DEUTSCHES ÄRZTEBLATT
AUSSPRACHE
Stellungnahme I
Die Tabelle in dem Übersichtsauf- satz, Seite 1862, enthält mehrere Fehler, Megaphen und Jatroneural sind keine Tranquilizer, Decentan ist kein Antidepressivum.
Dr. med. Hans Henning Nervenarzt, Psychotherapie Friedrichstraße 33
8520 Erlangen
Stellungnahme II
In der tabellarischen Aufstellung hepatotoxischer Arzneistoffe wird Cromoglicinsäure als Auslöser ei- ner chronischen nicht eitrigen destruierenden Cholangitis ge- nannt. Dieser Aussage muß ent- schieden widersprochen werden.
Bis zum heutigen Tage ist dem Un- ternehmen über keine einzige Ka- suistik mit der in der Tabelle auf- geführten Symptomatik berichtet worden. Insgesamt sind bisher überhaupt nur zwei, die Leber be- treffende Fälle erfaßt worden (je ein Fall mit Hepatosplenomegalie und Bildung von Gallensteinen).
Uns ist lediglich eine Publikation aus dem Jahre 1978 (Rosenberg J.
L., Edlow D., Sneider R.: Arch. Int.
Med. 138, 989 [1978]) bekannt, in der über eine Kasuistik mit primä- rer biliärer Zirrhose unter Cromo- glicinsäure berichtet wird. Von den Autoren durchgeführte immu- nologische In-vitro-Untersuchun- gen mit dem Wirkstoff haben nur normale Befunde ergeben; eine Reexposition hat damals nicht
stattgefunden. Ein kausaler Zu- sammenhang erscheint daher, wie auch die Autoren einräumen, zu- mindest fraglich. Ziel der Veröf- fentlichung war es im wesent- lichen, auf die grundsätzlich nicht auszuschließende Möglichkeit ei- ner hepatotoxischen Wirkung des seinerzeit in den USA noch relativ unbekannten Arzneistoffs auf- merksam zu machen. Die Erfah- rungen der nachfolgenden Jahre haben diesen Verdacht jedoch eindrucksvoll entkräftet.
Nach gegenwärtigem wissen- schaftlichen Kenntnisstand verur- sacht Cromoglicinsäure mit größ- ter Wahrscheinlichkeit keine Le- berschäden. Die gegenteilige Aus- sage sowie die undifferenzierte Auflistung der Substanz in Verbin- dung mit in dieser Hinsicht be- kanntermaßen problematischen Arzneistoffen ist sachlich unbe- gründet.
Dr. G. Reuschenbach medizinisch-wissenschaft- liche Abteilung
Fisons Arzneimittel GmbH Max-Planck-Straße 9-11 5000 Köln 40
Schlußwort
Herrn Kollegen Henning bin ich für seinen Hinweis sehr dankbar.
Die Klassifizierung von Psycho- pharmaka ist und bleibt ein Pro- blem, da es national und interna- tional erhebliche Differenzen gibt (z. B. Rote Liste 1986; Ludwig und Axelsen, Dig. Dis. Sci. 28, 651-666, 1983). So werden Chlorpromazin
(Megaphen®) und Trifluoperazin (Decentan®) in den USA als Tran- quilizer klassifiziert, in der Bun- desrepublik Deutschland als Neu- roleptika. Perphenazin (Jatroneu- ral®) wird in den USA unter die Tranquilizer eingeordnet, in der BRD unter Tranquilizer/Anxiolyti- ka/Neuroleptika.
Die Kritik von Herrn Kollegen Reu- schenbach ist sachlich nicht be- gründet und geht am eigentlichen Kern vorbei. Als Auslöser einer chronischen nichteitrigen destru- ierenden Cholangitis (CNDC) wur- de Cromoglicin bei einer Patientin beschrieben, und Rosenberg und Mitarbeiter haben darüber unter dem Titel „Lebererkrankung und Vaskulitis bei einer Patientin unter Einnahme von Cromoglicin" aus- führlich in einer renommierten Zeitschrift der USA berichtet (Arch. Int. Med. 138: 989-991, 1978). Bei der betroffenen Patien- tin bestand ein schweres Krank- heitsbild mit Juckreiz, Myalgien, thorakalen Schmerzen, Schwäche der linken Großzehe und Exan- them.
Die Autoren beschließen ihre Aus- führungen mit der Empfehlung, Cromoglicin bei einem Patienten sofort abzusetzen, bei dem ein stärkerer Anstieg der Eosinophi- len im Blut oder Symptome oder Zeichen einer Lebererkrankung und Vaskulitis nachweisbar sind.
Dieser Empfehlung muß ohne Vor- behalte zugestimmt werden, und daher wurde Cromoglicin als Ur- sache für eine CNDC nicht nur in meiner Liste aufgeführt, sondern auch in tabellarischen Auflistun- gen anderer Autoren (z. B. Ludwig und Axelsen, s. o.; Dölle und Mar- tini, in: Erkrankungen durch Arz- neimittel, K. H. Rahn, Hrsg., Thie- me, Stuttgart 1984, S. 371-409). Im übrigen sind allergische Reaktio- nen auf Cromoglicin bekannt, aber extrem selten.
Professor Dr. Rolf Teschke Medizinische Klinik D der Universität Düsseldorf Moorenstr. 5
4000 Düsseldorf 1
Erkrankungen der Leber durch Arzneimittel
Zu dem Beitrag von Professor Dr. med. Rolf Teschke in Heft 25/26, 1986, Seiten 1856 bis 1866
2686 (46) Heft 40 vom 1. Oktober 1986 83. Jahrgang Ausgabe A