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Limacher, S. (2015). Wald und Kulturerbe. In A. Rigling & H. P. Schaffer (Eds.), Waldbericht 2015. Zustand und Nutzung des Schweizer Waldes (pp. 122-123). Bundesamt für Umwelt BAFU; Eidg. Forschungsanstalt für Wald, Schnee und Landschaft WSL.

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Aktie "Limacher, S. (2015). Wald und Kulturerbe. In A. Rigling & H. P. Schaffer (Eds.), Waldbericht 2015. Zustand und Nutzung des Schweizer Waldes (pp. 122-123). Bundesamt für Umwelt BAFU; Eidg. Forschungsanstalt für Wald, Schnee und Landschaft WSL."

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> Waldbericht 2015 Zustand und Nutzung des Schweizer Waldes BAFU / WSL 2015

6.11 Wald und Kulturerbe

Sandra Limacher

> Das Kulturerbe in der Schweiz ist reich und auf vielerlei Weise eng mit dem Wald verbunden.

> Das immaterielle Kulturerbe beinhaltet lebendige, über Generationen weitergegebene Traditionen, Bräuche und Praktiken, die für das kulturelle Selbstverständnis anerkannt sind. Im Jahr 2012 hat das Bundesamt für Kultur eine erste Liste dieser «Lebendigen Traditionen in der Schweiz» veröffentlicht.

> Das materielle Kulturerbe beinhaltet die vom Menschen geschaffenen Kulturgüter wie prähistorische Grab- stätten oder kulturhistorisch bedeutsame Verkehrswege im Wald.

> Während der Waldbericht 2005 ausschliesslich das historische und archäologische Kulturgut im Wald sowie die traditionellen Waldbewirtschaftungsformen beschrieben hat, schliesst das vorliegende Kapitel das immaterielle Kulturerbe mit ein. Den Entwicklungen seit Inkrafttreten des Unesco-Übereinkommens zur Bewahrung des immateriellen Kulturerbes wird damit Rechnung getragen.

> Das allgemeine Wissen zum bestehenden waldrelevanten Kulturerbe in der Schweiz nimmt zu, ist jedoch weiterhin lückenhaft. Eine Gesamtübersicht fehlt.

Immaterielles Kulturerbe

Die Schweiz verfügt über eine beträchtliche Vielfalt an im- materiellem Kulturerbe mit Bezug zum Wald. Dazu gehören mündlich überlieferte Traditionen und Ausdrucksweisen, dar- stellende Künste, gesellschaftliche Praktiken, Rituale und Feste, Wissen und Praktiken im Umgang mit der Natur und dem Universum oder das Fachwissen über traditionelle Hand- werkstechniken (Tab. 6.11.1). Dies alles sind gelebte Traditio- nen und Eigenheiten, die lokal und regional zu einem Gefühl von kultureller Identität und Kontinuität beitragen. Beispiele dafür sind die sogenannten Geteilschaften für die Nutzungs- regelung von gemeinsamen Waldgütern im Kanton Wallis, das Köhlern im Entlebuch im Kanton Luzern und die Schindelma- cherei insbesondere in den Kantonen Freiburg und Waadt. Für lokale Gemeinschaften besonders wichtig sind die Brauchri- tuale wie das Woldmanndli im Kanton Uri, der Pfingstblitter und Maibaum in den Kantonen Aargau und Baselland oder das Scheibenschlagen im bündnerischen Untervaz. Beim Silves- terchlausen – einem alten Winterbrauch im ausserrhodischen Appenzell – sind die Waldkläuse (im Volksmund auch «die Schö-Wüeschte» genannt) von Kopf bis Fuss mit Tannenzwei- gen, Moos, Flechten oder Tannenzapfenschuppen eingehüllt, während sie von Bauernhof zu Bauernhof ziehen, rhythmisch ihre Schellen bewegen, «Zäuerli» (überlieferte Naturjodel) singen und gute Wünsche für das neue Jahr überbringen (Abb. 6.11.1). Das alte Handwerk Flössen war europaweit die übliche Methode, um geschlagenes Holz zu transportieren.

Heute wird es in der Schweiz nur noch auf dem Ägerisee (ZG)

praktiziert. Bis zu 400 in einem unerschlossenen steilen Berg- wald geschlagene Bäume werden jeweils im Ägerisee zu einem tonnenschweren Floss zusammengefügt und über den Seeweg geflösst.

Diese Beispiele und viele mehr sind auf der Liste «Die lebendigen Traditionen in der Schweiz» aufgeführt, welche unter der Leitung des Bundesamtes für Kultur (BAK) und in Zusammenarbeit mit den kantonalen Kulturstellen und der Schweizerischen Unesco-Kommission erstellt und im Jahr 2012 erstmals veröffentlicht wurde (BAK 2012). Die Liste um- fasst gegenwärtig 167 Einträge; 11 davon haben einen direk- ten Bezug zu Wald oder Holz. Eine periodische Aktualisie- rung ist geplant. Anstoss zur Liste gab das Übereinkommen der Unesco zur Bewahrung des immateriellen Kulturerbes, welches die Schweiz im Jahr 2008 ratifiziert hat. Die Kon- vention bezweckt keine Musealisierung von Einzelelementen, sondern die Sicherung der Lebensfähigkeit des immateriellen Kulturerbes in seinem wandlungsfähigen und dynamischen Charakter.

Parallel zur Liste der lebendigen Traditionen tragen Pro- jekt- und Forschungsarbeiten dazu bei, dass weitere Aspekte des immateriellen Kulturerbes erhalten beziehungsweise vor dem Vergessen behütet werden. Dazu zählen Projekte wie dasjenige mit dem Titel «Hüeterbueb und Heitisträhl», das die mannigfache Weise der Waldnutzung zwischen 1800 und 2000 dokumentiert (Stuber und Bürgi 2011). Traditionelles Wissen − unter anderem über das Sammeln von Laub und Tannennadeln als Einstreu für den Stall, das Schlagen von

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> 6 Sozioökonomie 6.11 Wald und Kulturerbe 123

Ästen von den Bäumen als Futter oder die Gewinnung von Harz zur Herstellung von Salben − konnte durch die Befra- gung von Zeitzeugen in einzelnen Regionen festgehalten werden. Andere Projektbeispiele sind die Inventarisierung von Namen von Wäldern (z. B. Gregori et al. 2005), die Doku- mentation und Pflege von Sagen und Märchen mit Wald als prägendem Element (z. B. Domont und Montelle 2008) oder die Inventarisierung traditioneller Waldbewirtschaftungsfor- men wie Niederwälder, Mittelwälder, Selven und Waldweiden (Brändli 2010b).

Wie lange und wie gut das immaterielle Kulturerbe lebendig gehalten werden kann, hängt davon ab, wie lange die Wissensträgerinnen und -träger die Traditionen weiter prak- tizieren, darin einen Sinn sehen und ihr Wissen an jüngere

Personen weitergeben. Kompetenzzentren für Volkskultur – zum Beispiel das Freilichtmuseum Ballenberg – helfen mit, das traditionelle Handwerk zu bewahren und zu fördern.

Materielles Kulturerbe

Das materielle Kulturerbe besteht aus unbeweglichen und beweglichen Kulturgütern mit Bezug zum Wald, die vom Menschen erschaffen wurden (Tab. 6.11.1). Sie sind fassbare Zeugnisse von Kultur und Geschichte und in der Kulturland- schaft sichtbar.

Der Schutz der Kulturgüter ist eine nationale Pflicht, welche die Schweiz 1962 mit der Ratifizierung des Haager Abkommens übernommen hat. Das schweizerische Inventar der Kulturgüter von nationaler und regionaler Bedeutung wurde in den Jahren 2000 bis 2008 revidiert (BABS 2009). In seiner vorliegenden dritten Version enthält das Inventar 3202 Objekte von nationaler Bedeutung. Erfasst sind unter ande- rem Denkmäler sowie historische und archäologische Stätten.

Der Wald ist stiller Bewahrer von rund 100 dieser Objekte.

Dazu zählen die prähistorischen Grabhügel im Chlosterwald (Jolimont, BE) und im Aeschertenwald der Gemeinde Gross- affoltern (BE) sowie die Waldfriedhöfe von Davos (GR) und Schaffhausen (SH).

Eine Übersicht über die sogenannten beweglichen Kul- turgüter in Sammlungen in der Schweiz mit Bezug zum Wald fehlt − dies, obwohl der Wald seit jeher Kunstschaffenden wie Bildhauerinnen, Kunstmaler, Dichterinnen oder Komponisten als wichtige Quelle der Inspiration diente oder teilweise das zu bearbeitende Material lieferte.

Ebenfalls von kulturhistorischer Bedeutung sind Wege und Strassen, wie sie im Bundesinventar der historischen Verkehrswege der Schweiz − ein Inventar nach Artikel 5 des Bundesgesetzes über den Natur- und Heimatschutz − separat aufgeführt sind (ASTRA). Ein Beispiel ist die Hohle Gasse – der wohl populärste kulturhistorische Verkehrsweg der Inner- schweiz. Ursprünglich war er ein einfacher Hohlweg im Wald, auf der Strecke zwischen der Fraumünsterabtei Zürich und ihren Besitzungen im Kanton Uri. Später wurde er zu einer wichtigen Verbindung zwischen Zürich und Oberitalien (ASTRA 2007).

Abb. 6.11.1 Silvesterchlausen in Urnäsch (AR) 2012; im Volks- mund werden die Waldkläuse auch «die Schö-Wüeschte»

genannt. Foto: Sandra Limacher Tab. 6.11.1

Die beiden Kategorien für Kulturerbe.

Quelle: Unesco (SR 0.440.6, Art. 2, SR 0.520.3 Art. 1)

Immaterielles Kulturerbe Materielles Kulturerbe Mündlich überlieferte Traditionen

und Ausdrucksweisen

Unbewegliche Kulturgüter wie Denk- mäler oder archäologische Stätten Darstellende Künste Bewegliche Kulturgüter wie Gemälde,

Skulpturen oder Münzen Gesellschaftliche Praktiken, Rituale

und Feste

Wissen und Praktiken im Umgang mit der Natur und dem Universum Fachwissen über traditionelle Handwerkstechniken

Referenzen

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