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Brändli, U. B., & Imesch, N. (2015). Verjüngung. In A. Rigling & H. P. Schaffer (Eds.), Waldbericht 2015. Zustand und Nutzung des Schweizer Waldes (pp. 74-75). Bundesamt für Umwelt BAFU; Eidg. Forschungsanstalt für Wald, Schnee und Landschaft WSL.

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Academic year: 2022

Aktie "Brändli, U. B., & Imesch, N. (2015). Verjüngung. In A. Rigling & H. P. Schaffer (Eds.), Waldbericht 2015. Zustand und Nutzung des Schweizer Waldes (pp. 74-75). Bundesamt für Umwelt BAFU; Eidg. Forschungsanstalt für Wald, Schnee und Landschaft WSL."

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> Waldbericht 2015 Zustand und Nutzung des Schweizer Waldes BAFU / WSL 2015

4.2 Verjüngung

Urs-Beat Brändli, Nicole Imesch

> Unbestockte Verjüngungsflächen entstehen durch Holzschlag oder durch natürliche Störungen wie Stürme oder Waldbrände und bieten Lebensraum für licht- und wärmebedürftige Arten. Zwischen 1995 und 2006 haben sich diese Flächen verdoppelt, was unter anderem eine Folge des Orkans «Lothar» ist.

> Naturverjüngung hat ökonomische und ökologische Vorteile gegenüber Pflanzungen. In der Schweiz hat sie stark zugenommen: Heute sind 90 Prozent der Waldbestände in der Verjüngungs- und Jungwaldphase aus natürlicher Ansamung entstanden. Damit liegt die Schweiz an der Spitze der westeuropäischen Länder.

> Pflanzungen haben seit 1995 weiter stark abgenommen. Gepflanzt wird heute nur noch, um Schutzwälder zu stärken, die Artenvielfalt zu fördern oder Wertholz einheimischer Baumarten zu produzieren.

> Die Verjüngung einiger Baumarten ist durch das Schalenwild stark beeinträchtigt. Bei der empfindlichen Weisstanne nimmt der Verbiss seit 1995 zu, und bei der seltenen Eibe kommt seit Jahrzehnten kaum Jungwuchs auf.

Verjüngungsflächen

Junger Wald gehört zur Vielfalt der Lebensräume im Wald.

Natürlicherweise entsteht er an Stellen, wo alte Bäume abster- ben. Er kann kleinflächig nachwachsen, wenn einzelne Bäume absterben, oder auch grossflächig, wenn Stürme, Waldbrände und andere Störungen grosse Lichtungen entstehen lassen.

Die Waldbewirtschafter ahmen diese natürlichen Vorgänge nach: Sie verjüngen Wälder entweder durch das Fällen ein- zelner Bäume (im Gebirgsplenter-, Plenter- und Dauerwald) oder durch das Schlagen der Bäume auf kleinen Flächen, die bis zu einer halben Hektare gross sind (im schlagweisen Hochwald).

Verjüngungsflächen – vorübergehend unbestockte Flä- chen, auf denen junger Wald nachwachsen soll – bieten beste Voraussetzungen für eine vielfältige Waldsukzession (Prie- wasser 2013): Sie ermöglichen nicht nur den Generationen- wechsel von Bäumen, sondern sind auch Lebensräume für licht- und wärmebedürftige Tier- und Pflanzenarten. Dabei spielt es keine Rolle, ob sie natürlicherweise oder durch klein- flächige Holzschläge entstehen. Im Schweizer Wald haben sich die Verjüngungsflächen gemäss Landesforstinventar LFI zwischen 1995 und 2006 verdoppelt – einen Grossteil davon hat der Orkan «Lothar» im Jahr 1999 entstehen lassen. Grosse Verjüngungsflächen begünstigen lichtbedürftige Baumarten, wie Weiden, Pappeln, Birken, Vogelbeeren oder Eichen.

Naturverjüngung oder Pflanzung?

Grundsätzlich verjüngen sich Wälder von selbst. Naturverjün- gung hat viele ökologische Vorteile: Wälder, die sich natür-

lich verjüngen, sind vielfältiger, weil sie aus mehr Baum- arten bestehen und eine höhere genetische Vielfalt aufweisen.

Ausserdem sind die Baumarten gut an den Standort angepasst.

Beides mindert das Risiko von Ausfällen, gerade im Hinblick auf den Klimawandel. Auch nicht einheimische (Kap. 4.4) oder schlecht an den Standort angepasste Baumarten können sich selbst verjüngen, was aus forstlicher und ökologischer Sicht oft nicht erwünscht ist. Eine Naturverjüngung ist deshalb nicht generell besser als Pflanzungen. Solche sind für die Um- wandlung von Fichtenreinbeständen in naturnahe Wälder oft sogar unumgänglich. Auch auf Windwurf- und Schlagflächen kann eine künstliche Verjüngung besser sein: etwa wenn geeignete «Samenbäume» fehlen, die Konkurrenz durch die krautige Vegetation stark ist, seltene oder wirtschaftlich inte- ressante Arten gefördert werden sollen oder wenn ein Schutz- wald rasch wirken soll. Trotzdem wird heute weniger gepflanzt als früher, hauptsächlich aus drei Gründen: Pflanzungen kos- ten, sie können bei grossflächigem Einsatz den Prinzipien des naturnahen Waldbaus widersprechen, und gepflanzte Bäum- chen werden vom Wild besonders gern gefressen (vgl. unten Wildverbiss).

Insgesamt wird im Schweizer Wald immer mehr natür- lich verjüngt. Bei den Waldbeständen, die sich in der Verjün- gungs- und Jungwaldphase befinden, ist der Anteil der Natur- verjüngung gemäss LFI zwischen 1995 und 2013 von 81 auf 90 Prozent gestiegen. In den Gebirgswäldern der subalpinen Stufe liegt deren Anteil gar bei 98 Prozent. Wird auf grösse- ren Flächen verjüngt – meist in tiefer gelegenen Wäldern –, entstehen sogenannte Jungwüchse und Dickungen. Auf die-

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> 4 Biologische Vielfalt 4.2 Verjüngung 75

sen Flächen ist der Anteil reiner Naturverjüngung zwischen 1995 und 2013 von 64 auf 79 Prozent angestiegen (Abb. 4.2.1).

In der gleichen Zeit ging die Anzahl der jährlich gepflanzten Bäume von 4,4 auf 1,2 Millionen zurück (BAFU 2013a).

Wildverbiss

Nur wenige Jungpflanzen schaffen es, ausgewachsene Bäume zu werden: Konkurrenz zwischen den Jungbäumen, Mangel an Licht oder Wasser, Fröste, Insekten und Krankheiten lassen viele von ihnen absterben. Der Lichtmangel lässt sich durch Holzschläge beheben. Dort wo Altbestände hinreichend auf- gelichtet sind, kommen aus der Naturverjüngung in der Regel genügend viele Bäumchen aus standortgerechten Arten auf.

An Orten mit überhöhten Wildbeständen (v. a. Reh, Hirsch, Gämse) ist die Verjüngung jedoch gefährdet. Hier fressen die Tiere die Jungpflanzen über das normale Mass hinaus ab, sodass sie deren Aufwachsen behindern oder gar verhindern.

Sie bevorzugen Weisstanne (Abb. 4.2.2), Ahorn, Esche, Eiche und Eibe. Fichte und Buche hingegen mögen sie weniger. Für Baumarten, die sich in grosser Zahl vermehren, wie Ahorn oder Esche, ist die Anzahl junger Bäumchen trotz Verbiss meist genügend hoch. Bei der wichtigen Schutzwaldbaumart Weisstanne, der ökologisch interessanten Eiche und der selte- nen Eibe und Elsbeere ist der Verbiss jedoch oftmals so gross, dass die natürliche Verjüngung nicht mehr gewährleistet ist.

So kommt im Schweizer Wald seit Jahrzehnten praktisch kein Eiben-Nachwuchs auf (Brändli et al. 2009). Die Verbissinten- sität wird gemessen, indem die Anzahl verbissener Endtriebe gezählt und durch die gesamte Jungwaldstammzahl geteilt wird. Insgesamt hat sie zwischen 1995 und 2013 im Jura, im

Mittelland und in den Voralpen leicht abgenommen, in den Alpen und insbesondere auf der Alpensüdseite jedoch zuge- nommen. Die Zunahme lässt sich in den Alpen hauptsächlich durch den stärkeren Weisstannenverbiss, auf der Alpensüd- seite durch einen grösseren Verbiss von Laubholzarten wie Ahorn und Esche erklären (Brändli et al. 2015). Eine natürliche Verjüngung dieser Arten ist ohne teure Schutzmassnahmen wie Zäune und Einzelschütze vielerorts nicht mehr möglich, obwohl das Waldgesetz eine solche verlangt. Ein wichtiger Grund für die Zunahme des Verbisses sind die wachsenden Bestände des Rothirsches (Kap. 4.1). Hinzu kommen Fege- und Schälschäden – hauptsächlich durch den Rothirsch – an 3 Prozent der Jungbäume mit einem Durchmesser von 1 bis 11 Zentimetern (Brändli et al. 2015). Von zentraler Bedeutung für die Problemlösung ist die jagdliche Regulierung des Wil- des. Aber auch Massnahmen zur Lebensraumaufwertung und -beruhigung, die das Nahrungsangebot des Wildes verbessern und Störungen reduzieren, sind wichtig. Solche Massnahmen betreffen neben dem Forstdienst auch weitere Akteure wie den Tourismus oder die Landwirtschaft. Voraussetzung für die Problemlösung ist eine partnerschaftliche Zusammen- arbeit zwischen Jagd- und Forstbehörden. Mit der Erarbeitung von Wald-Wild-Konzepten (BAFU 2010) wird diese gefördert.

Abb. 4.2.1 Flächenanteile der Naturverjüngung in Jungwüch- sen und Dickungen für die ganze Schweiz sowie für die fünf Produktionsregionen. Quelle: LFI

0 % 20 % 40 % 60 % 80 % 100 %

2009/13 1993/95 2009/13 1993/95 2009/13 1993/95 2009/13 1993/95 2009/13 1993/95 2009/13 1993/95

Schweiz Alpensüdseite Alpen Voralpen Mittelland Jura

Naturverjüngung Gemischt Pflanzung 79 64

100 96

98 75

85 62 60 30

76 54

14 21

4 16

6 26 31 33

15 29

7 15

2 9 9 13 9 37

9 17

Abb. 4.2.2 Verbiss durch Rehwild am Gipfeltrieb und an den Seitentrieben einer Weisstanne. Foto: Urs-Beat Brändli

Referenzen

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