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Archiv "Kritische Anmerkungen" (22.06.2012)

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Deutsches Ärzteblatt

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Jg. 109

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Heft 25

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22. Juni 2012 445

M E D I Z I N

DISKUSSION

Höhenaufenthalt möglich

Zu dem Artikel ist aus Sicht der Therapie mit implan- tierten Kardiovertern/Defibrillatoren (ICD) eine Ergän- zung vorzunehmen. Die Zusammenfassung im Kasten suggeriert, dass ICD-Trägern prinzipiell von Höhen- aufenthalten > 2 000 m abzuraten ist. Das bedeutet, dass diesen Patienten neben einer körperlichen Aktivi- tät in den Bergen auch von Flugreisen abzuraten wäre, da die Kabinendruckverhältnisse üblicherweise den na- türlichen Druckverhältnissen bei einem Aufenthalt in 1 500 bis 2 500 m Höhe ähneln.

Eine geringe Rate an Arrhythmieereignissen bei Aufenthalten über 2 000 m (auch ohne Akklimatisati- on) spricht gegen ein wesentliches arrhythmisches Risiko bei ICD-Patienten (1). Die Abschätzung der Hö- hentauglichkeit eines ICD-Patienten orientiert sich da- her in erster Linie an dessen Grunderkrankung und ist durch deren Schwere in vielen Fällen eingeschränkt.

Das Vorhandensein eines ICD per se sollte jedoch kein Hinderungsgrund für einen Höhenaufenthalt sein.

DOI: 10.3238/arztebl.2012.0445a

LITERATUR

1. Kobza R, Duru F, Erne P: Leisure-time activities of patients with ICDs:

findings of a survey with respect to sports activity, high altitude stays, and driving patterns. Pacing Clin Electrophysiol 2008; 31: 845–9.

2. Schommer K, Bärtsch P: Basic medical advice for travelers to high altitudes. Dtsch Arztebl Int 2011; 108(49): 839–48.

Haitham Badran, M.D., PhD Deutsches Herzzentrum München Ain Shams Universität, Kairo PD Dr. med. Christof Kolb Deutsches Herzzentrum München kolb@dhm.mhn.de

Interessenkonflikt

Haitham Badran ist Stipendiat der European Heart Rhythm Organisation (EH- RA). PD Dr. Christof Kolb erhielt Vortrags- oder Beraterhonorare von Biotronik, Boston Scientific, Medtronic, St. Jude Medical und Sorin und führte For- schungsprojekte durch, die von Biotronik, Medtronic, St. Jude Medical, Sorin und Stereotaxis finanziell unterstützt wurden.

Kritische Anmerkungen

Bei der „selektiven Literaturrecherche“ wurden keine Suchkriterien genannt (Keywords, Datenbanken). Die Listung beruht auf aktuellen Empfehlungen internatio- naler Fachgesellschaften (1). Höhenkopfschmerz ist nicht „Migräne-ähnlich“ sondern dumpf-diffus. Das grundsätzliche Abraten von einer Höhe > 2 000 m bei

verschiedenen Erkrankungen ist zu undifferenziert.

Entscheidend ist die aktuelle Funktion, zum Beispiel beim Myokardinfarkt (Größe, Lokalisation, Auswir- kungen [Ejektionsfraktion], Komplikationen, Ein-/

Mehrgefäßerkrankung, Stent/ACVB, frühere Akutreka- nalisation, Reststenosen). Ohne diese Angaben ist eine Einzelfallbeurteilung nicht möglich. Offen bleiben auch alpinmedizinische Fragen (Bergsporterfahrung, Bewegungsökonomie).

Mit einem ICD, der stabile Verhältnisse zeigt, be- steht grundsätzlich Höhentauglichkeit. Wichtiger ist die Frage nach der Indikation (Grundkrankheit). Glei- ches gilt für Thrombose oder Embolie: Bei stabiler Einstellung und Flüssigkeitsbilanz besteht Höhentaug- lichkeit.

Für kardiopulmonal Erkrankte fehlt der Hinweis auf die O2-Diffusionsstörung bei interstitiellen Lungen- krankheiten.

Bei Älteren und Adipösen muss nach Schnarchen gefragt werden (Schlafapnoe-Screening).

Eine der zitierten Studien weist methodische Schwä- chen auf (2). Ein Koautor berichtet, dass der Nachweis der Präakklimatisation nicht gelungen ist, weil die Da- ten gestreut haben, da man aufgrund äußerer Umstände vom Studienprotokoll abgewichen ist. Es besteht kein Konsens hinsichtlich des Protokolls zur Vorakklimati- sation in isobarer Hypoxie, jedoch kein Zweifel, dass dies möglich ist.

Mit 2 × 125 mg/d Acetazolamid treten weniger uner- wünschte Wirkungen bei vergleichbaren Effekt auf (3).

Tadalafil wird empfohlen, obwohl bisher die Datenlage lückenhaft ist und erhebliche Nebenwirkungen in der Höhe bekannt sind.

Den Autoren kann nicht laut genug zugestimmt wer- den, dass Nifedipin und Dexamethason in den Ruck- sack eines Bergführers gehören. Wir würden dies für je- den Bergsteiger fordern.

Zusammengefasst sollen diese kritische Anmerkun- gen einige Schwächen dieses Beitrags aufzeigen und die Nutzung für CME sollte kritisch erfolgen.

DOI: 10.3238/arztebl.2012.0445b

LITERATUR

1. Luks AM, McIntosh SE, Grissom CK, Auerbach PS, Rodway GW, Schoene RB, et al.: Wilderness Medical Society consensus guidelines for the prevention and treatment of acute altitude illness. Wilderness Environ Med 2010; 21: 146–55.

2. Schommer K, Wiesegart N, Menold E, Haas U, Lahr K, Buhl H, et al.:

Training in normobaric hypoxia and its effects on acute mountain sickness after rapid ascent to 4559m. High Alt Med Biol 2010; 11:

19–25.

3. Basnyat B, Gertsch JH, Holck PS, Johnson EW, Luks AM, Donham BP, et al.: Acetazolamide 125 mg BD is not significantly different from 375 mg BD in the prevention of acute mountain sickness: the pro- phylactic acetazolamide dosage comparison for efficacy (PACE) trial.

High Alt Med Biol 2006; 7: 17–27.

4. Schommer K, Bärtsch P: Basic medical advice for travelers to high altitudes. Dtsch Arztebl Int 2011; 108(49): 839–48.

zu dem Beitrag

Basiswissen für die höhenmedizinische Beratung

von Dr. med. Kai Schommer, Prof. Dr. med. Peter Bärtsch in Heft 49/2011

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446 Deutsches Ärzteblatt

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22. Juni 2012

M E D I Z I N

Schlusswort

Wir danken den Autoren der Leserbriefe für ihre Hin- weise und Kritiken, die uns erlauben, die wichtigsten der angesprochenen Punkte ausführlicher zu erläutern.

Wir wurden um einen Übersichtsartikel gebeten, der dem praktischen Arzt die Grundzüge der Höhenmedi- zin vermittelt und nicht um einen systematischen Re- view, der bei dem zur Verfügung stehenden Platz nicht zu bewerkstelligen wäre. Unsere Empfehlungen beru- hen auf methodisch einwandfreien Studien und bei un- genügender Datenlage auf Expertenmeinungen, die re- ferenziert wurden.

Die Empfehlung einer fixen Grenze von drei Mona- ten nach akuten Ereignissen wie Myokardinfarkt, Schlaganfall, Thromboembolie oder nach ICD-Implan- tation ist kritisiert worden. Unsere Empfehlung wird von Kardiologen mit Expertise in Höhenmedizin geteilt (1). Diese Expertenmeinung halten wir für ein nicht- spezialisiertes Zielpublikum für sinnvoll. Man kann diskutieren, ob in ausgewählten Fällen die Latenzzeit kürzer sein kann, wenn die Bedingungen, welche für ei- nen Aufenthalt zwischen 2 000 und 3 000 m vorausge- setzt werden (Kasten), erfüllt sind. Selbstverständlich werden diese Voraussetzungen, wie die Leserbriefauto- ren hervorheben, durch Art und Schwere der Erkran- kung bestimmt.

Bei der Kritik am Migränevergleich haben Küpper et al. wohl übersehen, dass wir uns auf akute Bergkrank- heit (ABK) und nicht auf Kopfschmerzen beziehen. Bei ABK werden die Kopfschmerzen häufig durch Anstren- gung verstärkt, es bestehen oft Übelkeit und Erbrechen.

Dies wird bestätigt durch eine Untersuchung an 1 285 Bergsteigern mittels Kieler Kopfschmerzfragebogen.

Bei ausgeprägter ABK in 4 559 m waren in 65 % der Fälle die Diagnosekriterien für Migräne erfüllt (2).

Wir dürfen Küpper et al. darauf hinweisen, dass alle

„Protokollabweichungen“ in unserer Publikation (Re- ferenz 2 ihres Leserbriefs) ausführlich erwähnt werden – einen Einfluss auf das negative Ergebnis hatten sie nicht. Wir halten es für sehr unwahrscheinlich, dass durch wiederholte kurzzeitige Hypoxieexpositionen, wie sie heute von Fitnessstudios angeboten werden, ei- ne klinisch relevante ABK-Prävention bei raschem Aufstieg in Höhen > 4 000 m erreicht werden kann.

Die von Küpper et al. zitierte Studie (Referenz 3 ih- res Leserbriefs) zur ABK-Prophylaxe mit 2 × 125 mg Acetazolamid wurde in einem hoch selektionierten Kollektiv mit niedrigem ABK-Risiko während eines Trekkings in 4 200 bis 4 900 m durchgeführt. Eine Ge- neralisierung der Ergebnisse über dieses spezielle Set- ting hinaus ist unmöglich, zumal eine Metaanalyse (3) und eine Studie am Kilimandscharo (4) sogar die Wirk- samkeit von 2 × 250 mg in Frage stellen. Wir empfeh- len deshalb weiterhin 2 × 250 mg für nichtakklimati- sierte Tieflandbewohner, die rasch in Höhen > 4 000 m aufsteigen müssen oder wollen.

Abschließend dürfen wir darauf hinweisen, dass Ta- dalafil auch von den Experten, die Küpper et al. zitieren (Referenz 1 ihres Leserbriefes), zur Prävention des Hö- henlungenödems empfohlen wird und dass wir nicht der Meinung sind, dass Nifedipin und Dexamethason in den Rucksack jedes Bergsteigers gehören. Diese Medi- kamente sollen nur an Bergsteiger abgegeben werden, die auf Grund Ihrer Anamnese einem besonders hohen Risiko ausgesetzt sind, entsprechend geschult wurden und verantwortungsvoll damit umgehen können.

DOI: 10.3238/arztebl.2012.0446

LITERATUR

1. Rimoldi SF, Sartori C, Seiler C, et al.: High-altitude exposure in pa- tients with cardiovascular disease: risk assessment and practical recommendations . Prog Cardiovasc Dis 2010; 52: 512–24.

2. Schneider M, Bernasch D, Weymann J, Bärtsch P: Characteristics of high altitude headache. High Alt Med Biol 2002; 3: 100.

3. Dumont L, Mardirosoff C, Tramèr MR: Efficacy and harm of pharma- cological prevention of acute mountain sickness: quantitative systematic review. BMJ 2000; 321: 267–72.

4. Kayser B, Hulsebosch R, Bosch F: Low-dose acetylsalicylic acid analog and acetazolamide for prevention of acute mountain sickness.

High Alt Med Biol 2008; 9: 15–23.

5. Schommer K, Bärtsch P: Basic medical advice for travelers to high altitudes. Dtsch Arztebl Int 2011; 108(49): 839–48.

Prof. Dr. med. Peter Bärtsch Dr. med. Kai Schommer

Medizinische Universitätsklinik Heidelberg Innere Medizin VII: Sportmedizin kai.schommer@med.uni-heidelberg.de Interessenkonflikt

Dr. Schommer erklärt, dass kein Interessenkonflikt besteht.

Prof. Bärtsch wurde für Vorträge von den Firmen Boehringer Ingelheim und MSD honoriert. Ferner bekam er Sachmittel und Geräte für Forschungsprojekte von den Firmen Geratherm, Actelion, Lilly, Boehringer Ingelheim und Viasys.

PD Dr. med. Thomas Küpper

Institut für Arbeits- und Sozialmedizin der RWTH Aachen tkuepper@ukaachen.de

Medizinische Kommission der Union Internationale des Associations d’Alpinisme (UIAA MedCom), Bern/Schweiz

Dr. med. U. Gieseler

Medizinische Kommission der Union Internationale des Associations d’Alpinisme (UIAA MedCom), Bern/Schweiz

Abteilung für Innere Medizin, Diakonissenkrankenhaus Speyer Prof. Dr. med. Herbert Löllgen

Praxis für Innere Medizin, Kardiologie, Remscheid Interessenkonflikt

Prof. Löllgen erhielt Honorare für Beratertätigkeit von Actavis und ESA.

PD Küpper und Dr. Gieseler erklären, dass kein Interessenkonflikt besteht.

Referenzen

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