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A3116 Deutsches ÄrzteblattJg. 99Heft 4615. November 2002
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it der neurologischen Grundlagenforschung, mit Neuromonitoring in OP und Intensivstation so- wie mit der funktionellen Ma- gnetresonanztomographie beschäftigte sich die letzte Jahrestagung der Deutschen Gesellschaft für klinische Neurophysiologie in Bonn.Anlässlich dieses Symposi- ums wurde in der Bonner Kli- nik für Epileptologie eine Ausstellung mit Bildern des New Yorker Künstlers Doug Fitch eröffnet. Doch was hat eine solche Tagung mit Kunst unter dem Motto „Organs of Emotion“ zu tun?
Der Klinikleiter und Ta- gungspräsident, Prof. Dr. med.
Christian Elger, erläuterte den Zusammenhang: „Anfäl- le sind krampfartige Ereignis- se. Sie können als bizarres motorisches oder als psychi- sches Phänomen erscheinen.
Der Akt der Schöpfung von Kunst, vor allem von visueller Kunst, kann als ,anfallähnli- cher‘ Zustand intensivierten künstlerischen Bewusstseins interpretiert werden.“
Parallelen zwischen Kunst und Wissenschaft
Fitch bestätigt diese Ein- schätzung. Auch er zieht Par- allelen zwischen Kunst und Wissenschaft. Zum „Ver- ständnis“ der Seele schlägt er die Entwicklung einer „neuen Anatomie der Organe der Gefühle“ vor. „Wenn wir Kopfschmerzen haben, neh- men wir Aspirin. Aber wir sind oft ratlos, wenn die Seele schmerzt. Die Unterhaltungs- industrie tut ein Übriges, Ge- fühle zu virtualisieren. Angst, Freude oder Trauer werden aus dem Bereich persönlicher Erfahrung in einen voyeuri- stisch geprägten Erlebnisbe- reich verschoben. Emotiona- le Unsicherheit ist die Folge.“
Wir müssten wieder lernen, Gefühle zuzulassen und aus- zuleben – möglicherweise mithilfe der Kunst.
Die Ausstellung „Organs of Emotion“ will Gefühle also sichtbar und anfassbar ma- chen. Bei aller Ernsthaftig- keit des Themas soll die Aus- stellung aber auch betonen, dass „wir die Wissenschaft zwar ernst, aber nicht bier- ernst nehmen“, so Elger. So laden die Objekte dazu ein, sich selbst als „emotionales Experimentierfeld“ zu be- trachten. Zu sehen sind bei- spielsweise Bilder mit dem Ti- tel „Ein glücklicher Stuhl“,
„Röntgenbild eines Gemäl- des“ und „Haus als erröten- des Organ“.
Ein Beitrag zum Heilungsprozess
Doug Fitch ist die Freude an seiner Arbeit anzumerken.
Gut gelaunt kam er mit zahlreichen Ausstellungsbe- suchern ins Gespräch, erläu- terte seine Kunst und freute sich über die positive Reso- nanz. Und den Patienten ge- fielen die Objekte offenbar:
„Die Bilder machen mich fröhlich“, oder „spiegeln den Wirrwarr in meinem Kopf wi- der“ waren ihre Reaktionen.
Die von der Firma UCB ge- kaufte Ausstellung zeigt also, dass Kunst, die einen Bezug zu ihrer Umgebung hat, durchaus einen Beitrag zum Heilungsprozess bei Kranken haben kann.Gisela Klinkhammer
Organs of Emotion
Kunst als Anfall
Eine Ausstellung des New Yorker Künstlers Doug Fitch
wandert von Bonn nach Berlin.
Die Ausstellung „Organs of Emotions“ wird am 11. De- zember in der neuen Rehabilitationsabteilung für Epilep- siepatienten in Beelitz (Recura Kliniken GmbH – Neuro- logische Rehabilitation, Paracelsusring 6 A, 14547 Bee- litz Heilstätten) eröffnet und ist bis 31. Januar 2003 zu sehen. Weitere Ausstellungsorte sind geplant. Doug Fitchs Werke sind auch käuflich zu erwerben. Informationen:
multiart-international.de Feuilleton
Abbildungen:Multiart