Zur Fortbildung Aktuelle Medizin FÜR SIE GELESEN
Trimethoprim als
Monosubstanz unterschätzt
Ohne den Sulfonamid-Anteil wie in Co-Trimoxazol oder Co-Trimazin ist Trimethoprim als Monosubstanz für die Behandlung von Harnwegsinfek- tionen mit weniger unerwünschten Wirkungen belastet. Die Argumente für die Vorteile der Kombination mit Sulfamethoxazol oder Sulfadiazin wurden vor allem von englischen Untersuchern immer wieder ange- zweifelt. Sie fanden keine Bestäti- gung dafür, daß der antibakterielle Effekt des Trimethoprims durch Sul- fonamide bakterizid verstärkt werde.
Nicht bestätigt hat sich auch die Ver- mutung, Trimethoprim allein fördere die Resistenzbildung mehr als die Kombination. In Großbritannien wer- den für die Therapie der akuten Harnwegsinfekte bei Erwachsenen zweimal täglich 200 mg Monosub- stanz Trimethoprim über fünf Tage und für die Prophylaxe täglich 100 mg empfohlen. Trimethoprim ist als Monosubstanz in Großbritannien, in nordeuropäischen Ländern und neuerdings auch in der Bundesrepu- blik Deutschland im Handel. r-h
Brumfitt, W.; Hamilton-Miller, J. M. T.: Trime- thoprim, British Journal of Hospital Medicine 23 (1980) 281-288, The Royal Free Hospital, London — Trimethoprim, Editorial, The Lancet 8167 (1980) 519-520
Antirheumatika und Schädigung der Magenschleimhaut
Auf eine antiphlogistische Therapie reagieren viele Patienten mit Magen-
Unverträglichkeitserscheinungen;
endoskopisch sind häufig erosive Defekte bis hin zur Ulkusbildung nachweisbar. Am ausgeprägtesten sind diese Schleimhautschädigun- gen beim Aspirin; sie werden jedoch auch bei neueren Antirheumatika beobachtet. Die Autoren untersuch- ten bei fünf Freiwilligen, die unter einer einwöchigen Aspirintherapie Magenschleimhautläsionen entwik- kelt hatten, im gekreuzten Versuch die Wirkung von Ibuprofen (Brufen®) und Tolmetin (Tolectin®). Ibuprofen
führte dabei seltener zu Schleim- hautschäden als Tolmetin und wur- de insgesamt besser vertragen. Zwi- schen klinischer Symptomatik und endoskopischem Aspekt der Magen- schleimhaut fanden sich jedoch deutliche Diskrepanzen, was die Be- obachtung erklärt, daß sich bei die- sen „aspirinsensitiven" Patienten nicht selten okkulte Blutungen nachweisen lassen.
Lanza, F. L.; Nelson, R. S.; Royer, G. L.: Effects of ibuprofen, tolmetin and placebo on the gas- tric mucosa of aspirin-sensitive volunteers, Am. J. Gastroent. 72 (1979) 528-534, Depart- ment of Gastroenterology, Baylor College of Medicine, 6630 De Moss, Houston, TX 77 074
Ballontamponade der Ösophagusvarizenblutung problematisch
Die Therapie der massiven Ösopha- gusvarizenblutung ist nach wie vor unbefriedigend. Die Autoren, die be- reits 1958 und 1967 ihre schlechten Ergebnisse mit der Ballontampona- de blutender Varizen veröffentlicht hatten, berichten erneut über Ergeb- nisse bei 50 Blutungsepisoden von 39 Patienten. In 37 Fällen lag eine Alkoholzirrhose, in einem Fall ein Morbus Wilson und in einem weite- ren Fall eine Pfortaderthrombose zugrunde. In 86 Prozent war eine erfolglose Vasopressintherapie vor- ausgegangen. In der Mehrzahl der Fälle wurde die Sengstaken-Blake- more-Sonde verwandt. Nur bei 40 Prozent gelang eine Blutstillung über mindestens 24 Stunden. 90 Prozent der Patienten verstarben.
Eine Ruptur der Speiseröhre nach Insufflation des Magenballons führ- te in 3 Fällen (8 Prozent) zum Tode.
Eine Aspirationspneumonie wurde bei fünf weiteren Patienten als Kom- plikation beobachtet. Zwischen Lin- ton-Sonde und Sengstaken-Sonde ergaben sich keine wesentlichen Unterschiede hinsichtlich Wirksam- keit und Komplikationsrate.
Chojkier, M.; Conn., H. 0: Esophageal Tam- ponade in the Treatment of Bleeding Varices, A Decadal Progress Report, Dig. Dis. 25 (1980) 267-272, Liver Disease Unit, VA Hospital, Me- dical Center, West Spring Street, West Haven, Connecticut 06 516
Bakterielle Fehlbesiedlung unter Cimetidin
Unter einer Langzeit-Therapie mit dem H 2-Blocker Cimetidin (Taga- met®) muß mit einer bakteriellen Be- siedlung des Magens durch fäkale Bakterien infolge der nachhaltigen pH-Verschiebung gerechnet wer- den; dies fanden britische Autoren bei Magensaftuntersuchungen von 31 Ulkuspatienten heraus. Es kam nach einer vierwöchigen Behand- lung zu einem signifikanten Anstieg bei grampositiven Kokken, Entero- kokken, Laktobazillus und Strepto- coccus salivarius. Von klinischer Be- deutung ist wahrscheinlich nur die Zunahme an nitratreduzierenden Mi- kroorganismen beziehungsweise von Darmbakterien, die Aminosäu- ren deaminieren und dekarboxylie- ren können. Nitrosamine gelten heu- te als Karzinogene; bei Patienten mit Hypochlorhydrie oder einer Perni- ziosa finden sich entsprechend er- höhte N-Nitroso-Verbindungen im Magensaft bei deutlich erhöhter Keimzahl. Unter der vier- bis sechs- wöchigen Therapie spielen Ver- schiebungen in der Keimbesiedlung sicher keine Rolle. Die Autoren war- nen jedoch vor einer unkritischen Dauermedikation über Jahre.
Ruddell, W. S. J.; Axon, A. T. R.; Findlay, J. M.;
Bartholomew, B. A.; Hill, M. J.: Effect of cimetidine on the gastric bacterial flora, Lan- cet I (1980) 672-674, Gastroenterology Unit, General Infirmary, Leeds LS1 3EX
Thromboseprophylaxe in Gynäkologie
und Geburtshilfe
Zur Thromboseprophylaxe gibt es nur wenige Kontraindikationen. Die Bemühungen bestehen zunächst noch immer in der Frühmobilisie- rung und in den physikalischen Maßnahmen. Zur medikamentösen Prophylaxe haben sich Dextrane und Low-dose-Heparinisierung be- währt; empfohlene Dosierung: 5000 I. E. Heparinat zwei Stunden vor der Operation subkutan und fortgesetzt in zwölfstündigen Abständen bis zum siebten postoperativen Tag. Er- DEUTSCHES ÄRZTEBLATT Heft 9 vom 26. Februar 1981 403
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höhungen der täglichen Dosis auf drei- bis viermal 5000 I. E. Heparinat sind bei allen Risikopatientinnen üb- lich. Wundheilstörungen (ein- schließlich kleinster Dehiszenzen und Serome) können durch die Ein- führung der Antikoagulantien-Pro- phylaxe von 14 Prozent auf 20,4 Pro- zent ansteigen. In der Geburtshilfe sollte die Antikoagulantien-Prophy- laxe, bedingt durch die besonderen schwangerschaftsphysiologischen Veränderungen des Organismus, sehr kritisch angewandt werden. See
Rath, W.: Thromboseprophylaxe in Gynäkolo- gie und Geburtshilfe, gynäkol. Prax. 4 (1980) 411-420, Frauenklinik und Poliklinik der Uni- versität Göttingen
Spontane Regression einer Magenpolypose
Elster und Mitarbeiter wiesen 1977 erstmals auf das Krankheitsbild der Drüsenkörperzysten hin, das in der Regel als auf die Korpusschleimhaut beschränkte Polyposis ventriculi in Erscheinung tritt. Bei dieser Poly- penform, der wahrscheinlich eine Funktionsstörung der säureprodu- zierenden Korpusschleimhaut zu- grunde liegt, scheint eine Spontan- regression möglich. Die Autoren be- richten über drei Patienten, bei de- nen sich zahlreiche sessile Polypen, deren Existenz endoskopisch-biop- tisch gesichert war, bei einer Kon- trolluntersuchung nach ein bis drei Jahren nicht mehr nachweisen lie- ßen. Bereits früher war von deut- schen Autoren berichtet worden, daß unter einer Pentagastrinsti mula- tion die Polypose an Zahl und Größe zunehmen würde. Von besonderem Interesse erscheint die Beobach- tung, daß diese Form der reversiblen Polyposis ventriculi, die von der hi- stologischen Struktur her keine maligne Potenz beinhaltet, relativ häufig mit einer familiären Adeno- matosis coli vergesellschaftet ist. R
Lida M.; Yao, T.; Watanabe, H.; Imamura, K.;
Fuyuno, S.; Omae, T.: Spontaneous Disap- pearance of Fundic Gland Polyposis: Report of Three Cases, Gastroenterology 79 (1980) 725-728, Departments of Internal Medicine II and Pathology II, Faculty of Medicine, Kyushu University, Fukuoka, Japan
Beeinflussung
der Serumlipide durch körperliche Belastung
Sportlich aktive Personen haben ei- ne andere Zusammensetzung der Li- pide und Lipoproteine des Serums.
Sie haben insbesondere niedrigere Konzentrationen von Triglyzeriden und freien Fettsäuren sowie höhere Konzentrationen von HDL-Choleste- rin und Apoprotein A-I.
Bemerkenswert ist, daß nur ausdau- ertrainierte Personen diese Lipid- konstellation aufweisen.
Was die Genese der Arteriosklerose betrifft, so müssen diese Verände- rungen als günstig bezeichnet wer- den, wenngleich der klinische Be- weis dafür noch aussteht.
Mechanismen, die zu dieser Verän- derung des Lipidstoffwechsels füh- ren, sind nicht bekannt.
Norwegische und amerikanische Untersucher gingen der Frage nach, ob die durch eine chronische kör- perliche Belastung (Training) her- vorgerufenen Veränderungen auch durch eine akute, einmalige Bela- stung induziert werden können.
20 beziehungsweise 12 Männer nah- men an einem Skilanglauf (70 bezie- hungsweise 42 Kilometer) teil. Es zeigte sich, daß die Triglyzeride be-
reits wenige Stunden nach dem Lauf und in den folgenden zwei Tagen bis zu 65 Prozent erniedrigt waren. Das Gesamtcholesterin zeigte eine Ten- denz zum Abfall, was statistisch al- lerdings nicht gesichert werden konnte. Das HDL-Cholesterin und das Apoprotein A-I stiegen ein bis drei Tage danach geringfügig an.
Die beschriebenen Veränderungen waren nicht durch Verschiebungen des Plasmavolumens bedingt.
Mit diesen Untersuchungen konnte gezeigt werden, daß durch eine aku- te Belastung ähnliche Veränderun- gen hervorgerufen werden können wie durch eine chronische, das heißt, daß die bekannte günstige
Serumlipidkonstellation von körper- lich aktiven Personen wahrschein- lich Folge wiederholter Belastungen ist. Wrh
Enger, S. C.; Stramme, S. B.; Refsum, H. E.:
High density lipoprotein cholesterol, total cholesterol and triglycerides in serum after a single exposure to prolonged heavy exercise, Scand. J. clin. Lab. Invest. 40 (1980) 341-345 — Thompson, P. D.; Cullinane, E.; Henderson, L.
0.; Herbert, P. N.: Acute effects of prolonged exercise an serum lipids, Metabolism 29 (1980) 662-665
Die „Pille" und die
Verminderung der Sehkraft
In vielen Fällen bemerken Frauen, die die Pille einnehmen, eine Ver- minderung ihrer Sehkraft. Diese Ver- änderung ist meist geringfügig und passager, kann aber auch in einer völligen Einbuße der Sehkraft beste-
hen. Erscheinungen dieser Art las- sen sich in funktionelle und morpho- logisch faßbare Nebenwirkungen einteilen. Unter die funktionellen Stö- rungen fallen zum Beispiel Gesichts- feldausfälle durch Neuritis nervi opti- ci, Farbsinnstörungen, Abducenspa- resen und herabgesetzte Tränense- kretionen mit Kontaktlinsenunver- träglichkeiten. Morphologisch faßba- re Nebenwirkungen sind Trübungen der hinteren Linsenkapsel, Glaskör- perblutungen und isolierte Netzhaut- parenchymblutu ngen.
Ist auch in vielen Fällen der kausale Zusammenhang zwischen hormo- neller Medikation und Augenschädi- gung nicht zwingend nachweisbar, so muß doch bei allen unklaren funktionellen und/oder morphologi- schen Veränderungen am Auge auch an die Einnahme der Pille ge- dacht werden. Entsprechende oph- thalmologische Untersuchungen sind in solchen Fällen dringend er- forderlich. Das sofortige Absetzen der Pille kann helfen, bestehende Beschwerden zu verbessern und un- ter Umständen sogar irreversible Schädigungen zu verhindern. See
Rochels, R.; Nover, A.: Nebenwirkungen oraler Kontrazentiva am Auge, Geburtsh. u. Frauen- heilk. 40 (1980) 713-715, Universitäts-Augen- klinik Mainz
404 Heft 9 vom 26. Februar 1981 DEUTSCHES ÄRZTEBLATT