Equal Pay Day 2012
Rede der stellvertretenden Vorsitzenden des DGB
Ingrid Sehrbrock
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Es gilt das gesprochene Wort
Entgeltunterschiede heute, niedrige Rentenansprüche morgen – eine Einkommensdifferenz zwischen den Geschlechtern hält ein Leben lang – es sei denn, man setzt an den richtigen Stellen an, um Ungleichbewertung und Ungleichbehandlung zu beseitigen.
Von Frau Professorin Allmendinger haben wir Gründe gehört, die zu erheblichen Karriere- und Einkommenseinbußen für Frauen im gesamten weiteren Lebensverlauf führen.
Verinnerlichte, den handelnden Personen oft nicht bewusste Geschlechterstereotypen oder Rollenbilder befördern ungleiche Chancen von Männern und Frauen am Arbeitsmarkt.
Klar ist: Wer die Gleichstellung von Frauen und Männern im Erwerbleben realisieren will, muss Vereinbarkeit von Beruf und Familie möglich machen und das ohne Nachteile für die
Betroffenen.
- Wir brauchen Impulse für die Umverteilung von bezahlter Erwerbsarbeit und unbezahlter Familienarbeit.
- Wir brauchen verlässliche, qualitativ hochwertige
Betreuungsangebote für Kinder und Pflegebedürftige (übrigens kein Betreuungsgeld, das den Ausstieg von Frauen aus dem Erwerbsleben zu subventioniert).
Wir wollen vielmehr, dass Frauen gerecht bezahlt werden, faire Aufstiegschancen haben und so für sich selbst sorgen können.
Frauen haben „Recht auf Mehr“!
Doch: Trotz klarer Vorgaben unseres Grundgesetzes, des Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetzes und des EU-Rechts mangelt es an der Umsetzung der Entgeltgleichheit. Gesetze bewirken nicht automatisch das, was beabsichtigt war.
Frauendominierte Tätigkeiten werden noch immer schlechter
bewertet, als die von Männern ausgeübten Beschäftigungen. Aber:
Warum werden technische Berufe eigentlich besser bezahlt als Betreuungs- und Sorgeaufgaben? Ist der Dienst an Kindern, an Kranken, an Jugendlichen, an pflegebedürftigen Menschen – also fachliche, soziale und kommunikative Kompetenz – weniger Wert als die Arbeit mit Technik?
Wir sind überzeugt: Die berufliche Leistung von Frauen muss eine höhere gesellschaftliche Wertschätzung erfahren – ganz gleich ob sie in so genannten „Frauenberufen“ arbeiten oder in den Berufen, in denen Frauen und Männer gleichermaßen tätig sind. Dass sich dies dann auch in Tarifverträgen niederschlägt, dafür tragen beide Tarifpartner – Arbeitgeber und Gewerkschaften – die
Verantwortung. Richtig!
Aber als Gewerkschaften haben wir auch klare Vorstellungen, welche gesetzlichen Regelungen einen Beitrag zur Überwindung der Entgeltlücke leisten können. Drei von ihnen sind uns besonders wichtig:
1. Unverzichtbar ist die Einführung eines gesetzlichen
Mindestlohnes und einer sozialen Absicherung der Arbeit ab
der ersten Arbeitsstunde. Gerade Frauen werden häufig mit Dumpinglöhnen abgespeist, weil sie in Bereichen arbeiten, in denen es keine Tarifverträge gibt. Jede dritte abhängig
beschäftigte Frau arbeitet für einen Niedriglohn; viele von ihnen in sogenannten Minijobs. Hier kann und muss der Gesetzgeber gegensteuern. Wir haben dazu Konzepte vorgelegt.
2. Eine gesetzliche Regelung, die die tatsächliche
Entgeltgleichheit befördert, muss die Unternehmen und Verwaltungen verpflichten, ihre Entgeltpraxis systematisch zu überprüfen und geschlechtergerecht zu gestalten – unter Kontrolle einer unabhängigen Institution.
Und: Beschäftigte wie Interessenvertretungen brauchen
weitgehende Informations- und Mitbestimmungsrechte, wenn es um betriebliche Entgeltsysteme und die Struktur der
Vergütungen geht. Sie müssen bei deren Überprüfung und Verbesserung beteiligt werden.
3. Um die Kluft zwischen gewünschten und faktischen Arbeitszeiten von Männern und Frauen zu überwinden, müssen wir das
Teilzeit- und Befristungsgesetz weiterentwickeln. Damit
Männern der Weg in eine Teilzeit-Phase geebnet und Frauen die Rückkehr in Vollzeit oder vollzeitnahe Arbeitszeiten erleichtert wird, müssen die Beschäftigten einen Rechtsanspruch auf befristete Teilzeit erhalten und zur erneuten Aufstockung der Arbeitszeit haben, soweit es das vorhandene Arbeitszeitvolumen zulässt.
Wir wissen um die lebenslange Entgeltlücke zwischen Männern und Frauen und ihre Ursachen. Eine große Mehrheit der Deutschen will sie nicht dulden. Es genügt nicht, sie Jahr für Jahr zu analysieren.
Betriebe und Gesetzgeber müssen endlich handeln, um die Entgeltlücke zu schließen. Es ist höchste Zeit für den Einsatz wirksamer Instrumente: Frauen haben „Recht auf Mehr!
Herzlichen Dank für ihre Aufmerksamkeit!