A-177
M E D I Z I N
Deutsches Ärzteblatt 94,Heft 4, 24. Januar 1997 (53) findliche opioiderge System durch
Ausdauertraining eher herunterre- guliert zu werden, wie von anderen streßempfindlichen Systemen be- kannt ist.
Literatur
1. Engfred K, Kjaer M, Secher NH, Fried- mann DB, Hanel B, Nielsen OJ, Bach FW, Galbo H, Levine BD: Hypoxia and training- induced adaption of hormonal responses to exercise in humans. Eur J Appl Physiol 1994; 68: 303–309
2. Heitkamp HC, Schmid K, Scheib K: β-en- dorphin and adrenocorticotropic hormone production during marathon and incremen- tal exercise. Eur J Appl Physiol 1993; 66:
269–274
3. Heitkamp HC, Huber W, Scheib K: β-en- dorphin and adrenocorticotrophin after in- cremental exercise and marathon running female responses. Eur J Appl Physiol 1996;
72: 417–424
4. Tabata I, Atomi Y, Mutoh Y, Miyashita M:
Effect of physical training on the responses of serum adrenocorticotropic hormone du- ring prolonged exhausting exercise. Eur J Appl Physiol 1990; 61: 188–192
Dr. Hans-Ch. Heitkamp
Medizinische Klinik und Poliklinik Abteilung Sportmedizin
Eberhard-Karls-Universität Hölderlinstraße 11
72074 Tübingen
Die von Heitkamp mitgeteilte, noch nicht publizierte Information über ein geschlechtsspezifisch unter- schiedliches Verhalten der basalen ACTH-Konzentration im Blut nach Ausdauertraining bereichert die dies- bezügliche Diskussion. Insgesamt ist die ACTH- und die in der Literatur häufiger untersuchte Cortisol-Verhal- tensweise vor und nach Training, in Ruhe sowie auf gegebenen submaxi- malen Belastungsstufen komplexer Natur. Viele Faktoren spielen eine be- einflussende Rolle (gleichzeitiger psy- chischer Streß, zirkadianer Rhythmus, Ernährungszustand, Körpertempera- tur), welche sich nicht nur in Körperru- he, sondern auch in submaximalen Be- lastungsstufen unterschiedlich äußern können. Im allgemeinen erwartet man nach Training auf gegebenen submaxi- malen Belastungsstufen eine system- bezogene Herunterregulation, wie wir sie schon 1959 beschrieben (1). Ande- rerseits berichten einige Autoren über einen erhöhten Anstieg von Plasma-
DISKUSSION
Schlußwort
Cortisol (2, 3). Insbesondere scheint ein chronischer Hypercortisolismus in Zu- sammenhang mit Störungen des Men- struationszyklus bei Sportlerinnen zu stehen (4). Das gilt speziell bei gleich- zeitig vorhandenen Eßstörungen (5).
Snegovskaya und Viru (6) beobachte- ten eine vermehrte Produktion von Wachstumshormon und Cortisol im Verlaufe einer Trainingssaison von hochtrainierten Ruderern. Sie spre- chen diesem Befund eine wesentliche Rolle in der Vergrößerung der Lei- stungsfähigkeit zu. Külbs berichtete be- reits 1908 über signifikante Vergröße- rungen des Nebennierengewichts von Hunden nach einem zweijährigen Aus- dauertraining (7). In unseren Untersu- chungen, die ohne direkten Bezug auf das angesprochene Thema vorgenom- men wurden, kamen auch wir zu indivi- duell unterschiedlichen Resultaten in bezug auf die Verhaltensweise von ACTH und Cortisol auf gegebenen Be- lastungsstufen. – Die in der Leserzu- schrift erwähnte, hochsignifikante posi- tive Korrelation zwischen dem bela- stungsbedingten Anstieg der endoge- nen opioiden Peptide und ACTH ist auch in unserer Arbeit in dieser Form genannt worden.
Erfreulich ist auch die Leserzu- schrift von Häuser. In der besproche- nen sowie in anderen Publikationen ha- ben wir auf die unterschiedlichen bio- chemischen Wege psychischer Beein- flussungen durch muskuläre Arbeit hingewiesen. Eine erhöhte Konzentra- tion von endogenen opioiden Peptiden tritt nur bei den für ein Gesundheits- training unerwünschten anaeroben Be- lastungen auf oder bei ungewöhnlich langer Belastungsdauer (beispielsweise über 60 min). Für die psychisch wohltu- ende Wirkung von Beanspruchungen auf allgemeine aerobe dynamische
Ausdauer ist unserer Auffassung nach ein komplexes Geschehen im limbi- schen System unter Einbeziehung von endogenen Opioiden, Serotonin, Dop- amin und Noradrenalin verantwortlich.
Der von Häuser offenbar beanstandete Satz lautet: „Dieser Effekt – gemeint ist ein belastungsbedingter Anstieg von endogenen opioiden Peptiden – dürfte auch für das bekannte Phänomen des ,runner’s high’ verantwortlich sein, je- nem Wohlbefinden, dem einige Aus- dauersportler gewissermaßen bewußt nachlaufen.“ Wir hielten diesen Satz bewußt im Konjunktiv, obwohl unsere einschlägigen experimentellen Unter- suchungen in diesem Sinne sprechen (Registrierung des subjektiven Emp- findens und der Stimmung bei elektri- schen Reizungen der Zahnpulpa vor und nach erschöpfenden Ergometerbe- lastungen im Doppel-Blindversuch mit Naloxon als Opiatblocker). Von 1949–1996 (also in 47 Jahren) erlebten wir allerdings nur einen einzigen Fall echter Laufsucht. Ein 20jähriger Jogger legte ohne Teilnahme an Wettkämpfen wöchentlich 230 km zurück und lief sich die Füße bis auf die Knochen durch, was sein Laufprogramm nicht reduzier- te. Nach mehrwöchiger klassischer Entzugsbehandlung normalisierten sich Gemütszustand und Alltagsleben (8). Ähnliche Befunde wurden von Ya- tes et al. (9) sowie in einer Übersichts- arbeit von Pierce (10) berichtet.
Literatur beim Verfasser
Anschrift für die Verfasser:
Prof. Dr. med. Dr. h. c.
Wildor Hollmann (em.) Institut für Kreislaufforschung und Sportmedizin
Deutsche Sporthochschule Köln 50933 Köln
Diskussionsbeiträge
Zuschriften zu Beiträgen im medizinisch-wissenschaftlichen Teil – aus- genommen Editorials, Kongreßberichte und Zeitschriftenreferate – können grundsätzlich in der Rubrik „Diskussion“ zusammen mit einem dem Autor zustehenden Schlußwort veröffentlicht werden, wenn sie innerhalb vier Wo- chen nach Erscheinen der betreffenden Publikation bei der Medizinisch- Wissenschaftlichen Redaktion eingehen und bei einem Umfang von höch- stens zwei Schreibmaschinenseiten (30 Zeilen mit je 60 Anschlägen) wissen- schaftlich begründete Ergänzungen oder Entgegnungen enthalten.
Für Leserbriefe zu anderen Beiträgen gelten keine besonderen Rege-
lungen (siehe regelmäßige Hinweise). DÄ/MWR