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Legasthenie

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32 DIE PTA IN DER APOTHEKE | April 2017 | www.diepta.de

L

egasthenie ist eine bei normaler oder über- durchschnittlicher In- telligenz auftretende Schwäche beim Erlernen der Schriftsprache infolge von Teil- leistungsschwächen der auditi- ven und visuellen Wahrneh- mung, der Motorik oder der sensorischen Integration. Kin- der mit Lernstörungen können verschiedene Merkmale auf- weisen: Dazu gehören extreme Schüchternheit, die Angst vor

der Schule, soziale Isolation, Selbstzweifel, das Gefühl des Versagens oder regelmäßiges Schwänzen des Unterrichts.

Auch körperliche Symptome wie Einnässen, Bauch- oder Kopfschmerzen sind möglich.

Eine Analyse der Duden-Insti- tute für Lerntherapie hat Daten aus der Beratungsarbeit analy- siert: Fast 70 Prozent der be- troffenen Schüler klagen über mindestens eine Form der Be- lastung. Viele leiden jedoch

auch unter mehreren Auffällig- keiten, immerhin jedes fünfte Kind mit einer Lernschwäche weist darüber hinaus körper- liche Beschwerden auf. Für Ju- gendliche stellt die Problematik eine noch höhere Belastung dar.

In diesem Alter nehmen vor allem die Angst vor der Schule sowie der soziale Rückzug bis hin zu Depressionen zu. Zudem existieren geschlechtsspezifi- sche Unterschiede: Jungen re- agieren auf die Lernstörung oft mit einem Aufmerksamkeitsde- fizit-Hyperaktivitätssyndrom (ADHS), während Mädchen eher unter physischen Sympto- men und sozialer Abschottung leiden. Die Problematik exis- tiert in allen bekannten Spra- chen, allerdings herrscht Un- einigkeit darüber, ob ihre Häu- figkeit durch die Art der Spra- che und der geschriebenen Schrift beeinflusst wird.

Buchstäblich hilflos Laut ICD-10 ist das Hauptmerkmal der Legasthenie eine Beein- trächtigung in der Entwicklung der Lesefertigkeiten, die nicht allein durch das Entwicklungs- alter, durch Visus-Probleme oder eine unangemessene Be- schulung erklärbar ist. Das Le- severständnis, die Fähigkeit, ge- lesene Worte wiederzuerken- nen, sowie Leistungen bei Auf- gaben, für welche Lesefähigkeit benötigt wird, sind unzurei- chend. Mit Lesestörungen ge- hen häufig auch Rechtschreib-

störungen einher, welche bis in die Adoleszenz persistieren, auch wenn im Lesen mittler- weile Fortschritte gemacht wur- den.

Kinder mit einer Lese-Recht- schreibstörung haben in der Vorgeschichte nicht selten eine Sprachentwicklungsstörung. In anderen Fällen kann die Sprachentwicklung zwar im normalen Alter durchlaufen sein, jedoch weisen Heran- wachsende dann Schwierigkei- ten bei der Verarbeitung akus- tischer Reize, die sich in Proble- men der Klangkategorisierung, beim Reimen und möglicher- weise in Unzulänglichkeiten der Sprach-Laut-Unterschei- dung, beim Behalten akusti- scher Sequenzen sowie der akustischen Assoziation äu- ßern, auf. Zusätzlich zum schu- lischen Misserfolg sind eine mangelhafte Teilnahme am Un- terricht sowie soziale Anpas- sungsprobleme häufige Kom- plikationen, insbesondere in den späteren Schuljahren.

Diagnostik laut ICD-10 Bei einer Lese-Rechtschreibstörung befindet sich die Leseleistung des Kindes unter dem Niveau, welches aufgrund des Alters, der Beschulung und der allge- meinen Intelligenz zu erwarten ist. Am besten ist dies auf der Grundlage eines individuell an- gewendeten standardisierten Testverfahrens zur Prüfung des Lesens, des Leseverständnisses und der Lesegenauigkeit zu be- urteilen. Die Art des Lesepro- blems ist von verschiedenen Faktoren abhängig: von der Sprache, vom Schrifttyp und vom erwarteten Niveau der Leseleistung. In den Anfangs- stadien des Erlernens einer al- phabethischen Schrift gibt es mitunter Schwierigkeiten beim Aufsagen des Alphabetes, beim Bilden von Wortreimen, bei der Kategorisierung von Lauten

Legasthenie

Etwa fünf Prozent aller Schüler sind von einer Lese-Rechtschreib-

schwäche betroffen. Sie schreiben langsam, verwechseln Buchstaben und

vergessen aus Angst vor einer Blamage Bücher und Hefte zuhause.

PRAXIS VERHALTENSAUFFÄLLIGKEITEN BEI KINDERN

© Kuligssen / iStock / Thinkstock

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oder bei der Benennung von Buchstaben. Im weiteren Ver- lauf treten unter Umständen Fehler beim Lesen auf, die sich folgendermaßen bemerkbar machen:

, Auslassen, Ersetzen, Verdre- hungen oder Hinzufügen von Worten oder Worttei- len.

, Geringe Lesegeschwindig- keit.

, Vertauschung von Wörtern im Satz oder von Buchsta- ben in den Wörtern.

, Startprobleme beim Vorle- sen, ungenaues Phrasieren, langes Zögern oder Verlie- ren der Zeile im Text.

Hingegen zeigen sich Defizite im Leseverständnis durch:

, Die Unfähigkeit, Gelesenes zusammenzufassen.

, Dem Unvermögen, aus dem Text Schlüsse zu ziehen oder Zusammenhänge zu erken- nen.

, Fragen zur gelesenen Ge- schichte werden mit Hilfe von allgemeinem Wissen

und nicht auf der Grundlage des Textes beantwortet.

Anatomischer Unterschied Belgische Forscher verfolgten die zeitlichen Veränderungen der Aktivitätsmuster im Gehirn und fanden heraus, dass bei Legasthenikern die Kommuni- kation zwischen dem oberen Schläfenlappen und weiter vorne gelegenen Bereichen nur eingeschränkt funktionierte.

Darüber hinaus wiesen sie nach, dass der Nervenstrang, über den diese Kommunikation stattfand, bei Betroffenen schwächer ausgebildet war als bei guten Lesern. Daher vermu- teten die Wissenschaftler, dass als Ursache ein eingeschränkter Zugriff auf den Phonemspei- cher (phonologisches Arbeits- gedächtnis im Gehirn, das dazu dient, Laute wiederzuerkennen) in Betracht kommt.

Therapie und Trainingspro- gramme Die Legasthenie ist in der Regel nicht heilbar, aller- dings ist es möglich, die Pro- bleme beim Lesen und Schrei-

ben mit Hilfe einer rechtzei- tigen und gezielten Unterstüt- zung durch speziell ausgebildete Therapeuten zu vermindern.

Eltern sollten bei der Auswahl darauf achten, dass eine Zertifi- zierung durch den Bundesver- band Legasthenie und Dyskal - kulie vorliegt.

Ein Behandlungsansatz ist etwa das Stufenmodell nach Frith.

Auf der ersten (logografischen) Stufe lernen Heranwachsende, einzelne Buchstaben mit ihren Lauten zu verknüpfen (Buchsta- ben-Laut-Erkennung). In der alphabethischen Phase wird die phonologische Bewusstheit durch Sprech- und Hörübun- gen verbessert. Kinder sollen dadurch die Lautstruktur der gesprochenen Sprache verste- hen und Reime, Silben und Wörter erkennen. Es folgt die orthografische Stufe, auf der Rechtschreibregeln wie Groß- und Kleinschreibung, Mit- lautverdoppelung oder die Stumme-h-Regel erklärt wer- den. Außerdem gibt es Förder- programme zur Verbesserung der Wahrnehmung – diese op-

timieren allerdings nicht die Lese- und Rechtschreibekom- petenzen. Auch der Einsatz spe- zieller Computerprogramme zur Unterstützung von Kindern mit Lese-Rechtschreibschwäche ist sinnvoll. Hierzu gehören bei spielsweise Rechtschreib- übungsprogramme oder Wort- listentrainings. Die Arbeit mit Computerprogrammen sollte jedoch stets durch einen Thera- peuten begleitet werden, da die Legasthenie-Förderung mehr als nur ein reines Lese-Recht- schreibtraining darstellt.

Nachteilsausgleich In vielen Bundesländern dürfen bei Kin- dern mit Legasthenie Recht- schreibe- und Lesefehler nicht in die Notengebung mit einbe- zogen werden. Zusätzlich gibt es Zeitzugaben bei Prüfungen oder das Wissen wird von Vorn herein mündlich abge- fragt. Weitere Informationen:

http://bvl-legasthenie.de ■ Martina Görz, PTA und Fachjournalistin

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