Die Information:
Bericht und Meinung Berlin-Präsenz
ein schwacher Rückzug und kann unseren Wunsch, die Geschäfts- stelle in Berlin zu belassen, nicht erfüllen. Wir Berliner Ärzte sind unverändert unzufrieden mit der Behandlung, die Berlin hier er- fährt. Man sage mir nicht, daß so etwas von untergeordneter Be- deutung sei. So wie ein Stein zum anderen eines Tages ein Gebäude herstellt, so bedeutet der Abbau von Einzelsteinen den Verlust ei- ner Heimstätte, und das ist Berlin in übergeordnetem Sinne für ei- nen großen Teil der Deutschen.
Auf meinen Vorschlag, minde- stens alle zwei oder drei Jahre den Kongreß in Berlin durchzuführen, auf jeden Fall aber den Kongreß anläßlich des hundertzehnjähri- gen Bestehens unserer ehrwürdi- gen Gesellschaft (die nötigen Räu- me stehen mit dem neuen Interna- tionalen Congreß-Centrum zur Verfügung!), wurde im Präsidium bisher überhaupt noch nicht ein- gegangen.
Es fällt mir nicht leicht, als Präsi- dent der Ärztekammer Berlin all dies an die Öffentlichkeit zu tra- gen. Ich fühle mich aber dazu ver- pflichtet, das nachzuholen, was die Deutsche Gesellschaft für Chirurgie versäumt hat, nämlich alle ihre Mitglieder und die inter- essierten Kollegen über diesen wichtigen Schritt im Interesse des freiheitlichen Berlin zu informie- ren. Es soll davor gewarnt werden, daß andere Institutionen, nicht nur ärztlicher oder medizinischer Na- tur, ihre Arbeit in Berlin einstellen und sich damit aus unserer Vater- stadt zurückziehen.
Ich hoffe mit den vielen Kollegen, die ihrem Unmut über die Schlie- ßung der Berliner Geschäftsstelle der Deutschen Gesellschaft für Chirurgie mehr oder weniger laut Luft gemacht haben, daß der Be- schluß in den zuständigen Gre- mien der Gesellschaft erneut dis- kutiert und gegebenenfalls revi- diert werden kann.
Professor Dr. med. Wilhelm Heim, Berlin
Clotibrathaltige Arzneimittel
wieder zugelassen
Nach umfangreichen Ermittlun- gen hat das Bundesgesund- heitsamt .clofibrathaltige Arz- neimittel unter starker Ein- schränkung der Anwendungs- gebiete und in Verbindung mit einer deutlichen Gebrauchsin- formation wieder zugelassen.
Diese lautet (Mustertext):
Gebrauchsinformation ist kein harmloses Arznei- mittel! Deshalb Gebrauchsin- formation sorgfältig lesen!
1. Angabe gemäß § 11 Abs. 1 Nr.
1 AMG 1976
2. Angabe gemäß § 11 Abs. 1 Nr.
2 AMG 1976
3. Angabe gemäß § 11 Abs. 1 Nr.
3 AMG 1976
4. Anwendungsgebiete
. . . ist zur Behandlung von be- stimmten Fettstoffwechselstö- rungen vorgesehen.
Jede Einnahme eines Arznei- mittels über längere Zeit kann zu gesundheitlichen Schäden führen. Deshalb sollte die Not- wendigkeit einer Behandlung mit . . sorgfältig geprüft wer- den. Bei den alle sechs Monate vorgesehenen ärztlichen Unter- suchungen muß neben der Kontrolle des Therapieerfolges auf unerwünschte Wirkungen (s. Abschnitt Nebenwirkungen) geachtet und die Notwendigkeit der Fortsetzung der Therapie neu abgewogen werden.
... senkt erhöhte Blutfettwerte (vorwiegend Triglyceride = Neutralfette und in geringerem Maße Cholesterin).
Ein erhöhter Blutfettspiegel gilt als ein Risikofaktor für die Ent- stehung und das Fortschreiten einer Arteriosklerose und ihrer Folgeerkrankungen. Bis jetzt ist aber nicht bewiesen, daß eine Senkung erhöhter Blutfette ei- ne Arteriosklerose -oder deren Folgeerkrankungen, wie z. B.
eine koronare Herzkrankheit (Angina pectoris, Herzinfarkt) oder Gefäßerkrankungen und daraus folgende Durchblu- tungsstörungen der Gliedrha- ßen oder des Gehirns, verhin- dern oder bessern kann.
Andererseits kann bei Patienten mit schweren Fettstoffwechsel- störungen (Cholesterin höher als 300 mg/100 ml [= 7,8 mmo1/1], Triglyceride höher als 250 mg/100 ml [ = 2,9 mmo1/11) die Senkung der Blutfette einen nützlichen Effekt haben.
Deshalb kann . . . angewandt werden bei Patienten mit 1) schweren primären Fettstoff- wechselstörungen mit überwie- gender Erhöhung der Triglyce- ride (Neutralfette), deren Blut- fettwerte weder durch Ände rung der Ernährung noch ande- re Verhaltensänderungen aus- reichend gesenkt werden kön- nen,
2) schweren sekundären Hy- pertriglyceridämien (Erhöhung der Neutralfette im Blut), die sich durch eine konsequente Behandlung der Grundkrank- heit (Zuckerkrankheit, Gicht) nicht beheben lassen und die weder auf eine Änderung der Ernährung noch andere Verhal- tensänderungen des Patienten ansprechen.
5. Gegenanzeigen
Leber- und Gallenblasener- krankungen mit und ohne Gal- lensteinleiden,
BEKANNTMACHUNG DER BUNDESÄRZTEKAMMER
DIE ARZNEIMITTELKOMMISSION
DER DEUTSCHEN ÄRZTESCHAFT INFORMIERT:
DEUTSCHES ÄRZTEBLATT Heft 32 vom 9. August 1979 2031
Die Information:
Bericht und Meinung Clofibrathaltige Arzneimittel
Nierenerkrankungen, Schwangerschaft, Stillzeit,
Wachstumsalter,
gleichzeitige Einnahme von Ovulationshemmern.
Bei Frauen im gebärfähigen Al- ter ist die Notwendigkeit einer Behandlung mit . . . besonders sorgfältig abzuwägen.
6. Nebenwirkungen
Magen-Darm-Beschwerden wie: Übelkeit, Brechreiz und Durchfall,
Juckreiz, Hautausschlag, Haarausfall, Potenzstörungen,
Myositis (schmerzhafte Muskel- entzündung),
Anstieg des Kreatininspiegels und der Leberfermente im Blut- serum,
Verminderung der Zahl der wei- ßen Blutkörperchen.
Unter der Langzeitbehandlung mit Clofibrat traten gehäuft Gal- lensteinerkrankungen auf, wo- durch Gallenblasenoperationen erforderlich wurden.
In einer Langzeitstudie mit Herzinfarktpatienten wurden 1000 Personen mit Clofibrat und 3000 mit einem Leerpräpa- rat durchschnittlich sechs Jah- re behandelt und beobachtet. In der mit Clofibrat behandelten Gruppe wurde eine höhere Rate an
Angina pectoris,
Claudicatio intermittens, Thromboembolien und Herzarrhythmien
beobachtet. Kein Unterschied bestand hinsichtlich der Sterb- lichkeit an Herzinfarkt.
In einer anderen großen Lang- zeitstudie an jeweils mehreren tausend Herzgesunden mit Blutfettspiegeln von im Mittel 250 mg/100 ml Cholesterin, die über fünf Jahre Clofibrat oder ein Leerpräparat erhielten und
seitdem ein Jahr nachbeobach- tet wurden, war die Sterblich- keit in der Clofibrat-Gruppe um ein Drittel höher als in der Kon- trollgruppe (dabei wurde die Sterblichkeit an Herzinfarkten nicht berücksichtigt). In beiden Gruppen war etwa die Hälfte der Todesfälle auf Krebserkran- kungen zurückzuführen, wor- aus nach den bisherigen Zahlen nicht geschlossen werden kann, daß unter Clofibrat mehr Krebserkrankungen auftreten.
Andere Todesursachen waren auf Komplikationen infolge Gal- lenblasenoperationen und auf
Bauchspeicheldrüsenentzü n- dungen zurückzuführen, Aus Ergebnissen langfristiger Tierversuche geht hervor, daß unter fünf- bis achtfacher the- rapeutischer Dosierung von Clofibrat bei Ratten und Mäu- sen vermehrt gutartige und bösartige Lebertumoren auftre- ten. Eine niedrigere Dosierung wurde nicht geprüft. Die Be- deutung dieser Versuchsergeb- nisse für den Menschen ist bis- her noch umstritten.
7. Wechselwirkungen mit ande- ren Mitteln
. . . kann die Wirkung bestimm- ter blutgerinnungshemmender Medikamente (Antikoagulan- tien vom Cumarin-Typ) verstär- ken. Deshalb sollte unter wie- derholter Kontrolle der Blutge- rinnung die Dosis des blutge- rinnungshemmenden Medika- ments entsprechend angepaßt werden.
Die Wirkung von Sulfonylharn- stoffen (oralen Antidiabetika) kann durch ... verstärkt wer- den.
8. Angabe gemäß § 11 Abs. 1 Nr. 8 AMG 1976
9. Angabe gemäß § 11 Abs. 1 Nr. 9 AMG 1976
zusätzlich:
Vor jeder Behandlung einer
Fettstoffwechselstörung steht die Beratung durch den Arzt.
Der Blutfettspiegel wird durch verschiedene Faktoren beein- flußt, z. B. Tageszeit, Abstand vom Zeitpunkt der Einnahme der letzten Mahlzeit, Art der letzten Mahlzeit, Streßsituatio- nen, was bei der Diagnosestel- lung zu berücksichtigen ist.
In vielen Fällen sind Fettstoff- wechselstörungen durch Ände- rung der Ernährung, vermehrte körperliche Bewegung, Ge- wichtsabnahme und ausrei- chende Behandlung einer wo- möglich bestehenden anderen Stoffwechselerkrankung (Zuk- kerkrankheit, Gicht) günstig zu beeinflussen. Eine medikamen- töse Behandlung ist grundsätz- lich nur als Zusatzmaßnahme und nur dann gerechtfertigt, wenn die Stoffwechselstörung durch die genannten Maßnah- men allein nicht zu beheben ist.
Die Wirkung von . . . ist indivi- duell verschieden stark. Es ist nicht möglich, Voraussagen über die Wirkung von . . . bei dem einzelnen Patienten zu machen. Deshalb ist es notwen- dig, daß der Blutfettspiegel wie- derholt kontrolliert und das Arzneimittel abgesetzt wird, wenn innerhalb von drei Mona- ten keine Wirkung damit erzielt werden kann.
In Fällen mit deutlich erniedrig- ten Bluteiweißwerten (Hypal- buminämie), wie z. B. beim ne- phrotischen Syndrom, ist die Dosis herabzusetzen. Bei Hyp- albuminämie ist die Konzentra- tion an freiem Wirkstoff erhöht, wodurch es zu Muskelschmer- zen (Myalgien) und/oder Fer- mentanstiegen (CPK) kommen kann.
10. Angabe gemäß § 11 Abs. 1 Nr. 10 AMG 1976
11. Angabe gemäß § 11 Abs. 1 Nr. 11 AMG 1976
2032 Heft 32 vom 9. August 1979 DEUTSCHES ÄRZTEBLATT