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Archiv "PSYCHOTHERAPIE: Nur leere Worte?" (02.01.1975)

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Spektrum der Woche Aufsätze • Notizen

Allgemeinmedizin

chen sind es über 90 Prozent (zum Beispiel im Bereich der KV Frei- burg nach Schrömbgens 91 Pro- zent), aber auch in der Großstadt Hamburg ist die Hausbesuchstätig- keit zu 87 Prozent (von 295 000 wa- ren es 256 000) die Domäne der Allgemeinärzte.

Die Notfallbehandlung (Beratungen außerhalb der Sprechstunden, dringende Besuche am Tage, Bera- tungen und Besuche bei Nacht und an Sonn- und Feiertagen) erfolgte im größten Teil des Bundesgebie- tes zu rund 70 Prozent durch Allge- meinmediziner.

Auch Vorsorge-Untersuchungen werden in großem Umfang in Allge- meinpraxen durchgeführt. Rund die Hälfte aller gesetzlich vorgeschrie- benen Früherkennungsmaßnahmen bei Männern z. B. findet in allge- meinärztlichen Praxen statt.

Anteil der Ärzte

für Allgemeinmedizin oder praktischen Ärzte

an der Gesamtärzteschaft

Die Gesamtzahl der Ärzte im Bun- desgebiet (einschließlich Berlin) beträgt nach der Ärztestatistik 1973 rund 125 300. Davon sind rund 112 000 in ihrem Beruf tätig. Von den fast 51 000 in freier Praxis nie- dergelassenen Ärzten sind 27 600 Allgemeinärzte oder praktische Ärzte. Das heißt, daß in der Bun- desrepublik fast jeder vierte be- rufstätige Arzt als Allgemeinarzt oder praktischer Arzt arbeitet und mehr als jeder zweite niedergelas- sene Arzt Allgemeinpraktiker ist.

Die ärztliche Behandlung weiter Kreise der Bevölkerung liegt damit in Händen von Allgemeinärzten. In vielen Ländern der Erde ist der All- gemeinmediziner die einzige Arzt- gruppe von zahlenmäßiger Bedeu- tung.

In Zukunft wird weltweit weiterhin ein erheblicherBedarf an allgemein- ärztlich tätigen Medizinern beste- hen. Auch in Ländern mit hochent- wickelten Gesundheitssystemen

hat sich in den letzten Jahren ein gewisser Mangel an Allgemeinärz- ten bemerkbar gemacht. Bei vor-

sichtiger Beurteilung lassen jedoch die Zahlen der Neuniederlassun- gen junger Kollegen als Allgemein- ärzte in allerjüngster Zeit einen Tendenzumschwung erhoffen. Um einen grundlegenden Wandel zu ei- ner überall ausreichenden Versor- gung der Bevölkerung mit Allge- meinärzten herbeizuführen, ist es jedoch unbedingt erforderlich, daß bereits der Medizinstudent mit den grundlegenden Besonderheiten der allgemeinärztlichen Tätigkeit ver- traut gemacht wird.

Literatur beim Verfasser Anschrift des Verfassers:

Dr. med. Hans Hamm Arzt für Allgemeinmedizin Lehrbeauftragter für Allgemein- medizin an der Universität Hamburg 21 Hamburg 90, Alter Postweg 20

Briefe an die Redaktion

PSYCHOTHERAPIE

Mit der ambulanten Versorgung psy- chisch Gestörter, vor allem mit einigen Honorar-Aspekten, beschäftigt sich die folgende Zuschrift. Die Redaktion hält die angesprochenen Fragen für diskus- sionswert, wenn sie auch die Auffas- sung des Verfassers nicht ganz teilt (was bei Leserbriefen im übrigen immer mal vorkommen kann), weil die Dinge doch ein bißchen komplizierter sind, als der Verfasser sie sieht; daher an- schließend ein kurzes Nachwort der Kassenärztlichen Bundesvereinigung.

Nur leere Worte?

Unstrittig ist, daß gerade ambulant für psychisch Gestörte viel mehr geschehen könnte. Die Öffentlich- keit hallt wider von Forderungen und Absichtserklärungen in dieser Richtung. Seit Jahren bieten sich in früher ungeahntem Ausmaß wirksamere und relativ sehr wirt- schaftliche Möglichkeiten ambulan- ter Behandlung einerseits durch Psychopharmaka, Antiepileptika, andererseits durch die überwie- gend in den Kompetenzbereich der Psychologie fallende Verhaltens- therapie, Kommunikationstherapie und Gesprächspsychotherapie.

Hierdurch werden Krankenhausein- weisungen immer seltener notwen- dig.

Demgegenüber wird jedoch die Ar- beit in den genannten, aussichts- reichen Therapie-Bereichen weiter- hin systematisch kassentechnisch erschwert und entmutigt. Als Bei- spiel hierzu wenige Ziffern der BMÄ:

740 — „Eingehende psychiatri- sche Untersuchung" ... DM 10,70 (plus etwa 40 Prozent). Eine solche Untersuchung dauert durchschnitt- lich etwa 50 Minuten. Eine Abtren- nung von der neurologischen Un- tersuchung wäre erforderlich und eine Vergütung von 60 DM unbe- dingt angebracht (bei stündlichen Praxisunkosten von etwa 40 DM).

2558 — „Psychiatrische Behand- lung ..." 8 DM (plus 40 Prozent) 2559 — „Therapeut. Verhaltens- modifikation, mindest. 20 Min." ...

8 DM (plus 40 Prozent). Die beiden letzten Ziffern sind bei einer Vergü- tung unter 20 DM völlig unreali- stisch.

Dies reicht schon zur Abschrek- kung junger Ärzte, die eine psych- iatrische Fachweiterbildung erst gar nicht anstreben werden, weil die Möglichkeit, frei niedergelas- sen, d. h. nicht „nachgeordnet" zu arbeiten, noch kaum gegeben ist.

Auf dieser Basis besteht kei- ne Aussicht, die psychiatrisch-psy- chotherapeutische Versorgung si- cherzustellen. Aber unsere Kolle- gen der Kassenärztlichen Bundes- vereinigung verharren im wesentli- chen in lmmobilismus und ignorie- ren seit Jahren die vom Berufsver- band Deutscher Nervenärzte und von anderer Seite kommenden In- formationen. Man ignoriert Mög- lichkeiten, die Zahl der niederge- lassenen Nervenärzte zu erhöhen und ihre Effizienz auf psychiatri- schem Gebiet zu steigern.

Die Bundesregierung scheint die wirksamsten Möglichkeiten, psy- chisch Kranken bzw. Gestörten ambulant zu helfen, außer acht zu lassen. In der sogenannten Enquete-Kommission haben nie-

36 Heft 1 vom 2. Januar 1975 DEUTSCHES ÄRZTEBLATT

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Spektrum der Woche Aufsätze • Notizen

BRIEFE AN DIE REDAKTION

dergelassene Nervenärzte bezeich- nenderweise praktisch keine Stim- me. Für die kassentechnische Ab- rechnung erfolgversprechender neuer Therapiemethoden durch niedergelassene Diplompsycholo- gen fehlt immer noch ein brauch- barer Modus.

Dr. J. P. Klärner Facharzt für Psychiatrie Psychotherapie

56 Wuppertal 2

Friedrich-Engels-Allee 432

2

Die Vertragsabteilung der KBV nimmt dazu Stellung: „Die Kassen- ärztliche Bundesvereinigung hat in den letzten zehn Jahren gerade auf dem Sektor der Psychiatrie und Psychotherapie erhebliche Arbeit geleistet und über die Ersatzkas- sen-Adgo sowie über die Analogen Bewertungen zur GOÄ bzw. zum BMÄ Honorarverbesserungen ge- schaffen, um eine bessere Versor- gung der psychiatrisch bzw. psy-

chisch Kranken und eine Besser- stellung der Neurologen und Psychiater zu erreichen. Dies ge- schah weitgehend in guter Zusam- menarbeit mit dem Vorstand des Berufsverbandes der Nervenärzte."

Dr. Nienhaus

BEGUTACHTUNG

Zu den Ausführungen von Dr. Hans Grimm in Heft 44/1974, Seite 3181 ff.

Argumente gegen den gemein- samen sozialärztlichen Dienst 1. Schon Befund und Diagnose sind höchstens dann für alle So- zialleistungsträger gleich, wenn sämtliche Einzelheiten mit aufge- nommen werden, auch die für die jeweilige Fragestellung unbedeu- tenden. Das ergäbe eine für die weitaus meisten Fälle ganz über- flüssige Ausweitung nicht nur der Untersuchungszeit, sondern auch

der Diktier- und Schreibarbeit.

Vollends verschieden muß aber die Anamnese sein. Zum Beispiel in der gesetzlichen Rentenversiche- rung ein genaues Eingehen auf das Arbeitsleben und die Verhältnisse am letzten Arbeitsplatz erforderlich.

2. Es ist unmöglich, jedenfalls in der Rentenversicherung, einen Rentenbewerber nach fremden Aufzeichnungen gerecht zu beur- teilen, ohne sich mit ihm über sei- ne Beschwerden bei der Arbeit, die Umstände der Arbeitsaufgabe und die Arbeitsbedingungen und Lei- stungsanforderungen am letzten Ar- beitsplatz selbst unterhalten zu ha- ben. Eine Fülle von Befunden er- setzt nicht den persönlichen Ein- druck.

3. Wie soll eine ärztliche Tätigkeit

„attraktiver" werden, wenn sie nur Anamnese, Befund und Diagnose umfaßt, während die Beurteilung, die eigentliche geistige Leistung, anderen vorbehalten bleibt?

4. Wenn in der für den Rentenbe- werber wichtigen Frage des Aus- scheidens aus dem Erwerbsleben nur eine einzige Untersuchung stattfindet, muß er sich viel mehr

„ausgeliefert" vorkommen, als wenn mehrere Untersucher zu dem gleichen Ergebnis kommen. Abge- sehen von schweren und eindeuti- gen Fällen erhebt sich diese Frage doch ohnehin erst nach mehrmali- gen vertrauensärztlichen Untersu- chungen.

5. Wozu überhaupt eigene groß- räumige medizinische Untersu- chungszentren der Sozialleistungs- träger, wenn Doppeluntersuchun- gen vermieden werden sollen? Bei einem Leiden, das sich nicht bes- sern will und zur Aufgabe der Er- werbstätigkeit zwingt, sind ja be- reits von den behandelnden Ärzten oder Vertrauensärzten die notwen- digen diagnostischen Maßnahmen, Untersuchungen in Kliniken, Kran- kenhäusern und bei Fachärzten veranlaßt worden. Bei klaren Fällen dagegen sind Diagnosezentren überflüssig.

Dr. med. Hartwig Dannenberg 65 Mainz 42

Georg-Büchner-Straße 34 Mitteilung an die Basis!

Heute abend um 23 Uhr hält unser prädestinierter Stamobumser- Genosse und Medizinstudent der RotzmedGruppe 2. Semester im Ärzteladen einen antiautoritären Diskussionsabend ab.

Thema: "Mit der Lues leben"

mit Vorführung lustiger Beispiele. Wir legen Wert darauf, daß alle Kommunen mit ihren 4-jährigen Kindern erscheinen, zumal sie am letzten Mittwoch so viel Freude hatten am Thema: Laß Dir auch eins wegmachen. Farbspritzdosen werden gestellt.

Wir verwahren uns gegen den gleichzeitig laufenden Vortrag von Althalbgott Dr. Hörrohr über die Oben-Ohne-Arzthelferin in der CDU-Klinik in der Astlochstraße.

Der Informationsvorsprung des Ärztemonopolkapitalismus muß endlich gebrochen werden, indem wir kollektive Analysen nor- mengerecht und verbal präjudizieren.

Die Versuche zu adäquaten Prämissen der Monopol-Ärzte können nur repressiv sein!

Es lebe der sozialistische Heuschnupfen und - Fachärzte für das linke Ohr vereinigt Euch!

Basisgruppe Zungenbelag

Nachempfunden und der Redaktion als „Eingesandt" übermittelt von:

Dr. med. Fritz Schwerdtfeger, Mathildenstraße 8, 65 Mainz

38 Heft 1 vom 2.Januar 1975 DEUTSCHES ÄRZTEBLATT

Referenzen

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