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Blumer, P., & Wermelinger, B. (1996). Was isch es Sändwitsch ohni Brot? Informationsblatt Landschaft, 30, 1-3.

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Academic year: 2022

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ISSN 1421-0304

Informationsblatt des Forschungsbereiches

Landschaftsökologie

CH-8903 Birmensdorf

Eidgenössische Forschungsanstalt für Wald, Schnee und Landschaft Institut federal de recherches sur la foret, la neige et le paysage lstituto federale di ricerca per la foresta, la neve e il paesaggio Swiss Federal Institute for Forest, Snow and Landscape Research

30

März 1996

Was isch es Sändwitsch ohni Brot?

Über die temperaturabhängige Entwicklung des Buchdruckers (lps typographus)

Aus der Tagespresse wurde er weitgehend verdrängt, der sog. «Borki»

(Buchdrucker). Doch in manchen Regionen der Schweiz hält er sich noch immer hartnäckig. Bei der Vermehrung des Buchdruckers spielt das Wetter, insbesondere die Temperatur, eine wichtige Rolle. Konkrete Daten zur temperaturabhängigen Entwicklung dieses Käfers sind allerdings nur spär- lich vorhanden. Die versteckte Lebensweise unter der Rinde erfordert spezielle Methoden, um seine Biologie zu erforschen. Die Gruppe Entomolo- gie der WSL hat, anhand der sog. «Sandwich-Methode», die Entwicklung des Buchdruckers bei verschiedenen Temperaturen verfolgt.

Pascale Blumer, Beat Wermelinger Der berüchtigte «Borki» (Grosser Buchdrucker/ lps typographus) stellt die Schweizer Forstdienste noch im- mer vor grosse Probleme_. Um Forst- schutzmassnahmen zu treffen, brau- chen wir eine möglichst umfassende Kenntnis der Biologie und Ökologie dieses Käfers. Auffallend ist sein grosses Vermehrungspotential. Als wechselwarme Tiere sind die Käfer in ihrer Entwicklung und Eiproduktion u.a. von der Temperatur abhängig. Es gibt zwar zahlreiche Berichte über die Entwicklungsdauer bestimmter Buch- drucker-Populationen unter bestimmten Wetterbedingungen; konkrete Daten zur Dauer der Entwicklung einzelner Stadi- en bei definierten Bedingungen fehlen jedoch. Die verborgene Lebensweise des Buchdruckers erschwert es, seine Ent- wicklung zu verfolgen. Was läuft da versteckt unter der Rinde ab? Die Grup- pe Entomologie hat Wege gesucht, die- ser Frage auf den Grund zu gehen.

Die Suche nach der passenden Methode

Unser Ziel war es, die Entwicklung einzelner Individuen vom Ei bis zum

Jungkäfer zu verfolgen. Da dieser Prozess unter der Rinde abläuft, such- ten wir nach Methoden, um die Tiere im natürlichen Substrat zu beobachten.

Der Weg erwies sich als steinig und führte zuerst in drei Sackgassen:

1. Ultraschall

Prinzip: Die ausgesandten Ultraschall- wellen werden von unterschiedlichem Gewebe verschieden reflektiert. Ein Empfänger nimmt die reflektierten Wellen auf und verarbeitet sie zu ei- nem Bild.

Aber: Die in den Bohrgängen enthalte- ne Luft absorbiert die Weilen vollstän- dig, und eine Wiedergabe der Tiere in den Gängen ist nicht möglich.

2. Röntgen-Computertomographie Prinzip: Die durch eine Probe ge- schickten Röntgenstahlen werden durch die Strukturen in der Probe un- terschiedlich absorbiert. Die durchtre- tenden Strahlen werden nicht wie her- kömmlich auf einen Röntgenfilm ge- bannt, sondern von Detektoren erfasst und mittels Computer zum Bild verar- beitet.

Inf.bl. Forsch.bereiches Landsch.ökol. 30, 1996

Aber: Die Brutholzstücke waren' zu dick und liessen kein klares Signal der Tiere zu.

3. Kernspinresonanz-Tomographie Prinzip: Die Wasserstoffatome der Probe werden in einem stationären Magnetfeld durch ein rotierendes Magnetfeld aus ihrem «Gleichge- wicht» gebracht. Nach Ausschalten des rotierenden Magnetfelds induzie- ren die zurückschwingenden Atome Signale, welche zu einem Bild verar- . beitet werden können.

Aber: Die zur Verfügung stehenden Spulen waren zu gross und lieferten keine befriedigenden Resultate.

Si le bostryche ( appele scientifi- quement scolyte) a pratiquement disparu des colonnes des jour- naux, cet insecte resiste dans plusieurs regions de la Suisse.

Les conditions meteorologiques, la temperature surtout, sont un facteur important dans la propagation du scolyte. Pour le moment, on ne possede que peu de donnees concretes apropos du rapport entre la temperature et le developpement de cet insecte. Etant donne sa vie secrete sous l'ecorce des arbres, des methodes astucieuses sont necessaires pour decouvrir sa biologie. Le groupe Entomologie a utilise une methode appelee

«Sandwich» afin de suivre le developpement du scolyte au gre de diverses temperatures.

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- 2 -

kammer (Begattungsort) gefressen hat, . wird das Sandwich zur freien Besied-

lung durch Weibchen in den Zucht- käfig gelegt. Durch Sexual-Pheromone des Männchens angelockt, finden die Weibchep über die Öffnung in der Plexiglasscheibe in die Rammel- kammer. Im Idealfall wird ein Sand- wich durch zwei Weibchen besiedelt, die anschliessend je einen Muttergang anlegen. Vor der Ablage des ersten Eis wird das Sandwich iri einen Klinia- schrankrnitder gewünschten Versuchs-- temperatur gelegt. Täglich wird nun der Frass in den Muttergängen und die Eiablage auf einer Folie kartiert. Je na:ch Temperatur im Klimaschrank schlüpfen früher oder später die ersten Larven. Deren Frassgänge können bis zur Verpuppung ebenfalls durch das Plexiglas verfolgt und protokolliert werden.,

Abb. 1: Doris Schneider beim Herstellen· eines Sandwichs. Die Fichtenrinde wird zwischen zwei Plexiglasscheiben eingepasst und mit Schrauben festgeklemmt.

In der Praxis treten beim KaFtieren verschiedene Probleme auf: Käfer und Larven fressen nicht immer gut sicht- bar an der Oberfläche (Bastinnenseite ), sondern tauchen bisweilen in den Bast ab (Abb. 2). Später können sie irgend- wo wieder auftauchen, und es bedarf ausgiebiger Detektivarbeit; um sie nachträglich bis zu ihrem Ursprung zurückzuverfolgen. Auch wenn sich Frassgänge kreuzen, lassen sie sich anschliessend oft nicht mehr eindeutig einem Tier zuordnen. Ausserdem ist die Mortalität der Tiere durch Milben und Pilze im Sandwich stark erhöht Fig. 1: Doris Schneider prepare un sandwich. L' ecorce d' epicea est placee entre deux

tranches de .Plexiglas et fixee ave9 des vis.

All diese High-Tech-Methoden führ- ten nicht ans Ziel, und wir besannen uns auf alte Werte, die Sandwich- Methode.

Was isct, es Sändwitsch ohni Brot?

Es Sändwitsch ohni Brot isch nüt als ... · ... Rinde (frei nach Mani Matter).

Man nehme zwei Scheiben Plexiglas · und lege ein Stück Fichtenrinde da- zwischen. Jn diesem Sandwich ent- spräche das Plexiglas dem Brot und die Rinde dem Fleisch oder für Vegetarü,r dem Salat. Die Herstellung eines B.orki- Sandwichs allerdings i'.st etwas auf- wendiger.

Zwei Wochen vor dem Ansatz des Versuchs werden Fichten gefällt und in Gaze eingewickelt. Während dieser Zeit lässt der Harzdruck nach .. Dies erleichtert es den Buchdruckern sich einzubohren. Die Verpack;ung v;erhin- dert einen Befall vor V ersuchS'byginn.

Nun werden 35 x 20 CII). grosse Rinden- stücke sorgfältig von den Stämmen gelöst und mit Schrauben zwischen zwei Plexiglasscheiben eingespannt (Abb. 1). Die Rindeninnenseite (Bast) muss dem Plexiglas dicht anliegen.

Andernfalls bewegen sich die Buch- druckerlarven später im !Johlraum zwischen Plexiglas und ihrem Frass- substrat, und die Frassgätige lassen sich nicht verfolgen.

Für unsere Hauptakteure, die Borken- käfer, betreiben wir an der WSL eine Zucht. In einer Klimakammer vermeh-

rert sich die Käfer in Stammabschnitten.

von Fichten, welche b,eim Ausschwär- men der Jungkäfer jeweils ausgewech- selt werden: Aufgrund morphologi- scher Merkmale werden aus dieser Zucht Männchen ausgewählt. Über eine Öffnung in der oberen Plexiglasscheibe wird pro Sandwich ein ,Tier angesetzt.

Nachdem das Männchen eine Rammel~'

Legende

1 Rammelkammer

2 Muttergang (versch. Muster= tägl. Vortrieb) 3 weibliches Elterntier

4 männliches Elterntier 5 Ei-Nische

6 Larvengang

7 In den Bast abtauchender Larvengang 8 Larvengangvon unbekannter Herkunft 9 KreuzungNerschmelzung der Larvehgänge 1 O Puppenwiege

11 Jungkäfer 8

7

r

7 6 3

5

f

6 6

Abb. 2: Schema eines Brutbildes des Buchdruckers (lps typographus) mi.t verschiede- .nen Stadien der Entwicklung und einer Auf,reihung der möglichen Problemfälle, die bei

der Interpretation ~er Larvengänge auftreten können. · Fig. 2: Plan du systeme de galeries du scolyte (lps typographus); les unes illustrent divers stades de developpement et les autres posent certains problemes qui rendent difficiles l'i:tJ.terpretation des couloirs larvaires.

Inf.bl. Forsch.bereiches Landsch.ökol. 30; 1996

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Abb. 3: Eine Milbe saugt ein Borkenkäfer-Ei aus. Gut sichtbar ist die Ei-Nische, in die das Ei eingebettet ist.

Fig. 3: Un acarien, en train d' aspirer le contenu d'un oeuf de scolyte. On remarque la cavite dans laquelle l' oeuf est depose.

(Abb. 3). Die Protokollierarbeit erwies sich als äusserst zeitaufwendig und konnte nur dank dem Einsatz aller Mit- glieder der' Gruppe Entomologie be- wältigt werden.

Nachdem die Käfer geschlüpft sind, wird das Sandwich geöffnet und die Jungkäfer befreit. Noch ist die Ent- wicklung der Käfer nicht vollständig abgeschlossen. Um die Geschlechts- reife zu erlangen, müssen die Käfer einen Reifungsfrass vollziehen; In der Natur verbleiben die Jungkäfer des- halb vorerst unter der Rinde. Erst nach dem Reifungsfrass bohren sie sich aus der Rinde heraus, um dann einen ande- ren Baum aufzusuchen. Um die Dauer des Reifungsfrasses zu bestimmen, set- zen wir die Jungkäfer auf Rinden- rondellen in Plastikschalen. Dort boh- ren sie sich ein, um nach Abschluss des Reifungsfrasses wieder an der Ober- fläche zu erscheinen.

Das Geschlecht der Käfer, ein wesent- licher populationsdynamischer Faktor, ist möglicherweise temperaturabhän- gig. Wir bestimmen deshalb das Ge- schlecht nachträglich anhand von Genitalpräparaten.

Die künstlichen Bedingungen im Sand- wich können nicht a priori mit jenen im ganzen Fichtenstamm verglichen wer- den. Wir haben die Methode deshalb mit Feldversuchen abgesichert.

Erste Resultate

Im folgenden wird eine vereinfachte Auswertung der vorhandenen Daten präsentiert. In Abbildung 4a ist die

Präimaginalentwicklungsdauer darge- stellt. Diese ist die Dauer der Entwick- lung vom Ei bis zum Jungkäfer ohne dessen Reifungsfrass. Bei hohen Tem- peraturen wird die Entwicklung be- schleunigt und die Entwicklungsdauer strebt theoretisch gegen Null. Bei Tem- peraturen über 40 °C können sich die meisten hiesigen Insekten jedoch nicht mehr entwickeln. Je geringer die Tem- peraturen, desto länger dauert die Entwicklung. Auch bei tiefen Tempe- raturen gibt es eine Schwelle, unterhalb der keine Entwicklung mehr möglich ist. Diese Schwelle wird Entwicklungs- nullpunkt (ENP) genannt. Neben kom- plizierten Modellen gibt es eine einfache Möglichkeit, den ENP zu bestimmen. In Abbildung 4b wurde der ENP mittels linearer Regression der Entwicklungsrate ermittelt. Die Entwicklungsrate ent- sprichtdem Kehrwert der Entwicklungs- dauer (1/Entwicklungsdauer). Sie gibt den Bruchteil der Entwicklung an, der an einem Tag durchlaufen wird.

In Abbildung 4b haben wir die in den Sandwichversuchen ermittelten tem- peraturabhängige Entwicklungsraten eingetragen. Diese nehmen innerhalb eines gewissen Temperaturbereichs mit steigenden Temperaturen linear zu. So- wohl gegen die obere, als auch gegen die untere Temperaturgrenze hin flacht die Kurve ab. Wir nehmen an, dass sich die bei 30 °C erniittelte Entwicklungs- rate bereits nicht mehr im linearen Be- reich befindet und schliessen diese bei der Ermittlung des ENP aus. Mit die- sem linearen Ansatz bei den drei Tem-

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peraturen 15, 20 und 25 °C schneidet die berechnete Gerade die x-Achse (Entwicklungsrate

=

0) bei 8.3 °C mit einem Standardfehler von ±0.5 °C.

Dieser Wert stellt den ENP für die Gesamtentwicklung Ei bis Puppe dar.

Einzelne Stadien (z.B. Ei) haben je- doch einen abweichenden ENP.

Ausblick

In diesem Jahr werden wir letzte Ver- suche zur Eientwicklung bei 12 und 33 °C durchführen. Darauf wird eine detaillierte Analyse des Vermehrungs- potentials, eine sog. Lebenstafel- analyse, folgen. In dieser werden stadienspezifische Entwicklungsdauer, Dynamik der Eiablage, Geschlechts- verhältnis und Sterberate berücksich- tigt. Daraus lassen sich Reproduktions- und Populationswachstumsraten, Generationszeit und andere populations- dynamische Grössen berechnen.

Zusammen mit weiteren Angaben aus der Literatur werden uns diese Daten erlauben, ein Simulationsmodell der Populationsdynamik des Buchdruckers zu erstellen. Solche Modelle helfen, einzelne Steuerfaktoren (Temperatur, natürliche Feinde etc.) zu evaluieren und die Auswirkungen vonForstschutz- Massn;ihmen zu beurteilen.

50

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~ 0.02 UJ

0.01 0 5

ENP 8.3 °C

b

y = 2.99E-3 x · 2.47E-2 R2 = 0.87

20 25 30 35 40 Temperatur (°C)

Abb. 4: Temperaturabhängige Entwick- lungsdauer (a) bzw. Entwicklungsrate (b) von Ips typographus

Fig. 4: Duree (a) et indice (b) de developpement de Jps typographus en fonction de la temperature.

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