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Lachat, T., Brändli, U. B., & Bolliger, M. (2015). Totholz. In A. Rigling & H. P. Schaffer (Eds.), Waldbericht 2015. Zustand und Nutzung des Schweizer Waldes (pp. 80-81). Bundesamt für Umwelt BAFU; Eidg. Forschungsanstalt für Wald, Schnee und Landschaf

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Academic year: 2022

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> Waldbericht 2015 Zustand und Nutzung des Schweizer Waldes BAFU / WSL 2015

4.5 Totholz

Thibault Lachat, Urs-Beat Brändli, Markus Bolliger

> Totholz und Habitatbäume sind für mehr als 20 Prozent der im Wald lebenden Arten unersetzliches Habitat und Nahrungsquelle. Viele dieser 6000 Arten sind gefährdet.

> Stürme, ein zunehmendes Verständnis für ökologische Zusammenhänge sowie die tiefen Holzpreise sind für die Zunahme des Totholzvolumens und der Habitatbäume verantwortlich.

> Gemäss Landesforstinventar LFI hat sich das Totholzvolumen im Zeitraum von 1995 bis 2013 verdoppelt und erreicht heute im Schweizer Wald 24 Kubikmeter pro Hektare. Diese Menge reicht jedoch nicht überall, um gefährdete Arten zu erhalten – vor allem im Mittelland und im Jura bestehen erhebliche Defizite. Totholz mit grossem Durchmesser und in späten Abbaustadien ist gesamtschweizerisch nach wie vor selten.

> Durch die intensivierte Gewinnung von Energieholz könnten Habitatbäume und frisches Totholz wieder wirt- schaftlichen Wert bekommen: Ihre Erhaltung im Wald muss deshalb mit besonderen Massnahmen

gesichert werden.

Totholz und Habitatbäume

Als Totholz werden abgestorbene Bäume oder Baumteile bezeichnet; diese können stehen oder liegen und die Form von dünnen Ästen oder dicken Stämmen haben. Totholz entsteht entweder durch das natürliche Sterben eines Baumes oder eines Teils davon – beispielsweise durch Alterung, Windwurf, Krankheiten oder Schädlinge (Kap. 2.4) – oder es fällt als Hol- zernterest bei der Bewirtschaftung an. Unter Habitatbäumen, auch Biotopbäume genannt, versteht man lebende Bäume mit Habitaten für spezialisierte Arten, beispielsweise hohle Bäume mit Mulm für bestimmte Käfer oder Bäume mit Rissen für Fledermäuse (Abb. 4.5.1).

Totholz und Habitatbäume sind für das Ökosystem Wald wichtig, weil rund 6000 Arten auf sie als Lebensraum oder Nahrungsquelle angewiesen sind. Über 1700 Käferarten und 2700 höhere Pilze zählen dazu, aber auch viele Vögel, Amphi- bien, Moose und Flechten. Eine Zunahme an Habitatbäumen und Totholz fördert daher die Biodiversität. Totholz hat noch weitere Funktionen: Es kann  – richtig angeordnet  – gegen Steinschlag schützen oder als Keimbeet für Baumsamen dienen und somit die Naturverjüngung (Kap. 4.2) in Gebirgs- wäldern fördern.

Totholz nimmt zu

Die Entwicklung im Schweizer Wald ist erfreulich: Das Volu- men an Totholz sowie die Anzahl Dürrständer nehmen seit den 1980er-Jahren zu. Gemäss LFI hat sich das Totholzvolumen zwischen 1995 und 2013 von 11 auf 24 Kubikmeter pro Hekt- are (m3/ha) mehr als verdoppelt. Ausserdem ist die Anzahl

mächtiger Bäume mit einem Durchmesser von mehr als 80 Zentimetern gestiegen (Kap. 1.3). Die Zunahme des Totholzes ist unter anderem eine Folge des Orkans «Lothar». Dazu bei- getragen hat auch, dass die Holzernte in schlecht zugängli- chen Gebieten nicht mehr rentabel ist und deshalb zahlreiche Bestände seit Jahrzehnten nicht mehr bewirtschaftet werden (Kap. 4.3). Zusätzlich hat sich die Akzeptanz für Totholz und Habitatbäume bei Waldbesitzern und -bewirtschaftern in den letzten Jahrzehnten verbessert. Dies führt dazu, dass mehr Totholz im Wald toleriert wird und Habitatbäume gezielt ste- hen gelassen werden.

Vom Anstieg des Totholzes, der Dürrständer und der dicken, alten Bäume im Schweizer Wald können viele Tier- und Pflanzenarten profitieren, etwa die meisten Spechtarten (Mollet et al. 2009) und einige holzbewohnende Arten. Bei- spielsweise nehmen seit dem 2. Weltkrieg die Bestände des Alpenbocks (Rosalia alpina) zu (Lachat et al. 2013), unter anderem dank der Zunahme toter, gut besonnter Buchen in tieferen und mittleren Lagen.

Schwellenwerte

Wie viel Totholz ist nötig, um gefährdete Arten zu erhalten?

Diese Frage lässt sich mithilfe sogenannter Schwellenwerte beantworten. Damit werden die Mindestmengen an Totholz bezeichnet, die für die Erhaltung spezialisierter Arten not- wendig sind. Die meisten xylobionten Arten brauchen zwi- schen 20 und 50 m3/ha. Dabei bestehen Unterschiede zwischen Waldtypen: In montan-subalpinen Nadelwäldern braucht es 20 bis 30 m3/ha, während in Eichen-Buchenwäldern 30 bis

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> 4 Biologische Vielfalt 4.5 Totholz 81

50 m3/ha nötig sind (Müller und Bütler 2010). Besonders anspruchsvolle Arten wie der seltene Pilz Zitronengelbe Tra- mete (Antrodiella citrinella) brauchen über 100 m3/ha Totholz.

Solch grosse Mengen kommen nur in Wäldern vor, die seit längerer Zeit nicht mehr bewirtschaftet wurden. In gewissen Regionen werden die Schwellenwerte der Totholzvolumen für die Erhaltung der meisten xylobionten Arten erreicht. Trotz- dem gibt es zahlreiche Wälder, in denen dies nicht der Fall ist. Diese sind vor allem in den tiefen, gut erreichbaren Lagen des Juras und Mittellande zu finden. Dort sind die Totholz- volumen am geringsten und dementsprechend die ökologischen Defizite am höchsten (Abb. 4.5.2). Im Mittelland weisen nur Wälder, die von einem Sturm getroffen wurden, hohe Totholz- volumen auf.

Beim Totholz zählt nicht nur die Quantität, sondern auch die Qualität. Die Vielfalt an Grössenklassen oder Abbauzu- ständen bestimmt die Zusammensetzung der Artengemein- schaften (Lachat et al. 2014). Fachleute schätzen, dass mindes- tens 5 bis 10 Dürrständer oder Habitatbäume pro Hektare Wald erhalten bleiben müssen, damit die davon abhängigen Arten überleben können (Bütler et al. 2013). Totholz und Habitat- bäume sollten zudem gut im Wald verteilt und vernetzt sowie konstant verfügbar sein. Ideal für die Biodiversität ist ein Netz aus grossen und kleinen Waldbeständen mit hohen Mengen an Totholz und vielen Habitatbäumen. Diese sollten in eine naturnahe Waldlandschaft eingebettet sein, in der alle Wald- gebiete Totholz enthalten. Die Einrichtung und Sicherung von Naturwaldreservaten und Altholzinseln (Kap. 4.9) ist deshalb eine wichtige Massnahme, um das Überleben anspruchsvoller Arten auf Dauer zu gewährleisten.

Es ist schwierig abzuschätzen, wie sich in Zukunft die Menge an Totholz und die Anzahl Habitatbäume im Schweizer Wald entwickeln werden. Die zunehmende Nachfrage nach Energieholz könnte den Trend hin zu mehr Totholz brechen.

Die grosse Herausforderung besteht darin, trotz verstärkter Holznutzung die Ansprüche der auf Habitatbäume und Tot- holz angewiesenen Arten zu erfüllen. Dafür braucht es Kom- promisse zwischen ökonomischen und ökologischen Zielen, was die Waldbewirtschafter seit Jahrzehnten mit ganzheitlich angelegter Waldplanung zu erreichen versuchen (Waldent- wicklungsplan WEP).

Abb. 4.5.2 Durchschnittliches Totholzvolumen pro Wirtschafts- region im Schweizer Wald. Quelle: LFI 2009/13

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30 28

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18 16

Schweiz: 24 m3/ha

21–30 m3/ha

11–20 m3/ha 31–40 m3/ha 41–50 m3/ha >50 m3/ha Abb. 4.5.1 Habitatbaum mit Kleinhabitaten wie Spechthöhlen,

Konsolenpilzen und Rindentaschen, die für spezialisierte Arten besonders wertvoll sind. Foto: Andreas Rigling

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