• Keine Ergebnisse gefunden

Archiv "Klebeumbruch: Die Tücken der manuellen Gestaltung" (28.05.1999)

N/A
N/A
Protected

Academic year: 2022

Aktie "Archiv "Klebeumbruch: Die Tücken der manuellen Gestaltung" (28.05.1999)"

Copied!
2
0
0

Wird geladen.... (Jetzt Volltext ansehen)

Volltext

(1)

lebeumbruch bedeutet, daß die Layoutseiten, die das ge- setzte Manuskript in einen Artikel im Deutschen Ärztebatt ver- wandelten, noch mit Papier und Klebstoff zusammengebastelt wur- den. Diese Vorgehensweise war nicht ohne Tücken, aber auch nicht ganz reizlos für die Herstellen- den, denn sie verlangte allen eine Menge Vorstellungs- kraft und rechnerische Fähigkeiten ab. Da die für das Layout zuständigen Umbruchredakteure stän- dig vom unverwechselbaren Duft des gummierten Papier- klebers „Fixogum“ umgeben waren, konnte damals ihr Ar- beitsplatz mit der Nase lokali- siert werden. Leider war es beim „Bauen“ der Seiten sel- ten möglich, die Fenster zu öff- nen, denn die Manuskripte la- gen in Hunderte von kleinen Papierschnipseln zerlegt, eng bedruckt, Zei- len und einzelne Buchsta- ben in unterschiedlichen Schriftarten und Größen, auf dem Arbeitsplatz – ein einzi- ger Windstoß hätte vieles zu- nichte gemacht. Zu dem zer- legten Manuskript gesellten sich dann die Schwarzweiß- kopien der Grafiken und Abbildungen, die natürlich noch nicht auf Format ge- bracht waren. In diesem Chaos fanden sich des wei- teren ein Typometer zur Be-

stimmung von unterschiedlichen Schriftgrößen und Höhen von Buch- staben sowie die „Graphia 190 DBGM-Norma“, in der Redaktion auch als „das Drehkreisscheiben- Berechnungsinstrument“ bekannt.

Mit diesem mathematischen Wunder- werk ließen sich die veränderten Breiten eines Bildes errechnen, wenn die Höhe verändert wurde. Soweit

zu dem „aufwendigen“ Handwerks- zeug der damaligen Zeit.

Während des Klebeumbruchs reagierte der Umbruchredakteur mit Unverständnis, wenn er sieben Auto- ren neben der Titelzeile auf der er- sten Seite des Beitrags unterbringen sollte. Der medizinisch-wissenschaft- liche Redakteur konterte auf die Nachfrage, ob das denn wirklich sein müsse, daß es sich dabei um einen wissenschaftlich fundierten Beitrag einer in- ternational renommierten Arbeitsgruppe handelt, und er konnte nur achsel- zuckend die Devise austei- len: „Die müssen auf jeden Fall alle auf die erste Seite, sonst haben wir program- mierten Ärger.“

Den Umbruchredakteur stellte diese Anforderung vor das Problem, daß er für die Unterbringung der sieben Autorennamen ei- ne längere Titelzeile be- nötigte. Eine zweispaltige Titelzeile, die über zwei Zei- len lief, war dann für ihn nicht ausreichend. Er brauchte auf jeden Fall im Titel eine dritte Zeile, also klebte er den Blindsatz auf, einen sogenannten Platzhal- ter. So gab er den „Schwar- zen Peter“ an den Redakteur weiter. Den traf nun beinahe der Schlag. Als erstes grübel- te er darüber, mit welchem Argument er dem Autor und 21

Klebeumbruch

Die Tücken der manuellen Gestaltung

Schnell gewöhnt man sich an die Annehmlichkeiten des EDV-Einsatzes in der Redaktion. Doch liegt die Zeit noch nicht weit zurück, in der das Seitenlayout einer Zeitschrift nicht am PC-Bildschirm erfolgte, sondern als Klebeumbruch in Handarbeit gestaltet wurde.

K

Beilage zum Deutschen Ärzteblatt Heft 21/1999

5 0 J A H R E

DEUTSCHES ÄRZTEBLATT IM DEUTSCHEN ÄRZTE-VERLAG

Beim Klebeumbruch benötigte Werkzeuge, die bei intensiven Recherchen in verschiedenen Büroschubladen gefunden wurden Foto: E. Hahne

(2)

der Schriftleitung eine solche ekla- tante Änderung plausibel machen könnte, denn Titel sind in der medizi- nischen Fachwelt Arbeitstitel, die ein Thema oder eine Problemstellung eng umgrenzen. Während er noch mit dem Typometer den zur Verfügung stehenden Platz der Zeile ausrechne- te, um die Zahl der Buchstaben zu bestimmen, die ihm für den Blindsatz zur Verfügung standen, fiel es ihm glücklicherweise ein: beim Redigie- ren des Manuskriptes für das Satz- büro der Druckerei in Geldern hatte er vergessen, die Dachzeile, also eine Zeile über der Titelschlagzeile, anzu- geben. Damit entstand genügend Platz, um die Namen der sieben Au- toren unterzubringen.

Text freischlagen

Weitere Schwierigkeiten warte- ten auf ihn, als der Umbruchredak- teur mit einem jovialen Lächeln das Zimmer betrat und die restlichen Klebeseiten hinlegte. Dem Beitrag fehlten, damit er eine dritte Seite komplett ausfüllen konnte, etwa 20 Zeilen. Ein schier unlösbares Pro- blem ergab sich für den Redakteur.

Er konnte nicht in einer Publikation über die kraniofaziale Chirurgie im Kindesalter in dem erforderlichen Umfang Text ergänzen. Da half ihm nur noch ein gedankliches Planspiel

weiter. Wenn er die Druckerei bat, bei den Korrekturen die Schrift ein bißchen – für den Betrachter kaum wahrnehmbar – zu verbreitern, könn- ten bei drei Seiten ungefähr fünf Zei- len gewonnen werden. Bei einer Ver- größerung der beiden Abbildungen auf ein anderthalbspaltiges Format würden etwa weitere 10 Zeilen hinzu- kommen. Vielleicht wäre es auch möglich, durch nachträglich eingefüg- te Absätze noch zwei weitere Zeilen

herauszuschinden. Allerdings müßte beim Plazieren der Absatzzeichen darauf geachtet werden, daß die nachfolgende Zwischenüberschrift nicht zu weit nach unten rückt, damit sie nicht am unteren Spaltenrand

„hängt“. Im übrigen führt das Ab- satzzeichen nicht unbedingt zu zwei weiteren Zeilen. Die Frage war: Sind genügend Zeichen in dem Satz vor- handen, um eine weitere Zeile zu er- zeugen?

Akribisches Auszählen

Auch hier half nur akribisches Auszählen weiter. Mittlerweile waren 17 der 20 geforderten Zeilen in den Gedanken des Redakteurs vorhan- den. Vielleicht könnte die Bildunter- schrift der einen Abbildung gelängt werden, so daß sie der der anderen Abbildung angeglichen wäre, was mehr Text zur Folge hätte. Das bräch- te ebenfalls zwei weitere Zeilen.

Die Gedanken wurden schnell auf den Klebeseiten zu Papier ge- bracht. Eine Zeile fehlte. Die je- doch, dachte sich damals der Re- dakteur, hebe ich mir für die näch- ste überarbeitete Fassung aus der Druckerei auf. Unser „damals“ ende- te mit Heft 39 des Deutschen Ärzte- blattes 1994. Catrin Marx 22 Beilage zum Deutschen Ärzteblatt Heft 21/1999

5 0 J A H R E

DEUTSCHES ÄRZTEBLATT IM DEUTSCHEN ÄRZTE-VERLAG

Die beiden ärztlichen Arbeitsge- meinschaften kamen im Frühjahr 1949 überein, die bei der zügig angestreb- ten Herausgabe der „Ärztlichen Mit- teilungen“ benötigten Investitionsko- sten zu gleichen Teilen zu überneh- men. Dies stellte sich allerdings bei den unterschiedlichen Finanzverhält- nissen der beiden Organisationen sehr rasch als illusorisch heraus. Der Stand- ort des neuen Verlags richtete sich angesichts der damals noch sehr be- einträchtigten Verkehrs- und Kommu- nikationsverhältnisse nach der Verfüg- barkeit einer leistungsfähigen Drucke- rei im näheren Umfeld von Bad Nau- heim. Hier war man auf eine geeignet scheinende Druckerei in Gießen ge-

stoßen. Mit Unterstützung der dorti- gen Stadtverwaltung gelang es trotz der großen Wohnungsknappheit rasch, vier Räume in Beschlag zu neh- men und am 1. März 1949 mit sieben Mitarbeitern die Arbeit des neuge- gründeten Verlags aufzunehmen. All- zu komfortabel wird der erste Stand- ort des Deutschen Ärzte-Verlags nicht gewesen sein, da es sich hierbei um die vergitterten Gefängnisräume der ehe- maligen Gießener Wehrmachts-Kaser- ne handelte. Der Arbeitsdruck für die ersten Mitarbeiter war enorm, galt es doch nunmehr, das auf den 15. Mai festgelegte Erscheinen des ersten Hef- tes der „Ärztlichen Mitteilungen“ si-

cherzustellen. N

Der Klebeumbruch gehört der Vergangenheit an. Heute wird das Deutsche Ärzteblatt am Bildschirm gestaltet.

Aus der Verlagsgeschichte

Referenzen

ÄHNLICHE DOKUMENTE

Die Kassenärztliche Bundesvereinigung und der Hausärzte- verband wenden sich gemeinsam gegen einen Passus im Gesetz, wonach Krankenkassen nur mit „besonders qualifizierten

(Der Vollständigkeit halber seien auch Negativ- und Posi- tivliste genannt. Erstere ent- hält, auf gesetzlicher Grund- lage, Mittel, die nicht zu La- sten der Krankenkassen ver-

Was sich naturge- mäß auch auf die Seiten des Heftin- neren auswirkte, die nach und nach zudem durch Einführung klarerer und größerer Schriften, stärkere Be-

Über die Art und Weise allerdings, wie Bioäquivalenz nachgewiesen wer- den kann oder sollte, streiten sich Wissenschaftler, Firmenvertreter und Gesund- heitsbeamte seit Jahren, da

Mehr noch: Kostentreibende Strukturverwerfungen müßten beseitigt werden; ohne Rück- sicht auf Tabus und ohne Furcht vor Interessenkollisionen müß- ten drastische Eingriffe in allen

Allerdings fehlt bei den in die Anlage 2 aufgenommenen Antiepilep- tika Carbamazepin, eine der am häufig- sten eingesetzten Substanzen, da dieser Wirkstoff auch bei

Psychotherapeutische Orientierung neben kompe- tenter medizinischer Hilfe — eine auch von den neuen Gebührenordnungen geförderte Entwick- lung — verlangt vom Arzt nicht nur

Aus der Mitteilung des Landespressedienstes geht richtig hervor, daß 1985 knapp 10 Prozent der in Ber- lin geborenen Kinder im er- sten Lebensjahr erstmals in einer der