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Archiv "Gesetzliche Krankenversicherung: Der Morbi-RSA soll den Wettbewerb um Gesunde beenden" (01.06.2007)

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A1564 Deutsches Ärzteblatt⏐⏐Jg. 104⏐⏐Heft 22⏐⏐1. Juni 2007

T H E M E N D E R Z E I T

S

eit 1996 besteht eine freie Kassenwahl, sodass es allen Versicherten offen steht, eine mög- lichst preiswerte gesetzliche Kran- kenkasse zu wählen, das heißt eine Kasse mit einem möglichst niedri- gen Beitragssatz1. Am einfachsten erreicht eine Kasse einen niedrigen Beitragssatz, indem sie vorrangig junge, gesunde und besserverdien- ende Personen bewirbt, die viel ein- zahlen und wenig kosten. Umge- kehrt wird angestrebt, die Zahl der besonders kranken Mitglieder ge- ring zu halten oder zu verringern.

Dies ist nichts anderes als eine Ri- sikoselektion. In weiser Voraussicht ist jedoch bereits 1994 ein Risiko- strukturausgleich (RSA) eingeführt worden, der eine zunehmende Ent- mischung der Versichertenstruktu- ren durch Risikoselektion verhin-

dern sollte (Tabelle). Entmischung heißt, dass Kassen mit einer „guten“

Risikostruktur ihrer Versicherten (hohe Einkommen, geringe Kosten) niedrige Beitragssätze haben, da- durch wechselwillige attraktive Ver- sicherte anziehen und somit noch niedrigere Beitragssätze anbieten können. Dahingegen fordern Kas- sen mit einer „schlechten“ Risiko- struktur ihrer Versicherten hohe Beitragssätze, können attraktive Versicherte nicht halten und müssen ihre Beitragssätze damit noch wei- ter erhöhen, geraten also in einen ruinösen Teufelskreis. Zusätzlich angeheizt wird dieser Teufelskreis durch Direktverträge zwischen Kas- sen und Ärzten, bei denen Kassen mit überdurchschnittlich guter Ri- sikostruktur Vergütungsabschläge eingeräumt werden (1). Ohne einen

RSA würde der Wettbewerb zwi- schen den Kassen in einen unsinni- gen Wettbewerb um Versicherte mit

„guten Risiken“ entarten.

Wie funktioniert der RSA?

Etwa die Hälfte des RSA-Transfer- volumens fließt in den Finanzkraft- ausgleich (Grafik). Das heißt, Kassen mit überdurchschnittlich guten Ein- nahmen führen Ausgleichsbeträge an Kassen ab, deren Versicherte über- wiegend Geringverdiener sind. Die- ser Teil des Ausgleichs ist einfach zu realisieren und weitgehend unstrittig.

Interessanter ist der Beitragsbedarfs- ausgleich. Dieser sieht vor, dass Kas- sen mit überwiegend alten und inva- liden Versicherten Ausgleichszah- lungen erhalten von Kassen, deren Klientel vorwiegend aus jungen, ge- sunden Männern besteht. Im Einzel- GESETZLICHE KRANKENVERSICHERUNG

Der Morbi-RSA soll den Wettbewerb um Gesunde beenden

Der morbiditätsorientierte Risikostrukturausgleich soll 50 bis 80 kostenintensive Erkrankungen berücksichtigen. Alle nötigen Daten werden schon heute erfasst.

Josef Ingenerf

1Die Kassenwahl- freiheit gilt nicht für Versicherte, die per Gesetz der See-Kran- kenkasse, der Bundes- knappschaft oder den Landwirtschaftlichen Krankenkassen zu- gewiesen werden.

Foto:Becker & Bredel

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nen werden berücksichtigt: das Alter, das Geschlecht und der Erhalt einer Erwerbsminderungsrente. Als weite- res Merkmal hinzugekommen ist 2003 die Einschreibung in Disease- Management-Programme (DMP).

Drei dieser Indikatoren sind dicho- tom, die Altersvariable wird in die einzelnen Jahrgänge gesplittet, wor- aus sich insgesamt 670 unterschied- liche Kombinationen ergeben, zum Beispiel 50 Jahre, männlich, erwerbs- unfähig, keine Teilnahme an einem DMP. Alle Krankenversicherten in Deutschland werden jeweils einer dieser 670 Zellen zugerechnet (soge- nannter Zellenansatz), anschließend werden für jede RSA-Zelle die

durchschnittlichen Kosten berech- net. In der RSA-Terminologie spricht man von den „standardisierten Leis- tungsausgaben“ für jede RSA-Zelle.

Wichtig ist, dass es sich dabei um prospektive Kosten handelt und nicht um einen nachträglichen Aus- gleich der tatsächlichen Kassenaus- gaben. Schließlich wird im Rahmen des RSA für die Versicherten einer jeden Kasse der Beitragsbedarf be- rechnet, und es findet ein Ausgleich zwischen den Kassen statt. 2005 wurden 16,4 Milliarden Euro auf diese Weise zwischen den Kassen umverteilt.

Wettbewerb um Gesunde Den RSA gibt es nun seit zwölf Jah- ren, und man weiß heute, ob dieses Instrument seiner Funktion gerecht wird. Die Antwort lautet „teilweise Ja“. Ohne RSA variierten die Bei- tragssätze zwischen unter fünf Pro- zent und über 20 Prozent, je nach

Risikostruktur der Versicherten. Mit RSA liegen die Beitragssätze zwi- schen 11,8 Prozent und 15,8 Prozent (Stand 01/2007), also in einem deut- lich engeren Intervall. Dieses Inter- vall ist jedoch noch immer so groß, dass es für die Krankenkassen wei- terhin attraktiver ist, um Versicherte mit „guten Risiken“ zu konkurrie- ren, anstatt sich um die Qualität und Wirtschaftlichkeit der Versorgung zu bemühen, was ja das Ziel des gesundheitspolitisch erwünschten Wettbewerbs sein sollte. Um einem Missverständnis vorzubeugen: Die Beitragssätze sollen sich in einem gesunden Wettbewerb sehr wohl un- terscheiden dürfen (sonst genügte auch eine Einheitsversicherung), aber – und das ist der springende Punkt – es muss das Ziel sein, dass der Beitragssatz etwas über das Handeln der Kassen in Bezug auf Wirtschaftlichkeit und Qualität der Versorgung aussagt.

Die Kassen können sich um ein erfolgreicheres innovatives Ver- tragsmanagement bemühen, sie können den sinnvollen Nutzen der Gesundheitstelematik vorantreiben, qualitätsverbessernde Praxisnetze mitorganisieren oder Insuffizienzen in ihrer eigenen Verwaltung abbau- en, zum Beispiel architektonisch ei- ne bescheidenere Selbstdarstellung anstreben. Sie können auch mithel- fen beim Aufbau integrierter Versor- gungsstrukturen, insbesondere für multimorbide Patienten und chro- nisch Kranke (2). Sie tun es aber viel zu selten. Und das aus gutem Grund:

Eine Kasse, die sich für Versicherte mit schweren Erkrankungen enga- giert, muss befürchten, weitere Ver- sicherte mit derartigen Erkrankun- gen zu attrahieren. Dafür erhält sie im RSA keinen adäquaten Ausgleich, sondern bleibt auf ihren zusätzlichen Kosten sitzen. Folglich kümmern sich die Krankenkassen nicht um die Kranken, sondern werben um die Gesunden. Das Grundübel des bishe- rigen RSA ist demnach, dass er nur sehr indirekt morbiditätsorientiert ist; die Unterschiedlichkeit in den Gesundheitsrisiken der Versicher- tenkollektive wird unzureichend berücksichtigt. Benötigt wird ein neuer, morbiditätsorientierter RSA.

2002 wurde deshalb ein entsprechen-

des RSA-Reformgesetz verabschie- det (§ 268 SGB V) mit dem Ziel, 2007 einen morbiditätsorientierten RSA (Morbi-RSA) einzuführen.

Wenngleich dieser Zeitplan nicht eingehalten werden konnte, soll nun nach dem Willen der Großen Koaliti- on ab 2009 – zusammen mit der Ein- führung des Gesundheitsfonds – ein Morbi-RSA durchgeführt werden.

Angedacht ist eine Modellent- wicklung mit Unterstützung durch einen beim Bundesversicherungs- amt eigens einzurichtenden Wissen- schaftlichen Beirat. Dabei soll sich der künftige Morbi-RSA zunächst auf 50 bis 80 schwerwiegende und kostenintensive Erkrankungen be- schränken, deren Leistungsausga- ben im Mittel 50 Prozent oberhalb der GKV-weiten durchschnittlichen Ausgaben aller Versicherten liegen.

Die Versicherten werden damit in zu- sätzliche, hinsichtlich der Gesund- heitsrisiken (und damit des zu erwar- tenden Ressourcenverbrauchs) ho- mogene Versichertengruppen klassi- fiziert. Dabei kann auf jahrelange internationale Erfahrungen mit ent- sprechenden Klassifikationsmodel- len zurückgegriffen werden. Bei- spielhaft zu nennen wäre das ACG- Modell (Adjusted Clinical Groups) (3), das an der John-Hopkins-Univer- sität in Baltimore entwickelt wurde und in unterschiedlichen Versionen seit 1991 in den USA im Einsatz ist, insbesondere zur Vergütung von Medicaid-Versicherten. Das ACG- Modell steht stellvertretend für so- genannte integrierte Modelle, die gleiche Indikatoren aus verschiede- nen Leistungssektoren verwenden, etwa ambulante und stationäre Dia- gnosen. Andere Modelle, beispiels- weise die Clinical Risk Groups (4), stützen sich zusätzlich zu den Dia- gnosen auch auf Prozeduren. Kom- binationsmodelle verwenden un- terschiedliche Indikatoren aus un- terschiedlichen Sektoren. So sieht das niederländische Pharmacy-based- Cost-Groups-and-Diagnostic-Cost- Groups(PCG+DCG)-Modell (5) ne- ben Krankenhausdiagnosen weitere Indikatoren wie ambulant verordne- te Pharmazeutika vor. Darüber hin- aus existieren Modelle wie die Episode Risk Groups (6), welche zu- sätzlich noch Röntgenuntersuchun- TABELLE

Zeitliche Abfolge der gesundheitspolitischen Maßnahmen*

Jahr Maßnahme 1994 Einführung des RSA 1996 Freigabe der Kassenwahl 2002 RSA-Reformgesetz 2003 RSA inkl. DMP

2007 Einführung des Morbi-RSA (ursprünglich geplant) 2009 Einführung des Morbi-RSA (aktuell geplant)

*RSA = Risikostrukturausgleich, DMP = Disease-Management-Programm

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gen, Labortests etc. in die Klassifika- tion mit einbeziehen. Auch die deut- sche Adaptation des für die ambulan- te Vergütung bei der Bostoner Firma DxCG eingekauften Patientenklassi- fikationsverfahrens (7) wird mögli- cherweise (neben demografischen Komponenten und Behandlungsdia- gnosen) Pharmazeutika mit berück- sichtigen (DxCG RiskSmart). Natür- lich lassen sich auch mehrere Model- le miteinander kombinieren (8).

Wie gut prognostizieren bestehen- de Modelle die zu erwartenden Leis- tungsausgaben? Ein geeignetes Gü- temaß für Prognosen ist das Be- stimmtheitsmaß R2, das den Anteil der durch die Morbiditätsmerkmale

des Modells erklärten Varianz der Ausgaben an der Gesamtvarianz er- klärt. Der Wert von R2 liegt zwi- schen null und eins; je größer R2, umso besser ist ein Modell in der Verhinderung von Risikoselektion.

Bei der Beurteilung der R2-Werte ist zu berücksichtigen, dass ein großer Teil der Ausgaben der Krankenkassen eines Jahres in prospektiver Sicht

„rein zufällig“, im Sinne von „nicht vorhersehbar“, anfällt. Ein R2 von eins ist daher weder erzielbar noch wün- schenswert. Denn letztlich bedeutet ein zu hohes R2 eine Annäherung an einen nicht wünschenswert Ausgabe- nausgleich. Ein zu niedriges R2 hin- gegen begünstigt die Risikoselektion.

Wenn man die existierenden Mor- bi-RSA-Modelle auf deutsche Ver- sichertendaten anwendet, wie es das Institut für Gesundheits- und Sozi- alforschung (IGES) getan hat (9), ergibt sich für das beste Modell2ein R2 von 0,24, wobei sich für den bis-

herigen, nicht morbiditätsorientier- ten RSA ein R2 von nur 0,06 errech- nen lässt Der Morbi-RSA sollte die Morbidität der Versicherten damit weit besser berücksichtigen können.

Kritik am Morbi-RSA

Wie stets bei Verteilungskämpfen wird jedes neue Instrument für mehr Verteilungsgerechtigkeit von eini- gen der beteiligten Interessenver- bände kritisiert, so auch der Morbi- RSA. In diesem Fall kommt Kritik nicht nur vonseiten der vermeint- lich wirtschaftlich stärkeren Kassen (mit einer „guten“ Risikostruktur der Versicherten). Kritik am Morbi- RSA wird verschiedentlich auch

von ärztlicher Seite geäußert, so auch im Deutschen Ärzteblatt (10).

Im Folgenden soll auf die fünf wich- tigsten Aspekte eingegangen wer- den, vgl. Kapitel 1.2.3 im Endbe- richt des IGES (9).

Der Morbi-RSA führt zu einer stär- keren Angleichung der Beitragssät- ze und ist damit wettbewerbsfeind- lich. Der momentane Wettbewerb führt zu aus gesellschaftlicher Sicht wenig produktiven Versicherten- wanderungen. Wie dargelegt, hat der Morbi-RSA das Potenzial, die- sen destruktiven Wettbewerb durch einen konstruktiven Wettbewerb um eine wirtschaftlich und qualitativ bessere Versorgung abzulösen.

Mit Einführung des Morbi-RSA wird sich das Transfervolumen zwischen den Krankenkassen unerwünscht vergrößern.Die Höhe des Transfer- volumens korreliert ganz klar mit dem Grad der Risikoentmischung,

aber auch mit der Zahl der Kranken- kassen. Das geringste Transfervolu- men in Höhe von null wäre zweifels- ohne bei einer Einheitsversicherung erreicht. So gesehen ist es jedoch ab- wegig, die Höhe des Transfervolu- mens zwischen den Krankenkassen als Gütemaß für die Funktionsweise des Morbi-RSA zu betrachten.

Empfängerkassen werden durch Zahlerkassen subventioniert, womit kontraproduktive Anreize zur Un- wirtschaftlichkeit gesetzt werden.

Wenn eine Krankenkasse unwirt- schaftlich arbeitet und damit ihre Ausgaben erhöht, hat sie dies in al- ler Regel zum weitaus größten Teil über ihren eigenen Beitragssatz selbst zu finanzieren, ohne ihre Mehrausgaben durch einen erhöh- ten Zuweisungsanspruch oder ver- ringerte Zahlungsverpflichtungen im RSA refinanziert zu bekommen.

Manipulationsanfälligkeit: Durch Upcoding und Gaming lässt sich die Morbidität künstlich hochrechnen.

Wenn ein Leistungserbringer einen Versicherten kränker einstuft („Up- coding“) oder intensiver behandelt als erforderlich („Gaming“), wird er in aller Regel hierfür auch eine ent- sprechend höhere Vergütung rekla- mieren: Notiert das Krankenhaus et- wa eine „schwerere“ DRG, hat es auch Anspruch auf die höhere Ver- gütung. Insofern werden die Kran- kenkassen auch in Zukunft kein In- teresse an einer Manipulation durch die Leistungserbringer zeigen.

Der Nutzen des Morbi-RSA kann den damit verbundenen administrativen Mehraufwand nicht rechtfertigen.

Alle für die Durchführung des Mor- bi-RSA notwendigen Daten werden bereits heute erfasst. Es ist nicht er- forderlich, neue Datenquellen zu er- schließen. Der EDV-Aufwand bei den Einzelkassen sowie der Durch- führungsbehörde (Bundesversiche- rungsamt) ist sehr begrenzt.

Ob und in welcher Ausgestaltung ein deutscher Morbi-RSA tatsächlich 2009 eingeführt wird, bleibt abzu- warten. Inwieweit sich mit diesem politischen Kompromiss (Beschrän- kung auf 50 bis 80 kostenintensive Erkrankungen) die in einen funkti- onsfähigen Morbi-RSA gesetzten GRAFIK

Finanzkraft - und Beitragsbedarfsausgleich

~50 % ~50 %

Beitragsbedarfsausgleich

– Alter – Geschlecht

– Erwerbsminderungsstatus – Einschreibung in ein DMP

Finanzkraftausgleich

– Einkommen

Bisheriger RSA

Finanzkraft- und Beitragsbedarfs- ausgleich im bis- herigen Risikostruk- turausgleich (RSA).

Die Einschreibung in Disease-Manage- ment-Programme (DMP) wird seit 2003 berück- sichtigt.

2das Kombinationsmo- dell „RxGroups+IPHCC“

(IPHCC = Inpatient Hierarchical Condition Categories)

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Erwartungen erfüllen lassen, ist un- ter den Beteiligten wie auch unter den einschlägigen Gesundheitsöko- nomen umstritten (11).

Zitierweise dieses Beitrags:

Dtsch Arztebl 2007; 104(22): A 1564–9

LITERATUR

1. Graf von Stillfeld D: Integrierte Versor- gungsformen – Fataler Wettlauf um „gute Risiken“. Dtsch Arztebl 1999; 96(38):

A 2342–5.

2. Flintrop J, Rieser S: Einflussnahme auf die Versorgung: Gestalten statt verwalten – die Kassen meinen es ernst. Dtsch Arztebl 2006; (103)5: B 193.

3. Forrest CB, Kinder K, Lemke KW, Reid RJ:

Adjusted Clinical Group – ein Instrument zur Prognose des Ressourcenverbrauchs:

Ein bevölkerungsbezogenes Werkzeug der Gesundheitsfürsorgeverwaltung. Gesund- heits- und Sozialpolitik. 2004; 1–2: 8–15.

www.gebera.de/download/acg.pdf.

4. Hughes JS, Averill RF, Eisenhandler J et al.: Clinical Risk Groups (CRGs): a classifi- cation system for risk-adjusted capitation- based payment and health care manage- ment. Med Care 2004; 42: 81–90.

5. van de Ven WP, van Vliet RC, Lamers LM:

Health-adjusted premium subsidies in the Netherlands. Health Aff 2004; 23: 45–55.

6. White paper: A New Approach to Health Risk Assessment: episode risk groups.

2001. www.symmetryhealth.com/

ERG_WhitePaper.pdf.

7. Graf von Stillfried D: Ambulante Versor- gung – Das Ende der Budgets rückt näher.

Dtsch Arztebl 2006;103(10), A 584-7.

8. Gilmer T, Kronick R, Fishman P, Ganiats TG: The Medicaid Rx model: pharmacy- based risk adjustment for public programs.

Med Care 2001; 39: 1188–202.

9. Reschke P, Sehlen S, Schiffhorst G, Schrä- der WF, Lauterbach KW, Wasem J: Klassifi- kationsmodelle für Versicherte im Risiko- strukturausgleich. Endbericht. Untersu- chung zur Auswahl geeigneter Gruppenbil- dungen, Gewichtungsfaktoren und Klassi- fikationsmerkmale für einen direkt morbi- ditätsorientierten Risikostrukturausgleich in der gesetzlichen Krankenversicherung.

Schriftenreihe des BMGS 2005.

www.bmg.bund.de/cln_040/nn_603380/

SharedDocs/Publikationen/Forschungs berichte/f-334-10251,templateId

=raw,property=publicationFile.pdf/f-334- 10251.pdf.

10. Rieser S: Morbi-RSA: Monstervorwürfe. AOK und KBV sind für die Reform – andere dage- gen. Dtsch Arztebl 2005; 102(20): A 1418.

11. Gerst T: Kritiker diagnostizieren einen ver- zerrten Wettbewerb. Dtsch Arztebl 2007;

104(12): B 668.

Anschrift des Verfassers Dr. rer. nat. Josef Ingenerf Institut für Medizinische Informatik Universität zu Lübeck

Ratzeburger Allee 160, 23538 Lübeck

S

icherheit auf Kosten von Da- tenschutz? Die anhaltenden Diskussionen um neue Sicherheits- gesetze, um Onlinedurchsuchungen von Computern, um die Vorrats- speicherung von Telekommunikati- onsdaten, um Möglichkeiten der Rasterfahndung und Videoüberwa- chung, lassen sich unter dieser Grundsatzfrage subsumieren. „Der Rechtsstaat verändert sich zu einem Präventiv- und Sicherheitsstaat“, kritisierte Sabine Leutheusser- Schnarrenberger, ehemalige Bun- desjustizministerin und amtierende Stellvertretende Vorsitzende der FDP-Bundestagsfraktion, bei einem von Euroforum veranstalteten Da- tenschutzkongress in Berlin. Der politische Wille innerhalb der In- nen- und Rechtspolitik der letzten Jahre gehe dahin, das Verhältnis von Freiheit und Sicherheit eindeutig zu- gunsten der Sicherheit zu verschie- ben, betonte die liberale Rechtsex- pertin. Ähnlich alarmiert hatte sich

zuvor schon der Bundesbeauftragte für den Datenschutz und die Infor- mationsfreiheit, Peter Schaar, in sei- nem aktuellen Tätigkeitsbericht ge- zeigt (Kasten).

Eine „ganze Kaskade von Geset- zen und Maßnahmen zur Ausdeh- nung der staatlichen Überwachung der Bürger“ sei auf den Weg ge- bracht worden, die zunehmend den Schutz des Kernbereichs privater Lebensgestaltung bedrohte und die mit einem erheblichen Risiko ihrer Verfassungswidrigkeit verbunden sei, so Leutheusser-Schnarrenberger. Bei- spiele hierfür sind die akustische Wohnraumüberwachung, das Zoll- fahndungsdienstgesetz, die Tele- kommunikationsüberwachung und die Onlinedurchsuchung von Com- putern, die zuletzt in die Schlagzei- len geraten war. Die seit 2005 von den Geheimdiensten ohne Rechts- grundlage heimlich durchgeführten Onlinedurchsuchungen von privaten Computern ist inzwischen ausge- setzt. Allerdings hält Bundesinnen- minister Wolfgang Schäuble diese Form der Ermittlung zur Gefahren- abwehr für unverzichtbar und hat daher im Bundestag dafür plädiert, den Grundgesetzartikel 13 über die Unverletzlichkeit der Wohnung im Hinblick darauf zu überprüfen und gegebenenfalls zu ändern.

Sicherheit muss sich an den Grundrechten orientieren Sicherheit könne nicht an den Grundrechten vorbei, sondern nur in Kenntnis ihrer Anforderungen und im Respekt vor ihrer Geltung garan- tiert werden, mahnte Prof. Dr. Dr.

h.c. mult. Spiros Simitis, Univer- sität Frankfurt/Main. Der Rechtsex- perte und ehemalige, langjährige hessische Landesdatenschutzbeauf- tragte wies darauf hin, dass sich die Kommunikationsbedingungen der DATENSCHUTZ

Gleichgewicht aus dem Lot

Das Verhältnis zwischen Freiheit und Sicherheit im Rechts- staat wird derzeit kontrovers diskutiert. Datenschützer sehen die informationelle Selbstbestimmung in Gefahr.

Kritik am politischen Willen, der Sicherheit ein höheres Ge- wicht bei- zumessen als der Freiheit:

Sabine Leutheusser- Schnarren- berger

Fotos:dpa

Referenzen

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