Berichte und kleine Mitteilungen 69 Fiir den Geographen von besonderem Interesse
waren die Ausfiihrungen von A. G. Haudricourt iiber den Mais in Indochina und Amerika, von M. W. Smith: On the development of agriculture
with data from the N. W. Coast and U. S. A., von
R. W. Underbill: Modern use of the narcotic peyote by American Indians und von R. N. Salaman: The Potato in Peruvian Archeology. Womit nicht gesagt
sein soil, dafi nicht auch in einer Reihe anderer Re ferate geographische Fragestellungen, wie der Ein flufi der Umwelt auf bestimmte Kulturtypen usw.,
anklangen.
/. Roeder und Prinz Viktor zu Wied-Neuwied be richteten iiber die vor kurzer Zeit wiederentdeckten Originalzeichnungen des Malers Carl Bodmer3 des Begleiters des Prinzen Max zu Wied-Neuwied, auf dessen Nordamerika-Reise in den Jahren 1832?34.
Es handelt sich um an Ort und Stelle aufgenommene
Skizzen vom ? damals noch unverfalschten ? Le ben der Prarie-Indianer.
Der norwegische Ethnologe Thor Heyerdahl sprach in drei Vortragen iiber die wissenschaftlichen Hintergriinde seiner Reise mit dem Flofi Kon-Tiki.
Trotz der anschliefienden regen Diskussion konnte man sich allgemein des Eindrucks nicht erwehren,
dafi Heyerdahl der wissenschaftliche Beweis fiir seine Hypothese, dafi namlich die Besiedlung Polynesiens
durch amerikanische Auswanderer geschehen sei, bis jetzt noch nicht gelungen ist, und dafi es dazu noch der intensiven Erforschung der verschiedensten Ein zelfragen bedarf. Als ein positives Ergebnis seiner Reise darf aber schon jetzt angesehen werden, dafi die Wissenschaft dieser Frage, die bisher zu wenig
beachtet wurde, nun erhohte Aufmerksamkeit zu wendet.
In Abendsitzungen wurden einige Filme iiber mittelamerikanisches Volksleben gezeigt. Von beson
derern Interesse war auch ein Farbfilm iiber die Rui nen von Bonampak. 1947 erst entdeckt, fand die Wissenschaft in Bonampak zum ersten Male in einer Stadt des sogenannten alteren Reiches der Maya sehr gut erhaltene Wandmalereien, die bis ins kleinste Detail das Leben dieser Zeit darstellen.
Im Fitz-William-Museum zu Cambridge! waren anlafilich der Tagung indianische Codices aus Mittel amerika und die oben erwahnten Zeichnungen Bod
mers ausgestellt.
In der Schlufisitzung wurde beschlossen, den nach sten Amerikanisten-Kongrefi 1954 in Sao Paulo (Bra silien) abzuhalten.
Fiir die Teilnehmer des Kongresses war die Wie der- und Neuankniipfung personlicher Beziehungen zu den Fachkollegen der anderen Lander von nicht geringerer Bedeutung als das Bekanntwerden mit den neuen Forschungsergebnissen. Udo Ober em
Bonner Ostforscher-Tagung
Die Deutsche Gesellschaft fiir Ost europakunde E. V. hat ihre Mitglieder und allgemein die deutschen Ostforscher zu der diesjah rigen Jahrestagung nach Bonn eingeladen.
?Wir deutschen Ostforscher wollen keine Politik machen", sagte Prof. Dr. Dr. Otto Schiller namens
des Vorstandes; ?wir wollen aber das Unsere bei tragen, damit die Manner, welche deutsche Politik machen, dies auf Grund der bestmoglichen Informa tionen iiber den Osten tun." In fiinf Sektionen wurde nacheinander vom 23. bis 25. Oktober 1952 getagt
(stets etwa 150 Teilnehmer).
Die Slawistische Sektion (Vorsitz: UProf. Dr. M.
Braun, Gottingen) stellte die Bedeutung der Sprach wissenschaft heraus, die bereit ist, auch dem Geogra
phen zu helfen (z. B. Ortsnamenforschung). Die Geistes- und kulturgeschichtliche Sektion (Vorsitz:
UDoz. Dr. Werner Markert, Gottingen) besprach
?Die Diskussionen um ein neues Geschichtsbild".
Hier brachte Legationsrat Dr. Kossmann (Auswa'r
tiges Amt), dem fiir das Zustandekommen dieser Ta gung grofier Dank abgestattet wurde, seine geogra phische Konzeption von der Bedeutung der Peri pherie im Rahmen des wachsenden Raumes ?Europa"
zum Ausdruck.
Die Wirtschaftswissenschaftliche Sektion (Vorsitz:
UProf. Dr. K. C. Thalheim) richtete den Scneinwer fer auf die brennende Frage der Wiederbelebung des
westdeutschen Osthandels. Hierzu sprach der zustan
dige Vertreter des Bundeswirtsdhaftsministeriums, Gesandter Dr. Hans Kroll: Auch im Rahmen des USA-Embargos kann Osthandel zum Tragen kom men, wenn Deutschland Gleichberechtigung erhalt, wozu Ansatze vorhanden sind. Geographisch war in diesem Zusammenhange die Frage von Bedeutung, ob der Riesenraum der Ostblockstaaten bereits Aut arkic besitze oder erreichen konne bzw. anstrebe, da Staatsplanwirtschaft ihrer Natur nach aufienhandels feindliche Tendenz habe.
Die Gesellschaftswissenschaftliche Sektion (Vorsitz:
Dr. Klaus Mehnert, Stuttgart) verglich die Wirklich keit der SU mit den aus Philosophic und Natur wissenschaften abgeleiteten Theorien. Die Sektion
fiir Ostmittel- und Siidost-Europa (Vorsitz: UProf.
Dr. Hans Koch, Miinchen) untersuchte den Struktur wandel, der durch das stark vergrofierte Gewicht der
Sowjetmacht eingetreten ist, sowie jungste Gegen
stromungen (Titoismus).
Ein Hohepunkt der Tagung war der offentliche Vortrag von Prof. Dr. Dr. Otto Schiller iiber ?Das Agrarsystem der SU in seiner Bedeutung fiir die
iibrige Welt". Dies Thema ist von grofier geogra phischer Bedeutung sowohl in den Auswirkungen
(Flurbereinigung, Grofifelder, Agrostadte usw.) als auch bezuglich der Strukturanalyse geographischer Voraussetzungen (natiiriiche Zwergbetriebe, kiinst
liche Bewasserung, regional gesteuerte Produktion usw.). Der Vortrag bewegte sich jedoch wie die ge samte Tagung in nicht geographischen Blickrichtun gen; und das aufierst wichtige Gebaude der Deutschen Gesellschaft fiir Osteuropakunde besitzt offenbar
noch kein geographisches Erdgeschofi.
Werner Leimbach