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Archiv "Vergütung der Krankenhausärzte zwischen Recht und Politik" (29.01.1981)

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Spektrum der Woche Aufsätze • Notizen

henden Komplikationen (Infekt, aseptische Knochennekrose) sind unbedingt aufklärungspflichtig. Ein peinlich steriles Vorgehen ist ebenso selbstverständlich wie eine strenge Indikation für Kortisoninjek- tionen. In diesem Rahmen hat die Gutachterkommission für ärztliche Behandlungsfehler bei der Ärzte- kammer Nordrhein-Westfalen eine Warnung herausgegeben (Rheini- sches Ärzteblatt, 11, 1978). In den von uns bearbeiteten Fällen galt als fehlerhaft einmal (es kam zu einem Gelenksinfekt) die mangelnde Auf- klärung, in einem anderen Fall die unzulänglichen Vorkehrungen zur Asepsis. Im Falle einer Periarthritis humeroscapularis wurde die Indika- tionsstellung zur Kortisoninjektion für zu weit angesehen, da die Er- krankung auf degenerativen und nicht auf entzündlichen Vorgängen beruht.

Urologie

Auf urologischem Gebiet fehlte zweimal eine Indikation zur Nephro- pexie, da diese einmal bei einer Pye- lonephritis falsch und zum anderen bei leichter Nephroptose nicht erfor- derlich war. Die unterlassene Aufklä- rung über geringe Erfolgschan- cen einer Harninkontinenzoperation nach transvesikaler Prostata-Ade- nom-Exstirpation führte in einem weiteren Fall zu einer vergleichswei- sen Regelung. Gleichfalls fehlerhaft waren die Verkennung einer neuro- genen Blasenentleerungsstörung sowie die Durchführung einer Bla- seninfekttherapie ohne Erreger- nachweis.

Kritische Betrachtung der operativen Behandlungsfehler

Es entstanden besonders viele Feh- ler bei der Behandlung des Bewe- gungsapparates. Das ergibt sich daraus, daß 27 -Prozent aller ermittel- ten Behandlungsfehler der Unfall- chirurgie und Orthopädie anzula- sten waren. Sie machen demnach mehr als die Hälfte aller chir- urgischen (operativen) Behand-

Arzthaftpflichtfragen

lungsfehler aus, die in ihrer Gesamt- heit 52 Prozent erreichten.

Für die Unfallchirurgie ist die Fehler- quote jedoch weitaus höher anzu- setzen, wofür es mehrere Gründe gibt: Unfallverletzte werden in das nächste Unfallkrankenhaus, häufig ein städtisches Krankenhaus, einge- liefert. Da diese Häuser nicht am Schlichtungsverfahren teilnehmen, können entsprechende Fälle in un- sere Aufstellung keinen Eingang fin- den. Allein 29 Prozent aller Anträge, die an den Kommunalen Schaden- ausgleich verwiesen wurden, er- streckten sich auf den Vorwurf feh- lerhaften Vorgehens auf unfallchir- urgischem Gebiet. Ein weiterer Grund für höchst lückenhafte Erfas- sung der bemerkenswert häufigen unfallchirurgischen Behandlungs- fehler dürfte in der Tatsache liegen, daß Unfallverletzte meist von einer Versicherung eine Rente oder Ent- schädigung erhalten, so daß ein Fehler in der Behandlung zu einer höheren Entschädigung, nicht aber zu einem Antrag an die Schlich- tungsstelle führt. Weiterhin finden verständlicherweise alle Arbeitsun- fälle, die über die Berufsgenossen- schaften entschädigt werden, hier keine Berücksichtigung.

Zusammenfassung

Die vorstehenden Ausführungen stellen eine erste kritische Auswer- tung des Schlichtungsgutes unter rechtlichen und ärztlichen Gesichts- punkten dar. Eine einigermaßen ver- bindliche Übersicht konnte noch nicht gewonnen werden. Diese soll einer Auswertung aufgrund eines weiteren Zeitabschnittes vorbehal- ten bleiben.

Anschriften der Verfasser:

Dr. med. W. Berner,

Unfallchirurgische Klinik der Medizi- nischen Hochschule Hannover;

Professor (em. o.) Dr. med. E. Trost- dorf, Ministerialrat a. D.

Dr. jur. R. Vogel

beide: Schlichtungsstelle für Arzt- haftpflichtfragen der norddeutschen Ärztekammern

Postfach 5443, 3000 Hannover 1

THEMEN DER ZEIT

Vergütung der Krankenhausärzte zwischen

Recht und Politik

Rudolf Lehming

Die Vergütung ärztlicher Lei- stungen im Krankenhaus be- schäftigt nicht nur Kranken- hausträger, Interessenverbän- de und Gutachter, sondern auch höchste Gerichte, am meisten das Bundesarbeitsge- richt (BAG) 1 ). Schuld daran sind unklare Gesetzestexte, entstanden aus politischen Zielkonflikten der Parlamente des Bundes und der Länder.

Durch bestechend klare Definitio- nen und logisch zwingende Schlüs- se hat nicht zuletzt Professor Dr.

Uwe Diederichsen, Juristisches Se- minar der Universität Göttingen, den Gesetzesnebel zu lichten versucht.

Im Auftrag der Deutschen Kranken- hausgesellschaft (DKG), Düsseldorf, hat er ein Rechtsgutachten vorge legt, das sich seitenweise wie ein Kommentar zum Krankenhausfinan- zierungsgesetz (KHG) und zur Bun- despflegesatzverordnung (BPfIV) liest2).

Nicht jeder wird allen Wegen folgen können, die der Gutachter durch den Dschungel gesetzlicher Bestim- mungen gebahnt bat. Als erster hat der 5. Senat des BAG Bedenken ge- gen eine Rechtsauffassung ange- meldet, die dem Gutachter zuge- schrieben wird: „Nach dessen An- sicht eröffnet das Liquidationsrecht dem Arzt nur die Möglichkeit zu ei- nem zusätzlichen Verdienst und ist jedenfalls keine Gegenleistung für die dem Krankenhausträger ge- schuldeten Leistungen')." Letzten DEUTSCHES ÄRZTEBLATT Heft 5 vom 29. Januar 1981 191

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Spektrum der Woche Aufsätze • Notizen

Vergütung ärztlicher Leistungen

Endes bekennen sich die Richter aber doch zu der Kardinalthese des Gutachters: Es kommt ganz auf die Verträge zwischen Krankenhausträ- ger und Arzt, Arzt und Zahlungs- pflichtigem sowie Zahlungspflichti- gem und Krankenhausträger an.

Diese Vertragspriorität läßt die alte Fehde um das „originäre Liquida- tionsrecht" des Arztes oder Kran- kenhausträgers wie eine Seifenblase platzen. Eine gezielte Salve geschlif- fener Argumente zerfetzt die Hypo- these von ärztlichen Luxus- oder Zu- satzleistungen so gründlich, daß de- ren Wiedererweckung nur noch auf Ignoranz oder Irrationalität beruhen kann. Seite an Seite mit sinnlosen ärztlichen Zusatzleistungen stürzen auch die Ausreden, den Landesre- gierungen sei es freigestellt, Arztko- stenabschläge zu verordnen. „Die Verordnung (BPfIV) muß aber geset- zeskonform ausgelegt werden, so daß hier die an sich zulässige Wei- terübertragung- der Rechtsverpflich- tung auf die Landesregierungen nicht zu einer bloßen Erlaubnis ab- geschwächt werden durfte, sondern nur als Rechtsverpflichtung dele- giert werden konnte4)."

Im Gegensatz zu den gesondert be- rechenbaren ärztlichen „Anstattlei- stungen" erkennt der Gutachter die gesondert berechenbaren sachli- chen Leistungen als „Zusatzleistun- gen" an 5 ). Ist das wirklich richtig?

Bedeutet die Wahl eines Einbettzim- mers keinen Verzicht auf ein Bett im Mehrbettzimmer? Ersetzt das Tele- fon am Bett nicht den öffentlichen

Fernsprecher, die eigene Toilette nicht die Stationstoilette? Tatsäch- lich können auch gesondert bere- chenbare Sachleistungen „Anstatt- leistungen" sein. Die Begründung allerdings, der vereinbarte Einbett- zimmerzuschlag dürfe auch dann berechnet werden, wenn die Unter- bringung im Einbettzimmer medizi- nisch notwendig seih), überschreitet die Grenzen der Vertragsfreiheit;

denn die medizinisch indizierte Un- terbringung im Einbettzimmer ge- hört unstreitig zu den allgemeinen Krankenhausleistungen. Neben dem Pflegesatz dürfen aber nur andere als allgemeine krankenhausleistun-

gen gesondert berechnet werden.

Das wird vom Gutachter sonst auch nicht bestritten.

Schwachstellen

Schwachstellen hat die Argumenta- tionskette, wo es im Grunde nicht um eine rechtliche, sondern um eine politische Frage geht. Professor Die- derichsen läßt zwar keinen Zweifel daran, daß der Krankenhausträger nach wie vor berechtigt ist, leiten- den Krankenhausärzten das Liqui- dationsrecht einzuräumen — natür- lich nur für die Patienten, die anstel- le der allgemeinen krankenhausärzt- lichen die privatärztliche Behand- lung durch liquidationsberechtigte Ärzte wünschen. Aber er meint, die- se privatärztliche Behandlung kön- ne auch vom Krankenhausträger er- bracht und berechnet werden'). Es bedürfe keines Vertrages zwischen Zahlungspflichtigem und Kranken- hausarze). Damit widerspricht er seinem Kollegen von der Ruhr-Uni- versität in Bochum, Professor Dr.

jur. Wolfgang Gitter9), den er häufig zitiert. Dessen Antwort darf man um so gespannter erwarten, als das neue Gutachten einige wichtige Fra- gen offenläßt, zum Beispiel:

• Kann der Krankenhausträger an- dere als medizinisch zweckmäßige und ausreichende ärztliche Leistun- gen anordnen und berechnen?

I> Auf welcher Rechtsgrundlage dürfen hauptamtlich angestellte Krankenhausärzte allein im Auftrag des Krankenhausträgers andere als medizinisch zweckmäßige und aus- reichende Leistungen erbringen?

> Wie weit reicht die Weisungsbe- fugnis des Krankenhausträgers in ärztliche Einzelleistungen hinein?

I> Kann das Recht, ärztliche Lei- stungen zu berechnen, tatsächlich anders aktualisiert werden als durch einen unmittelbaren Behandlungs- vertrag zwischen Arzt und Zahlungs- pflichtigem?

> Mit welcher Berechtigung darf der Krankenhausträger gleichartige ärztliche Leistungen in unterschied- licher Höhe nach einer Gebühren-

ordnung berechnen, die als Taxe vor Gericht nur Ärzte bindet?

> Darf der Krankenhausträger ärzt- liche Einzelleistungen spezifiziert berechnen, wenn er seinen Ärzten ausschließlich pauschale Vergütun- gen zukommen läßt?

Nach dem Gutachten der Deutschen Krankenhausgesellschaft besteht kein Zweifel mehr daran, daß zum Krankenhausaufnahmevertrag Be- handlungsverträge mit Kranken- hausärzten hinzutreten können. Dar- um richtet sich die entscheidende Frage nicht an die Rechtswissen- schaft, sondern an das gesell- schaftspolitische Verständnis des Krankenhausträgers: Wird die per- sonale, humane Zuwendung zum Patienten dadurch gefördert, daß der Krankenhausarzt nur noch als Erfüllungsgehilfe des Trägers und nicht mehr als Vertragspartner des Patienten tätig werden darf?

Schließlich müssen sich Gesund- heits- und Sozialpolitiker fragen las- sen, wie sie es mit der allgemeinen Lebenserfahrung halten. Liegt es wirklich im Interesse der Patienten, wenn der Krankenhausarzt nichts anderes mehr ist als Angestellter des Krankenhausträgers? Sind Humani- tät, soziales Engagement, Lei- stungsfähigkeit, Wirtschaftlichkeit in unseren Krankenhäusern nicht anders zu retten als durch Verbeam- tung und Vergesellschaftung? Oder kranken sie nicht gerade daran?

Literatur: 1 ) Urteile: BAG 11. 1. 1978 (5 AZR 797/76), BAG 21. 6. 1978 (5 AZR 787/

76), BAG 30. 5. 1980 (7 AZR 215/78), BVerwG 25. 10. 1979 (2 C 9/77), BVerfG 7.

11. 1979 (BvR 513 und 558/74), BAG 9. 1.

1980 (5 AZR 71 und 111/78); 2) Uwe Die- derichsen, Die Vergütung ärztlicher Lei- stungen, Heft 9 der „Schriften der Deut- schen Krankenhausgesellschaft", Verlag W. Kohlhammer, Stuttgart, Berlin, Köln, Mainz 1979; 3) NJW 1980, S. 1915; 4) Diederichsen a.a.O. S. 140; 5) ders. S. 34;

6) ders. S. 39; 7) ders. S. 66; 8) ders. S. 87 f.; 8) Wolfgang Gitter, Zum Privatliquida- tionsrecht der leitenden Krankenhaus- ärzte, PKV-Dokumentation, Heft 4, Köln 1975

Anschrift des Verfassers:

Rudolf Lehming, Arzt Aachener Straße 300 5000 Köln 41

192 Heft 5 vom 29. Januar 1981 DEUTSCHES ÄRZTEBLATT

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