DEUTSCHES ÄRZTEBLATT
D
ie Spitzenverbände der gesetzlichen Krankenver- sicherung und die Kas- senärztliche Bundesvereini- gung haben sich auf Grund- züge einer Bundesempfeh- lung geeinigt. Sie sind sich darin einig, „in den Vergü- tungsverträgen bezüglich der Preis- und Mengenentwick- lung Regelungen vorzusehen, die den Zuwachs der Ausga- ben für ambulante ärztliche Leistungen im Zeitraum 1. Ju- li 1985 bis 30. Juni 1986 im Einklang mit dem Zuwachs der Grundlohnsumme hal- ten". So steht es in einer ge- meinsamen Erklärung, die nach dem Gespräch zwischen Bundesarbeitsminister, Kran- kenkassen und KBV am 23.April herausgegeben wurde.
Eine solche Zusicherung war bereits in einem von der Kas- senärztlichen Bundesvereini- gung und den Kassenverbän- den ausgehandelten Empfeh- lungsentwurf für die Konzer- tierte Aktion enthalten. Da-
Absichts- erklärungen
mals war es zu einer Empfeh- lung nicht gekommen, weil der zweite Teil des Entwurfs, nämlich eine dezidierte Äu- ßerung zugunsten einer be- sonderen Qualifikation des Kassenarztes ( „Hausarzt" ) , keine Gegenliebe fand.
In der gemeinsamen Erklä- rung nach dem Gespräch mit Blüm erklären die Vertrags- partner nun wiederum, für die Zulassung des Kassenarztes sei eine „besondere Qualifi- kation" unerläßlich. Der Bun- desarbeitsminister, so heißt es ausdrücklich, „teilt diese Auf- fassung". Allerdings wollte sich Blüm in dem Gespräch nicht auf Details einlassen. Er will immerhin prüfen, ob es
nach 1988, wenn die Arzt-im- Praktikum-Phase eingeführt ist und die bisherige Vorbe- reitungszeit an sich enden soll, nicht doch bei einer (ge- kürzten) kassenärztlichen Vorbereitungszeit bleiben muß.
Außerdem hat der Bundesar- beitsminister der Feststellung zugestimmt, daß die Bedarfs- planung dergestalt erweitert werden muß, „daß Instrumen- te für die Bewältigung einer Überversorgung eingeführt werden, wie es bereits bei ei- ner drohenden Unterversor- gung der Fall ist". Im Klar- text: es soll demnächst mög- lich sein, die über den „Be- darf" hinaus in die kassen- ärztliche Versorgung einströ- menden Ärzte gleichmäßig zu verteilen. Bei der Gelegenheit könnte auch ein ausgewoge- nes Zahlenverhältnis zwi- schen den primärärztlich täti- gen Ärzten und den Speziali- sten angestrebt werden. (Sie- he auch Seite 1317) NJ
E
in bißchen peinlich ist das Transparenzlisten-Urteil des Bundesverwaltungs- gerichtes für die Politiker schon; es wäre aber illuso- risch zu glauben, daß es mit dem ganzen Spuk der Arznei- mittellisten nun ein Ende habe.Das Gericht hat eigentlich keine Liste „verboten", son- dern nur dem Bundesgesund- heitsminister untersagt, eine
„Transparenzliste" mit Preis- und Qualitätsangaben im
„Bundesanzeiger" zu veröf- fentlichen. Für einen solchen Eingriff in die Freiheit der Un- ternehmen gebe es keine gesetzliche Grundlage. Das stimmt: Die Transparenzkom- mission beim Bundesgesund- heitsamt war vom sozial-libe- ralen Bundeskabinett einge- richtet und vom christlich-li- beralen Nachfolger beibehal- ten worden. Eine Schuldzu- weisung nach Parteizugehö- rigkeit wäre also fehl am Plat-
Listen mit
vielen Tücken
ze. Und der einzelne Arzt wird die Liste kaum je gese- hen haben; welcher verord- nende Arzt liest schon den
„Bundesanzeiger"?
Ganz anders die Preisver- gleichsliste. Sie wird vom Bundesausschuß der Ärzte und Krankenkassen auf ge- setzlicher Grundlage (Para- graph 368 p RVO) erarbeitet.
Diese Liste soll nach dem Wunsch des Bundesarbeits- ministers und auch der Kran- kenkassen möglichst bald er- weitert werden, so daß sie tat- sächlich vom Arzt praktisch genutzt werden kann. Die Arzneimittel sollen dann nach Indikationen (nicht nach Wirkstoffen) geordnet aufge-
führt werden, und die Liste soll auch Kombinationspräpa- rate (und nicht nur Monoprä- parate) enthalten.
(Der Vollständigkeit halber seien auch Negativ- und Posi- tivliste genannt. Erstere ent- hält, auf gesetzlicher Grund- lage, Mittel, die nicht zu La- sten der Krankenkassen ver- ordnet werden dürfen; letzte- re — von manchen gewünscht, von den meisten gefürchtet — würde nur Mittel enthalten, die zu Lasten der Kassen ver- ordnet werden dürfen. Mit dem jüngsten Gerichtsurteil haben beide nichts zu tun.) Ein Dilemma bleibt: Wer ist wirklich kompetent, dem Arzt vorzuschreiben, welches Mit- tel bei einer bestimmten Indi- kation nach Preis und Quali- tät für alle Patienten das
„günstigste" sein soll? Wer entscheidet über die „Quali- tät" des Arzneimittels? — hof- fentlich nicht die Politik! gb
Ausgabe A 82. Jahrgang Heft 18 vom 1. Mai 1985 (1) 1301