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Archiv "Gesundheits-Strukturreform/Ortskrankenkassen: „Krankenhäuser an die Kandare“" (14.04.1995)

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POLITIK

steigerungen ist kein Argument gegen Gebührenanpassungen in einer Amt- lichen Gebührenordnung. Die Ge- bührenordnung ist eine Amtliche Ge- bührentaxe, die Entgelte für die ein- zelne ärztliche Leistung enthält, wel- che jeweils individuell angemessen sein müssen. Zum Vorwurf unwirt- schaftlicher Mengenausweitungen ist festzustellen, daß die Reduzierung der Anhebung des Gebührensatzes mit der Begründung des Mengenan- stiegs Elemente der vertragsärztli- chen Gesamtvergütung im System der gesetzlichen Krankenversicherung übernimmt, die für die GOÄ sach- fremd sind Hinzu kommt, daß Ko- sten- und Leistungsbedarfsentwick- lung in den einzelnen Arztpraxen nicht synchron laufen. Es gibt Arzt- praxen, die bei hohem zusätzlichen Kostenaufwand keine oder nur eine geringfügige Mehrinanspruchnahme von Leistungen zu verzeichnen ha- ben. Auch diese Ärzte sind auf die Gebührensätze der Amtlichen Ge- bührenordnung angewiesen, um ihre Kosten zu decken, zumal für Leistun- gen gegenüber öffentlichen Auftrag- gebern nur der Einfachsatz gilt. Not- wendige Ausdehnungen des Lei- stungsbedarfs als Folge der demogra- phischen Entwicklung, des medizini- schen Fortschritts und der Notwen- digkeit einer Absicherung aus foren- sischen Gründen aufgrund einer ver- schärften Rechtsprechung können nicht den Ärzten angelastet werden.

Sie rechtfertigen insbesondere nicht die Verweigerung einer notwendigen und überfälligen Anpassung der Gebührensätze an die Kostenent- wicklung.

Die Bundesärztekammer hat sich deswegen nachdrücklich dagegen ge- wandt, daß die GOÄ erneut dazu her- halten soll, einseitig wirtschaftliche Interessen der privaten Krankenver- sicherung (PKV) und der Beihilfe zu

„bedienen". Die Privatliquidation ist gegenüber dem privatversicherten oder beihilfeberechtigten Patienten transparent. Der Patient selbst kann daher die Liquidation und ihre Recht- fertigung anhand der vorgeschriebe- nen Übermittlung der Leistungsle- genden der GOÄ überprüfen. Die PKV und die Beihilfestellen haben die Möglichkeit, Rechnungen, die ih- nen erhöht erscheinen, zu beanstan-

LEITARTIKEL/AKTUELL

den und gutachtliche Stellungnahmen der Ärztekammern einzuholen. Die Tatsache, daß die Bundesländer gleichzeitig Beihilfeträger sind, darf sie nicht dazu verleiten, berechtigte Anliegen der Ärzteschaft auf ein zeit- gemäßes Leistungsverzeichnis und auf Anhebung der Gebührensätze zu verweigern. Bei der vom Bundesrat verabschiedeten Gebührenordnung für Rechtsanwälte spielt die Entwick- lung des Leistungsvolumens bei der Entscheidung über Gebührenanhe- bungen keine Rolle. Hier wird es als selbstverständlich angesehen, daß die einzelnen Gebührensätze an die Ko- stenentwicklung angeglichen werden, und zwar unabhängig davon, in wel- cher Häufigkeit sie in der Vergangen- heit abgerechnet worden sind. Daher

Für die Ortskrankenkassen sind die ersten Schritte zur Strukturreform im Krankenhaus zu zögerlich ange- gangen worden. Die von Grund auf novellierte Bundespflegesatzverord- nung '95 sei auf dem halben Weg ste- hengeblieben. Deshalb sollen sich die Kostenstabilisierungsmaßnahmen und strukturellen Erneuerungen vor allem auf den stationären Sektor kon- zentrieren, so Dr. jur. Hans Jürgen Ahrens, der Geschäftsführer des AOK-Bundesverbandes, Bonn, bei der Präsentation des Pfaff-Gutach-

muß für Ärzte eine Gleichbehand- lung mit anderen Freien Berufen auch in dieser Hinsicht gefordert werden.

Schon die im Regierungsentwurf vor- gesehene niedrigere Steigerungsrate von nur 6,5 Prozent Inflationsaus- gleich für sieben Jahre bedeutet eine eklatante Benachteiligung des Arzt- berufes.

Die Bundesärztekammer hat da- her den Bundesrat erneut aufgefor- dert, seiner Verantwortung für eine moderne Gebührenordnung gerecht zu werden. Eine Verschiebung in die dritte Stufe der Gesundheitsreform ist nicht hinnehmbar; damit vernach- lässigt der Bundesrat seinen gesund- heitspolitischen Auftrag.

Renate Hess, Bundesärztekammer

tens vor der Presse in Bonn. Das Auf- trags-Gutachten stellt fest: Weder die Budgetierung noch die Anbindung der Kassenausgaben an die Einnah- menentwicklung („Grundlohnsum- me") gewährleisteten, daß in naher Zukunft finanzielle Stabilisierung bei den Ausgaben für Krankenhauslei- stungen zu erzielen ist.

Die Ortskrankenkassen und Prof. Pfaff (er ist gesundheits- und so- zialpolitischer Experte der SPD-Bun- destagsfraktion, war früher Mitglied des Sachverständigenrates der Kon-

Gesuncheits-Strukturreform/Ortskrankenkassen

„Krankenhäuser an die Kandare"

Bei der geplanten dritten Stufe zur Strukturreform im Gesundheitswesen wollen die Ortskrankenkassen insbesondere den stationären Sektor in den „Mittelpunkt der Reformüberlegungen" rücken. Aus der Sicht der AOK läuft der Krankenhaussektor zügellos „aus dem Ruder". Falls nach Auslaufen der Budgetierungsphase (Ende 1995) keine stringenteren Strukturmaßnahmen Platz greifen, würden alle Dämme der Kostenstabilisierung brechen, und jede neue Reformstufe müsse zwangsläufig scheitern. Aus aktuellem Anlaß haben die Krankenkassen ein ihre Positionen stützen- des Gutachten „Das Krankenhaus im Gefolge des Gesundheits-Strukturgesetzes 1993" bei Prof. Dr. rer. pol. Martin Pfaff MdB, Universität Augsburg, eingeholt.

A-1072 (14) Deutsches Ärzteblatt 92, Heft 15, 14. April 1995

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Prof. Dr. Martin Pfaff plädieren für eine ra- POLITIK

zertierten Aktion und berät seit lan- gem den AOK-Verband) bemängeln die Tatsache, daß das Gesundheits- strukturgesetz von 1992 den Kran- kenhaussektor weitgehend von der Stabilisierung verschont habe. Wegen der zahlreichen „Löcher im Budget- deckel" hätten die Budgetsteige- rungsraten allein 1993 um das Dreifa- che über der Grundlohnentwicklung gelegen. Vergleicht man den Zeit- raum von 1992 bis 1994, beträgt der Ausgabenüberhang immerhin noch 100 Prozent.

Die Ortskrankenkassen kritisie- ren, daß nach Inkrafttreten der novel- lierten Bundespflegesatzverordnung ein dreigleisiges Krankenhausfinan- zierungssystem fast unverbunden ne- beneinander exerziert werden muß.

Dies habe zu zahlreichen Konfusio- nen, Umstellungsproblemen und Blockadehaltungen geführt (daß die Ortskrankenkassen der Haupt- blockierer sind, wurde geflissentlich verschwiegen). Wie bisher wird der größte Teil des Krankenhausbudgets mit tagesgleichen Pflegesätzen ent- golten. Nur ein Segment von etwa 20 bis 25 Prozent des bisherigen Budgets soll künftig (spätestens ab 1996) über

Krankenhäuser aktuell

Veränderung der Zahl der Akutkrankenhäuser in den al- ten Ländern 1990 bis 1993: von 2 260 auf 1 735 (= — 525 Akutkli- niken).

Schließung von Kranken- häusern zwischen 1990 und 1993: 93 (alte Länder). Dies ent- spricht einem Bettenabbau von 57 256 Betten.

Bettenabbau in den alten Ländern zwischen 1975 und 1989: mehr als 60 000 Betten.

Zahl der Krankenhausfälle in 1993: 14,38 Millionen (+ 1,04 Prozent gegenüber 1992).

Zunahme der Zahl der Krankenhausfälle in 1992:

+ 2,22 Prozent.

AKTUELL

Fallpauschalen und Sonderentgelte abgerechnet werden. Pfaff und die AOK postulieren: Nur wenn es ge- lingt, die Gesamtleistungen des sta- tionären Sektors weitgehend auf das Fallpauschalsystem umzustellen, kön- ne mit weiteren Verweildauer-Ver- kürzungen

und einer Ko- stenbremsung gerechnet werden. Die bisher festge- setzten Fall- pauschalen (40) seien in der Mehrzahl rechnerisch zu hoch ange- setzt, moniert das Gutach- ten. Die Orts- krankenkassen

sche Revision der Kalkulationsgrund- lagen, insbesondere im Bereich der Medical-Produkte. Früher schon wur- de im Zusammenhang mit der „Herz- klappen-Affäre" von den Kassen be- hauptet, das Preisniveau sei bis zu 20 Prozent überhöht und müsse zurück- gestutzt werden.

Die Ortskrankenkassen vermis- sen pragmatische Methoden, um eine Mengenausweitung im Krankenhaus- sektor zu vermeiden. Es könne nicht angehen, daß der teuerste Sektor, das Krankenhaus, erneut zu Lasten des ambulanten Sektors von der Politik bevorzugt und mit dem Schutzschild der Länder protegiert werde.

Unabhängig von der vom Ge- setzgeber zugesicherten dreijährigen Umstellungs- und Erprobungsphase des neuen Finanzierungsrechtes for- dern die Krankenkassen eine rasche Weiterentwicklung des Katalogs von Fallpauschalen und die Überführung der bisherigen Sonderentgelte (106) in Fallpauschalen. Die Verhandlun- gen über die Fallpauschalen und die Kalkulation der Punktwerte sollen von den Krankenkassen und Kliniken geführt werden. Für den Fall, daß vor- dringliche Reformschritte unterblei- ben, sollte notfalls die Budget- deckelung prolongiert werden. Über

„intelligente Budgetierungsformen"

sollten Anreize gesetzt werden, die Einweisungshäufigkeit zu verringern und einen Budgetausgleich zwischen

benachbarten Häusern ein- und der- selben Region vorzunehmen (dies ist auch das Petitum der FDP-Bundes- tagsfraktion).

Qualitäts- partnerschaft

Die Ortskrankenkassen bauen darauf, daß der Gesetzgeber die Kor- sett-Stangen für die Maßnahmen zur Qualitätssicherung (§§ 137; 112 SGB V) künftig noch enger zurrt. AOK- Geschäftsführer Ahrens fordert eine

„Qualitätspartnerschaft" zwischen AOK, den Vertragsärzten und den Krankenhäusern, um qualitativ hoch- stehende Versorgungsleistungen zu

„vernünftigen Preisen" abzumachen.

Auch müsse die Leistungs- und Kostentransparenz im stationären Sektor wesentlich verbessert werden.

Die sehr theoretischen und wenig praktikablen Krankenhausverzeich- nisse (Liste von Preisen und Leistun- gen der Krankenhäuser), wie sie mit dem Gesundheits-Reformgesetz von 1988 in die Welt gesetzt wurden, ist den Ortskrankenkassen zu welt- fremd. Künftig müßten die niederge- lassenen Ärzte direkt und affirmativ mit Infos versorgt werden, um sich ein qualifiziertes Urteil darüber zu bil- den, welche Krankenhausabteilung mit welchen Behandlungsmethoden am besten geeignet ist.

Bei aller Forschheit, die Kran- kenhäuser an die Kosten-Kandare und in die Qualitätsmangel zu neh- men, wollen die Ortskrankenkassen keine Abstriche am bisherigen Qua- litätsstandard und der Modernität der Krankenhäuser hinnehmen. Alles müsse wie bisher im Preis inbegriffen sei. Es seien noch hinreichende Ratio- nalisierungs- und Sparreserven un- ausgeschöpft, die mobilisiert werden müßten. Der Patient müßte unmittel- bar und rasch am medizinischen Fort- schritt teilhaben und Zugang zu High- Tech-Medizin finden. Die Kranken- häuser müßten für die hochspeziali- sierte ambulante Versorgung institu- tionell geöffnet werden. Dazu soll in Modellversuchen getestet werden, wie Spezialwissen hochkarätig tätiger Fachärzte der Krankenhäuser in der ambulanten Versorgung genutzt wer- den kann. Dr. Harald Clade Deutsches Ärzteblatt 92, Heft 15, 14. April 1995 (15) A-1073

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