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Archiv "Universitätskliniken: Hochschullehrer an die Kandare" (09.03.2001)

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ine Zeitbombe tickt: Sowohl einzel- ne Fraktionen im Bundestag – insbe- sondere die der PDS – als auch die Kultusminister der Länder beabsichti- gen, das gesamte Personal- und Dienst- recht einschließlich des Vergütungssy- stems grundlegend zu ändern. Zugleich sollen die Aufgaben und Leitungsstruk- turen im Bereich der Hochschulmedizin neu geordnet werden. Als Grundlage der Bestrebungen der Kultusminister- konferenz der Länder (KMK) gilt ein Beschluss über ein Positionspapier vom 19. November 1999, das unverändert po- litisch weiterverfolgt wird, und ein An- trag verschiedener Bundestagsabgeord- neter der Fraktion der PDS zur „Perso- nalstruktur- und Dienstrechtsreform an Hochschulen und Forschungseinrich- tungen“ (vom 19. Juli 2000). Die KMK- Standpunkte basieren auf einer bereits 1995 beschlossenen Strategie zur Neu- gestaltung von Struktur und Finanzie- rung der Hochschulmedizin.

Die KMK-Pläne haben es in sich, berühren sie doch nicht nur die Lei- tungs- und Führungsstrukturen in den Universitätskliniken, sondern auch das Personal- und Dienstrecht der beamte- ten Hochschullehrer und der Klinik- direktoren in den Unikliniken. Ein „Re- form-Kraftakt“ soll dem inzwischen vollzogenen Wandel im Gesundheits- wesen Rechnung tragen und vor allem die Bestrebungen der verschiedenen Etappen zur Gesundheitsstrukturre- form auch im Bereich der Hochschul- medizin analog umsetzen.

In den Eckpunkten heißt es: Auch die Hochschulmedizin muss der fortschrei- tenden marktwirtschaftlichen Ausrich- tung in sämtlichen Leistungssektoren des Gesundheitswesens Rechnung tra-

gen und „kongeniale“ Anforderungen an die Leitung und Führung der klini- schen Einrichtungen in der Hochschul- medizin stellen. Dafür müssten durch- greifende Änderungen bei den perso- nalrechtlichen Regelungen der Profes- soren und der leitenden Ärzte im Be- reich der Universitätskliniken vollzo- gen werden. Künftig werde sich auch die deutsche Hochschulmedizin unter die Devise von mehr Kosten- und Lei- stungstransparenz, eines innovativen Leistungswettbewerbs, aber auch unter das politische Postulat der Beitragssta- bilität in der Gesetzlichen Krankenver- sicherung (GKV) stellen müssen.

Konsequenzen der Klinikfinanzierung

Die Kultusminister fordern: Auch die Hochschulkliniken müssen verstärkt ver- pflichtet werden, die immer knapper werdenden finanziellen und personellen sowie kapazitätsbezogenen Ressourcen sinnvoll einzusetzen und noch vorhande- ne Wirtschaftlichkeitspotenziale zugun- sten der Finanzierung des Gesamtsy- stems zu mobilisieren. Die Hochschulkli- niken als Teil des öffentlichen Gesund- heitswesens sind nach Ansicht der KMK auch von tief greifenden Reformen der Krankenhausfinanzierung betroffen.

Insbesondere gelte dies für die in der GKV-Gesundheitsreform 2000 beschlos- sene Einführung von differenzierten, flächendeckenden leistungsbezogenen Vergütungsformen (Diagnosis Related Groups). Hochschullehrer und Hoch- schulkliniken müssten sich rechtzeitig darauf einstellen. So heißt es, dass die Verteilung der Gelder durch die Länder

auf die Universitätskliniken auch zuneh- mend unter das Leistungsprimat gestellt werden. Soweit über den Landeszu- schuss andere Aufgaben außerhalb der Forschung und Lehre in der Medizin ab- gedeckt werden sollen, müssten diese transparent gestaltet und konsequent auf Leistungsbezug umgesteuert werden.

Darüber hinaus postulieren die Kultus- minister: Bei der Besetzung von Stellen für Professuren an den medizinischen Fakultäten sind die mit einer Professur zusammenhängenden Aufgaben der Lei- tung einer klinischen Einrichtung – einschließlich des damit verbundenen Li- quidationsrechtes – durch Chefarztver- träge zu regeln. In diesen sollen sämtli- che Aufgaben, die mit der Leitung von klinischen Einrichtungen verbunden sind, einschließlich der Behandlung von Privatpatienten allein zur Dienstaufgabe der Chefärzte der Unikliniken bestimmt werden. Außerdem wird angestrebt, mit den bereits beamteten Professoren (mit Altverträgen) einvernehmlich vergleich- bare Verträge abzuschließen.

Die KMK will mit der Finanzierungs- reform eine Organisationsreform im Bereich der Unikliniken und in der Hochschulmedizin verbinden. Diese müssten die Hochschulkliniken in die Lage versetzen, die Herausforderungen der Zukunft auch im Hinblick auf den zunehmenden Leistungswettbewerb und die Rahmenbedingungen bei der Finanzierung zu bewältigen. Mit den medizinischen Versorgungsnotwendig- keiten müssten auch die wirtschaftli- chen Voraussetzungen und Rahmenbe- dingungen koordiniert werden. Deshalb würden die Aufgaben des Klinikma- nagements immer wichtiger. Entspre- chend müssten die Einnahmen aus der P O L I T I K

Deutsches Ärzteblatt½½Jg. 98½½Heft 10½½9. März 2001 AA579

Universitätskliniken

Hochschullehrer an die Kandare

Das gesamte Personal- und Dienstrecht an den Hochschulkliniken

und Forschungseinrichtungen soll grundlegend geändert

und das personenbezogene Liquidationsrecht abgeschafft werden.

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Krankenversorgung zur Finanzierung der Etats erwirtschaftet werden, um die Einrichtungen ausreichend finanziell auszustatten. Entsprechend müssten auch Maßnahmen zur Qualitätssiche- rung umfassend verwirklicht werden.

Liquidationsrecht für die Unikliniken?

Im Rahmen der zu revidierenden Chef- arztverträge soll den Vorschlägen zufol- ge künftig das gesamte Liquidationsrecht auf eine leistungsgerechte Vergütung mit Festgehältern, und zwar mit einem fixen und variablen Bestandteil, umgestellt werden. Demnach würde der Institution Universitätsklinik das bis jetzt den Kli- nik-Chefärzten zustehende Liquidations- recht vollends übertragen werden.

Es müsse berücksichtigt werden, meint die KMK, dass die Hochschulkli- niken in einem schärfer werdenden Wettbewerb bestehen sollen. Außerdem sollte sich die Höhe der zu erwartenden Liquidationseinnahmen mittel- bis lang- fristig an völlig geänderten Kriterien ori- entieren, zum Beispiel am Umfang der übertragenen Verantwortung, der nach- gewiesenen Versorgungsqualität und dem wirtschaftlichen Erfolg der klini- schen Einrichtungen. Darüber hinaus sollen sich die geänderten Verhältnisse des Arbeitsmarktes in der Honorierung und in der Vergütung widerspiegeln. Da- nach soll die Vereinbarung zwischen un- befristeten und befristeten Vergütungs- anteilen unterscheiden.

Die inhaltliche Ausgestaltung der Chefarztverträge soll „integraler Be- standteil“ der betrieblichen und wirt- schaftlichen Verantwortlichkeit der Lei- tung der Klinik sein. Dies gelte vor al- lem für die Festlegung der Vergütung.

Mit der völligen Ablösung des Perso- nalrechts durch den Abschluss von Chefarztverträgen müsse auch die Suspendierung des auf einer Neben- tätigkeit beruhenden Liquidationsrech- tes der Chefärzte einhergehen. Ein auf dem persönlichen Liquidationsprivileg der leitenden Universitätsklinikärzte beruhendes Vergütungssystem birgt nach Ansicht der Kultusminister die Gefahr von „Fehlsteuerungen“ im Hin- blick auf strukturelle und fachliche Ver- änderungen der klinischen Einrichtun-

gen der Universitätsklinik. Auch lasse ein solches System den Bezug des Chef- arztes zu den übertragenen Leitungs- aufgaben vermissen.

Weiter wird gefordert, dass die Li- quidationseinnahmen künftig der Uni- versitätsklinik zufallen. Im Gegenzug soll anstelle des Liquidationsrechtes ei- ne „leistungsgerechte Vergütung“ ver- einbart werden.

Zusammen mit den Aufgaben in der Krankenversorgung sind den Univer- sitätsprofessoren mit Chefarztfunktion die Aufgaben in Forschung und Lehre einschließlich der Förderung des wissen- schaftlichen Nachwuchses zu übertra- gen, heißt es in dem KMK-Forderungs- katalog. Dies könne sowohl im Rahmen einer Kombinationslösung – Ernennung zum beamteten Professor und Abschluss eines Chefarztvertrages – oder aber im Rahmen einer Vertragslösung gesche- hen. Die Vertragslösung entspricht dem Abschluss eines Angestellten- sowie Chefarztvertrages oder eines einheitli- chen Angestellten- oder Chefarztvertra- ges mit dem jeweiligen Hochschullehrer.

Die Kultusministerkonferenz ten- diert zur Vertragslösung. Analoge Ver- träge sollten auch mit der „zweiten Führungsebene“ der Unikliniken erwo- gen werden. Dadurch sollen außer den Leitern der Unikliniken und den Chef- ärzten weitere ärztliche Führungskräfte in die Führungsveranwortung einbezo- gen werden.

Bundesärztekammer:

Negative Konsequenzen

Bislang sind die Vorstellungen der Kul- tusministerkonferenz in Baden-Würt- temberg und in Sachsen im Rahmen der Hochschullehrer-Nebentätigkeitsver- ordnungen eingeführt. Obgleich noch nicht weit verbreitet, besteht aber eine starke Tendenz – zunächst im Hoch- schulbereich –, das Privatliquidations- recht neu zu regeln und dem Kranken- hausträger zu übertragen

Auch die Deutsche Krankenhausge- sellschaft sieht in der so genannten Be- teiligungsvergütung, das heißt der Über- tragung der Liquidationsrechte an den Krankenhausträger und nur der Beteili- gung des leitenden Krankenhausarztes daran, eine Alternative zur Einräumung

des Liquidationsrechtes an den Arzt selbst, wie den 1996 formulierten Eck- punkten zur Weiterentwicklung des Chef- arztvertragsrechtes zu entnehmen ist.

Der Übertragung des Liquidations- rechtes auf Institutionen steht die Bun- desärztekammer (BÄK) skeptisch ge- genüber. Dies sei mit der GOÄ nicht vereinbar, meint die stellvertretende Hauptgeschäftsführerin der BÄK, Re- nate Hess, Köln. Davon zu unterschei- den sei jedoch das Inkasso der Liquida- tion, das auch dem Krankenhausträger übertragen werden könne. Die Verant- wortung für die Liquidation seiner Lei- stungen bliebe jedoch beim Arzt.

Hess prognostiziert, dass sich die ver- gütungsrechtliche Situation der Hoch- schulmediziner bei der Verwirklichung der Pläne verschlechtert. „Man darf nicht verkennen, dass das bisherige originäre Liquidationsrecht auch als Ausgleich für die mit der Hochschullehrer-Besoldung nicht abgegoltene Leitung der Univer- sitätsklinik vereinbart war“, argumen- tiert Renate Hess. Aufgrund des zuneh- menden ökonomischen Drucks auf die Universitätskliniken sei das Liquidati- onsrecht nicht mehr Leistungsentgelt; es werde vielmehr zur Finanzierungsmasse der Klinik. Der Klinikleiter, dessen Ruf die Klinik präge, wäre nur noch mit ten- denziell sinkenden Anteilen beteiligt.

Hess sieht auch negative Auswirkun- gen auf den ärztlichen Dienst, da die Klinik bei dem enger werdenden Finan- zierungsrahmen eine Mitarbeiterbetei- ligung nicht nach dem Leistungsprinzip vornehmen könne, sondern wegen der tariflichen Gleichbehandlung nur noch das Gießkannenprinzip infrage käme.

Im Hinblick auf den Status der Pri- vatpatienten kommentiert Renate Hess:

„Die Zuordnung der stationären Be- handlung von Privatpatienten in den Dienstaufgabenbereich des Klinikdi- rektors ist weitgehend üblich. Dies hat so lange keinen Einfluss auf den Privat- patienten, wie der Klinikdirektor in ei- nem Arztzusatzvertrag zur persönli- chen Behandlung verpflichtet ist. Da das Konzept jedoch davon ausgeht, das Liquidationsrecht des Klinikdirektors abzuschaffen, entfällt auch die Ver- pflichtung des Klinikdirektors zur per- sönlichen Leistungserbringung. Der Privatpatient verlöre somit seinen Son- derstatus.“ Dr. rer. pol. Harald Clade P O L I T I K

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A580 Deutsches Ärzteblatt½½Jg. 98½½Heft 10½½9. März 2001

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