A 706 Deutsches Ärzteblatt
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Jg. 108|
Heft 13|
1. April 2011 Messzeitpunkten aber nur gering.Die Anteile der Patienten, die nach einem und sechs Monaten frei von Angina-pectoris-Beschwerden wa- ren, waren in beiden Gruppen ver- gleichbar. Auch bei diesem Parame- ter zeigte sich nach zwölf Monaten eine leichte Überlegenheit der CABG mit 76,3 % gegenüber 71,6 % nach der PCI (p = 0,05).
Fazit: Patienten mit koronarer Drei- gefäßerkrankung oder Erkrankung
des linken Hauptstamms erfahren durch eine Koronararterien-By- pass-Operation eine etwas stärkere Besserung einer Angina-pectoris- Symptomatik als nach einer PCI mit Platzierung eines Medikamente freisetzenden Stents.
„Quantitativ ist dieser Vorteil jedoch vergleichsweise gering, so dass in erfahrenen Interventions- zentren Patienten mit koronarer Mehrgefäßerkrankung primär mit Drug Eluting Stents der neuesten
Generation behandelt werden soll- ten“, kommentiert Dr. med. Fried- helm Späh aus Krefeld das Stu - dienergebnis. Bei einem Syntax- Score über 33 ist aus seiner Sicht dagegen eine primäre Bypass-Ope- ration empfehlenswert.
Christine Vetter
Cohen DJ et al.: Quality of Life after PCI with Drug-Eluting Stents or Coronary-Artery Bypass Surgery. NEJM 2011; 364: 1016–26.
Die Studie wurde unterstützt von Boston Scientific.
Milde Formen von Morbus Parkin- son lassen sich im Allgemeinen me- dikamentös gut behandeln. In fort- geschrittenen Stadien der Erkran- kung aber bringt die Pharmakothera- pie häufig nicht mehr die erwünsch- te Linderung der Symptomatik oder ist mit Komplikationen wie moto - rischen Fluktuationen verbunden.
Für einen Teil der Parkinsonpatien- ten kann die tiefe Hirnstimulation (THS) eine Option sein, die Genthe- rapie wird als neue Alternative er- forscht und hat sich nun – erstmals in dieser Indikation – in einer place- bokontrollierten doppelblinden Stu- die als erfolgreich erwiesen.
55 Patienten mit fortgeschritte- ner Erkrankung (Alter: 30 bis 75 Jahre) haben teilgenommen und
sind randomisiert worden in eine Kontrollgruppe (n = 23) oder den Verumarm (n = 22). Die Probanden hatten die Diagnose vor 5 Jahren oder mehr erhalten und mindestens 12 Monate auf Levadopa ange - sprochen. Die motorische Sympto- matik musste auf der Unified Par- kinson’s Disease Rating Scale (UPDRS) mit mindestens 25 bewer- tet worden sein (minimale Punkt - zahl 0: kein Parkinsonsyndrom, maximaler Punktwert 30: schwerste Form). Zur Nacht bestand eine Le- vadopa-Einnahmepause.
Primärer Endpunkt der Studie war die Veränderung des UPDRS- Werts nach 6 Monaten. Die das En- zym Glutamatdecorboxylase (GAD) kodierende DNA diente als thera- peutisches Gen. GAD erhöht die Produktion des Neurotransmitters Gammaaminobuttersäure. Die Gen - fähre für GAD war ein von adeno- assoziierten Viren abgeleiteter Vek- tor (AAV2). Der Verumgruppe inji- zierten die Ärzte AAV2-GAD in einem stereotaktischen Eingriff bi- lateral in den Nucleus subthalami- cus, auch Zielstruktur der THS. Die Placebogruppe wurde vergleichbar operiert, erhielt aber Kochsalzlösung.
Die Daten von 16 Patienten der Verum- und von 21 Probanden des Kontrollarms konnten in der Phase- II-Studie ausgewertet werden, die Symptomatik wurde 1, 3 und 6 Mo- nate nach den Injektionen beurteilt (Grafik). 6 Monate nach der Thera-
pie hatte sich der Wert auf der UPDR-Skala um 8,1 Punkte (23,1 %, p < 0,0001) in der Verum- gruppe und um 4,7 Punkte (12,7 %, p < 0,03) im Placeboarm reduziert.
Der Unterschied war statistisch si- gnifikant (p = 0,04). Ein schweres, unerwünschtes Ereignis war ein Darmverschluss – ohne Zusam- menhang zum Therapieprotokoll.
Fazit: „Erstmals ist in einer doppel- blinden Studie die Wirkung einer lokal angewandten Gentherapie bei Morbus Parkinson erfolgreich ge- prüft worden, darin liegt die Bedeu- tung“, erklärte Prof. Dr. med. Gün - ther Deuschl (Kiel). Im Vergleich zu anderen Gentherapiestudien sei allerdings der Placeboeffekt nied- rig. Dies habe eine statistisch signi- fikante Differenz zwischen Place- bo- und Verumwirkung. Entschei- dend sei, dass das Ausmaß der Wirkung mit nur 10 % Besserung sehr gering sei und positive und negative Langzeitwirkungen abge- wartet werden müssten. „Es bedarf weiterer umfassender kontrollierter Studien, um langfristige Effekte und auch potenzielle Komplikatio- nen wie Virusenzephalitiden oder Tumorbildung erfassen zu können“, sagte Deuschl. „Zum jetzigen Zeit- punkt sollte man keine Hoffnung auf eine bald verfügbare neue The- rapie machen.“
Dr. rer. nat. Nicola Siegmund-Schultze
LeWitt PA et al.: AAV2-GAD gene therapy for advanced Parkinson’s disease: a double- blind, sham-surgery controlled, randomised trial. Lancet Neurology, online doi:
10.1016/S1474-4422(11)70039-4.
MORBUS PARKINSON
Erstmals Gentherapie in Phase-II-Studie erfolgreich
GRAFIK
Effekt der Gentherapie vs. Placebo auf die Parkinsonsymptomatik
Zeit (in Monaten)
UPDRS – Veränderung vom Ausgangswert
Placebo Therapeutisches Gen AAV2-GAD
modifiziert nach: Lancet Neurology, online doi:10.1016/S1474-4422(11)70039-4