V A R I A
A
A2332 Deutsches Ärzteblatt⏐⏐Jg. 103⏐⏐Heft 36⏐⏐8. September 2006
Z
um „Zielleistungsprinzip“heißt es in § 4 Absatz 2a der Amtlichen Gebühren- ordnung für Ärzte (GOÄ):
„Für eine Leistung, die Be- standteil oder eine besondere Ausführung einer anderen Leistung nach dem Ge- bührenverzeichnis ist, kann der Arzt eine Gebühr nicht berechnen, wenn er für die andere Leistung eine Gebühr berechnet. Dies gilt auch für die zur Erbringung der im Gebührenverzeichnis aufge- führten operativen Leistun- gen methodisch notwendigen Einzelschritte.“
Um eine Befriedung bei dieser Problematik herbeizu- führen, ist die Bundesärzte- kammer (BÄK) bestrebt, ent- weder im Zentralen Konsul- tationsausschuss für Gebüh- renordnungsfragen (mit dem Verband der privaten Kran- kenversicherung e.V., einem Vertreter des Bundesgesund- heitsministeriums und der Bei- hilfe) oder im Ausschuss „Ge- bührenordnung“ der BÄK Ab- rechnungsempfehlungen im Interesse aller Beteiligten zu
erarbeiten, bei denen un- selbstständige Teilschritte un- ter der jeweiligen Zielleistung beziehungsweise unter einer einzigen Gebührenposition subsumiert, jedoch fakulta- tive, im Einzelfall notwendi- ge Zusatzleistungen als sepa- rat berechnungsfähig gekenn- zeichnet werden.
Insbesondere beim Hallux valgus wird von den Versi- cherungsunternehmen häufig behauptet, dass bei der Ope- ration des Hallux valgus zwin- gend die Nr. 2297 „Operation des Hallux valgus mit Ge- lenkkopfresektion und an- schließender Gelenkplastik und/oder Mittelfußosteoto- mie einschließlich der Lei- stungen nach den Nrn. 2295 und 2296“ angesetzt werden müsse, ungeachtet der Tatsa- che, dass es heute circa 50 ver- schiedene Verfahren gibt, die je nach Art und Umfang der
Erkrankung und Ziel der Operation in Kombination oder einzeln eingesetzt wer- den. Dabei wird die her- kömmliche gelenkresezieren- de Methode nach Keller-Bran- des, die durch die Nr. 2297 GOÄ beschrieben wird, heu- te nur noch sehr selten an- gewendet. Die neueren Ver- fahren (wie nach Akin, Scarf, oder Shevron) zielen beson- ders darauf ab, das Großze- hengrundgelenk zu erhalten und die physiologische Stel- lung des Großzehs wieder- herzustellen.
Unter Beachtung dieser neuen Techniken hat der Aus- schuss „Gebührenordnung“
der BÄK im Jahr 2002 Ab- rechnungsempfehlungen her- ausgegeben (DÄ, Heft 45/
2002 oder www.bundesaerz tekammer.de/Themen A bis Z Gebührenordnung Abrech- nungsempfehlungen und Ana-
logbewertungen/Beschlüsse des Ausschusses „Gebühren- ordnung“/Chirurgie, Orthopä- die/Neuere Operationstech- niken bei Hallux valgus). Die- se Abrechnungsempfehlungen wurden kürzlich vom Bun- desgerichtshof (Az.: III ZR 217/05 vom 16. März 2006) be- stätigt: „. . . Dass die Osteoto- mie eines kleinen Röhrenkno- chens – einschließlich Osteo- synthese – (nach Nr. 2260 GOÄ) nicht als ein metho- disch notwendiger operativer Einzelschritt der in Nr. 2297 beschriebenen Operation an- zusehen ist, ergibt sich mit- telbar auch aus einem Be- schluss des Ausschusses ,Ge- bührenordnung‘ der Bundes- ärztekammer. . .“
Das ist ein Urteil zum „Ziel- leistungsprinzip“, das zeigt, dass dieses Thema in der Rechtsprechung erfreulicher- weise zunehmend differen- zierter betrachtet wird als noch vor zwei bis drei Jahren und die Beschlüsse des Ausschus- ses „Gebührenordnung“ als korrekt und zielführend zitiert werden. Dr. med. Anja Pieritz
Hallux valgus
Zielleistungsprinzip
GOÄ-Ratgeber