A 2638 Deutsches Ärzteblatt
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Jg. 108|
Heft 49|
9. Dezember 2011G-BA UND QUALITÄTSSICHERUNG
Immer größeres Aufgabenspektrum
Eine Konferenz des Gemeinsamen Bundesausschusses zeigte die Vielfalt der Qualitätssicherungsbemühungen – und den normgebenden Einfluss des Gremiums.
W
ährend hinter den Kulissen intensiv über die im nächs- ten Jahr fällige Neubesetzung des wohl wichtigsten Postens im deut- schen Gesundheitswesen – den des Unparteiischen Vorsitzenden des Gemeinsamen Bundesausschusses (G-BA) – verhandelt wird, gibt es vordergründig „business as usual“.In Berlin kamen am 28. November etwa 500 Teilnehmer zur 3. Quali- tätssicherungskonferenz des G-BA zusammen, um sich über Entwick- lungen und neue Projekte bei der Qualitätssicherung auf den unter- schiedlichsten Ebenen und aus den unterschiedlichsten Perspektiven zu orientieren.
Eingangs konnten die Konfe- renzteilnehmer von der zuständigen Referatsleiterin im Bundesgesund- heitsministerium, Dr. med. Hiltrud Kastenholz, die Zusicherung entge- gennehmen, dass „auch in Zukunft weitere Aufgaben der Qualitätssi- cherung an den G-BA übertragen werden“. Als Beispiel nannte sie die Erarbeitung konkreterer Vorga- ben zum Fehlermanagement. Kas- tenholz überbrachte Komplimente ihres Ministeriums für die Arbeit des G-BA: Das Selbstverwaltungs- gremium nutze seinen Spielraum in der Qualitätssicherung in verant- wortungsvoller Weise. Sie wies aber auch auf die mitunter langen und mühseligen Diskussionen bei strittigen Sachfragen hin.
Transparenz oder Verwirrung?
Vor dem Hintergrund der aktuellen Diskussion um die Krankenhaushy- giene betonte sie die Bedeutung der Qualitätssicherungsverfahren zur Vermeidung nosokomialer Infektio- nen, mit deren Entwicklung vor kurzem das AQUA-Institut vom G-BA beauftragt wurde. Diese sol- len künftig dazu beitragen, sowohl Wundinfektionen nach stationär
oder ambulant erfolgten Operatio- nen als auch Gefäßkatheter-assozi- ierte Infektionen möglichst zu ver- meiden.
Warum es gelegentlich etwas länger dauern kann, bis im Gemein- samen Bundesausschuss in wich - tigen Versorgungsangelegenheiten entschieden wird, wurde beim an- schließenden Pressegespräch deut- lich. Thema waren hier insbesonde- re die von den Krankenhäusern vor- zulegenden Qualitätsberichte. Diese müssen nach einem Beschluss des G-BA vom Juni 2011 künftig aus 25 Leistungsbereichen bis zu 182 statt wie zuvor bis zu 28 Indikatoren darstellen. „Die in diesem Jahr be- schlossene deutliche Erweiterung der Qualitätsdarstellung mittels In- dikatoren verfolgt das Ziel, die Information und Transparenz von medizinischer Behandlungsqualität weiter zu erhöhen“, sagte dazu Dr. Josef Siebig, unparteiisches Mitglied im G-BA und Vorsitzender des Unterausschusses Qualitätssi- cherung.
„Die Qualitätsberichte sind eine Erfolgsgeschichte. Wir wissen we- sentlich mehr als vor zehn Jahren über das Krankheitsgeschehen“, hob Dr. Wulf-Dietrich Leber, Abtei- lungsleiter Krankenhäuser des GKV-Spitzenverbands, hervor. Zu- vor habe es keine Möglichkeit ge- geben, sich zuverlässig über die Qualität in den Krankenhäusern zu informieren. In den nunmehr vorzu- legenden Qualitätsberichten müsse auch nicht alles laienverständlich sein, meinte Leber, denn zu den Nutzern gehörten schließlich auch Ärzte oder Krankenhäuser, deren Patienten verlegt werden müssen.
Dr. med. Bernd Metzinger, Ge- schäftsführer Personal und Kran- kenhausorganisation der Deutschen Krankenhausgesellschaft, merkte dagegen an, dass die 182 Indikato-
ren zwar einerseits zu sehr viel Transparenz führen könnten, dass aber damit die Gefahr einhergehe,
„dass sich durch diese große Zahl niemand mehr so richtig durchfin- de“. Man müsse sich überlegen, wie man das Ganze richtig darstellt, da- mit nicht ein Zuviel an Informatio- nen eine noch größere Verwirrung nach sich ziehe. Gleichwohl sei die mit den Qualitätsberichten erzielte Transparenz über die Qualität in den einzelnen Leistungsbereichen einmalig, „und wir würden uns auch freuen“ – so der kleine Seiten- hieb in Richtung Vertragsärzte –
„über mehr Transparenz der Quali- tät im niedergelassenen Bereich“.
Viele Qualitätsvereinbarungen
Dies konnte Dr. med. Franziska Diel, als Dezernentin bei der Kas- senärztlichen Bundesvereinigung (KBV) zuständig für Qualitätssi- cherung, nicht unwidersprochen lassen. „Im ambulanten Bereich ha- ben wir bereits seit langem vielfälti- ge Qualitätsvereinbarungen.“ KBV und Kassenärztliche Vereinigungen seien dort mit großem Engagement tätig. „Es ist immer schon Teil un- seres Selbstverständnisses gewe- sen, uns um Qualitätssicherung zu kümmern.“ Es sei durchaus nichts Ungewöhnliches, dass einem Ver- tragsarzt bei fehlendem Qualitäts- nachweis die Abrechnung bestimm- ter Leistungen nicht mehr möglich sei. „Ziel von Qualitätssicherung kann es doch nicht sein“, hielt Met- zinger dagegen, „schlechte Leis- tungserbringer aus dem System zu werfen“, sondern es gehe darum, Hilfe anzubieten, um besser zu wer- den. Aber zumindest sollte – so wiederum Diel – ein Mindeststan- dard definiert werden, der erreicht werden muss, um eine bestimmte Leistung erbringen zu dürfen.▄
Thomas Gerst