlichtlampe bedient ein Wachtmeister ganz gut. Die Kollegen müssen dazu beispiels- weise 17 Jahre in einer A-14-Stelle auf eine Beförderung warten.
Das ist heute alles anders: Die Jahrgänge um 1920 scheiden in wenigen Jahren aus. Das Pensi- onsalter liegt bei 60 Jahren. Wenn das Innenministerium weiterhin wie früher Arztnachwuchs sucht, wird es die Lücke nicht schließen. In ganz wenigen Jahren wird der BGS wenige, einen oder gar keinen akti- ven Sanitätsoffizier im Dienst ha- ben. Der letzte könnte dann etwa 42 Jahre alt sein und sich für die höchste Stelle — Oberstarzt A 16
— ohne nachgeordnete Sanitätsof- fiziere oder für den direkten Dienst in einer Abteilung zum Wohle der BGS-Beamten entscheiden. Als Chef fehlen ihm die Ärzte, als Arzt die Geräte. Üblicherweise verfügt ein BGS-Sanitätsoffizier nicht über ein EKG-Gerät, ein Photometer und ein Röntgengerät. Eichgesetz mit Qualitätssicherung und Röntgen- verordnung bleiben nur den nieder- gelassenen Ärzten vorbehalten.
Nun hat der Kollege in der Truppe allerdings einen großen „Vorteil".
Er hat Gelegenheit zu Nebenein- nahmen durch Vorsorgeuntersu- chungen oder Vertretungen nachts und sonntags bei praktischen Ärz- ten. Damit wird er sein spärliches Gehalt mit Pensionsanspruch eben verdoppeln können. Mit dieser Art Einkommensverbesserung findet sich kein Arzt, der jetzt leicht eine eigene Praxis eröffnen oder auch seine Facharztweiterbildung be- treiben kann, für den Dienst im BGS. Mit diesem Trick (Geld durch Nebentätigkeit) wird sich kaum ein Kollege als Sanitätsoffizier anwer- ben lassen. Und doch wird so ge- worben.
Die Kollegen wollen Arzt und Offi- zier sein. Hier liegt nun wiederum die innere Struktur des BGS im ar- gen. Zu häufig scheiden schon jün- gere Offiziere aus dem Dienst aus.
Der Akademiker ist bei den Trup-
penoffizieren allenfalls als Offizier geduldet. Ein pensionsreifer Haupt- mann nimmt sich das Recht her- aus, Truppenärzte zurechtzuwei- sen. Der Wunsch, dem Offiziers-
„Korps” anzugehören, wird fast
„gnädig" angenommen. Und immer noch — leider — untersteht der Oberstabsarzt dem Major als Kom- mandeur. Haben die Verantwortli- chen im Bundesinnenministerium den gravierenden Ärztemangel planmäßig betrieben (s. o. Ver- tragsarztwesen), oder muß man sich fragen, ob sie ihrer Fürsorgepflicht gerecht wurden?
Ein weiterer schwerwiegender Aspekt ist zu beachten: Wehrpsy- chologisch besteht jedenfalls ein offensichtlicher Fehler: Die sozial- psychologische Strukturierung der zwischenmenschlichen Beziehun- gen im Rahmen des formalen Or- ganisationsplanes der BGS-Ver- bände fehlt. Hierzu sind Vertrags- ärzte eben keine Lösung. Junge Ärzte wollen als Offiziere aner- kannt werden. Verdienstmöglich- keiten, Weiterbildung zum Facharzt und fachliche Betätigung werden ihnen überall weit besser geboten.
Eine echte Alternative hierzu kann der BGS nicht bieten. Die Struktur ist überliefert.
Es sieht fast so aus, daß sich in wenigen Jahren der letzte noch tä- tige BGS-Arzt als Oberstarzt im Mi- nisterium 18 Jahre Zeit nehmen kann, die Strukturen zu verändern, was ihm als geduldigem Offizier wohl kaum gelingen kann. Dem kleinen Rest an Ärzten im BGS bleibt für 1975 fast nur noch eine Aufnahme von Sanitätsoffizieren in den BGS in großzügiger Weise.
Ausländische Ärzte werden nicht eingestellt werden können. Jeden- falls steht meines Erachtens fest:
Die sozialpsychologische Struktu- rierung der zwischenmenschlichen Beziehungen im Rahmen des for- malen Organisationsplanes der Verbände wird sich nicht so leicht ändern Die DDR-Minen sind eine große Gefahr.
Der Name des Verfassers ist der Redaktion bekannt.
AUS DEM BUNDESTAG
Sieben Notarztwagen der Bundeswehr
Der Sanitätsdienst der Bundeswehr unterhält bei den Bundeswehrkran- kenhäusern in Amberg, Gießen, Hamburg, Koblenz und Osnabrück je einen und in Ulm zwei Notarzt- wagen. Der Parlamentarische Staatssekretär des Bundesverteidi- gungsministeriums, Karl-Wilhelm Berkhan, teilte dazu auf Anfrage des CDU-Abgeordneten Richard Ey mit, daß diese Notarztwagen der Bundeswehr zwischen 40- und 120- mal monatlich im Einsatz seien. Zu 95 Prozent dienten diese Einsätze der Rettung von zivilen Notfallpa- tienten. Mit Ausnahme der Städte Amberg und Osnabrück, wo derzeit die personellen oder materiellen Vorausetzungen auf der zivilen Sei- te fehlten, sei durch enge Zusam- menarbeit zwischen den Trägern des zivilen Rettungsdienstes und der Bundeswehr eine befriedigen- de Lösung für die 24stündige Ein- satzbereitschaft der Notarztwagen der Bundeswehr gefunden worden.
Berkhan wies darauf hin, daß
Not- arztwagen
nur dann sinnvoll ge- nutzt werden könnten, wenn ihr Einsatz rund um die Uhr sicherge- stellt sei. Die Bundeswehr allein sei dazu nicht in der Lage.Kein genereller Verzicht auf
Pockenschutzimpfung
Die Bundesregierung ist in Über- einstimmung mit dem Bundesge- sundheitsrat der Auffassung, daß die Pockensituation in der Welt es noch nicht erlaubt, ganz auf die Pockenschutzimpfung zu verzich- ten. Die Aufhebung der gesetzli- chen Erstimpfpflicht für Kleinkinder sei jedoch vertretbar. Ein entspre- chender Gesetzentwurf werde zur Zeit mit den Ländern und Verbän- den abgestimmt. Diese Auskunft erteilte der Parlamentarische
Staatssekretär des Bundesgesund- heitsministeriums,
Fred Zander, auf Anfrage der CSU-Abgeordneten Frau Ursula Schleicher.976