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Archiv "Sambia: Livingstone und der donnernde Rauch" (28.08.2006)

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raune Buschlandschaft, ockergelbe Steppe, ein blaues Band, das plötzlich in weißem Rauch verschwindet.

Dann ist die Maschine aus Jo- hannesburg auch schon über das Weltwunder der Natur hinweg- geflogen und sicher in Living- stone gelandet. Sambia, Simb- abwe, Botswana und Namibia grenzen hier am Sambesi anein- ander, aber nur zwei Länder ha- ben direkten Zugang zu den Fäl- len. Bis vor drei Jahren hat sich die Zahl der Touristen um die Victoriafälle zwischen Simb- abwe und Sambia in etwa gleich verteilt. Doch seit Präsident Mugabe die weißen Farmer und andere Volksgruppen verfolgen lässt, bleiben die Touristen im Sambesi Falls National Park aus. Die Hotelanlagen in Simb- abwe stehen leer, und auch der grenzüberschreitende Tagestou- rismus ist fast vollständig zum Erliegen gekommen. „That Mu- gabe, he eats alone“, werfen die fliegenden Händler vor der Brücke, die den sambesischen mit dem simbabwischen Teil der Fälle verbindet, ihrem Präsiden- ten vor. Essen teilen in der Not, das ist der älteste afrikanische Traum, den Mugabe nach An- sicht vieler verraten hat. Mit der Enteignung der weißen Farmer

habe er dem Land geschadet – vor allem, um sich zu berei- chern. So kommen im Septem- ber 2005 nur noch die Elefanten wie immer um diese Zeit über die Grenze. Die Touristen blei- ben in Sambia.

Livingstone liegt acht Kilo- meter von den Fällen entfernt und hat seine Existenz dem

„donnernden Rauch“ zu verdan- ken. Folgerichtig heißt die Hauptstraße Mosi oa Tunya, und die rund 100 000 Einwohner zählende Stadt selbst ist nach dem Entdecker des Wasserfalls benannt. Post und Bank, der Bus- bahnhof, ein paar Kolonialbau- ten mit ihren abbröckelnden Fas- saden, wo unter schattigen Arka- dengängen Safaris, Rafting- und Bootstouren angeboten werden – das Zentrum von Livingstone ist überschaubar, und das ist auch gut so bei der großen Hitze. Im Museum kann man für ein paar Kwacha die Entdeckungsge- schichte der Fälle nachvollzie- hen. Auf der Suche nach den Nil- quellen erreichte David Living- stone 1855 die große Abbruch- kante am Sambesi. Von der Mbu- si-Insel blickte er als erster Weißer in die brodelnde Tiefe, ohne dass ihm der Schlamm von emsigen schwarzen Händen von den Füßen gewaschen wurde, wie es sich heutige Luxusausflügler dort in email- lierten Badewannen gefallen las- sen. Drei Jahre später hatte der durch Tropenkrankheiten bereits niedergestreckte Afrika-For- scher das Rätsel des Nils noch immer nicht gelöst, wurde dafür selbst vom Sensationsreporter Stanley in einer aufwendigen Suchaktion weiter flussaufwärts gefunden und mit dem zum ge- flügelten Wort für britisches Un- derstatement gewordenen Satz begrüßt: „Mr. Livingstone, I pre- sume.“

Die einzige asphaltierte Straße Livingstones leitet an ei- nem von Elefanten niederge- trampelten Dorf vorbei aus dem Sambesi-Tal heraus zur Haupt- stadt Lusaka. In entgegengesetz- ter Richtung führt sie neben der von Buschgras überwucherten Eisenbahnlinie zu den Victo- riafällen. Zuerst ist es nur so ein Gefühl, hervorgerufen durch ein immer bedrohlicher werdendes Grollen und weißen Rauch über

den Baumwipfeln: das Gefühl, am großen Wasser zu sein. Dann öffnet sich der dichte Regenwald und gibt den Blick frei auf Fels- wände, Wasserfontänen, Gischt.

Auf einer Breite von zwei Kilo- metern rauscht der mächtige Sambesi, begleitet von Regenbö- gen, über 100 Meter tief in eine Schlucht. Wenn der Fluss in der V A R I A

A

A2256 Deutsches Ärzteblatt½½Jg. 103½½Heft 34–35½½28. August 2006

Fotos:Roland Motz

Sambia

Livingstone und der

Eine Reise zu den Victoriafällen

Reise

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Regenzeit mehr als 500 Millio- nen Liter Wasser je Minute über die senkrechte Abbruchkante in die Tiefe kippt und sich in einen röhren-

den Hexenkessel verwandelt, steigt die Gischtwolke 300 Meter aus dem „Boiling Pot“. Aber auch jetzt im September werden wir nass bis auf die Haut. Immer-

hin sind die von Livingstone auf den Namen der englischen Köni- gin Victoria getauften Katerakte doppelt so breit und hoch wie die Niagarafälle. Mosi oa Tunya, Rauch mit Donner, wie die Ein- heimischen das Naturwunder nannten, ist einer der aufregend- sten Plätze Afrikas. Wer einmal abends beim Sundowner im Royal Livingstone in Sichtweite der Fälle unter einer Rotbuche am Sambesi gesessen hat, während die Elefanten am ande- ren Ufer grasen und sich die Flusspferde träge zwischen den zahlreichen Inseln fläzen, fühlt sich auch ohne neuzeitlichen Fir- lefanz wie Bungee-Sprung von der Victoria-Falls-Brücke oder Candle Light Dinner auf der Af- rican Queen dem Paradies sehr nahe.

Traumatisiertes Simbabwe Um das andere Gesicht Afrikas zu sehen, muss man weder in das traumatisierte Simbabwe noch über die Grenze nach Bots- wana fahren, wo die Schulen halbleer stehen, weil die Eltern die wenigen Cents für das Es- sensgeld nicht aufbringen kön- nen. Bereits mitten im Zentrum von Livingstone zwischen den Matutu- Haltestellen für die Sammeltaxis und dem großen Maramba-Markt beginnen die Elendsviertel. „Es ist immer dasselbe. Die Eltern sterben an Aids, Großeltern und Verwand- te können keinen weiteren Mund durchfüttern“, beklagt die resolute Leiterin des Lubasi-Waisenhauses das Schicksal der ihr anvertrauten Kinder. Die südafrikanische Hotelgruppe Sun International unterstützt mit Geld- und Sachs- penden die Waisen- und Alters- heime der Stadt. Der seit 2001 mit tausend Angestellten größte Arbeitgeber Livingstones will sich damit auch die Zustim- mung der Bevölkerung für den aus ökologischen Gründen um- strittenen Bau zweier Hotels in Sichtweite der Fälle sichern.

Nur noch aus „skin and bones“

bestehend, würden die Kinder das Heim erreichen, so wie Julia und Diana, die vor Wochen am Bahnhof mit einem Zettel um den Hals von Sozialarbeitern aufgefunden wurden, ausgesetzt

von ihrer Mutter, die schnell auf den abfahrenden Zug nach Lu- saka gesprungen war. „Jetzt la- chen sie wieder, sogar viel, aber etwas Trauriges hat sich für immer in ihren Blick eingegraben“, sagt Lady Mok- wema, „sie vertrauen nieman- dem, weil sie so oft enttäuscht worden sind in ihrem kurzen Le- ben.“ Es gibt Bohnen zum Ba- botie, dem Rindfleischgericht mit Minze und Curry, zu dem wir eingeladen sind. „Es ist bes- ser, sein Baby wegzuwerfen als Bohnen“, ruft uns die Leiterin des Waisenhauses ein altes afri- kanisches Sprichwort zum Ab- schied hinterher. Gleichmut, Ironie und Lebenskraft unter schwierigsten Bedingungen – auch das ist Afrika.Roland Motz V A R I A

Deutsches Ärzteblatt½½Jg. 103½½Heft 34–35½½28. August 2006 AA2257

Sambia: Vicotriafälle, vor 150 Jahren entdeckt

Auskunft Anreise

Mehrmals täglicher Direktflug von Johan- nesburg nach Livingstone, Flug- und Bus- verbindung (sieben Stunden) nach Lusaka.

Unterkunft: The Royal Livingstone. Unter anderem bei der TUI, Airtours und Dertour oder direkt unter www.suninternational.

com buchbar. Das am Ufer des Sambesi innerhalb des Mosi Oa Tunya Wildlife Parks in Sambia liegende luxuriöse Hotel verfügt über 170 Zimmer im afrikanischen Kolonialstil – ein geradezu paradiesischer Ort in Sichtweite der Victoriafälle.

Zambezi Sun

Auch das preiswerte 3-Sterne-Hotel in Sichtweite der Fälle gehört zu der südafri- kanischen Hotelkette Sun International.

Literatur

Henning Mankell – Das Auge des Leopar- den, Zsolnay-Verlag 2004, 21,50 Euro;

Reisen in Sambia und Malawi, Ilona Hupe-Verlag, 23,90 Euro. N Reise-Tipps

donnernde Rauch

Referenzen

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