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Archiv "Gehirn-hämodynamische, metabolische und psychische Aspekte bei körperlicher Arbeit" (24.01.1997)

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(1)

In einem faszinierenden Über- blick ihrer Forschungen über körper- liche Aktivität, hämodynamische und metabolische Veränderungen des Ge- hirns und psychische Veränderungen erwähnen die Autoren auch die „En- dorphinhypothese“.

Dem im Plasma gemessenen An- stieg von β-Endorphin wird eine ur- sächliche Bedeutung am Zustande- kommen von euphorischen Zustän- den („runner’s high“) während bezie- hungsweise nach ausdauersportli- chen Belastungen zugeschrieben (2, 5). Manche Ausdauersportler seien süchtig nach dieser Endorphinaus- schüttung (2, 3, 5). Diese auch von den Autoren explizit vertretene Hy- pothese (2) ist inzwischen auch in der Laienpresse hinlänglich kolportiert worden.

Zahlreiche epidemiologische und experimentelle Untersuchungen ha- ben gezeigt, daß regelmäßige sport- liche Betätigung im aeroben Bereich kurzfristig (Stunden bis Tage) eine antidepressive, anxiolytische und entspannende psychische Wirkung hat (4) und langfristig (Monate bis Jahre) bei Personen mittleren Le- bensalters (6) zu positiver Stim- mung, größerer Lebenszufrieden- heit und höherer Selbstachtung beiträgt (4, 6).

Zu den kurzfristigen psychischen Effekten von Ausdauersport zählen auch euphorische und ekstatische Zustände während oder kurz nach sportlicher Tätigkeit („runner’s high“

im engeren Sinne). Die meisten Aus- dauersportler können über solche Zustände berichten (1, 7). Euphori- sche Zustände treten meist bei Wett- kämpfen in Nähe des Ziels auf (1) und sind im Vergleich zu der fast re- gelhaft auftretenden, gelösten und positiv getönten Stimmung nach aus-

dauersportlichen Belastungen (2, 4) eher selten.

Neuere Studien haben gezeigt, daß keine signifikanten Beziehungen zwischen Veränderungen des Endor- phinplasmaspiegels und den psychi- schen Effekten von ausdauersportli- chen Belastungen bestehen (4, 6).

Die erhöhten Plasmaspiegel von Endorphinen und anderen endoge- nen Opioiden scheinen eher mit der während und unmittelbar nach inten- siver physischer Belastung herabge- setzten Schmerzempfindlichkeit in Zusammenhang zu stehen (4).

Auch in Anbetracht der Popula- rität der Endorphinhypothese in sportmedizinischen und in Laienkrei- sen erscheint es an der Zeit, daß diese Hypothese aus berufenem Munde re-

lativiert wird. Diese Möglichkeit ha- ben die Autoren in ihrem Übersichts- artikel nicht genutzt.

Bei der Erklärung der Motivati- on von Ausdauersportlern als auch ausdauersportkorrelierter kurz- und langfristiger psychischer Veränderun- gen sollten sowohl biochemische als auch psychologische Mechanismen einerseits, sowie situative und soziale Effekte (1, 4, 6) andererseits berück- sichtigt werden.

Literatur beim Verfasser Dr. med. Winfried Häuser Facharzt für Innere Medizin, Facharzt für Psychotherapeutische Medizin – Sportmedizin

Püttlingerstraße 94 66773 Schwalbach-Elm

Die umfassende Darstellung er- scheint in dem Punkte der endogenen Opioide ergänzungsbedürftig. Die Au- toren stellten nach mehrwöchigem Ausdauertraining auf submaximaler Belastungsstufe eine erhöhte Kon- zentration von ACTH fest. Nach eige- nen, zur Publikation vorbereiteten Da- ten kommt es nach Ausdauertraining von acht Wochen zu einem Anstieg der basalen ACTH-Konzentration bei Frauen, aber nicht bei Männern. Die nach stufenförmiger Belastung erzielte maximale Konzentration liegt im glei- chen Bereich wie vor dem Training, in der Tendenz eher etwas niedriger.

Nach siebenwöchigem intensivem Training war bei submaximaler Bela- stung von 50 Prozent VO2 max das ACTH bei Abbruch nach Training si- gnifikant gesenkt und kaum höher als das Ausgangsniveau (4). Weiter fan- den andere Autoren nach mehrwöchi- gem Ausdauertraining bei einer sub- maximalen Belastung von 85 Prozent VO2max bei der vor dem Training er- reichten Dauer eine deutlich geringere und auch bei Abbruch eine niedrigere Konzentration von ACTH (1).

Gleichzeitig mitbestimmtes β- Endorphin zeigte ähnliches Verhal- ten, zumal in allen – so auch in eige- nen – Untersuchungen im Zusam- menhang mit körperlicher Belastung hohe Korrelationen zwischen beiden Hormonen beobachtet wurden (2).

Ergänzend wird darauf hingewiesen, daß es ein geschlechtsspezifisches Verhalten gibt. Ausdauertrainierte Frauen zeigten nach stufenförmiger Belastung und nach einem Marathon- lauf eher höhere Konzentrationen von ACTH, während beim β-Endor- phin gegenläufige Effekte gezeigt werden konnten (3).

Entgegen der Schlußfolgerung der Autoren scheint das streßemp- A-176

M E D I Z I N

(52) Deutsches Ärzteblatt 94,Heft 4, 24. Januar 1997 DISKUSSION

Gehirn-hämodynamische,

metabolische und psychische Aspekte bei körperlicher Arbeit

Zu dem Beitrag von Prof. Dr. med. Dr. h. c.

Wildor Hollmann et al.

in Heft 31-32/1996

Endorphinhypothese

relativieren

Endogene Opioide

ergänzungsbedürftig

(2)

A-177

M E D I Z I N

Deutsches Ärzteblatt 94,Heft 4, 24. Januar 1997 (53) findliche opioiderge System durch

Ausdauertraining eher herunterre- guliert zu werden, wie von anderen streßempfindlichen Systemen be- kannt ist.

Literatur

1. Engfred K, Kjaer M, Secher NH, Fried- mann DB, Hanel B, Nielsen OJ, Bach FW, Galbo H, Levine BD: Hypoxia and training- induced adaption of hormonal responses to exercise in humans. Eur J Appl Physiol 1994; 68: 303–309

2. Heitkamp HC, Schmid K, Scheib K: β-en- dorphin and adrenocorticotropic hormone production during marathon and incremen- tal exercise. Eur J Appl Physiol 1993; 66:

269–274

3. Heitkamp HC, Huber W, Scheib K: β-en- dorphin and adrenocorticotrophin after in- cremental exercise and marathon running female responses. Eur J Appl Physiol 1996;

72: 417–424

4. Tabata I, Atomi Y, Mutoh Y, Miyashita M:

Effect of physical training on the responses of serum adrenocorticotropic hormone du- ring prolonged exhausting exercise. Eur J Appl Physiol 1990; 61: 188–192

Dr. Hans-Ch. Heitkamp

Medizinische Klinik und Poliklinik Abteilung Sportmedizin

Eberhard-Karls-Universität Hölderlinstraße 11

72074 Tübingen

Die von Heitkamp mitgeteilte, noch nicht publizierte Information über ein geschlechtsspezifisch unter- schiedliches Verhalten der basalen ACTH-Konzentration im Blut nach Ausdauertraining bereichert die dies- bezügliche Diskussion. Insgesamt ist die ACTH- und die in der Literatur häufiger untersuchte Cortisol-Verhal- tensweise vor und nach Training, in Ruhe sowie auf gegebenen submaxi- malen Belastungsstufen komplexer Natur. Viele Faktoren spielen eine be- einflussende Rolle (gleichzeitiger psy- chischer Streß, zirkadianer Rhythmus, Ernährungszustand, Körpertempera- tur), welche sich nicht nur in Körperru- he, sondern auch in submaximalen Be- lastungsstufen unterschiedlich äußern können. Im allgemeinen erwartet man nach Training auf gegebenen submaxi- malen Belastungsstufen eine system- bezogene Herunterregulation, wie wir sie schon 1959 beschrieben (1). Ande- rerseits berichten einige Autoren über einen erhöhten Anstieg von Plasma-

DISKUSSION

Schlußwort

Cortisol (2, 3). Insbesondere scheint ein chronischer Hypercortisolismus in Zu- sammenhang mit Störungen des Men- struationszyklus bei Sportlerinnen zu stehen (4). Das gilt speziell bei gleich- zeitig vorhandenen Eßstörungen (5).

Snegovskaya und Viru (6) beobachte- ten eine vermehrte Produktion von Wachstumshormon und Cortisol im Verlaufe einer Trainingssaison von hochtrainierten Ruderern. Sie spre- chen diesem Befund eine wesentliche Rolle in der Vergrößerung der Lei- stungsfähigkeit zu. Külbs berichtete be- reits 1908 über signifikante Vergröße- rungen des Nebennierengewichts von Hunden nach einem zweijährigen Aus- dauertraining (7). In unseren Untersu- chungen, die ohne direkten Bezug auf das angesprochene Thema vorgenom- men wurden, kamen auch wir zu indivi- duell unterschiedlichen Resultaten in bezug auf die Verhaltensweise von ACTH und Cortisol auf gegebenen Be- lastungsstufen. – Die in der Leserzu- schrift erwähnte, hochsignifikante posi- tive Korrelation zwischen dem bela- stungsbedingten Anstieg der endoge- nen opioiden Peptide und ACTH ist auch in unserer Arbeit in dieser Form genannt worden.

Erfreulich ist auch die Leserzu- schrift von Häuser. In der besproche- nen sowie in anderen Publikationen ha- ben wir auf die unterschiedlichen bio- chemischen Wege psychischer Beein- flussungen durch muskuläre Arbeit hingewiesen. Eine erhöhte Konzentra- tion von endogenen opioiden Peptiden tritt nur bei den für ein Gesundheits- training unerwünschten anaeroben Be- lastungen auf oder bei ungewöhnlich langer Belastungsdauer (beispielsweise über 60 min). Für die psychisch wohltu- ende Wirkung von Beanspruchungen auf allgemeine aerobe dynamische

Ausdauer ist unserer Auffassung nach ein komplexes Geschehen im limbi- schen System unter Einbeziehung von endogenen Opioiden, Serotonin, Dop- amin und Noradrenalin verantwortlich.

Der von Häuser offenbar beanstandete Satz lautet: „Dieser Effekt – gemeint ist ein belastungsbedingter Anstieg von endogenen opioiden Peptiden – dürfte auch für das bekannte Phänomen des ,runner’s high’ verantwortlich sein, je- nem Wohlbefinden, dem einige Aus- dauersportler gewissermaßen bewußt nachlaufen.“ Wir hielten diesen Satz bewußt im Konjunktiv, obwohl unsere einschlägigen experimentellen Unter- suchungen in diesem Sinne sprechen (Registrierung des subjektiven Emp- findens und der Stimmung bei elektri- schen Reizungen der Zahnpulpa vor und nach erschöpfenden Ergometerbe- lastungen im Doppel-Blindversuch mit Naloxon als Opiatblocker). Von 1949–1996 (also in 47 Jahren) erlebten wir allerdings nur einen einzigen Fall echter Laufsucht. Ein 20jähriger Jogger legte ohne Teilnahme an Wettkämpfen wöchentlich 230 km zurück und lief sich die Füße bis auf die Knochen durch, was sein Laufprogramm nicht reduzier- te. Nach mehrwöchiger klassischer Entzugsbehandlung normalisierten sich Gemütszustand und Alltagsleben (8). Ähnliche Befunde wurden von Ya- tes et al. (9) sowie in einer Übersichts- arbeit von Pierce (10) berichtet.

Literatur beim Verfasser

Anschrift für die Verfasser:

Prof. Dr. med. Dr. h. c.

Wildor Hollmann (em.) Institut für Kreislaufforschung und Sportmedizin

Deutsche Sporthochschule Köln 50933 Köln

Diskussionsbeiträge

Zuschriften zu Beiträgen im medizinisch-wissenschaftlichen Teil – aus- genommen Editorials, Kongreßberichte und Zeitschriftenreferate – können grundsätzlich in der Rubrik „Diskussion“ zusammen mit einem dem Autor zustehenden Schlußwort veröffentlicht werden, wenn sie innerhalb vier Wo- chen nach Erscheinen der betreffenden Publikation bei der Medizinisch- Wissenschaftlichen Redaktion eingehen und bei einem Umfang von höch- stens zwei Schreibmaschinenseiten (30 Zeilen mit je 60 Anschlägen) wissen- schaftlich begründete Ergänzungen oder Entgegnungen enthalten.

Für Leserbriefe zu anderen Beiträgen gelten keine besonderen Rege-

lungen (siehe regelmäßige Hinweise). DÄ/MWR

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