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Archiv "Vergewaltigung: Wirkungsprofil klären" (22.03.2013)

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A 560 Deutsches Ärzteblatt

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Heft 12

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22. März 2013

VERGEW ALTIGUNG

Zwei katholische Kölner Krankenhäu- ser haben eine ver- gewaltigte Frau ab- gewiesen (DÄ 6/

2013: „Behandlung von Vergewalti- gungsopfern: Moral gegen Patienten- wohl?“ von Birgit Hibbeler und Gisela Klinkhammer und DÄ 4/2013: „Randno- tiz: Keine Spur von Nächstenliebe“ von Birgit Hibbeler).

Seit Pius IX.

Wenn die katholische Kirche einem Vergewaltigungsopfer die „Pille da- nach“ verweigert, so hat das mit Moral absolut nichts mehr zu tun, sondern mit unverstandener Ideolo- gie fundamentalistischer Katholiken vom Schlage Dr. Lohmann und an- derer. Denn hier missachtet die ka- tholische Kirche nicht nur das Wohl der Patientin, sondern auch gött - liche Moral.

Das Missverständnis stammt von Pius IX. aus dem 19. Jahrhundert.

Denn als die Biologie entdeckt hat- te, dass menschliches Leben mit der Befruchtung der Eizelle durch ein Spermium beginnt, zog Pius IX., der für moderne wissenschaft- liche Erkenntnisse höchst aufge- schlossen war, die damals theolo- gisch korrekte Schlussfolgerung, dass mit der Befruchtung der Ei- zelle gleichzeitig auch die Besee- lung erfolgen müsse. Bis dahin galt die aus der Antike stammende und vom heiligen Augustinus (354 bis 430) als Kirchenlehre übernomme- ne strenge Unterscheidung zwi- schen der amorphen, unbeseelten Leibesfrucht der ersten Schwan- gerschaftswochen, die deshalb auch abgetrieben werden durfte, und dem menschenähnlichen, be- seelten Fetus, der damit auch das Recht auf Leben und den Schutz der Kirche besaß. Mit seiner Bulle Apostolicae Sedis verwarf Pius IX.

1869 das Jahrtausende alte, prakti- kable Kirchenrecht und ersetzte es durch ein bis heute umstrittenes embryonales Lebensrecht, ein striktes Abtreibungsverbot . . . und stürzte Millionen Frauen in Gewis- sensbisse.

Inzwischen wissen wir, dass der Sitz der Seele weder in den Chro- mosomen noch im schlagenden Herzen, sondern im Nervengewebe unseres Gehirns liegt. Menschliche Einzeller und selbst Embryonen im Morulastadium können noch gar keine Seele haben und sind daher auch noch keine menschlichen We- sen, wie seither immer wieder be- hauptet wird, sondern lediglich bio- logische Wesen mit menschlichen Chromosomen.

Im Gegensatz zu aufgeschlossenen katholischen Theologen, wie bei- spielsweise Karl Rahner, der eben- so eine Sukzessivbeseelung favori- siert wie die moderne Biologie, hat sich das römische Lehramt seit Pius IX. nicht mehr bewegt und nichts mehr dazugelernt . . . Mutwillig leugnet die katholische Kirche nicht nur die wissenschaftliche Erkennt- nis, sondern verschließt sich auch der Lebenswirklichkeit der Men- schen . . .

Hoffen wir, dass der neue Papst die Zusammenhänge klarer erkennt und die Vernunft tatsächlich wieder mit dem Glauben zusammenführt.

Prof. Dr. Dr. Hans E. Müller, 38126 Braunschweig

Wirkungsprofil klären

Nach der Entrüstungswelle über die von Kölner Klinikärzten er- folgte Abweisung einer vergewal- tigten Frau, die sich zunächst in die kassenärztliche Notdienstpra- xis begeben und dort ein Rezept über die „Pille danach“ erhalten hatte, hält Prof. Henke eine be- rufsethische Überprüfung des Ver- haltens der Ärztinnen respektive Kliniken für erforderlich. Die Staatsanwaltschaft dagegen sieht keinen Anlass für eine Ermittlung, da nur die „Spurensicherung“ ab- gelehnt wurde. Henke begrüßt die

„jüngste Kurskorrektur des Kölner Kardinals“ im Blick auf die Ver- ordnung von Levonorgestrel und Ulipristalacetat. In deren noch im- mer nicht geklärten Wirkungswei- se – dies als Einwand gegen die Ausführung von Prof. B. Toth – drängt sich mir die Notwendigkeit der umfassend möglichen Darstel- lung des vollständigen Wirkungs- profils der Pillen Levonorgestrel

und Ulipristal auf. Im Interesse der Wissenschaft sollte sich die Redaktion unseres geschätzten Standesblattes die Wiedergabe wissenschaftlich kompetenter, um- fassender und sachlicher Studien zur Wirkungsweise der beiden Stoffe zur vorrangigen Aufgabe machen. Denn auch eine „hoch- wahrscheinliche“ Verneinung der Nidationshemmung stellt nicht je- des Gewissen zufrieden, weder das der schwer gekränkten Frau noch das ihres Arztes, wenn die Frage noch möglicher Tötung eines Menschen – hier an seinem Le- bensbeginn – nicht vollständig aufgeklärt ist.

Dr. med. Dr. theol. h. c. Maria Overdick-Gulden, 54293 Trier

Moralisches Handeln

Wir sind von der Nachrichtenindus- trie, ob in Printmedien, Radio, Fernsehen oder Internet gewohnt, dass oft keine Zeit und keine Res- sourcen für sorgfältige Recherche vorhanden sind beziehungsweise den Journalisten zugestanden wer- den . . . Dass aber in „unserem“

DÄ, wo Sachverstand beileibe reichlich vorhanden ist, auch noch drei Wochen nach dem „Skandal“

um zwei katholische Krankenhäu- ser in Köln keine vollumfängliche Darstellung der belegten Fakten ge- bracht wird, sondern im Stil Be- richt und Kommentar vermischt werden, kann nicht unwiderspro- chen bleiben!

(s ging um Dokumentation, nicht um Verordnung der Pille da- nach, denn die hatte die junge Frau schon (wie Sie richtig schreiben).

Die Dokumentation konnte die fragliche Klinik nicht leisten, da sie nicht im ASS-Verbund ist. Eine An- nahme der telefonisch angekündig- ten Patientin wäre so, als wenn ich ein Polytrauma-Opfer annehme, ob- wohl ich weder ein Intensivbett noch einen Neurochirurgen im Dienst habe!

Sie schreiben, eine Verordnung der „Pille danach“ müsse so orga- nisiert werden, „dass die Patientin nicht zusätzlich belastet werde“.

Das war ja nie der Fall! Durch ei- nen weiteren Telefonanruf bei ei-

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Z K s g g 2 v gungsopfern: Moral

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22. März 2013 ner anderen Klinik wurde viel-

leicht die Kollegin in der Notfall - ambulanz, nicht aber die Patientin belastet: Sie stand ja nicht vor der Kliniktür und wurde wegge- schickt, wie es glauben gemacht wurde!

Sind Sie sich sicher, dass dem

„Patientenwohl“ der Frau am meisten gedient ist, wenn sie eine Abtreibung schnell und ohne viel Aufhebens bekommt? Braucht sie nicht viel mehr intensive Beglei- tung, Gespräche, auch um die Fra- ge, was mit dem Kind wäre, so sie wirklich schwanger wäre? Oft sind die Vergewaltigenden keine Frem- den, sondern Männer aus dem Umfeld. Wie steht die Frau im weiteren zu ihnen? Will sie Anzei- ge erstatten, ja oder nein? Und will sie vielleicht sogar dem Kind das Leben schenken? Dies ist nicht so unvorstellbar, wie es ger- ne glauben gemacht wird! Das ist moralisches Handeln, nicht die schnelle Abspeisung der Frau mit einer Pille! . . .

Wir haben unter der Ärzteschaft vielfältige ethische und religiöse Überzeugungen. Das darf, ja muss in unserer pluralen Gesellschaft auch so sein! . . .

Wenn in den Medien zwei katholi- sche Krankenhäuser und die dort arbeitenden Kollegen in den letzten Wochen ohne Kenntnis der Details äußerst heftig kritisiert wurden, sollte sich das DÄ hinter unsere Kollegen stellen, anstatt sich der Schelte aus Halbwissen anzuschlie- ßen! Es gab keinen Skandal außer der Medien-Hetze!

Prof. Dr. Dr. Hans Pistner, Dr. Ines Pistner, 99094 Erfurt

Leichtfertig und unkritisch

. . . In den überwiegenden Fällen geht es bei der „Pille danach“ nicht um die Problematik einer Verge- waltigung – bei der das Leid der betroffenen Frau unbedingt ernst zu nehmen ist und auch die Abgabe durchaus differenziert gesehen wer- den kann –, sondern um „Verhü- tungspannen“ oder ungeschützten Geschlechtsverkehr. Und hier ist in der Tat zu fragen, ob nicht zum ei-

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