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Archiv "Krankenhaus der Zukunft: Standardisierung schafft Freiräume für Investitionen" (06.08.2007)

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A2180 Deutsches Ärzteblatt⏐⏐Jg. 104⏐⏐Heft 31–32⏐⏐6. August 2007

T H E M E N D E R Z E I T

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enn der Standortwechsel ei- nes Druckers zwei Räume weiter innerhalb der Radiologie das Krankenhaus 5 000 Euro kostet, muss etwas faul sein im System. So geschehen in den alten Räumlich- keiten der Asklepios-Klinik Barm- bek (vormals ein Haus der Hambur- ger LBK-Kliniken) vor dem Umzug in einen Neubau Anfang 2006. Der Grund dafür lag darin, dass im Radiologieinformationssystem die Internet-Protokoll-Adresse des Ge- räts als eindeutige Adresse im Netz- werk fest verdrahtet war und daher nicht einfach als Teilsegment eines anderen Netzwerks genutzt werden konnte. „Das sind Dinge, die gehen nicht“, erklärt Jörg Focke, Leiter des Innovationcenters der Asklepios- Kliniken und Sprecher des „As- klepios Future Hospital (AFH)“- Programms. Um diese Defizite und Medienbrüche in der technischen In- frastruktur grundsätzlich anzuge- hen, hatte der private Klinikkonzern zusammen mit den Industriepart-

nern Microsoft und Intel bereits An- fang 2005 das AFH-Projekt konzi- piert, das nun schrittweise mit weite- ren Partnern umgesetzt wird. „Me- dienbrüche führen einerseits zur Verkürzung der Information, die wei- tergegeben wird, andererseits zu ei- nem Effizienzverlust und betreffen sowohl die Qualität als auch die Wirtschaftlichkeit der Versorgung“, erläutert Focke. „Eines der ersten Ziele war daher eine interoperable medienbruchfreie Kommunikation zwischen allen Leistungserbringern.“

Zweckbau mit Hightech Die Probe aufs Exempel begann Anfang 2006, als sich mit dem Um- zug des zuvor auf viele Gebäude verstreuten LBK-Klinikums Barm- bek die Chance bot, informations- technische und organisatorische In- novationen zu erproben. Zwar ist der Neubau mit rund 670 Betten kein architektonisches Juwel, son- dern mutet eher schlicht und zweck- mäßig an. Innen jedoch findet man

eine informationstechnische Infra- struktur, die sich sehen lassen kann.

Ansatz der Veränderungen war zunächst die Standardisierung der IT-Infrastruktur im Informations- technik-Migrationsprojekt „OneIT“.

OneIT-Projekt

Im Krankenhausumfeld werde zwar vieles unter IT-Standardisierung ver- kauft, „aber so konsequent, wie wir es hier gemacht haben, hat sich das noch niemand getraut“, meint Focke. So hat man zunächst in Barmbek und dann in allen übrigen Kliniken des LBK Hamburg – mit rund 1 600 Ärzten und 6 000 Pflege- kräften der größte zusammenhän- gende Klinikverbund in Europa – ei- ne einheitliche Plattform für sämtli- che Kliniken geschaffen, um Admi- nistration und Zusammenarbeit der Fachbereiche zu vereinfachen. De- zentrale Strukturen wurden durch ei- nen zentralen Verzeichnisdienst er- setzt, heterogene Systeme und Da- teninseln beseitigt. Nur noch ein Re- chenzentrum ist für alle Asklepios- Häuser in Hamburg zuständig und verwaltet das zentrale Datenarchiv, das monatlich um rund ein Terabyte wächst (das entspricht einer Million Megabyte oder auch 1 000 Giga- byte). Insgesamt wurden rund 25 Prozent der vorhandenen 5 000 Com- puterarbeitsplätze ausgetauscht, die Zahl der Server von 120 auf 20 ver- ringert, ebenso die Zahl der Soft- wareapplikationen von deutlich mehr als 200 auf 150 gesenkt. Zuvor wa- ren in den Fachabteilungen häufig unterschiedliche Softwareprodukte mit derselben Funktionalität im Ein- satz. Jede Applikation erfordert je- doch Wartung und Know-how. „Ge- rade das sind versteckte Kostentrei- KRANKENHAUS DER ZUKUNFT

Standardisierung schafft Freiräume für Investitionen

Im „Future Hospital“- Programm erprobt der Asklepios-Konzern, wie sich mit Infor-

mationstechnik Behandlungs-, Management- und Kommunikationsprozesse

optimieren lassen. Das Projekt hat Modellcharakter auch für andere Krankenhäuser.

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Deutsches Ärzteblatt⏐⏐Jg. 104⏐⏐Heft 31–32⏐⏐6. August 2007 A2181 ber, die man mit einer Standardisie-

rung beseitigen kann“, so Focke.

Dies stößt nicht immer auf Gegen- liebe bei den Anwendern, denn diese müssen zugunsten der Gesamtarchi- tektur auch Kompromisse eingehen und sich eventuell von lange ge- wohnten Speziallösungen verab- schieden. Aber: „Wir brauchen das ,Big Picture‘. Lösungen, die heute ins Krankenhaus eingebracht wer- den, müssen sich in dieses einfügen lassen, andernfalls sind sie fürs Krankenhaus ungeeignet“, ist Focke überzeugt. Ein Architekturboard prüft und entscheidet, welche Soft- warelösung am besten geeignet ist und über die Schnittstellen nahtlos in die Kommunikationsinfrastruktur passt. Zwar muss nicht jedes Haus der Klinikkette, das eine abweichen- de Software einsetzt, diese sofort ab- lösen. Doch im Hinblick auf künfti- ge Investitionen oder neue Projekte sind die Entscheidungen des AFH- Gremiums für alle Häuser des Kon- zerns bindend. Ähnliche Bemühun- gen um Standardisierung sind auch im Bereich der medizintechnischen Geräte und der Schnittstellenanbin- dung an die klinischen Informati- onssysteme erforderlich. Durch Ko- operation mit anderen privaten Kli- nikbetreibern will Asklepios in Zu- kunft den Druck auf die Hersteller erhöhen, damit diese proprietäre Produkte interoperabel gestalten.

Schneller Datentransfer Eine wesentliche Komponente der IT-Infrastruktur in Barmbek ist ein drahtloses Hochgeschwindigkeits- netzwerk (WLAN), das den stand- ortübergreifenden schnellen Zugriff auf die elektronische Patientenakte des Klinikums ermöglicht. Die Vor- teile weiß Dr. med. Siegbert Faiss, Chefarzt der Gastroenterologie, zu schätzen: „Das Krankenhaus ist schnelllebiger geworden: Alle Da- ten zu einem Patienten, Laborwerte, Endoskopiebefunde, Röntgenbilder, Pathologie und Mikrobiologie, sol- len zeitnah an einem Ort – sprich:

beim Patienten – zur Verfügung ste- hen. Das ist hier umgesetzt. Wenn ich beispielsweise weiß, dass eine Patientin um zwölf Uhr ins CT geht, dann schaue ich um 12.30 Uhr im

Rechner nach und kann mir bereits Bilder und Befund des Radiologen ansehen.“ Über Tablet-PCs stehen Krankenakten, Labordaten, Befun- de, Arzneimittelverordnungen und Röntgenbilder auch direkt am Kran- kenbett zur Verfügung. „So kann ich bei der Visite dem Patienten sein Röntgenbild zeigen und ihm den Befund erläutern“, sagt Faiss.

Die Bilddaten aus der Radiologie werden unkomprimiert über das leistungsfähige Netzwerk übertra- gen und sind über das Krankenhaus- informationssystem (KIS) in der Pa- tientenakte aufrufbar. Die Radiolo- gie profitiere in besonderem Maß davon, dass sämtliche Daten nur

noch digital produziert würden, meint Dr. med. Roland Brüning, Chefarzt des Röntgeninstituts. Er sieht die Radiologen in erster Linie als Dienstleister für die anderen Fachbereiche, die er mit schneller

„Zuarbeit“ unterstützt. Seine Be- funde diktiert der Radiologe per Spracherkennung direkt ins System.

Eine Schreibkraft ist allenfalls noch für stilistische oder Rechtschreib- korrekturen erforderlich. Für den Radiologen erhöht die effiziente Verknüpfung von Bild und Befund nicht nur die Schnelligkeit, sondern auch die Qualität, weil der interdis- ziplinäre fachliche Austausch unter- stützt wird. Über Verfahren wie Te- lekonsilien und Teleradiologie las- sen sich darüber hinaus auch kleine- re Häuser der Kette anbinden und kostengünstig mit Know-how von Spezialisten versorgen.

Eine weitere technische Neue- rung ist die automatisierte Echtzeit- visualisierung von dokumentierten Informationen mittels Dashboard- Technologie. Zunächst wurden Dashboards – Großbildschirme, die über die HL7-Schnittstelle mit dem KIS verbunden sind – in der zentra- len Notaufnahme des Klinikums er- probt. Angebracht über den Fluren, ermöglichen sie dort den Ärzten und Pflegekräften einen schnellen Überblick über die Belegung und er- leichtern die Zuweisung von Patien- ten in den richtigen Behandlungs- raum. Auf dem Monitor sind über farbige Kennzeichnungen belegte und freie Betten auf dem Grundriss- plan der Notaufnahme ablesbar, die mit anonymisierten Patientendaten hinterlegt sind. In einer Skala von 1 (lebensbedrohlich) bis 5 (unkritisch) wird eine Ersteinschätzung ange- zeigt. Weitere Symbole geben bei- spielsweise an, ob ein Befund einge- troffen oder eine Reinigung erfor- derlich ist. Derzeit wird an einer Ausdehnung dieser Technologie auf den OP-Bereich und die Stationen gearbeitet, um auch dort Informatio- nen schneller zur Verfügung zu stel-

len und wertvolle Zeit einzusparen, die etwa für die Suche nach Geräten oder Patienteninformationen verlo- ren geht. Als nächste Entwicklungs- stufe wird die Integration der draht- losen Funktechnologie RFID (Radio Frequency Identification) für das Geräte- beziehungsweise Inventar- tracking getestet. Mit Funketiketten Hinter einer nüch-

ternen Fassade (oben der Eingangs- bereich) verbirgt sich eine innovative IT-Infrastruktur.

Über Dashboards können die Mitar- beiter wichtige In- formationen „im Vorbeigehen“ auf- schnappen und weiterverarbeiten (rechts).

Eines der ersten Ziele war die medienbruchfreie Kommu- nikation zwischen allen Leistungserbringern.

Jörg Focke

Fotos:Asklepios

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A2182 Deutsches Ärzteblatt⏐⏐Jg. 104⏐⏐Heft 31–32⏐⏐6. August 2007 lassen sich beispielsweise Medizin-

produkte, wie etwa Blutkonserven, kennzeichnen und diese sicher den jeweiligen Patienten zuordnen.

Auch die Patientenidentifikation und -ortung innerhalb des Klini- kums wäre künftig über Armbänder mit integriertem Funkchip erleich- tert denkbar.

Ein anderes Projekt beschäftigt sich mit der Optimierung von Kran- kenbetttransporten. Die Transporteu- re empfangen über WLAN auf PDAs (Personal Digital Assistants) mehre- re Aufträge ohne Priorisierung. Zu jeweils vier Zeitpunkten müssen sie den jeweiligen Status eines Trans- ports elektronisch erfassen: beim Eintreffen des Transporteurs auf der Station, bei der Übernahme des Pati- enten, beim Eintreffen am Ziel und bei der Übergabe des Patienten an das medizinische Personal. Auf diese Weise hofft man, Schwachpunkte innerhalb des Transportprozesses leichter aufspüren und beseitigen zu können. Auch dieser Ablauf könnte künftig per Dashboard visualisiert werden, sodass der Aufenthaltsort ei- nes Patienten zu jedem Zeitpunkt ab- rufbar wäre.

Arztportal

Im zweiten Halbjahr 2007 fällt dar- über hinaus der Startschuss für den Echtbetrieb des Arztportals, über das auch die elektronische Fallakte (eFA) pilotiert werden soll. Die eFA ist ein Gemeinschaftsprojekt der privaten Klinikketten und der Deut- schen Krankenhausgesellschaft, mit dem diese die fallbezogene sektor- übergreifende Kommunikation zwi- schen unterschiedlichen Leistungs- erbringern vorantreiben wollen. In einem ersten Schritt werden 100 niedergelassene Ärzte in Hamburg –

zunächst über ein Portal im Internet, später direkt aus ihrer Praxisverwal- tungssoftware heraus – auf die elek- tronischen Krankenakten zugreifen können, um etwa Arztbriefe, Befun- de, Laborergebnisse und Diagnosen ihrer Patienten abzurufen oder selbst Dokumente einzustellen. Für den sicheren Datenzugriff erhalten sie eine Chipkarte (die später durch

den elektronischen Arztausweis er- setzt wird), ein Kartenlesegerät und eine PIN. „Vor allem die Niederge- lassenen haben ein großes Interesse daran, auf die Krankenhausdaten zuzugreifen, etwa, um sich bei der Arzneimittelverordnung abzusi- chern“, betont Focke. Das Portal soll den Informationsfluss zwischen Krankenhaus und niedergelassenen Ärzten erheblich verbessern. Ärzte erhalten mehr Befunde als früher.

Dem Patienten werden darüber hin- aus unnötige Doppeluntersuchun- gen erspart.

Eine erste Wirtschaftlichkeits- rechnung, die Asklepios zusammen mit den Partnern Intel und Microsoft an der Klinik Barmbek nach knapp einem Jahr durchgeführt hat, hat selbst die Initiatoren des Projekts überrascht: Nach dem Total-Cost-of- Ownership(TCO)-Modell, das auch

„versteckte“ Kosten wie Schulungen und Ausfallzeiten der IT berücksich- tigt, sind die Aufwendungen je Ar- beitsplatz durch die Standardisierung um 36,7 Prozent gesunken. „Für ein Haus der Maximalversorgung addie- ren sich die Einsparungen leicht auf siebenstellige Beträge jährlich“, sagt Uwe Pöttgen, Leiter Zentrale Diens- te IT und Mitinitiator des AFH-Pro- gramms. So hatte die Klinik in Barm- bek trotz einer 62-prozentigen Stei- gerung der IT-Durchdringung beim Umzug in den Neubau nur eine Kos- tensteigerung von 3,8 Prozent zu ver- zeichnen, weil die Kosten für Unter- halt und Betrieb (Maintenance) durch das OneIT-Projekt deutlich ge- senkt werden konnten. Auf der Basis des Konzepts können sich Investitio- nen in eine neue Infrastruktur weit schneller amortisieren als in rund zwei Jahren, von denen Experten bis zum Erreichen der Gewinnschwelle in der Regel ausgehen. Einsparungen können direkt wieder in Innovatio- nen fließen.

Auch auf die medizinische Routi- ne in der Klinik wirkt sich das Mo- dell effizienzsteigernd aus: So konn- te beispielsweise die Dauer, inner-

halb derer Radiologieaufnahmen einschließlich Befunde für den be- handelnden Arzt verfügbar sind, um 89 Prozent gesenkt werden. Der Zeitaufwand, um benötigte Patien- tendaten in der Intensivmedizin zu- sammenführen, hat sich halbiert.

Vor diesem Hintergrund soll OneIT jetzt schrittweise in allen 90 Häusern des Konzerns umgesetzt und auch darüber hinaus vermarktet wer- den. Man stoße auf sehr großes In- teresse bei anderen Klinikbetrei- bern, versichert IT-Manager Focke.I Heike E. Krüger-Brand Die Standardisie-

rung der Medizin- technik,beispiels- weise im OP-Saal, ist die nächste große Herausforde- rung (oben).

Mittels Tablet-PCs (rechts) stehen Pati- entendaten genau dort zur Verfügung, wo sie gerade benötigt werden.

Alle Daten zu einem Patienten sollen zeitnah an einem Ort – beim Patienten – zur Verfügung stehen.

Siegbert Faiss

T H E M E N D E R Z E I T

Foto:Intel

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