Durch das Instrument des Gebührenrahmens bietet die Amtliche Gebührenordnung für Ärzte (GOÄ) die Mög- lichkeit, besondere Umstän- de bei der Leistungserbrin- gung, wie den erhöhten Schwierigkeitsgrad oder er- höhten Zeitaufwand, als ge- bührensteigernden Faktor zu berücksichtigen (§ 5 Abs. 2 GOÄ).
Gebührensteigernde be- sondere Umstände im Sinne von § 5 Abs. 2 GOÄ können aber nicht geltend gemacht werden, wenn es sich hierbei nicht um einen durch den in- dividuellen Behandlungsfall verursachten, sondern um ei- nen methodisch-technisch be- dingten, der Leistung imma- nenten besonderen Aufwand handelt – auch dann nicht, wenn der Einsatz der „beson- deren“ Methode mit erhöh- ten Kosten einhergeht.
Bereits 1994 hat das Nie- dersächsische Oberverwal- tungsgericht im Zusammen- hang mit einer Entscheidung über die Vaginalsonographie, die damals noch nicht im Ge- bührenverzeichnis enthalten war, dargelegt, dass Umstän- de, die für eine bestimmte ärztliche Leistung typisch sind, „begrifflich“ keine be- sonderen Umstände im Sinne von § 5 Abs. 2 GOÄ sein kön- nen. Da diese Besonderhei- ten zur Methode zählen, be- dürfen sie keiner Begründung im Einzelfall. Die Vaginalso- nographie geht methodisch bedingt mit einem im Ver- gleich zur Abdominalsono- graphie erhöhten Aufwand bei der Lagerung der Patien- tin sowie mit der Verwendung einer speziellen, zusätzliche Kosten verursachenden Va- ginalultraschallsonde einher.
Sind die neuen, „besonde- ren“ Untersuchungs- oder Behandlungsvarianten noch nicht in der GOÄ berücksich- tigt, so muss – so das Nieder-
sächsische Oberverwaltungs- gericht – das Gebührenver- zeichnis geändert werden (Urteil vom 1. Februar 1994, Az.: 5 L 2971/93).
Wie ist aber bis zu die- sem Tage X mit den im Ver- gleich zu den älteren Lei- stungen besonderen neueren Untersuchungs- und Behand- lungstechniken zu verfahren?
Müssen diese unterschieds- los im Sinne einer „beson- deren Ausführung“ nach § 4 Abs. 2 a GOÄ jeweils einer bereits vorhandenen Leistung des Gebührenverzeichnisses zugeordnet werden, oder ist nicht in manchen Fällen die Änderung der Ausführungs- technik so substanziell, dass die Bildung einer Analogbe- wertung – solange die Schaf- fung einer neuen adäqua- ten Gebührenposition auf dem Verordnungsweg auf sich warten lässt – gerecht- fertigt?
Offensichtlich sah das Oberverwaltungsgericht Nie- dersachsen im Fall der Va- ginalsonographie Handlungs- bedarf, andernfalls hätte es nicht die Schlussfolgerung ge- zogen, dass das Gebühren- verzeichnis erweitert werden müsse. Der Ausschuss Ge- bührenordnung der Bundes- ärztekammer sieht dies – al- len derzeitigen Angriffen ei- niger privater Krankenversi- cherungen zum Trotz – unter anderem auch gegeben im Fall der Videosystem-gestüt- zen Untersuchung von Mut- termalen (Abrechnungsemp- fehlung der Bundesärztekam- mer: analog Nr. 612), die im Vergleich zur Auflichtderma- toskopie nach Nr. 750 mit der Anschaffung einer völlig an- deren Technologie einhergeht und darüber hinaus erwei- terte diagnostische Optionen einschließlich einer verbes- serten Verlaufskontrolle er- möglicht.
Dr. med. Regina Klakow-Franck
Deutsches ÄrzteblattJg. 100Heft 365. September 2003 AA2323
V A R I A
Besondere Umstände, besondere Ausführung
GOÄ-Ratgeber