238 Erdkunde Band XII
TAGUNG DER BRITISCHEN GEOGRAPHEN
Vom 2. bis 6. Januar 1958 tagte in Nottingham das Institut der Britischen Geographen unter dem Vorsitz
des damaligen Prasidenten, Professor R. H. Kinvig.
Dank der guten Planung des Ortsausschusses unter
Professor Edwards und der Teilnahme von rund 400 Hochschulgeographen wurde das Jahrestreffen zu
einem fruchtbaren wissenschaftlichen Gesprach. Nicht
zuletzt forderte die Art der Unterbringung den an
regenden Gedanken- und Meinungsaustausch. Samt
liche Teilnehmer wohnten im Universitatspark, in zwei groBen Studentenwohnheimen, die in ihren Ge
sellschaftsraumen Gelegenheit zu zwanglosen person
lichen Gesprachen boten. Regelmafiige Kaffeepausen
an den Vormittagen und Tee nachmittags sorgten fiir
die Entspannung zwischen den Vortragen und lieBen
keine Ermiidung aufkommen.
Am Abend des ersten Tages forderte Professor Kinvig als Fazit seines Gelehrtenlebens in seiner
presidential Address" eine starkere Hinwendung zur
Historischen Geographie. Diese trage wesentlich zur Grundlegung und Vertiefung des geographischen Stu
diums bei und verleihe der Geographie eine festere Position im Verbande der Wissenschaften. Professor Kinvig sprach anschliefiend iiber die Insel Man und
das Atlantische Britannien. Er erweiterte die seit
herige, auf Fox zuriickgehende Konzeption von der Zweiteilung des Landes in Tieflandbritannien und Hochlandbritannien und stellte diesen grofiraumigen
Einheiten das Atlantische Britannien als dritte Zone
zur Seite.
Die Vormittagssitzung des Freitags eroffnete Pro
fessor Edwards, Direktor des Geographischen Insti
tuts Nottingham. In historisch-geographischer Be
trachtungsweise gab er eine Einfiihrung in die Geo graphie des Tagungsgebietes. Danach fand die jahr
liche Generalversammlung statt. Auf der Nachmit tagssitzung analysierte Professor Dickinson den Ar
beiterverkehr in Westdeutschland nach der Volkszah lung 1950 als Beispiel fiir die geographische Behand
lung des Pendelverkehrs (commuting). Mr. H. Carter
berichtete iiber die Entwicklung der mittelalterlichen
Festungsstadt Aberystwyth in Wales. In der Hinwen
dung zur physiognomischen, sozialgeographischen und
funktionellen Betrachtungsweise unterscheidet sich seine Methode nicht von der deutschen Stadtgeogra
phie. Professor Wooldridge verteidigte in grundsatz lichen Ausfuhrungen iiber den ?Trend" der Geomor phologie die klassische Richtung gegen die ?pleisto
zanen Extremisten". Er wandte sich gegen eineMathe matisierung der Geomorphologie.
Der Abend war Gruppendiskussionen gewidmet.
Auf parallelen Kolloquien wurde iiber folgende The
men gesprochen: Forschung iiber Lateinamerika, For
schung iiber das Tropische Afrika, die Aufgabe der Geographie in der Stadt- und Landesplanung, sowje
tische Geographie, aufierdem wurden fachpadago gische und bibliothekarische Fragen erortert. Die Sit
zungen am Samstag eroffnete Miss Kathleen Mac
Iver mit einem Vortrag iiber die Veranderungen des geographischen Milieus (environment) in Uganda zwi
schen 1900 und 1950. Anschliefien d sprachen Mr. B. L.
C. Johnson iiber Trockenzeitlandwirtschaft in Ost
pakistan, Mr. F. A. Barnes an Hand zahlreicher Kar
togramme iiber die Entwicklung des Produktions- und Verteilungsgefiiges der Milch in England und Wales
und Mr. H. C. Prince iiber die Entstehung, die Aus breitung und den Riickgang des Parklandes in den
Chilterns.
Der Nachmittag gehorte Parallelsitzungen. Mr. E.
M. Rawstron sprach iiber drei Prinzipien des Indu striestandortes, Mr. E. Barnsley ebenfalls iiber die Standorte der Industrie, Mr. /. W. House iiber die
franzosisch-italienische Grenze in den Meer-Alpen,
Mr. R. K. Gresswell iiber die postglazial gehobene Kiiste in Furness und Lyth, Prof. A. Stevens iiber
Grundwasserspiegel, Erosionsbasis, Peneplain und
Monadnock, Mr. /. L. H. Sihhons iiber die Notwen digkeit eines neuen Zugangsweges zur Erforschung der
Verdunstung.
Der Sonntag war sechs verschiedenen Exkursionen
in die Umgebung von Nottingham gewidmet. Der Abend schlofi die gehaltvolle Tagung mit einer leb
haften Diskussion iiber die Frage: Wohin treibt die Landerkunde? Verschiedene Meinungen wurden iiber die landerkundliche Methodik geaufiert, vor allem
tauchte die Frage auf, in wie weit sich seitherige lan derkundliche Konzeptionen angesichts der Industriali sierung noch aufrecht erhalten lassen. Alle Teilnehmer waren sich aber dariiber einig, dafi mit dem Aufgeben der Landerkunde die Geographie auseinanderfallen
wiirde.
Rechtzeitig zum Tagungsbeginn erschienen die
?Transactions and Papers 1957" mit den Sitzungsbe
richten der Tagung im Januar 1957 und vierzehn Ab handlungen. Aufierdem erhielten die Teilnehmer als Veroffentlichung des Instituts der Britischen Geogra
phen Nr. 24 eine Monographic, Dr. G. /. Butland's
?The Human Geography of Southern Chile".
Helmut Jdger
LITERATURBERICHTE
Handbuch der naturraumlichen Gliederung Deutschlands.
Veroffentlichung der Bundesanstalt fiir Landeskunde unter Mitwirkung des Zentralausschusses fiir deutsche Landes
kunde, herausgegeben von E. Meynen und /. Schmithiisen.
4. und 5. Lieferung, S. 351?608. Verlag der Bundesanstalt fiir Landeskunde, Remagen 1957. DM 18,?.
Mit der vierten und funften Lieferung des ?Handbuchs"
(vgl. Erdkunde 9, 1955, H. 4, 321?322) wird die Dar
stellung der mitteldeutschen Regionen weitergefuhrt, die jenige der westdeutschen Mittelgebirgsschwelle im wesent lichen abgeschlossen. Als Gruppen der Haupteinheiten sind ausgeschieden worden: Hunsriick, Moseltal, Gutland, Ostliche Eifel, Westliche Eifel, Mittelrheintal, Taunus, Lahntal, Westerwald, Sudbergland, Westhessisches Hii gel- und Beckenland, Osthessisches Bergland, Oberes We serbergland, Leinebergland und Harz. Mit letzterem wird das politische Territorium der Bundesrepublik teilweise